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Die Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz gehen weiter: Das Bundeswirtschaftsministerium hat einen Gesetzesentwurf in die Verbände- und Länderanhörung gegeben. Die ersten Reaktionen.
Seit dem 27. August liegt den Branchenverbänden der Gesetzesentwurf zur Novelle des bereits Ende 2024 überarbeiteten Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) bis zum 10. September zur Prüfung vor. Nötig wird diese erneute Überarbeitung des EnWG durch die ebenfalls novellierte EU-Strommarktrichtlinie und die damit verbundenen EU-Vorgaben, die die EU-Länder nun in ihr nationales Recht umsetzen müssen.
Wesentliche Inhalte des vorliegenden Gesetzesentwurfes sind der größere Verbraucherschutz vor Liquiditätsengpässen seitens der Energielieferanten und der Bürokratieabbau beim Ausbau der Solarenergie und beim gemeinschaftlichen Stromerzeugung und -verbrauch einschließlich der Nutzung des öffentlichen Stromnetzes − auch Energy Sharing genannt.
Der Entwurf sieht etwa vor, dass Energielieferanten „angemessene Absicherungsstrategien“ erarbeiten und einhalten. Es gelte, „das Risiko von Änderungen des Energieangebots auf Großhandelsebene für die wirtschaftliche Tragfähigkeit ihrer Verträge mit Kunden zu begrenzen“.
Gleichzeitig müsse die Liquidität an den Kurzfristmärkten und die von diesen Märkten ausgehenden Preissignale aufrechterhalten werden. Der Bundesnetzagentur hat das Recht, die Vorlage und Anpassung der Absicherungsstrategien jederzeit von den Energielieferanten zu verlangen. Die Abfrage könne auch im Rahmen eines Monitorings erfolgen, wie in dem Gesetzesentwurf zu lesen ist.
Strengere Regeln für Stromlieferanten
Ein weiterer Punkt ist die Einführung lastvariabler, tageszeitunabhängiger oder dynamischer Stromtarife sowie Festpreisverträge. Etwa wird im EnWG Paragraf 14a laut Entwurf folgender Absatz eingefügt: „Stromlieferanten, die zum 31. Dezember eines Jahres mehr als 200.000 Letztverbraucher beliefern, sind im Folgejahr verpflichtet, den Abschluss eines Stromliefervertrages auch als Festpreis anzubieten, der eine bindende Laufzeit von mindestens zwölf Monaten hat und einen festen Preis in Bezug auf den Versorgeranteil (...) garantiert.“ Der Stromlieferanten darf den Vertrag während der vereinbarten Laufzeit nicht einseitig ändern oder außerhalb der zuvor vereinbarten Vertragslaufzeit kündigen.
Ebenfalls im Entwurf enthalten sind neue Informationspflichten seitens der Betreiber von Stromnetzen. Im Vordergrund stehe das „Ziel, den Anschluss, insbesondere von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien und weiteren Energiewendetechnologien zu beschleunigen“. 60 weitere Netzausbauvorhaben sollen im Zuge dessen in den Bundesbedarfsplan aufgenommen werden, acht Netzausbauvorhaben sollen zudem abgeändert werden.
Zur Umsetzung der novellierten Strombinnenmarktrichtlinie wurden darüber hinaus auch Regelungen zum Energy Sharing eingefügt. „Mit diesen Regelungen und durch weitere Vorschriften im Verbraucherbereich und Veröffentlichungspflichten der Übertragungsnetzbetreiber wird“, wie es im aktuellen Entwurf heißt, „unter anderem sichergestellt, dass Letztverbraucher aktiv am Markt teilnehmen und informierte Entscheidungen treffen können.“
Angemessene Prüfung „kaum möglich“
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat in einer ersten Reaktion bereits angekündigt, die Änderungen der EnWG-Novelle genau zu prüfen. Kritisch sieht er erneut die kurze Frist für die Verbändeanhörung. So haben die Verbände lediglich zwei Wochen Zeit, ihre Stellungnahme zu dem Gesetzesentwurf beim Bundeswirtschaftsministerium vorzulegen. „Eine angemessene Prüfung durch die Praxis ist bei einem so umfassenden Gesetz in der Kürze der Zeit kaum möglich“, erklärt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.
Grundsätzlich begrüßt der Verband die Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus und der Vereinfachung von Netzanschlüssen. Andreae: „Zentral für eine auch künftig sichere Stromversorgung ist, dass der Aus- und Umbau der Stromnetze mit dem Erneuerbaren-Ausbau Hand in Hand gehen.“
Der Verband verweist einmal mehr auf die zunehmenden Herausforderungen, vor denen die Stromnetzbetreiber aufgrund des wachsenden Erneuerbaren-Anteils im Netz stehen. „Damit systemkritische Netzzustände gar nicht erst entstehen, müssen einerseits alle Hemmnisse für einen schnellen Netzaus- und -umbau beseitigt werden und andererseits aber auch kurzfristig Maßnahmen ergriffen werden, die die Netzstabilität auch in Zeiten der Spitzeneinspeisung sicherstellen“, so Andreae.
Donnerstag, 29.08.2024, 16:31 Uhr
Davina Spohn
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