Quelle: Deutscher Bundestag / Achim Melde
Der Bundestag befasste sich am 22. September mit den infolge des russischen Krieges stärker gestiegenen Energiepreisen und der sozialen Abfederung für die Bevölkerung.
In einer von den Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und FDP beantragten Aktuellen Stunde debattierten die Parlamentarier über die „Gewährleistung der Energieversorgung“. Auch die dritte Novellierung des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG 3.0) steht in erster Lesung auf der Tagesordnung.
Um die Energieversorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten, seien weitere Maßnahmen erforderlich, „die zu einer weiteren Reduzierung des Gasverbrauchs im Winter 2022/2023 und im Winter 2023/2024 führen und gleichzeitig dafür sorgen, dass die Stromversorgung sichergestellt bleibt“, heißt es in der Begründung zu dem EnSiG-Entwurf. Ziel sei außerdem die Beschleunigung des Stromnetzausbaus sowie die Ertüchtigung des bestehenden Stromnetzes.
Der Vorlage zufolge soll das EnSiG um klarstellende Vorschriften ergänzt werden. Des Weiteren werden das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2021), das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), das Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG) und das LNG-Beschleunigungsgesetz um Regelungen ergänzt, die besonders den Rahmen für die Nutzung von Biogas und Photovoltaik sowie von Flüssigerdgas-Anlagen verbessern sollen.
Union will längere Laufzeit für Kernkraftwerke
Die Union fordert in einem eigenen Gesetzentwurf, die Laufzeiten der drei noch am Netz befindlichen deutschen Atomkraftwerke bis Ende 2024 zu verlängern. Die Linke fordert in einem Antrag, Strom- und Gassperren durch Energieversorger zu verbieten. Am Morgen des 23. September wird es zu der Novelle eine Expertenanhörung im Energieausschuss geben.
Bei der Debatte im Bundestag sagte Bundewirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) weitreichende Hilfen wegen der hohen Energiepreise zu. Sie sollten künftig nicht mehr nur an Firmen gehen, die im internationalen Handel stehen, sondern auch an Unternehmen, die Verluste machen. Das gelte für die Industrie und auch für den Mittelstand. Außerdem solle es schnell Abschlagszahlungen geben, versprach Habeck. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hatte unter Verweis auf eine Umfrage im industriellen Mittelstand (siehe separate Meldung) gemahnt, die extrem gestiegenen Energiepreise stellten die Industrie vor fundamentale Probleme.
Anpassungen im EnWG vorgesehen
Aus Sicht der Koalitionsfraktionen sind vor allem die Anpassungen im EnWG erforderlich, um bereits kurz- und mittelfristig die Offshore-Anbindungsleitungen besser auszulasten. Dies sei für die Versorgungssicherheit in den kommenden Wintern zwingend und auch darüber hinaus für die Auslastung erforderlich. Zudem müssten die Anforderungen feststehen und die Leitungen rechtzeitig fertiggestellt werden. „Nur so können die Offshore-Ausbauziele des Windenergie-auf-See-Gesetzes erreicht werden“, heißt es in dem Entwurf.
Darüber hinaus würden im EnWG Regelungen zur Entschädigung bei Speicherstilllegung getroffen. Parlamentarische Kreise hätten zuvor darauf hingewiesen, dass mit Blick auf etwaige finanzielle Härten aus einer nicht genehmigten Speicherstilllegung eine Härteausgleichsregelung nötig sei. Gleichfalls soll eine Anzeige bei der Umstellung von L-Gas auf H-Gas eingeführt werden.
Erleichterungen für den Ausbau von Windkraft und LNG-Terminals
Geändert werden soll durch den Gesetzentwurf auch das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Geplant sei eine Ergänzung der Sondervorschrift für Windenergieanlagen, heißt es. Es würden bis März befristete Regelungen zu Abweichungen von Vorgaben zu nächtlichen Geräuschwerten und zur Vermeidung von Schattenwurf bei Windenergieanlagen eingeführt.
Durch Änderungen im LNG-Beschleunigungsgesetz sollen die Verfahren für die schwimmenden LNG-Terminals erleichtert und beschleunigt werden. Ermöglicht werden soll ein vorzeitiger Baubeginn auch bei unvollständigen Planungsunterlagen. Zudem soll die Möglichkeit geschaffen werden, ein weiteres Terminal in Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) zu genehmigen.
Biogasdeckel heben
Durch Korrekturen im EEG 2021 soll für die Jahre 2022, 2023 und 2024 eine Sonderregelung für die Förderung von Biogasanlagen geschaffen werden. Diese schaffe in der Krise einen vorübergehenden Anreiz, „dass die Stromerzeugung aus Biogas gesteigert wird und damit in diesem Umfang auf die Verstromung von Erdgas verzichtet werden kann“, schreiben die Ampelfraktionen.
Schließlich soll auch das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) geändert werden. Ziel seien Erleichterungen bei der unterjährigen Inbetriebnahme von innovativen KWK-Projekten.
Drittes Entlastungspaket für die Bürger
In erster Lesung steht das dritte Entlastungspaket auf der Tagesordnung, mit dem die Koalition die Belastungen durch die Inflation mildern will. So sollen der steuerliche Grundfreibetrag, der Kinderfreibetrag und das Kindergeld erhöht werden. Mit Änderungen beim Einkommensteuer-Tarif solld die sogenannte kalte Progression ausgeglichen werden. Damit soll verhindert werden, dass die Kaufkraft trotz Gehaltserhöhungen sinkt.
Donnerstag, 22.09.2022, 17:09 Uhr
Susanne Harmsen
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