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Energie & Management > Wärme - Berlins Wärmewende unter Druck
Quelle: Fotolia/Ralf Kalytta
Wärme

Berlins Wärmewende unter Druck

Bis 2045 will Berlin klimaneutral sein. Mit welcher Wärmestrategie dies möglich wäre, untersuchte das Institut für öffentliche ​Wirtschaftsforschung (IÖW) mit dem Hamburg Institut.
Mit dem Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz (EWG Bln) hat sich Berlin das Ziel gesetzt, bis spätestens 2045 die CO2-Emissionen auf ein klimaneutrales Niveau zu senken. Eine zentrale Rolle kommt dabei dem Wärmesektor zu. 47 % beziehungsweise 8,4 Mio. Tonnen der Berliner CO2-Emissionen führt die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz in ihrer Verursacherbilanz auf Beheizung, Klimatisierung oder Warmwassernutzung in Gebäuden zurück.

Schwarz auf Weiß ist Berlins Klimaneutralität 2045 möglich: Die im September erschienene Machbarkeitsstudie „Berlin Paris-konform machen“ bestätigt dies zumindest − unter der Prämisse eines enormen Wandels und mit deutlich mehr Tempo in der Umsetzung. Die Maßnahmen, die Berlin ergreifen muss, um die rund 360.000 Wohn- und Nichtwohngebäude der deutschen Hauptstadt umweltfreundlich mit Heizwärme und Warmwasser zu versorgen, umreißt eine neue Wärmestrategie für das Land Berlin. 

Im Auftrag der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, führten das IÖW und das Hamburg Institut die Studie durch. Das Fazit der Autorinnen und Autoren baut weiteren Zeitdruck auf: Berlin müsse zeitnah seine politischen Handlungsmöglichkeiten nutzen, um die Wärmeversorgung rasch auf klimafreundliche erneuerbare Energien umzusatteln, heißt es in einem Abstract der Studie. Nur mit einer substanziellen Veränderung der städtischen Wärmeversorgung sei die Klimaneutralität 2045 zu schaffen.

Sozialverträgliche Preise entscheidend

Angesichts der begrenzten erneuerbaren Energieressourcen vor Ort hält es Projektleiterin Elisa Dunkelberg vom IÖW für sinnvoll, den Wärmeverbrauch um die Hälfte des aktuellen Verbrauchs auf 19,9 Mrd. kWh zu senken (siehe Grafik). "Öl- und Kohleheizungen sowie ein Großteil der Gasheizungen müssen möglichst rasch durch Wärmepumpen und Fernwärme ersetzt werden“, erklärt sie. Gleichzeitig müsse die Fernwärme dekarbonisiert werden, sprich fossile Energieträger durch Erneuerbare und Abwärme ersetzt werden.
 
Einen radikalen Rückgang des Wärmeverbrauchs sieht die Berliner Wärmestrategie vor. Zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken
Quelle: IÖW, Hamburg Institut

Voraussetzungen für die Klimaneutralität seien außerdem eine zu 100 % erneuerbare Strom- und Gasversorgung. Sozialverträgliche Preise bei der Umsetzung der Wärmewende hält Dunkelberg in Berlin als "Stadt der Mieterinnen und Mieter" für entscheidend. Zudem befänden sich über ein Viertel der Wohnungen in Milieuschutzgebieten − "Energetische Sanierungen auf hohem Niveau werden hier kaum genehmigt. Um die Klimaschutzziele im Wärmesektor zu erreichen, muss sich die Genehmigungspraxis ändern", so Dunkelberg.

Die Studie empfiehlt, zunächst ein Wärmekataster zu erstellen sowie die Potenziale an erneuerbaren Energien und unvermeidbarer Abwärme in Berlin zu erheben. Auf dieser Basis ließen sich für Stadtteile und Quartiere die jeweils kosteneffizienteste klimaneutrale Wärmeversorgung identifizieren.

Vervierfachung der energetischen Sanierung

Als mögliche Instrumente, die auf der Wärmeplanung aufbauen, nennen die Verfasser der Studie Verbrennungsverbote und -beschränkungen für Feuerungsanlagen und Förderungen für Quartierskonzepte, außerdem gezielte Beratungsangebote. Daneben fordern sie eine schnellere und umfassendere energetische Sanierung der Gebäude. Die durchschnittliche Sanierungsrate müsse von derzeit gut 0,6 % (2020) auf knapp 2,8 % (2050) erhöht werden.
 
Zum Download der Studie bitte auf die Grafik klicken
Quelle: IÖW, Hamburg Institut

Christian Maaß, Mitautor der Studie, verweist bei der Identifizierung der geeigneten Maßnahmen auf die Bedeutung räumlich-differenzierter Zielbilder: In Ein- und Zweifamilienhausgebieten sollte der Fokus auf dem Wechsel hin zu Wärmepumpen liegen. In Mehrfamilienhausgebieten mit Netzinfrastruktur geht es dagegen um die Dekarbonisierung der Fernwärme und den Wechsel von Gasheizungen zu Fernwärme.

50 % der Feuerungsanlagen älter als 20 Jahre

Insbesondere bei der dezentralen Wärmeversorgung sieht die Studie einen dringenden Handlungsbedarf. Mitautorin Julika Weiß vom IÖW erklärt: "Mehr als 50 % der 330.000 Feuerungsanlagen in Berlin sind älter als 20 Jahre. Sie müssen demnächst ausgetauscht werden. Dieses Zeitfenster muss für einen Wechsel zu klimafreundlichen Energieträgern genutzt werden.“ Weiß empfiehlt die Einführung einer landesrechtlichen Nutzungspflicht für Erneuerbare beim Heizungstausch in Bestandsgebäuden. 

Die Studie "Entwicklung einer Wärmestrategie für das Land Berlin" stellen das IÖW und das Hamburg Institut auf ihren Internetseiten zum Download bereit. Der Abschlussbericht der im September veröffentlichten Machbarkeitsstudie "Berlin Paris-konform machen" ist auf der Seite der Senatsverwaltung Umwelt, Verkehr und Klimaschutz abrufbar.

Mittwoch, 20.10.2021, 12:33 Uhr
Davina Spohn
Energie & Management > Wärme - Berlins Wärmewende unter Druck
Quelle: Fotolia/Ralf Kalytta
Wärme
Berlins Wärmewende unter Druck
Bis 2045 will Berlin klimaneutral sein. Mit welcher Wärmestrategie dies möglich wäre, untersuchte das Institut für öffentliche ​Wirtschaftsforschung (IÖW) mit dem Hamburg Institut.
Mit dem Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz (EWG Bln) hat sich Berlin das Ziel gesetzt, bis spätestens 2045 die CO2-Emissionen auf ein klimaneutrales Niveau zu senken. Eine zentrale Rolle kommt dabei dem Wärmesektor zu. 47 % beziehungsweise 8,4 Mio. Tonnen der Berliner CO2-Emissionen führt die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz in ihrer Verursacherbilanz auf Beheizung, Klimatisierung oder Warmwassernutzung in Gebäuden zurück.

Schwarz auf Weiß ist Berlins Klimaneutralität 2045 möglich: Die im September erschienene Machbarkeitsstudie „Berlin Paris-konform machen“ bestätigt dies zumindest − unter der Prämisse eines enormen Wandels und mit deutlich mehr Tempo in der Umsetzung. Die Maßnahmen, die Berlin ergreifen muss, um die rund 360.000 Wohn- und Nichtwohngebäude der deutschen Hauptstadt umweltfreundlich mit Heizwärme und Warmwasser zu versorgen, umreißt eine neue Wärmestrategie für das Land Berlin. 

Im Auftrag der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, führten das IÖW und das Hamburg Institut die Studie durch. Das Fazit der Autorinnen und Autoren baut weiteren Zeitdruck auf: Berlin müsse zeitnah seine politischen Handlungsmöglichkeiten nutzen, um die Wärmeversorgung rasch auf klimafreundliche erneuerbare Energien umzusatteln, heißt es in einem Abstract der Studie. Nur mit einer substanziellen Veränderung der städtischen Wärmeversorgung sei die Klimaneutralität 2045 zu schaffen.

Sozialverträgliche Preise entscheidend

Angesichts der begrenzten erneuerbaren Energieressourcen vor Ort hält es Projektleiterin Elisa Dunkelberg vom IÖW für sinnvoll, den Wärmeverbrauch um die Hälfte des aktuellen Verbrauchs auf 19,9 Mrd. kWh zu senken (siehe Grafik). "Öl- und Kohleheizungen sowie ein Großteil der Gasheizungen müssen möglichst rasch durch Wärmepumpen und Fernwärme ersetzt werden“, erklärt sie. Gleichzeitig müsse die Fernwärme dekarbonisiert werden, sprich fossile Energieträger durch Erneuerbare und Abwärme ersetzt werden.
 
Einen radikalen Rückgang des Wärmeverbrauchs sieht die Berliner Wärmestrategie vor. Zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken
Quelle: IÖW, Hamburg Institut

Voraussetzungen für die Klimaneutralität seien außerdem eine zu 100 % erneuerbare Strom- und Gasversorgung. Sozialverträgliche Preise bei der Umsetzung der Wärmewende hält Dunkelberg in Berlin als "Stadt der Mieterinnen und Mieter" für entscheidend. Zudem befänden sich über ein Viertel der Wohnungen in Milieuschutzgebieten − "Energetische Sanierungen auf hohem Niveau werden hier kaum genehmigt. Um die Klimaschutzziele im Wärmesektor zu erreichen, muss sich die Genehmigungspraxis ändern", so Dunkelberg.

Die Studie empfiehlt, zunächst ein Wärmekataster zu erstellen sowie die Potenziale an erneuerbaren Energien und unvermeidbarer Abwärme in Berlin zu erheben. Auf dieser Basis ließen sich für Stadtteile und Quartiere die jeweils kosteneffizienteste klimaneutrale Wärmeversorgung identifizieren.

Vervierfachung der energetischen Sanierung

Als mögliche Instrumente, die auf der Wärmeplanung aufbauen, nennen die Verfasser der Studie Verbrennungsverbote und -beschränkungen für Feuerungsanlagen und Förderungen für Quartierskonzepte, außerdem gezielte Beratungsangebote. Daneben fordern sie eine schnellere und umfassendere energetische Sanierung der Gebäude. Die durchschnittliche Sanierungsrate müsse von derzeit gut 0,6 % (2020) auf knapp 2,8 % (2050) erhöht werden.
 
Zum Download der Studie bitte auf die Grafik klicken
Quelle: IÖW, Hamburg Institut

Christian Maaß, Mitautor der Studie, verweist bei der Identifizierung der geeigneten Maßnahmen auf die Bedeutung räumlich-differenzierter Zielbilder: In Ein- und Zweifamilienhausgebieten sollte der Fokus auf dem Wechsel hin zu Wärmepumpen liegen. In Mehrfamilienhausgebieten mit Netzinfrastruktur geht es dagegen um die Dekarbonisierung der Fernwärme und den Wechsel von Gasheizungen zu Fernwärme.

50 % der Feuerungsanlagen älter als 20 Jahre

Insbesondere bei der dezentralen Wärmeversorgung sieht die Studie einen dringenden Handlungsbedarf. Mitautorin Julika Weiß vom IÖW erklärt: "Mehr als 50 % der 330.000 Feuerungsanlagen in Berlin sind älter als 20 Jahre. Sie müssen demnächst ausgetauscht werden. Dieses Zeitfenster muss für einen Wechsel zu klimafreundlichen Energieträgern genutzt werden.“ Weiß empfiehlt die Einführung einer landesrechtlichen Nutzungspflicht für Erneuerbare beim Heizungstausch in Bestandsgebäuden. 

Die Studie "Entwicklung einer Wärmestrategie für das Land Berlin" stellen das IÖW und das Hamburg Institut auf ihren Internetseiten zum Download bereit. Der Abschlussbericht der im September veröffentlichten Machbarkeitsstudie "Berlin Paris-konform machen" ist auf der Seite der Senatsverwaltung Umwelt, Verkehr und Klimaschutz abrufbar.

Mittwoch, 20.10.2021, 12:33 Uhr
Davina Spohn

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