Das Panel zum Energy Sharing auf dem Dena Kongress 2024 Quelle: E&M / S. Harmsen
Künftig sollen sich Nachbarn mit Strom vom Dach beliefern können oder Kommunen ihre Bürger mit Energie vom Windpark oder PV-Feld. Energy Sharing wurden auf dem Dena-Kongress diskutiert.
Noch sind es einzelne Pilotprojekte, doch in Kürze soll Energy Sharing deutschlandweit möglich sein. Wenn Nachbarn sich direkt mit Strom beliefern oder der Lastausgleich im Ort funktioniert, könnten sogar die Stromnetze entlastet werden. In Österreich gebe es schon 2.500 Energiesharing-Kommunen. So stellten es Fachleute auf dem Kongress der Deutschen Energieagentur (Dena) in Berlin vor.
Die Teamleiterin Digitale Technologien der Dena, Linda Babilon, erläuterte ein Pilotprojekt mit den SWW Wunsiedel. Das Modell umfasse das Stadtwerk, das zentral von vielen kleinen Erzeugern Sharing-Strom einsammelt und ihn in der Kommune weiterverteilt. Es ist auch für die Abrechnung und die Beschaffung des Reststroms verantwortlich, der nicht am Ort produziert werden kann. „Die Auswertung läuft noch“, sagte Babilon und versprach dann weiternutzbare Erkenntnisse zu veröffentlichen.
Massentaugliche Regelung finden
Elisabeth Kopp, Bereichsleiterin im Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) erläuterte die herausfordernden Regelungen für das Energy Sharing. So habe die EU in Paragraf 15a der Strommarktrichtlinie die Idee des Stromlieferns unter Nachbarn „über die Straße“ aufgeweitet, zur Möglichkeit von Kommunen ihre Bürger mit Energie vom Windpark oder PV-Feld zu versorgen. Damit aber seien die Netzbetreiber involviert. „Wir versuchen, das Gesetz für Deutschland massentauglich und einfach zu machen“, versprach Kopp. Allerdings lägen die konkreten Umsetzungsregeln bei der Bundesnetzagentur.
Aktuell landen Aufwand und Kosten für eine digitale Plattform, die das Energy Sharing steuert und abrechnet, beim Netzbetreiber nannte Kopp als Herausforderung. Das sah auch Senior Manager Jannis Reichel von der EWE als Problem. Auch sein Unternehmen befasse sich mit einer Umsetzung von Energy Sharing in einem Pilotprojekt, um daraus zu lernen. In jedem Fall sei der Einbau von Smart Metern zur viertelstündlichen Strommessung und eine Steuerung nötig.
Netzbetreiber gefordert
„Wo entstehen Energieflüsse, wie viel, wohin, wer steuert?“, all dies müsse der Netzbetreiber wissen. Reichel erwartet daher mit Spannung die Ausgestaltung durch die Bundesnetzagentur. Da die kleinen Stromproduzenten und ihr Input schwer berechenbar sind, muss der Versorger viel zusätzliche Absicherung und Energiemengensaldierung betreiben, das verursache Kosten, sagte er.
Den tieferen Sinn des Energy Sharing erläuterte Valerie Lange, Referentin Energiepolitik beim Bündnis Bürgerenergie. Es soll Bürgern möglich werden, beispielsweise mit PV vom Hausdach, selbst Energie zu erzeugen und Überschüsse an die Nachbarn zu liefern. Im besten Fall würde der regionale Austausch dazu beitragen, die Stromnetze zu entlasten, hofft Lange. In jedem Falle aber würde das Mitgestalten die Akzeptanz für die Energiewende erhöhen.
Digitale Plattform soll helfen
Aus rechtlicher Sicht erläuterte Ludwig Karg, Prokurist beim Netzwerk für Nachhaltiges Bauen (BAUM), dass für Energy Sharing Gemeinschaften als Firmen gegründet werden müssen, die auch gemeinnützige Interessen verfolgen. Ein Zwei-Vertragsmodell sehe vor, dass es einen Lieferanten für regionalen Strom gibt und einen für die Restenergie. „Der eine Partner kann auch aus einer Vielzahl von Peer-to-Peer Anbietern bestehen“, erläuterte er.
Eine digitale Plattform soll installiert werden zur Erleichterung der Kommunikation der Energiedaten sagte Elisabeth Kopp vom BMWK. Matthias Walther von der Mainova hofft auf eine schnelle Regelung. Sein Unternehmen betreibt bereits 10-MW-PV-Anlagen für Mieterstrom. Sie wollen auch Nachbarn versorgen zu können, die keine PV-Anlage auf dem Dach haben. Es sei hilfreich für das Verteilnetz, Strom-Überschüsse vor Ort abzugeben, sagte Walther. Zudem könnten Nahwärmezentralen überschüssigen Mittagsstrom zu Wärme machen und nutzen, was ohne Netzentgelte gehen würde, hofft er.
Dienstag, 12.11.2024, 11:23 Uhr
Susanne Harmsen
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