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Bidirektionales Laden kann sich laut Agora Verkehrswende und Reiner-Lemoine-Institut finanziell lohnen und Netze entlasten. Eine neue Analyse zeigt offenen politischen Reformbedarf.
Die Nutzung von Elektroautos als Stromspeicher könnte sich künftig doppelt lohnen – für die Fahrzeughalter ebenso wie für das Energiesystem. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse des Thinktanks Agora Verkehrswende und des Reiner-Lemoine-Instituts (RLI), die am 4. November online vorgestellt wurde. Die Studie zeigt, dass das sogenannte bidirektionale Laden – also das Rückspeisen von Strom aus der Fahrzeugbatterie in das Haus oder ins öffentliche Netz – erhebliche Kostenvorteile bringen kann.
Im Rahmen der Online-Veranstaltung stellten die RLI-Forscher Gombodshaw-Johann Boss und Julian Brendel die Ergebnisse vor. Neben Agora-Vertreterin Fanny Tausendteufel diskutierten Claas Bracklo (BMW), Marcus Fendt (The Mobility House) und Achim Zerres (Bundesnetzagentur) über die Voraussetzungen für eine breite Einführung der Technologie.
Laut den Berechnungen des RLI im Auftrag von Agora Verkehrswende können Nutzerinnen und Nutzer von Elektroautos im Jahr 2030 durch die Vermarktung gespeicherter Energie bis zu 500 Euro pro Jahr einnehmen. Die Erlöse ergeben sich, wenn Fahrzeuge bei niedrigen Strompreisen laden und bei höheren Preisen wieder einspeisen. Wird zusätzlich eine Photovoltaikanlage genutzt, können die Einsparungen noch größer ausfallen.
Netzentlastung ermöglichenAgora-Direktor Christian Hochfeld betont, dass Elektrofahrzeuge durch bidirektionales Laden nicht nur den Stromkosten der Nutzer zugutekommen, sondern auch das Energiesystem entlasten. „Indem sie Strom aus ihrer Batterie ins Netz einspeisen, können sie schwankende Verfügbarkeiten von Wind- und Solarenergie ausgleichen und so die Netzstabilität erhöhen.“ Laut Hochfeld könnte der Strom für die jährliche Fahrleistung eines E-Autos im besten Fall vollständig über solche Erlöse gedeckt werden.
Das Papier beschreibt zugleich, welche politischen Schritte notwendig sind, um diese Potenziale zu heben. Agora Verkehrswende empfiehlt, die Einspeisung ins öffentliche Netz (Vehicle-to-Grid) attraktiver zu gestalten. So könnten etwa flexible Netzanschlussvereinbarungen (Flexible Connection Agreements, FCA) es Netzbetreibern ermöglichen, Lade- und Entladevorgänge besser zu steuern. Im Gegenzug könnten reduzierte Netzentgelte für zwischengespeicherten Strom die Kosten der Fahrzeughalterinnen und -halter senken.
Smart Meter als VoraussetzungEine weitere Hürde liegt laut Studie im langsamen Ausbau sogenannter intelligenter Messsysteme (Smart Meter), die Voraussetzung für eine marktgerechte Steuerung sind. Auch fehlendes Wissen über die wirtschaftlichen Chancen und technischen Möglichkeiten hemmt derzeit die Nutzung bidirektionaler Anwendungen.
Fanny Tausendteufel, Projektleiterin bei Agora Verkehrswende, sieht in gezielten politischen Reformen den Schlüssel: „Um das Potenzial des bidirektionalen Ladens voll auszuschöpfen, braucht es ein Regelwerk, das tragfähige Geschäftsmodelle ermöglicht.“ Wer die Flexibilität seines E-Autos für das Stromsystem bereitstellt, sollte davon auch finanziell profitieren, fordert sie.
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Bidirektionales Laden hat Herausforderungen auf dem Weg zur Marktreife - Für Vollbild bitte auf die Grafik klicken Quelle: RLI |
Die Analyse wertet vorhandene wissenschaftliche Studien aus und kombiniert sie mit Interviews von Fachleuten aus Energiebranche und Forschung. Sie untersucht mögliche Erlöse in drei Anwendungsfällen bidirektionalen Ladens: für private Pkw ohne Photovoltaikanlage, für private Pkw mit Photovoltaikanlage sowie für gewerbliche Lkw-Flotten mit Photovoltaikanlage. Demnach könnten E-Pkw rund 150 bis 200 Euro jährlich erwirtschaften, Lkw im Depot mit PV etwa 1.000 Euro/Jahr.
Die
Analyse „Bidirektionales Laden. Wie es sich finanziell auszahlen kann, die Antriebsbatterien von Elektrofahrzeugen als Speicher für das Stromnetz einzusetzen.“ steht als PDF zum Download bereit.
Dienstag, 4.11.2025, 11:45 Uhr
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