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Energie & Management > Europäische Union - Informeller Energierat zu Stromnetz und PV-Industrie
Quelle: Fotolia / JWS
Europäische Union

Informeller Energierat zu Stromnetz und PV-Industrie

Der Ausbau der Energienetze und die Lage der Solarindustrie standen im Mittelpunkt eines informellen Rates der europäischen Energieminister.
Die belgische Vorsitzende des Rates, Tinne van der Straeten, sagte nach dem Abschluss der Beratungen in Brüssel, der Ausbau der Energie-Infrastrukture habe hohe Priorität und müsse beschleunigt werden. Die Energiepreise in der EU seien in den letzten Monaten zwar gesunken. Ihre hohe Volatilität stelle aber immer noch ein Risiko für die Unternehmen und die Verbraucher dar: „Die Krise ist noch nicht vorbei.“ Die Sicherheit der Energienetze sei deswegen ein Gegenstand der Beratungen gewesen. Daran nahmen auch Vertreter der NATO und Cybersicherheitsexperten teil.

Im Mittelpunkt der Beratungen habe der Ausblick auf die Entwicklung der Energienetze gestanden, die für eine sichere und saubere Versorgung benötigt würden. Dabei gehe es um eine abgestimmte Planung von Projekten, insbesondere von grenzüberschreitenden Projekten und eine weitere Integration der Netze. Der Ausbau der emissionsfreien Stromerzeugung und der Energienetze müssten aufeinander abgestimmt werden, damit die Energiewende nicht durch Engpässe behindert werde.

Neben den richtigen Instrumenten sei es auch um die Finanzierung der Projekte gegangen. Dafür stünden weiter Gelder aus der Connecting Europe Facility (CEF) zur Verfügung. Benötigt würden aber auch „innovative Finanzinstrumente“. Van der Straeten verwies in diesem Zusammenhang auf die sogenannten Differenzverträge (CfD), mit denen das Risiko für Investoren reduziert werden könne. Darüber hätten die Minister mit Vertretern der Europäischen Investitionsbank (EIB) beraten.

Der Vizepräsident der EU-Kommission, Maros Sefcovic, rief Pensionsfonds und andere Investoren auf, „in Infrastrukturprojekte und nicht an den Börsen“ zu investieren. Um die Realisierung solcher Projekte zu beschleunigen, müssten große Summen aufgebracht und langfristig finanziert werden. Notwendig seien nicht nur neue Leitungen oder Speicher sondern auch eine umfassende Modernisierung der bestehenden Infrastruktur. 40 Prozent der bestehenden Anlagen seien älter als 40 Jahre und müssten ersetzt oder saniert werden.Die Kapazität der grenzüberschreitenden Leitungen müsse bis 2030 verdoppelt werden.

Wettbewerbsfähigkeit der Industrie erhalten

Nachdem der gesetzliche Rahmen beschlossen sei, trete der europäische Klimapakt (Green Deal) in eine neue Phase ein, sagte Sefcovic weiter: die der Umsetzung. Hier bestehe dringender Handlungsbedarf: „Wir müssen einen Gang hochschalten.“ Dabei gehe es darum, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu erhalten. Sie sei durch die immer noch hohen Energiepreise gefährdet, denn chinesische oder amerikanische Unternehmen zahlten deutlich weniger für Energie.

Konkurrenz machen chinesische Anbieter derzeit vor allem den europäischen Herstellern von Solarzellen. Die EU habe die Fähigkeit verloren, die Energiewende mit eigenen Produkten umzusetzen, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold am Rande des Ministerrates: „Wir müssen diesen Sektor unterstützen und eine eigene Produktion aufbauen, ohne den Markt zu schließen. Denn wir können unseren Bedarf nicht selber decken.“ Es bestehe ein klares Interesse daran, die Kosten der PV-Anlagen niedrig zu halten.

Am Rande des informellen Rates unterzeichneten 23 Energieminister und rund 100 Vertreter der Solarbranche die „Solar Charta“, eine Absichtserklärung zur Unterstützung der Hersteller von Solarmodulen und -paneelen. Sie verweist auf das starke Wachstum der Solarbranche. Im letzten Jahr seien PV-Anlagen mit einer Kapazität von 56.000 MW in der EU ans Netz gegangen. Die europäische Industrie habe davon aber nur wenig profitiert, weil chinesische Anbieter den europäischen Bedarf weitgehend gedeckt hätten.

Abhängig von Drittstaaten

Die Charta verweist auf die damit verbundene Abhängigkeit der Energiewende von Drittstaaten, was Risiken für die Stabilität der Wertschöpfungskette und für die Preise mit sich bringe. Notwendig seien eine diversifizierte Versorgung mit Solarmodulen und eine stabile, nachhaltige und wettbewerbsfähige Solarindustrie in Europa.
Allerdings seien die Preise im letzten Jahr weiter gefallen, von 20 auf 12 Cent pro Watt: „Diese Situation ist nicht von Dauer, schwächt die europäischen Hersteller und torpediert geplante Investitionen in neue Fabriken“, heißt es in der Charta, die auch von der EU-Kommission unterstützt wird.

Die Kommission untersucht zur Zeit, ob die chinesischen Hersteller zu subventionierten Dumpingpreisen verkaufen. Sollte sich dieser Verdacht erhärten, könnte die EU Zölle auf Solarmodule aus China verhängen und damit die Preise auf dem europäischen Markt anheben. Bis dahin verpflichten sich die Mitgliedsstaaten, die die Charta unterschrieben haben, darunter auch Deutschland, bei der Beschaffung von Solaranlagen nicht nur auf den Preis zu sehen sondern auch auf die Qualität und Herkunft. Investitionen in neue Solarfabriken und deren Zulieferer sollen unterstützt werden.

Die Charta ist rechtlich allerdings nicht bindend. Die Grünen werfen der Kommission deswegen vor, sie lasse „die Solarindustrie sehenden Auges sterben“ und mache die europäische Energiewende abhängig von China. Sefcovic hat diesen Vorwurf zurückgewiesen. Die Charta sende eine klare Botschaft an die Industrie: „Wir wollen, dass ihr in Europa bleibt und dass es Euch gut geht. Denn wir wollen der Welt zeigen, dass wir dekarbonisieren und gleichzeitig wachsen können.“

Dienstag, 16.04.2024, 15:32 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Europäische Union - Informeller Energierat zu Stromnetz und PV-Industrie
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Europäische Union
Informeller Energierat zu Stromnetz und PV-Industrie
Der Ausbau der Energienetze und die Lage der Solarindustrie standen im Mittelpunkt eines informellen Rates der europäischen Energieminister.
Die belgische Vorsitzende des Rates, Tinne van der Straeten, sagte nach dem Abschluss der Beratungen in Brüssel, der Ausbau der Energie-Infrastrukture habe hohe Priorität und müsse beschleunigt werden. Die Energiepreise in der EU seien in den letzten Monaten zwar gesunken. Ihre hohe Volatilität stelle aber immer noch ein Risiko für die Unternehmen und die Verbraucher dar: „Die Krise ist noch nicht vorbei.“ Die Sicherheit der Energienetze sei deswegen ein Gegenstand der Beratungen gewesen. Daran nahmen auch Vertreter der NATO und Cybersicherheitsexperten teil.

Im Mittelpunkt der Beratungen habe der Ausblick auf die Entwicklung der Energienetze gestanden, die für eine sichere und saubere Versorgung benötigt würden. Dabei gehe es um eine abgestimmte Planung von Projekten, insbesondere von grenzüberschreitenden Projekten und eine weitere Integration der Netze. Der Ausbau der emissionsfreien Stromerzeugung und der Energienetze müssten aufeinander abgestimmt werden, damit die Energiewende nicht durch Engpässe behindert werde.

Neben den richtigen Instrumenten sei es auch um die Finanzierung der Projekte gegangen. Dafür stünden weiter Gelder aus der Connecting Europe Facility (CEF) zur Verfügung. Benötigt würden aber auch „innovative Finanzinstrumente“. Van der Straeten verwies in diesem Zusammenhang auf die sogenannten Differenzverträge (CfD), mit denen das Risiko für Investoren reduziert werden könne. Darüber hätten die Minister mit Vertretern der Europäischen Investitionsbank (EIB) beraten.

Der Vizepräsident der EU-Kommission, Maros Sefcovic, rief Pensionsfonds und andere Investoren auf, „in Infrastrukturprojekte und nicht an den Börsen“ zu investieren. Um die Realisierung solcher Projekte zu beschleunigen, müssten große Summen aufgebracht und langfristig finanziert werden. Notwendig seien nicht nur neue Leitungen oder Speicher sondern auch eine umfassende Modernisierung der bestehenden Infrastruktur. 40 Prozent der bestehenden Anlagen seien älter als 40 Jahre und müssten ersetzt oder saniert werden.Die Kapazität der grenzüberschreitenden Leitungen müsse bis 2030 verdoppelt werden.

Wettbewerbsfähigkeit der Industrie erhalten

Nachdem der gesetzliche Rahmen beschlossen sei, trete der europäische Klimapakt (Green Deal) in eine neue Phase ein, sagte Sefcovic weiter: die der Umsetzung. Hier bestehe dringender Handlungsbedarf: „Wir müssen einen Gang hochschalten.“ Dabei gehe es darum, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu erhalten. Sie sei durch die immer noch hohen Energiepreise gefährdet, denn chinesische oder amerikanische Unternehmen zahlten deutlich weniger für Energie.

Konkurrenz machen chinesische Anbieter derzeit vor allem den europäischen Herstellern von Solarzellen. Die EU habe die Fähigkeit verloren, die Energiewende mit eigenen Produkten umzusetzen, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold am Rande des Ministerrates: „Wir müssen diesen Sektor unterstützen und eine eigene Produktion aufbauen, ohne den Markt zu schließen. Denn wir können unseren Bedarf nicht selber decken.“ Es bestehe ein klares Interesse daran, die Kosten der PV-Anlagen niedrig zu halten.

Am Rande des informellen Rates unterzeichneten 23 Energieminister und rund 100 Vertreter der Solarbranche die „Solar Charta“, eine Absichtserklärung zur Unterstützung der Hersteller von Solarmodulen und -paneelen. Sie verweist auf das starke Wachstum der Solarbranche. Im letzten Jahr seien PV-Anlagen mit einer Kapazität von 56.000 MW in der EU ans Netz gegangen. Die europäische Industrie habe davon aber nur wenig profitiert, weil chinesische Anbieter den europäischen Bedarf weitgehend gedeckt hätten.

Abhängig von Drittstaaten

Die Charta verweist auf die damit verbundene Abhängigkeit der Energiewende von Drittstaaten, was Risiken für die Stabilität der Wertschöpfungskette und für die Preise mit sich bringe. Notwendig seien eine diversifizierte Versorgung mit Solarmodulen und eine stabile, nachhaltige und wettbewerbsfähige Solarindustrie in Europa.
Allerdings seien die Preise im letzten Jahr weiter gefallen, von 20 auf 12 Cent pro Watt: „Diese Situation ist nicht von Dauer, schwächt die europäischen Hersteller und torpediert geplante Investitionen in neue Fabriken“, heißt es in der Charta, die auch von der EU-Kommission unterstützt wird.

Die Kommission untersucht zur Zeit, ob die chinesischen Hersteller zu subventionierten Dumpingpreisen verkaufen. Sollte sich dieser Verdacht erhärten, könnte die EU Zölle auf Solarmodule aus China verhängen und damit die Preise auf dem europäischen Markt anheben. Bis dahin verpflichten sich die Mitgliedsstaaten, die die Charta unterschrieben haben, darunter auch Deutschland, bei der Beschaffung von Solaranlagen nicht nur auf den Preis zu sehen sondern auch auf die Qualität und Herkunft. Investitionen in neue Solarfabriken und deren Zulieferer sollen unterstützt werden.

Die Charta ist rechtlich allerdings nicht bindend. Die Grünen werfen der Kommission deswegen vor, sie lasse „die Solarindustrie sehenden Auges sterben“ und mache die europäische Energiewende abhängig von China. Sefcovic hat diesen Vorwurf zurückgewiesen. Die Charta sende eine klare Botschaft an die Industrie: „Wir wollen, dass ihr in Europa bleibt und dass es Euch gut geht. Denn wir wollen der Welt zeigen, dass wir dekarbonisieren und gleichzeitig wachsen können.“

Dienstag, 16.04.2024, 15:32 Uhr
Tom Weingärtner

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