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Energie & Management > Stromnetz - Das Stromnetz im Zeitraffer
Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Stromnetz

Das Stromnetz im Zeitraffer

In welchem Zustand unterirdische Stromkabel sind, lässt sich von oben kaum erahnen. Um Daten für die Zukunft zu bekommen, lassen Forschende Mittelspannungskabel beschleunigt altern.
Ein Teil unseres Stromnetzes liegt unter der Erde und manche dieser Kabel wurden verlegt, als John F. Kennedy gerade amerikanischer Präsident geworden war. „Auch schon vor 60 Jahren wurden Papier-Masse-Kabel verwendet“, erklärt die Elektrotechnik-Ingenieurin Ann-Catrin Uhr-Müller. Bei ihnen ist die isolierende Papierschicht in Öl getränkt. Diese alten Papier-Masse-Kabel sind oft noch in gutem Zustand – die Frage ist: Wie lange? Darüber schreibt Uhr-Müller ihre Doktorarbeit.

Die Rheinische Netzgesellschaft (RNG) in Köln und das Institut für Hochspannungstechnik, Energiesystem- und Anlagendiagnose (IHEA) der Hochschule Coburg (Bayern) haben dafür ein Versuchsfeld in Betrieb genommen, das die Alterung der Kabel künstlich beschleunigt. Durch diesen Zeitraffer lässt sich die Lebenserwartung der Kabel prognostizieren. „Der Versuchsaufbau ist circa 20 mal 8 Meter groß – das war unglaublich aufwändig“, berichtet Uhr-Müller. Knapp vier Monate war sie in Köln, um das Ganze mitaufzubauen. Jetzt können sie und IHEA-Leiter Professor Christian Weindl vom Computer in Coburg aus auf das Versuchsfeld zugreifen.

Um möglichst aussagekräftige Daten zu bekommen, wird in Köln mit verschiedenen Kabeln experimentiert. „Es ist ein Unterschied, ob ein Kabel jahrzehntelang in einem Wohngebiet lag – oder neben einem Stahlwerk“, erklärt Uhr-Müller. Im Versuchsfeld liegen die Kabel in einer riesigen, thermisch isolierten Wanne, denn die Temperatur ist für den Zustand der Papier-Masse-Kabel entscheidend. 

Die Forschenden bilden Lasten des Alltags nach. Sie können dabei Temperaturprofile von 10 °C, also Bodentemperatur, bis zu 85 °C festlegen. Ab einer gewissen Stromlast werden die Kabel warm, und dann altert die Isolation schneller. Irgendwann hält sie der Spannung nicht mehr stand, es kommt zu einem „Spannungsdurchschlag“ – die Coburger Wissenschaftler werden darüber automatisch per Email informiert, und Ann-Catrin Uhr-Müllers Handy vibriert. Dann weiß sie, dass sie neue Daten für ihre Doktorarbeit hat.

Das Projekt ist auch ein Beitrag zur Energiewende, denn beispielsweise E-Autos oder die Einspeisung von Wind- und Solarstrom verändern die Nutzung der Netze. Die Betreiber brauchen Informationen, um die Lasten möglichst so zu steuern, dass die Kabel lange halten und physikalische und wirtschaftliche Erfordernisse berücksichtigt werden. Asset Management nennen das die Experten. „Die Alterungs- und Ausfalldaten aus dem Versuch bilden dabei einen wichtigen Baustein, damit unsere Netze auch bei den zukünftig zu erwartenden Belastungen sicher, zuverlässig und kostengünstig betrieben werden können“, sagt Weindl.
 
Ann-Catrin Uhr-Müller vor dem Versuchsaufbau in Köln, der auch Thema ihrer Doktorarbeit ist.
Quelle: Rheinenergie

Dienstag, 23.11.2021, 12:07 Uhr
Peter Koller
Energie & Management > Stromnetz - Das Stromnetz im Zeitraffer
Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Stromnetz
Das Stromnetz im Zeitraffer
In welchem Zustand unterirdische Stromkabel sind, lässt sich von oben kaum erahnen. Um Daten für die Zukunft zu bekommen, lassen Forschende Mittelspannungskabel beschleunigt altern.
Ein Teil unseres Stromnetzes liegt unter der Erde und manche dieser Kabel wurden verlegt, als John F. Kennedy gerade amerikanischer Präsident geworden war. „Auch schon vor 60 Jahren wurden Papier-Masse-Kabel verwendet“, erklärt die Elektrotechnik-Ingenieurin Ann-Catrin Uhr-Müller. Bei ihnen ist die isolierende Papierschicht in Öl getränkt. Diese alten Papier-Masse-Kabel sind oft noch in gutem Zustand – die Frage ist: Wie lange? Darüber schreibt Uhr-Müller ihre Doktorarbeit.

Die Rheinische Netzgesellschaft (RNG) in Köln und das Institut für Hochspannungstechnik, Energiesystem- und Anlagendiagnose (IHEA) der Hochschule Coburg (Bayern) haben dafür ein Versuchsfeld in Betrieb genommen, das die Alterung der Kabel künstlich beschleunigt. Durch diesen Zeitraffer lässt sich die Lebenserwartung der Kabel prognostizieren. „Der Versuchsaufbau ist circa 20 mal 8 Meter groß – das war unglaublich aufwändig“, berichtet Uhr-Müller. Knapp vier Monate war sie in Köln, um das Ganze mitaufzubauen. Jetzt können sie und IHEA-Leiter Professor Christian Weindl vom Computer in Coburg aus auf das Versuchsfeld zugreifen.

Um möglichst aussagekräftige Daten zu bekommen, wird in Köln mit verschiedenen Kabeln experimentiert. „Es ist ein Unterschied, ob ein Kabel jahrzehntelang in einem Wohngebiet lag – oder neben einem Stahlwerk“, erklärt Uhr-Müller. Im Versuchsfeld liegen die Kabel in einer riesigen, thermisch isolierten Wanne, denn die Temperatur ist für den Zustand der Papier-Masse-Kabel entscheidend. 

Die Forschenden bilden Lasten des Alltags nach. Sie können dabei Temperaturprofile von 10 °C, also Bodentemperatur, bis zu 85 °C festlegen. Ab einer gewissen Stromlast werden die Kabel warm, und dann altert die Isolation schneller. Irgendwann hält sie der Spannung nicht mehr stand, es kommt zu einem „Spannungsdurchschlag“ – die Coburger Wissenschaftler werden darüber automatisch per Email informiert, und Ann-Catrin Uhr-Müllers Handy vibriert. Dann weiß sie, dass sie neue Daten für ihre Doktorarbeit hat.

Das Projekt ist auch ein Beitrag zur Energiewende, denn beispielsweise E-Autos oder die Einspeisung von Wind- und Solarstrom verändern die Nutzung der Netze. Die Betreiber brauchen Informationen, um die Lasten möglichst so zu steuern, dass die Kabel lange halten und physikalische und wirtschaftliche Erfordernisse berücksichtigt werden. Asset Management nennen das die Experten. „Die Alterungs- und Ausfalldaten aus dem Versuch bilden dabei einen wichtigen Baustein, damit unsere Netze auch bei den zukünftig zu erwartenden Belastungen sicher, zuverlässig und kostengünstig betrieben werden können“, sagt Weindl.
 
Ann-Catrin Uhr-Müller vor dem Versuchsaufbau in Köln, der auch Thema ihrer Doktorarbeit ist.
Quelle: Rheinenergie

Dienstag, 23.11.2021, 12:07 Uhr
Peter Koller

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