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Nach dem Scheitern des Energieeffizienz-Reformgesetzes plant Österreichs Regierung eine Novelle des alten Energieeffizienzgesetzes. Deren Beschluss ist mit einfacher Mehrheit möglich.
Voraussichtlich in der Sondersitzung am 1. Juni beschließt das Plenum des österreichischen Bundesparlaments eine Novelle des Bundes-Energieeffizienzgesetz (EEffG), das bis einschließlich 31. Dezember 2020 galt. Sie ersetzt das geplante Energieeffizienz-Reformgesetz (EnEffRefG), das am 24. Mai nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit gefunden hatte.
Die rechtsgerichtete Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) lehnte den Antrag der regierenden Koalition aus Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und Grünen ab, weil sie deren Energie- und Klimapolitik für falsch hält. Die Sozialdemokraten (SPÖ) wiederum verweigerten die Zustimmung, weil ihrer Ansicht nach ÖVP und Grüne keine wirksamen Maßnahmen gegen die Inflation setzen wollen und überdies ablehnen, die Energielieferanten zum Durchführen oder Finanzieren von Energieeffizienzmaßnahmen bei ihren Kunden zu verpflichten („Lieferantenverpflichtung“).
Ein neues Energieffizienzgesetz in welcher Form auch immer zu beschließen, ist dringend nötig, weil Österreich die „zweite Energieeffizienzrichtlinie“ der EU (Richtlinie 2018/2002/EU) bis spätestens 5. Juni 2020 hätte umsetzen müssen. Mittlerweile drohen Strafen von rund 7 Millionen Euro.
Die Novelle zum EEffG kann die Koalition mit einfacher Mehrheit beschließen. Der Grund ist der Entfall der „Kompetenzdeckungsklausel“, mit der Kompetenzen der neun Bundesländer auf den Bund hätten übertragen werden sollen. Folglich sind im Entwurf der Novelle keine Effizienzziele für die Länder enthalten. Statt dessen setzt die Bundesregierung auf Freiwilligkeit: Für die Bundesländer werden unverbindliche „Richtwerte“ für ihren jeweiligen Beitrag zum Energieeffizienzziel Österreichs festgeschrieben. Dieses besagt, dass der Endenergieverbrauch im Jahr 2030 nicht mehr als 920
Petajoule (PJ) betragen darf. Die dafür notwendigen kumulierten Energieeinsparungen werden mit „mindestens 650
PJ“ beziffert.
Überdies sollen der Bund und die Länder bis Ende 2024 eine Strategie erarbeiten, „um die Durchführung des Prinzips ‚Energieeffizienz an erster Stelle‘ in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen zu dokumentieren.“ Eingerichtet wird eine „Koordinierungsstelle zur Bekämpfung von Energiearmut“ beim Klima- und Energiefonds (Klien). Für die Erfüllung ihrer Aufgaben überweist ihr das Energieministerium (BMK) jährlich eine Million Euro. Für den Vollzug des EEffG ist künftig die Regulierungsbehörde E-Control zuständig.
Nicht zuletzt hinsichtlich der „Lieferantenverpflichtung“ ist die Novelle vorerst noch unklar formuliert. Die diesbezügliche Bestimmung im ausgelaufenen EEffG wurde nicht entfernt. Im Widerspruch dazu heißt es in den – rechtlich allerdings belanglosen – Erläuterungen, „ein Verpflichtungssystem ist nicht mehr vorgesehen.“
Prinzip HoffnungUmweltministerin Leonore Gewessler (Grüne), der Energiesprecher der Grünen, Lukas Hammer, sowie die Energiesprecherin der ÖVP, Tanja Graf, wiederholten ihre Kritik an der SPÖ. Deren Ablehnung des EnEffRefG sei „verantwortungslos“ gewesen. Warum die Koalition trotz der bekannten Dringlichkeit der Sache seit ihrem Amtsantritt Anfang 2020 zwei Jahre benötigte, um einen Entwurf des Gesetzes vorzulegen, erläuterten Gewessler, Hammer und Graf nicht. Graf ergänzte, „es pressiert für die Beschlussfassung“ der EEffG-Novelle im Parlament: „Der Juni ist bald da und damit auch die mögliche Klage. Wir hoffen auf Verständnis in Brüssel.“
Verschärfte „Übergewinn“-AbschöpfungUnterdessen beschloss die Koalition am 25. Mai im Parlamentsplenum die angekündigte verschärfte Abschöpfung sogenannter „Übergewinne“ der Stromversorger. Laut einer Meldung des Pressedienstes des Parlaments wird die Obergrenze für die zulässigen Markterlöse von Stromerzeugern ab 1. Juni von 140 auf 120
Euro/MWh gesenkt. Von den darüber liegenden Erträgen sind 90
Prozent dem Finanzminister zu überweisen. Unter noch festzulegenden Bedingungen können Investitionen in erneuerbare Energien sowie Energieeffizienmaßnahmen abgesetzt werden. „Auch höhere Gestehungskosten bei der Stromerzeugung werden berücksichtigt“, teilte der Pressedienst mit. Die Kosten der Übergewinn-Abschöpfung für die Stromversorger sind schwer abzuschätzen. Die niederösterreichische EVN geht für das Geschäftsjahr 2022/23 von insgesamt rund 50
Millionen Euro aus.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) übte einmal mehr scharfe Kritik an der E-Wirtschaft. „Wir lassen uns nicht länger papierln. Es werden Milliardengewinne gemacht, und gleichzeitig wird uns immer mit Krokodiltränen erklärt, wie schwierig die Situation auf dem Weltmarkt sei“, wurde er in der Tageszeitung
Der Standard zitiert.
Freitag, 26.05.2023, 10:55 Uhr
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