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Energie & Management > Veranstaltung - Neues starten, aber das alte Geschäft mitnehmen
Bild: Fotolia.com, Les Cunliffe
Veranstaltung

Neues starten, aber das alte Geschäft mitnehmen

Auf einer Handelsblatt Diskussion diskutierten Praktiker, wie das Spannungsverhältnis zwischen vorhandenem Geschäft und nötiger Erneuerung in der Energiewirtschaft zu bewältigen sind.
Sebastian Jurczyk, Geschäftsführer der Stadtwerke Münster: „Wir haben die Herausforderung mehr Effizienz im Kerngeschäft voranzubringen und gleichzeitig für Wachstum zu sorgen.“ Das ginge nur über die Pflege des Kerngeschäfts bei gleichzeitigem Vorantreiben von Innovation. Das bedeutet auch, Mitarbeiter wertzuschätzen, die schon Jahrzehnte im Unternehmen sind und trotzdem attraktiv zu sein für neue, junge Leute. „Wir müssen das Und zwischen der alten und neuen Welt hinbekommen, nicht das Oder“, appellierte er.

So setze sein Unternehmen weiter auf die vorhandene Infrastruktur in Strom- und Wärmenetzen, erweitere sie aber um Glasfasernetze für die Kommunikation. In den Geschäftsmodellen wende man sich Smart-City-Angeboten zu wie öffentlichem Verkehr on demand aber auch Lastmanagement von Verbrauchern. Es werde nicht das eine neue Geschäft geben, das die heutigen Umsätze bringen kann, sondern eine ganze Palette verschiedener neuer Angebote und Geschäftsmodelle.

Diesen Herausforderungen sieht sich auch Diana Rauhut, Vertriebsvorstand der Mainova in Frankfurt/Main, gegenüber. Sie verändert die Dienstleistungen mehr aus Sicht der Kunden und kooperiert im Thüga-Verbund, um neue Entwicklungen schnell zu skalieren und bezahlbar zu halten. Ihr Unternehmen kooperiert mit der Wohnungswirtschaft, um über Mieterstrom und Wärmeversorgung neue Geschäftsfelder zu eröffnen. Dazu dient auch Digitalisierung, was für alteingesessene Energieunternehmen Neuland auch bei den Beschäftigten bedeutet.

Neue Energiewelt startet von unten nach oben

Ana Trbovich, COO und Mitgründerin von Grid Singularity, simuliert und betreibt Energievermarktung. „Die Energiewende kann nur gelingen, wenn die neuen dezentralen Produzenten von Energie am Markt teilnehmen können“, sagte sie. Sie sieht drei Typen von Energieunternehmen in der Gegenwart: Die einen, die sich an ihre alten Geschäftsmodelle klammern und die Veränderungen verleugnen, andere die anerkennen, dass sich vieles ändert aber abwarten, was passiert, und die dritten, die sich den neuen Entwicklungen mit ganzer Kraft stellen. Ihr Unternehmen kooperiert mit dem zweiten und dritten Typ.

Aktuell arbeiten sie an einem Projekt, das auch zum Beispiel kleinen Betreibern von Dachsolaranlagen die Chance eröffnen soll, gleichberechtigt ihren Strom zu vermarkten. Dazu arbeiten sie mit den innovativen Teilen der etablierten Energieunternehmen zusammen. Die Erfahrungen dabei sind sehr unterschiedlich auch abhängig davon, wie stark die Unterstützung aus dem Management ist. Sie rät zur Gründung von regionalen Energiegemeinschaften von Stadtwerken, Unternehmen und Wohnungswirtschaft auch mit lokalen Energieproduzenten.

Derzeit arbeitet Grid Singularity mehr mit Unternehmen außerhalb von Deutschland, wie in Skandinavien, weil gerade auf der Ebene kleiner regionaler Stadtwerke noch wenig Offenheit für die Marktöffnung besteht. Aber da die deutsche Regulatorik auch die europäischen Vorgaben erfüllen muss, rechnet sie mit einer größeren Öffnung für solche Geschäftsmodelle „von unten nach oben“.

Wohin investieren?

Die vorhandenen Ressourcen für Investitionen müssen gemäß den gesetzten Prioritäten klug verteilt werden, was immer Diskussionen im Unternehmen auslöst, sagte Rauhut. 70:20:10 sollte die Aufteilung der Investitionen sein, riet Prof. Bastian Halecker, Professor für Entrepreneurship am German Deep Tech Institute in Potsdam. So sollten 70 % ins vorhandene Kerngeschäft gehen, 20 % dieses ausbauen auch in angrenzende Bereiche, aber 10 % völlig neue Geschäftsfelder erschließen.

Jurczyk erläuterte, dass der Fokus seines Managements nicht zu 98 % auf dem Kerngeschäft liege, das die Haupteinnahmen brächte, sondern durchaus zu 30 % auf den neuen Feldern. Dafür habe man in Münster einen Innovationsbereich gegründet, der vom Tagesgeschäft und den Ergebnisverpflichtungen abgekoppelt sei. „Die Gruppe der Willigen hat sich von selbst herauskristallisiert“, berichtete Jurczyk. Dabei lasse er den Innovatoren auch mehr freie Hand als den Mitarbeitern im Kerngeschäft. Er warnte aber davor, innerhalb des Unternehmens einzelne Bereiche als veraltet abzustempeln und nur die neuen hochzuhalten.

Das unterstützte Diana Rauhut. „Mein Anspruch ist schon, auch das klassische Geschäft mit in die neue Energiewelt zu nehmen“, sagte sie. Alle Mitarbeiter müssten sich bewusst werden, dass sich ihre Arbeitswelt in Richtung Flexibilität und Veränderung wandelt und für die daraus entstehenden Unsicherheiten offen sein. So finde Innovation in Form bereichsübergreifender Arbeit in kleinen agilen Teams auch im Kerngeschäft statt. „Ich setzt dabei nicht auf Angstszenarien sondern auf Begeisterung für die entstehenden Chancen“, erläuterte Rauhut.

Dienstag, 19.01.2021, 15:08 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Veranstaltung - Neues starten, aber das alte Geschäft mitnehmen
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Neues starten, aber das alte Geschäft mitnehmen
Auf einer Handelsblatt Diskussion diskutierten Praktiker, wie das Spannungsverhältnis zwischen vorhandenem Geschäft und nötiger Erneuerung in der Energiewirtschaft zu bewältigen sind.
Sebastian Jurczyk, Geschäftsführer der Stadtwerke Münster: „Wir haben die Herausforderung mehr Effizienz im Kerngeschäft voranzubringen und gleichzeitig für Wachstum zu sorgen.“ Das ginge nur über die Pflege des Kerngeschäfts bei gleichzeitigem Vorantreiben von Innovation. Das bedeutet auch, Mitarbeiter wertzuschätzen, die schon Jahrzehnte im Unternehmen sind und trotzdem attraktiv zu sein für neue, junge Leute. „Wir müssen das Und zwischen der alten und neuen Welt hinbekommen, nicht das Oder“, appellierte er.

So setze sein Unternehmen weiter auf die vorhandene Infrastruktur in Strom- und Wärmenetzen, erweitere sie aber um Glasfasernetze für die Kommunikation. In den Geschäftsmodellen wende man sich Smart-City-Angeboten zu wie öffentlichem Verkehr on demand aber auch Lastmanagement von Verbrauchern. Es werde nicht das eine neue Geschäft geben, das die heutigen Umsätze bringen kann, sondern eine ganze Palette verschiedener neuer Angebote und Geschäftsmodelle.

Diesen Herausforderungen sieht sich auch Diana Rauhut, Vertriebsvorstand der Mainova in Frankfurt/Main, gegenüber. Sie verändert die Dienstleistungen mehr aus Sicht der Kunden und kooperiert im Thüga-Verbund, um neue Entwicklungen schnell zu skalieren und bezahlbar zu halten. Ihr Unternehmen kooperiert mit der Wohnungswirtschaft, um über Mieterstrom und Wärmeversorgung neue Geschäftsfelder zu eröffnen. Dazu dient auch Digitalisierung, was für alteingesessene Energieunternehmen Neuland auch bei den Beschäftigten bedeutet.

Neue Energiewelt startet von unten nach oben

Ana Trbovich, COO und Mitgründerin von Grid Singularity, simuliert und betreibt Energievermarktung. „Die Energiewende kann nur gelingen, wenn die neuen dezentralen Produzenten von Energie am Markt teilnehmen können“, sagte sie. Sie sieht drei Typen von Energieunternehmen in der Gegenwart: Die einen, die sich an ihre alten Geschäftsmodelle klammern und die Veränderungen verleugnen, andere die anerkennen, dass sich vieles ändert aber abwarten, was passiert, und die dritten, die sich den neuen Entwicklungen mit ganzer Kraft stellen. Ihr Unternehmen kooperiert mit dem zweiten und dritten Typ.

Aktuell arbeiten sie an einem Projekt, das auch zum Beispiel kleinen Betreibern von Dachsolaranlagen die Chance eröffnen soll, gleichberechtigt ihren Strom zu vermarkten. Dazu arbeiten sie mit den innovativen Teilen der etablierten Energieunternehmen zusammen. Die Erfahrungen dabei sind sehr unterschiedlich auch abhängig davon, wie stark die Unterstützung aus dem Management ist. Sie rät zur Gründung von regionalen Energiegemeinschaften von Stadtwerken, Unternehmen und Wohnungswirtschaft auch mit lokalen Energieproduzenten.

Derzeit arbeitet Grid Singularity mehr mit Unternehmen außerhalb von Deutschland, wie in Skandinavien, weil gerade auf der Ebene kleiner regionaler Stadtwerke noch wenig Offenheit für die Marktöffnung besteht. Aber da die deutsche Regulatorik auch die europäischen Vorgaben erfüllen muss, rechnet sie mit einer größeren Öffnung für solche Geschäftsmodelle „von unten nach oben“.

Wohin investieren?

Die vorhandenen Ressourcen für Investitionen müssen gemäß den gesetzten Prioritäten klug verteilt werden, was immer Diskussionen im Unternehmen auslöst, sagte Rauhut. 70:20:10 sollte die Aufteilung der Investitionen sein, riet Prof. Bastian Halecker, Professor für Entrepreneurship am German Deep Tech Institute in Potsdam. So sollten 70 % ins vorhandene Kerngeschäft gehen, 20 % dieses ausbauen auch in angrenzende Bereiche, aber 10 % völlig neue Geschäftsfelder erschließen.

Jurczyk erläuterte, dass der Fokus seines Managements nicht zu 98 % auf dem Kerngeschäft liege, das die Haupteinnahmen brächte, sondern durchaus zu 30 % auf den neuen Feldern. Dafür habe man in Münster einen Innovationsbereich gegründet, der vom Tagesgeschäft und den Ergebnisverpflichtungen abgekoppelt sei. „Die Gruppe der Willigen hat sich von selbst herauskristallisiert“, berichtete Jurczyk. Dabei lasse er den Innovatoren auch mehr freie Hand als den Mitarbeitern im Kerngeschäft. Er warnte aber davor, innerhalb des Unternehmens einzelne Bereiche als veraltet abzustempeln und nur die neuen hochzuhalten.

Das unterstützte Diana Rauhut. „Mein Anspruch ist schon, auch das klassische Geschäft mit in die neue Energiewelt zu nehmen“, sagte sie. Alle Mitarbeiter müssten sich bewusst werden, dass sich ihre Arbeitswelt in Richtung Flexibilität und Veränderung wandelt und für die daraus entstehenden Unsicherheiten offen sein. So finde Innovation in Form bereichsübergreifender Arbeit in kleinen agilen Teams auch im Kerngeschäft statt. „Ich setzt dabei nicht auf Angstszenarien sondern auf Begeisterung für die entstehenden Chancen“, erläuterte Rauhut.

Dienstag, 19.01.2021, 15:08 Uhr
Susanne Harmsen

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