E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Bilanz - Gutes Quartal kein Grund zur Euphorie bei Enercity
Quelle: Enercity
Bilanz

Gutes Quartal kein Grund zur Euphorie bei Enercity

Enercity drückt auf die Euphoriebremse. Wenngleich das Ebit im ersten Quartal um fast 50 Prozent über dem Vorjahreszeitraum lag, erwartet der Hannoveraner Konzern kein Rekordergebnis.
Die neue Enercity-Vorstandsvorsitzende Aurelie Alemany kommt in einem wirtschaftlich starken Jahr nach Hannover, das aber „nicht so stark wie 2023“ werden werde. Dies erklärte Vorstandskollege Marc Hansmann bei der Präsentation der Zahlen für das erste Quartal 2024.

Er war bemüht, zu hohe Erwartungen anhand des Ergebnisses vor Steuern und Zinsen zu dämpfen. Um rund 50 Prozent legte das Ebit zu, auf 138,9 Millionen Euro. Marc Hansmann relativierte diesen Wert damit, dass das Eingangsquartal vor einem Jahr eher schlecht verlaufen sei. Das gesamte Jahr 2023 hatte Enercity mit dem Rekord-Ebit von 598 Millionen Euro abgeschlossen. Die Umsatzerlöse sanken in den ersten drei Monaten um 17,9 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro.

Großen Raum nahm das Finanzierungskonzept der Niedersachsen für den Zeitraum bis 2030 ein. Die für die Energie- und Wärmewende erforderlichen Maßnahmen lässt Enercity sich 7,6 Milliarden Euro kosten. Davon sind 1,7 Milliarden Euro für den Solarenergie-Zubau und 3,2 Millionen Euro für die Entwicklung von Windparks in der gesamten Republik vorgesehen. Hier – und auch bei Bestandsparks – wolle Enercity aber künftig Finanzinvestoren mit bis zu 49 Prozent beteiligen. Die Einladung an reine Geldgeber führe dazu, dass der Versorger sich die Strommengen bilanziell vollständig anrechnen kann, so Marc Hansmann.
 
Stellten die Quartalsbilanz vor: die Enercity-Vorstände Marc Hansmann (Mitte) und Dirk Schulte (rechts), hier mit Pressesprecher Markus Hauke.
Quelle: Volker Stephan

Forderung nach mehr Förderkrediten vom Bund

„Vollausschüttungen“ an die Kommune (75,1 Prozent der Anteile an der Aktiengesellschaft), die Thüga (24,0 Prozent) und die Region Hannover (0,9 Prozent) schloss Marc Hansmann aufgrund der „gewaltigen Investitionen“ für die nähere Zukunft aus. Schon 2023 hatten die Anteilseigner sich mit 100 Millionen Euro zufrieden gegeben, der Rest wanderte auf das Unternehmenskonto. Dort haben sich inzwischen 1,08 Milliarden Euro angesammelt.

Aus Eigenmitteln will Enercity mit 1,6 Milliarden Euro ein gutes Fünftel der insgesamt 7,6 Milliarden Euro an Investitionen stemmen, das über Windpark-Partner rekrutierte Geld eingerechnet. Auch werde die AG erstmals seit längerer Zeit wieder Genussscheine ausgeben, mit gedeckelter Rendite und festgelegter Laufzeit, so Marc Hansmann. Einen Börsengang schloss er aus. 2,7 Milliarden Euro (35 Prozent) will Enercity sich bei (internationalen) Banken borgen. Durch „Innenfinanzierung“, also verdiente Abschreibungen aus den vielen Investitionen der Vergangenheit, sollen 2,9 Milliarden Euro freiwerden.

Ins Gewissen redete Marc Hansmann der öffentlichen Hand. Angesichts der Investitionen in die Wärmewende wünsche er sich mehr günstige Darlehen zur Finanzierung der „Herkulesaufgaben“. Bisher sind neben 100 Millionen Euro direkter Zuschüsse nur etwa 300 Millionen Euro aus Fördermitteln eingeplant. Die auszubauende Fernwärme könne weitaus günstiger für die Endkunden werden, wenn es Darlehen mit niedrigeren Zinsen und einer geringen Tilgung gebe, die Enercity über 30 bis 50 Jahren strecken möchte. „Entsprechende Förderkredite des Bundes über die KfW-Bank wären gut“, so Marc Hansmann.

Kundenverluste auf dem Heimatmarkt stoppen

Das aktuelle Vorstandsduo freut sich nach eigener Aussage sehr auf den Amtsantritt von Aurelie Alemany, die am 1. Juli offiziell ihren Dienst als Vorstandsvorsitzende und Nachfolgerin von Susanna Zapreva aufnimmt. „Zu zweit ist es einfach viel Arbeit“, sagt Marc Hansmann, der Austausch mit der neuen Kollegin sei bereits seit Längerem intensiv. Wichtig sei in diesem Zusammenhang, dass mit Alemany eine besondere Kompetenz in den Bereichen Vertrieb und Dienstleistungen in den Vorstand zurückkehre. Marc Hansmann ist für Finanzierung und Infrastruktur zuständig, Dirk Schulte verantwortet Personal und Transformation.

Aurelie Alemany werde etwa Gegenmaßnahmen einleiten, um die aktuelle Abwanderung von Privatkunden in Hannover zu stoppen. „Wir sind wie viele Versorger auf dem Heimatmarkt vertrieblich unter Druck“, so Marc Hansmann. Das sei eine Folge der Energiekrise, die teurer eingekauften Mengen des Vorjahres müsse Enercity nach wie vor über die Grundversorgung weitergeben. Bundesweit wachse Enercity dagegen, weil das Unternehmen hier mit anderen Preisen arbeiten könne.

Auch den durch bundespolitische Wirrungen stockenden Absatz und Einbau von Wärmepumpen wolle Aurelie Alemany ankurbeln. „Die Wärmepumpe wird sich nach unserer Auffassung durchsetzen“, so Marc Hansmann. Für deren starken Einsatz und den Ausbau der Elektromobilität sei das Stromnetz vorzubereiten. Für den Ausbau der Leitungsnetze werden bis 2045 Ausgaben allein 2,7 Milliarden Euro aufzuwenden sein.

Weil Hannover selbst keine nennenswerten Areale für Windenergieprojekte vorhalte, müsse der Hauptteil des benötigten Stroms über die Netze in die Landeshauptstadt kommen. Nach dem Abschalten des letzten Kohlekraftwerks sinkt die Erzeugungskapazität innerhalb der Stadt von jährlich 320 MW auf dann stabil 180 MW. Der erforderliche Bezug von außen über die Netze steigt entsprechend ab 2028 von 570 MW über 810 MW (2033) auf 880 MW (2045).

Donnerstag, 13.06.2024, 16:37 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Bilanz - Gutes Quartal kein Grund zur Euphorie bei Enercity
Quelle: Enercity
Bilanz
Gutes Quartal kein Grund zur Euphorie bei Enercity
Enercity drückt auf die Euphoriebremse. Wenngleich das Ebit im ersten Quartal um fast 50 Prozent über dem Vorjahreszeitraum lag, erwartet der Hannoveraner Konzern kein Rekordergebnis.
Die neue Enercity-Vorstandsvorsitzende Aurelie Alemany kommt in einem wirtschaftlich starken Jahr nach Hannover, das aber „nicht so stark wie 2023“ werden werde. Dies erklärte Vorstandskollege Marc Hansmann bei der Präsentation der Zahlen für das erste Quartal 2024.

Er war bemüht, zu hohe Erwartungen anhand des Ergebnisses vor Steuern und Zinsen zu dämpfen. Um rund 50 Prozent legte das Ebit zu, auf 138,9 Millionen Euro. Marc Hansmann relativierte diesen Wert damit, dass das Eingangsquartal vor einem Jahr eher schlecht verlaufen sei. Das gesamte Jahr 2023 hatte Enercity mit dem Rekord-Ebit von 598 Millionen Euro abgeschlossen. Die Umsatzerlöse sanken in den ersten drei Monaten um 17,9 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro.

Großen Raum nahm das Finanzierungskonzept der Niedersachsen für den Zeitraum bis 2030 ein. Die für die Energie- und Wärmewende erforderlichen Maßnahmen lässt Enercity sich 7,6 Milliarden Euro kosten. Davon sind 1,7 Milliarden Euro für den Solarenergie-Zubau und 3,2 Millionen Euro für die Entwicklung von Windparks in der gesamten Republik vorgesehen. Hier – und auch bei Bestandsparks – wolle Enercity aber künftig Finanzinvestoren mit bis zu 49 Prozent beteiligen. Die Einladung an reine Geldgeber führe dazu, dass der Versorger sich die Strommengen bilanziell vollständig anrechnen kann, so Marc Hansmann.
 
Stellten die Quartalsbilanz vor: die Enercity-Vorstände Marc Hansmann (Mitte) und Dirk Schulte (rechts), hier mit Pressesprecher Markus Hauke.
Quelle: Volker Stephan

Forderung nach mehr Förderkrediten vom Bund

„Vollausschüttungen“ an die Kommune (75,1 Prozent der Anteile an der Aktiengesellschaft), die Thüga (24,0 Prozent) und die Region Hannover (0,9 Prozent) schloss Marc Hansmann aufgrund der „gewaltigen Investitionen“ für die nähere Zukunft aus. Schon 2023 hatten die Anteilseigner sich mit 100 Millionen Euro zufrieden gegeben, der Rest wanderte auf das Unternehmenskonto. Dort haben sich inzwischen 1,08 Milliarden Euro angesammelt.

Aus Eigenmitteln will Enercity mit 1,6 Milliarden Euro ein gutes Fünftel der insgesamt 7,6 Milliarden Euro an Investitionen stemmen, das über Windpark-Partner rekrutierte Geld eingerechnet. Auch werde die AG erstmals seit längerer Zeit wieder Genussscheine ausgeben, mit gedeckelter Rendite und festgelegter Laufzeit, so Marc Hansmann. Einen Börsengang schloss er aus. 2,7 Milliarden Euro (35 Prozent) will Enercity sich bei (internationalen) Banken borgen. Durch „Innenfinanzierung“, also verdiente Abschreibungen aus den vielen Investitionen der Vergangenheit, sollen 2,9 Milliarden Euro freiwerden.

Ins Gewissen redete Marc Hansmann der öffentlichen Hand. Angesichts der Investitionen in die Wärmewende wünsche er sich mehr günstige Darlehen zur Finanzierung der „Herkulesaufgaben“. Bisher sind neben 100 Millionen Euro direkter Zuschüsse nur etwa 300 Millionen Euro aus Fördermitteln eingeplant. Die auszubauende Fernwärme könne weitaus günstiger für die Endkunden werden, wenn es Darlehen mit niedrigeren Zinsen und einer geringen Tilgung gebe, die Enercity über 30 bis 50 Jahren strecken möchte. „Entsprechende Förderkredite des Bundes über die KfW-Bank wären gut“, so Marc Hansmann.

Kundenverluste auf dem Heimatmarkt stoppen

Das aktuelle Vorstandsduo freut sich nach eigener Aussage sehr auf den Amtsantritt von Aurelie Alemany, die am 1. Juli offiziell ihren Dienst als Vorstandsvorsitzende und Nachfolgerin von Susanna Zapreva aufnimmt. „Zu zweit ist es einfach viel Arbeit“, sagt Marc Hansmann, der Austausch mit der neuen Kollegin sei bereits seit Längerem intensiv. Wichtig sei in diesem Zusammenhang, dass mit Alemany eine besondere Kompetenz in den Bereichen Vertrieb und Dienstleistungen in den Vorstand zurückkehre. Marc Hansmann ist für Finanzierung und Infrastruktur zuständig, Dirk Schulte verantwortet Personal und Transformation.

Aurelie Alemany werde etwa Gegenmaßnahmen einleiten, um die aktuelle Abwanderung von Privatkunden in Hannover zu stoppen. „Wir sind wie viele Versorger auf dem Heimatmarkt vertrieblich unter Druck“, so Marc Hansmann. Das sei eine Folge der Energiekrise, die teurer eingekauften Mengen des Vorjahres müsse Enercity nach wie vor über die Grundversorgung weitergeben. Bundesweit wachse Enercity dagegen, weil das Unternehmen hier mit anderen Preisen arbeiten könne.

Auch den durch bundespolitische Wirrungen stockenden Absatz und Einbau von Wärmepumpen wolle Aurelie Alemany ankurbeln. „Die Wärmepumpe wird sich nach unserer Auffassung durchsetzen“, so Marc Hansmann. Für deren starken Einsatz und den Ausbau der Elektromobilität sei das Stromnetz vorzubereiten. Für den Ausbau der Leitungsnetze werden bis 2045 Ausgaben allein 2,7 Milliarden Euro aufzuwenden sein.

Weil Hannover selbst keine nennenswerten Areale für Windenergieprojekte vorhalte, müsse der Hauptteil des benötigten Stroms über die Netze in die Landeshauptstadt kommen. Nach dem Abschalten des letzten Kohlekraftwerks sinkt die Erzeugungskapazität innerhalb der Stadt von jährlich 320 MW auf dann stabil 180 MW. Der erforderliche Bezug von außen über die Netze steigt entsprechend ab 2028 von 570 MW über 810 MW (2033) auf 880 MW (2045).

Donnerstag, 13.06.2024, 16:37 Uhr
Volker Stephan

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.