Quelle: Prokon eG
Die Umsetzung der EU-Notfallverordnung soll Verfahren zum Ausbau von Windenergie an Land, Windenergie auf See sowie für Offshore-Anbindungsleitungen und Stromnetze beschleunigen.
Das Bundeskabinett beschloss am 30. Januar den von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorgelegten Entwurf einer Formulierungshilfe zur Umsetzung der sogenannten EU-Notfallverordnung (EU 2022/2577). Sie werde nun dem Bundestag zugeleitet. Sie gilt ab 30.12.2022 für einen Zeitraum von 18 Monaten in allen Mitgliedsstaaten der EU und soll dazu beitragen, die aktuelle Energiekrise abzufedern. Habeck sagte: „Die Verfahren für den Ausbau von Windenergieanlagen an Land und auf See werden noch mal deutlich schneller. Das gilt auch für den Ausbau der Stromleitungen.“ Damit erhöhe die Ampelkoalition die Dynamik der Energiewende.
Zusammen mit der Reform des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG), der Anhebung der Höchstsätze in den Ausschreibungen für Windkraft und Solaranlagen und einer Reihe von weiteren Änderungen habe die Bundesregierung den Weg für die Beschleunigung freigeräumt. „Die Bundesländer und die Genehmigungsbehörden haben nun die gesetzlichen Grundlagen, um den Windkraftausbau mit voller Kraft voranzutreiben und Anlagen zügig zu genehmigen“, sagte der Minister.
Artenschutz soll gewahrt bleiben
Die Erneuerbaren seien Klimaschutz, eine Standortfrage und sie bedeuteten Versorgungssicherheit. Dennoch sei der Artenschutz wichtig und werde materiell gewahrt. „Es wird weiterhin Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen geben“, versprach Habeck. Die sogenannte EU-Notfallverordnung war am 19. Dezember im EU-Energieministerrat beschlossen worden und ermöglicht in den Mitgliedstaaten eine deutliche Beschleunigung.
Sie wird durch Änderungen im Windenergieflächenbedarfsgesetz, im Windenergie-auf-See-Gesetz und im Energiewirtschaftsgesetz in nationales Recht umgesetzt. Kerninhalte sind alle Genehmigungsverfahren von Windenergieanlagen an Land und auf See sowie Stromnetze ab einer Leistung von 110kV, die vor dem 30. Juni 2024 begonnen werden. Auch bereits begonnene Genehmigungsverfahren können von den Erleichterungen profitieren.
Für ausgewiesene EE- und Netzgebiete, die bereits eine strategische Umweltprüfung (SUP) durchlaufen haben, entfällt im Genehmigungsverfahren die Pflicht der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und der artenschutzrechtlichen Prüfung. Der Betreiber soll angemessene und verhältnismäßige Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen durchführen oder einen finanziellen Ausgleich in ein Artenhilfsprogramm leisten. Die Vorgaben der Vogelschutz-, Fauna-Flora-Habitat- und UVP-Richtlinie zur artenschutzrechtlichen Prüfung und UVP werden für den Anwendungsbereich der Verordnung außer Kraft gesetzt.
Repowering erleichtert
Bei Repowering von erneuerbaren Anlagen oder Netzverstärkungsmaßnahmen wird die UVP auf eine Deltaprüfung begrenzt, also auf die Mehrbelastung der neuen Anlage oder Leitung im Vergleich zur bestehenden Anlage oder Leitung. Beim Repowering von Solaranlagen kann die UVP-Pflicht unter bestimmten Umständen gänzlich entfallen. Die Dauer von Genehmigungsverfahren für die Installation von Solarenergieanlagen (auch Dach-PV und PV auf künstlichen Strukturen wie z.B. Deponien) wird auf drei Monate verkürzt. Für Anlagen unter 50 kW gilt zusätzlich eine Genehmigungsfiktion.
Die Dauer der Genehmigungsverfahren von Wärmepumpen mit einer elektrischen Leistung von weniger als 50 MW wird grundsätzlich auf einen Monat verkürzt und bei Erdwärmepumpen auf drei Monate. Zudem wird ein Anschlussrecht für Wärmepumpen bis 12 kW beziehungsweise bis 50 kW im Eigenverbrauch etabliert.
Windkraftbranche erfreut
Der Präsident des Bundesverbandes Windenergie (BWE) sieht in der vorgelegten Verordnung: „das Potenzial, die Verfahren in den nächsten Monaten zumindest in den ausgewiesenen Gebieten deutlich zu beschleunigen“. Dieser wichtige Vorstoß dürfe nun nicht aufgrund von zeitlich begrenzter Gültigkeit und begrenzter Verfügbarkeit von Windenergiegebieten im Sande verlaufen, appellierte Hermann Albers zugleich. Für die langfristige Wirksamkeit brauche es eine dauerhafte Verankerung im europäischen und deutschen Recht und die schnelle Ausweisung weiterer Windenergiegebiete.
Die Frist in der Verordnung von sechs Monaten für die Genehmigung gilt ab dem Zeitpunkt, zu dem die Behörden die Vollständigkeit des Antrags bestätigen. „Damit sind die Behörden hier der Flaschenhals“, sagte Albers. Die Vollständigkeit werde oft spät, teilweise gar nicht erklärt. „Damit sich die intendierte Wirkung auch hier entfalten kann, wäre es daher wichtig, die Notfallverordnung mit der Novelle des Bundes-Immissionschutzgesetzes zu flankieren, die bereits vor einiger Zeit angekündigt wurde“, mahnte der BWE-Präsident. Zusätzlich müssen die Behörden kurzfristig mit mehr Personal ausgestattet werden, damit möglichst viele Repoweringprojekte noch während des Geltungszeitraums der Verordnung angeschoben werden können.
Montag, 30.01.2023, 17:04 Uhr
Susanne Harmsen
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