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Sachverständige haben im Wirtschaftsausschuss Pläne der Bundesregierung zur schnelleren Erdwärme-Nutzung bewertet und Änderungen am Geothermie-Gesetz gefordert.
Im Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Bundestages haben Fachleute am 5. November das Geothermiebeschleunigungsgesetz beurteilt. Vertreterinnen und Vertreter aus Verbänden, Wissenschaft und Unternehmen waren eingeladen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung soll den Zugang zu geothermischen Ressourcen erleichtern, den Ausbau von Wärmepumpen vorantreiben sowie Transport und Speicherung von Wärme schneller ermöglichen. Das Gesetz soll im ersten Quartal 2026 in Kraft treten.
Der Bundesverband Geothermie (BVG) mit Sitz in Berlin sieht laut seinem Geschäftsführer Gregor Dilger in dem Entwurf zwar geeignete Maßnahmen, um Projekte schneller umzusetzen. Er erklärte jedoch, dass zusätzliche Anpassungen notwendig seien, vor allem zur vollständigen Umsetzung der Europäischen Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Energien (RED III).
Diese setzt das Ziel, bis 2030 einen Anteil von 45 Prozent Regenerativer am EU-Energiemix zu erreichen. Der BVG hält darüber hinaus Erleichterungen im Genehmigungsrecht für sinnvoll, etwa bei baurechtlichen Vorgaben, bei der Flächenverfügbarkeit und beim Aufbau von Personal in Behörden.
Sorge ums Trinkwasser
Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände äußerte Bedenken beim Schutz von Grundwasser. Vertreter Klaus Ritgen forderte strengere Vorgaben in Wasserschutzgebieten. Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) mit Sitz in Berlin betonte die Bedeutung der öffentlichen Wasserversorgung. BDEW-Hauptgeschäftsführer Martin Weyand schlug ein ausdrückliches Verbot von Geothermievorhaben in Schutzzonen I und II vor, während in Zone III eine Einzelfallprüfung erfolgen solle.
Auch die rechtliche Klarstellung, dass Geothermieanlagen künftig als Vorhaben im überragenden öffentlichen Interesse gelten, ist für Weyand ein starkes Signal. Allerdings solle das überragende öffentliche Interesse auch Wärmeleitungen erfassen. Vor allem fehlen ihm in dem Gesetzentwurf ein klarer Vorrang der Trinkwassergewinnung. „Das schafft Rechtssicherheit und beschleunigt die Abwägungen in den Behörden“, sagte Weyand.
Kritik äußerte auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH), wie Cornelia Nicklas, Leiterin Recht sagte. Der Entwurf adressiere zentrale Hebel für eine klimafreundliche Wärmeversorgung nicht ausreichend. Nicklas wies darauf hin, dass der Anwendungsbereich zu weit gefasst sei und Regelungen teilweise am Ziel vorbeiliefen. Aus Sicht der DUH vernachlässigt das Vorhaben Aspekte des Umwelt- und Gesundheitsschutzes. Die Organisation fordert eine bundesweite Geothermie-Strategie.
Professor Sven-Joachim Otto vom Institut für Berg- und Energierecht der Ruhr-Universität Bochum bezeichnete den Gesetzentwurf in der Anhörung als wichtigen Fortschritt für die Wärmewende. Das überragende öffentliche Interesse sowie Änderungen im Berg- und Wasserrecht können nach seiner Einschätzung Verfahren effizienter machen und Investitionen sicherer machen. Allerdings seien Fristen und behördliche Vereinfachungen an einigen Stellen noch zu allgemein formuliert.
Für eine einzige Genehmigung, ober- wie unterirdisch
Von Seiten kommunaler Unternehmen begrüßte Karin Thelen die beabsichtigte Vereinfachung von Zulassungsverfahren. Die Geschäftsführerin Regionale Energiewende bei den stark in der Geothermie engagierten Stadtwerken München (SWM) sprach sich für ein einheitliches Zulassungsverfahren mit umfassender Konzentrationswirkung aus – einschließlich der Baugenehmigungen für oberirdische Anlagen. Eine verbindliche Verfahrensfrist von sieben Monaten würde aus ihrer Sicht Planbarkeit verbessern.
Der Versicherungskonzern Munich Re mit Hauptsitz in München verwies auf wirtschaftliche Risiken der Geothermie. Patrick Hinze, Leiter für neue Technologielösungen, erklärte, dass kommunale Projekte aufgrund hoher Anfangsinvestitionen besonders anfällig für Fehlschläge seien. Fündigkeitsabsicherungen könnten Gemeinden vor finanziellen Belastungen schützen, falls Bohrungen erfolglos bleiben.
Aus der Forschung wies Fabian Ahrendts von der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geotechnologien (IEG) darauf hin, dass konkrete Ausbauziele im Gesetz fehlten. Aus seiner Sicht sind überprüfbare Vorgaben notwendig, um die Wirksamkeit der Maßnahmen abzuschätzen. Außerdem seien klare Definitionen für Großwärmepumpen und Wärmetransformatoren erforderlich.
Mittwoch, 5.11.2025, 12:36 Uhr
Susanne Harmsen
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