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Millionenverluste im Jahr 2024 – und nun drohen teure Nachzahlungen: Die Stadtwerke Aalen haben zum Auftakt der Prozesse um jüngst gekündigte Führungskräfte eine Pleite erlebt.
Der Auftakt in der Prozessserie um die seit Dezember 2024 entlassenen Führungskräfte hätte für die Stadtwerke Aalen schlechter kaum laufen können. Das Arbeitsgericht Stuttgart hat am 26. November den Rauswurf des kaufmännischen Leiters für unrechtmäßig erklärt, teilte eine Sprecherin des Gerichts auf Anfrage dieser Redaktion mit.
Gegen das schriftlich noch nicht vorliegende Urteil kann der Versorger von der Ostalb Berufung einlegen. Diese würde das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg verhandeln. Bis auf Weiteres sind zwei unterschiedlich begründete Kündigungen aus dem Februar und Juni 2025 gegen den Prokuristen mit dem Spruch der 13. Kammer des Arbeitsgerichts nichtig.
Damit waren die Vorzeichen für das nächste Verfahren also nicht gut. Wie es der Zufall wollte, war gleich am folgenden Tag, dem 27. November, Verhandlungstermin am Landgericht Ellwangen. Wiederum ging es um die Dezember-Ereignisse, hier wehrt Ex-Geschäftsführer Christoph Trautmann sich gegen seine Kündigung.
Ex-Geschäftsführer und Versorger streben Vergleich an
In Ellwangen gab es kein Urteil. Hier verständigten der Gekündigte und der Versorger sich am 27. November im Gütetermin auf den Versuch, einen Vergleich zu schließen. Der zuständige Richter gab den Parteien dafür bis Ende März 2026 Zeit. Das bedeutet nicht, dass die Streitenden diesen Rahmen auch ausschöpfen werden.
Es sind zwei unterschiedliche Gerichte mit den Fällen befasst, weil Geschäftsführer durch ihre herausgehobene Position nicht als Arbeitnehmer im eigentlichen Sinne gelten und ihre arbeitsrechtlichen Fälle damit bei der Zivilkammer des Landgerichts landen. Die Umstände allerdings sind für beide Entlassungen im Kern gleich. Die Stadtwerke Aalen suchten Ende des vergangenen Jahres nach Gründen für ein unerklärliches Minus von rund 17 Millionen Euro. Und sie fanden den vermeintlich Schuldigen zunächst im damaligen Geschäftsführer (wir berichteten).
Letztlich warf der Aufsichtsrat ihm – und in der Folge dem kaufmännischen Leiter – diverse Managementfehler vor. Darunter eine Kostenexplosion durch fehlerhafte, also zu teure Beschaffung und auch eine falsche Information des Kontrollgremiums. Noch im November 2024 hätten die operativ Verantwortlichen viel positivere Ergebnisprognosen abgegeben, so die Darstellung des Versorgers.
Die Stadtwerke Aalen setzten Trautmann am 13. Dezember vor die Tür und präsentierten seinen Nachfolger Michael Schäfer direkt am Tag darauf. Im eingeleiteten Konsolidierungsprozess legte der Versorger zuletzt wieder schwarze Zahlen vor. Der Blick zurück schmerzt gleichwohl alle Parteien, denn es geht in den Verfahren um viel Geld.
Jede Seite macht sich Hoffnungen auf Schadenersatz
Die eine Seite will entgangene Gehälter einklagen, so hätte Christoph Trautmanns Vertrag noch bis ins Jahr 2029 gegolten. Er zweifelt nicht nur die Rechtmäßigkeit der außerordentlichen Entlassung an, sondern führt auch Rufschädigung durch das Verhalten des früheren Arbeitgebers an. Hier gab Anfang des Jahres ein vorläufig angesetzter Streitwert einen Hinweis auf das mögliche Volumen: 800.000 Euro waren es damals. Diesen Betrag hat der Ex-Geschäftsführer nun auf 640.000 Euro korrigiert.
Die andere Seite beziffert den Schaden weitaus höher. Mindestens 4,4 Millionen Euro wollen die Stadtwerke beim Geschäftsführer eintreiben, vorbehaltlich weiterer noch nicht kalkulierter Verluste. Zu diesem Zweck reichten sie im Mai Widerklage ein. Dabei handelt es sich um ein juristisches Instrument, das es Gerichten erlaubt, zwei Klagen derselben Angelegenheit in einem Fall zu verhandeln.
Gegen den in der ersten Instanz erfolgreichen Ex-Prokuristen scheiterten die Stadtwerke bereits mit ihrer Widerklage. Hier setzte das Arbeitsgericht den Streitwert auf gut 1 Million Euro fest, ein hoher Preis für die ausgesprochene Kündigung. Ob der Versorger gegen das erste Urteil vorgeht und die zweite Instanz anruft, ist offen. Ein Sprecher der Stadtwerke erklärte auf Anfrage, dass das Unternehmen sich zu laufenden Verfahren nicht äußern wolle.
Ein Sprecher des Landgerichts erklärte auf Anfrage dieser Redaktion, dass das Stuttgarter Urteil nicht unbedingt eine Rolle für den wesensgleichen Prozess in Ellwangen spielen müsse. Anwälte könnten natürlich die Akten des anderen Falles anfordern und das „eigene“ Gericht um Einsichtnahme bitten. Diesem Ansinnen kann eine Kammer folgen, muss das aber nicht unbedingt. So sind auch völlig unterschiedliche Urteile denkbar, sofern das Landgericht nach Ablauf der Frist für einen Vergleich überhaupt eine Entscheidung fällen muss.
Donnerstag, 27.11.2025, 17:49 Uhr
Volker Stephan
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