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Energie & Management > Bayern - Bayerns Weg in eine Wasserstoffwirtschaft
Bild: Fotolia, saschi79
Bayern

Bayerns Weg in eine Wasserstoffwirtschaft

Die Situation Bayerns im Wasserstoffsektor ist nicht zufriedenstellend, aber es gibt  Lichtpunkte, so die Teilnehmer einer Veranstaltung.
Zum Thema "Wasserstoff in der bayerischen Energiewirtschaft − Best Practice, Förderung, Ausblick" luden am 25. Februar das Kompetenzzentrum für Kraft-Wärme-Kopplung und das Innovationsnetzwerk Bayern Innovativ in einer digitalen Veranstaltung Referenten aus Forschung und Praxis ein.

Bayerns Situation im Bereich der Wasserstoffverteilung subsumierte Janosch Rommelfänger vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW), als "nicht zufriedenstellend". Mit dem für 2050 geplanten europäischen H2-Backbone und der politisch anvisierten Top-Down-Strategie werde Bayern erst relativ spät Wasserstoff sehen, legte der Referent für Energieforschung den Finger in die Wunde. 

Die Antwort auf die Frage, wo die bevorzugte Nutzung des Wasserstoffs in Zukunft sein soll, sei essenziell für die Gestaltung der Wasserstoffinfrastruktur, betonte Torsten Urban, Projektmanager Technologie bei der Bayern Innovativ GmbH. "Im Moment sieht es so aus, dass sich aufgrund der aktuellen Regulierungsvorschläge der Bundesnetzagentur wahrscheinlich lokale Wasserstoff-Inselnetzen bilden werden, die dann durch Backbones miteinander verbunden sind." Wie es dann weitergehen soll, sei nicht absehbar.

Der Transport über Lkw und Schiene sei zwar Stand der Technik und machbar, "ist aber nicht ganz billig". Urban setzt daher auf die Umwidmung von Erdgasnetzen, insbesondere auf der Verteilnetzebene und lobte die Bottom-Up-Strategie des DVGW: die dezentrale Erzeugung von Wasserstoff nicht in großen Industrieparks, sondern in den Kommunen etwa durch Power-to-Gas (PtG)-Anlagen. 

Stadtwerke Haßfurt: "Mit gutem Beispiel vorangehen"

Einen wortwörtlichen "Einblick in eine Wasserstoff-Wertschöpfungskette auf dezentraler Ebene beziehungsweise auf Verteilnetzebene", gab Norbert Zösch, Geschäftsführer der Stadtwerke Haßfurt. In einem virtuellen Rundgang zeigte er das stadtwerkeeigene Gelände, auf dem neben der PtG-Anlage (PEM-Elektrolyseur mit 1,2 MW Leistung), eine Wasser-Aufbereitungsanlage, ein Blockheizkraftwerk, die Einspeisestation sowie ein Wasserstofftank steht. Der Platz für einen weiteren ist bereits vorhanden.

Seit 2016 nutzt der Versorger den Überschussstrom seiner erneuerbaren Energieanlagen aus Wind, Photovoltaik und Biogas (Gesamtleistung bei über 50 MW) zur Elektrolyse von Wasser aus einer Aufbereitungsanlage. Wie Zösch anführte, verbuchten die Stadtwerke 93 Mio. kWh aus erneuerbaren Energien in ihrer Strombilanz 2019. Damit lag die Erzeugungsleistung bei 226 % und damit immens über der dem lokalen Energieverbrauch der 14.000 Einwohner zählenden Stadt im Norden Bayerns.

Der erzeugte Wasserstoff wird ins Erdgasnetz eingespeist, aktuell liegt die Beimischung bei 5 %. Perspektivisch visiert der Versorger 10 % an. "Seit eineinhalb Jahren betreiben wir ein Wasserstoff-Blockheizkraftwerk, das seit wenigen Wochen von der Leistung her genauso hoch ist wie im Erdgasbetrieb", freut sich Zösch. Das BHKW ist flexibel einsetzbar und kann mit Erdgas, reinem Wasserstoff oder einem Wasserstoff-Erdgas-Gemisch betrieben werden. Im Juni 2020 kürten es Energie & Management gemeinsam mit dem Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung zum "BHKW des Jahres". 

"Wir können den Wasserstoff immer günstiger herstellen, sind aber noch weit von der Wirtschaftlichkeit weg", so Zösch. Ohne Förderzuschüsse wäre dieses Projekt nicht möglich. Der Stadtwerkechef sieht es als förderlich für die Energiewende an, mit gutem Beispiel voranzugehen. Dies nimmt Zösch persönlich: So hat er daheim eine Brennstoffzelle samt West-Ost-Solaranlage und Batteriespeicher im Einsatz und musste im vergangenen Jahr nur noch 6,4 kWh aus dem öffentlichen Stromnetz beziehen. 
 
Kostenbetrachtung zum grünen Wasserstoff in Haßfurt
Zum Vergrößern bitte anklicken
Grafik: Stadtwerke Haßfurt


Technologieoffene Förderprogramme nutzen

Einen Tipp zur Beantragung von Fördermaßnahmen für Unternehmen und Versorger, die in eine ähnliche Richtung wie die Stadtwerke Haßfurt gehen, gab Torsten Urban. Für kleine und mittlere Unternehmen empfiehlt er in erster Linie nicht die reinen Wasserstoff-Förderprogramme: "Nach unserer Erfahrung ist es so, dass für kleinere und mittelständische Unternehmen technologieoffene Förderprogramme für die Vorhaben auch im Wasserstoffbereich besser geeignet sind." Reine Wasserstoff-Förderprogramme würden in Form von Aufrufen erfolgen, auf die man relativ schnell reagieren müsse. Die Aufrufe seien zudem speziell auf spezifische Lösungen oder Projektgrößen zugeschnitten.

Als Beispiele für technologieoffene Förderungsmöglichkeiten nannte Urban unter anderem das "Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand" (ZIM) zur Förderung von Verbundprojekten und die Möglichkeit der steuerlichen Forschungsförderung. Diese werde über die Bescheinigungsstelle für die Forschungszulage beantragt und decke im Wesentlichen die Personalkosten von Forschungsvorhaben.

Donnerstag, 25.02.2021, 16:22 Uhr
Davina Spohn
Energie & Management > Bayern - Bayerns Weg in eine Wasserstoffwirtschaft
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Bayern
Bayerns Weg in eine Wasserstoffwirtschaft
Die Situation Bayerns im Wasserstoffsektor ist nicht zufriedenstellend, aber es gibt  Lichtpunkte, so die Teilnehmer einer Veranstaltung.
Zum Thema "Wasserstoff in der bayerischen Energiewirtschaft − Best Practice, Förderung, Ausblick" luden am 25. Februar das Kompetenzzentrum für Kraft-Wärme-Kopplung und das Innovationsnetzwerk Bayern Innovativ in einer digitalen Veranstaltung Referenten aus Forschung und Praxis ein.

Bayerns Situation im Bereich der Wasserstoffverteilung subsumierte Janosch Rommelfänger vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW), als "nicht zufriedenstellend". Mit dem für 2050 geplanten europäischen H2-Backbone und der politisch anvisierten Top-Down-Strategie werde Bayern erst relativ spät Wasserstoff sehen, legte der Referent für Energieforschung den Finger in die Wunde. 

Die Antwort auf die Frage, wo die bevorzugte Nutzung des Wasserstoffs in Zukunft sein soll, sei essenziell für die Gestaltung der Wasserstoffinfrastruktur, betonte Torsten Urban, Projektmanager Technologie bei der Bayern Innovativ GmbH. "Im Moment sieht es so aus, dass sich aufgrund der aktuellen Regulierungsvorschläge der Bundesnetzagentur wahrscheinlich lokale Wasserstoff-Inselnetzen bilden werden, die dann durch Backbones miteinander verbunden sind." Wie es dann weitergehen soll, sei nicht absehbar.

Der Transport über Lkw und Schiene sei zwar Stand der Technik und machbar, "ist aber nicht ganz billig". Urban setzt daher auf die Umwidmung von Erdgasnetzen, insbesondere auf der Verteilnetzebene und lobte die Bottom-Up-Strategie des DVGW: die dezentrale Erzeugung von Wasserstoff nicht in großen Industrieparks, sondern in den Kommunen etwa durch Power-to-Gas (PtG)-Anlagen. 

Stadtwerke Haßfurt: "Mit gutem Beispiel vorangehen"

Einen wortwörtlichen "Einblick in eine Wasserstoff-Wertschöpfungskette auf dezentraler Ebene beziehungsweise auf Verteilnetzebene", gab Norbert Zösch, Geschäftsführer der Stadtwerke Haßfurt. In einem virtuellen Rundgang zeigte er das stadtwerkeeigene Gelände, auf dem neben der PtG-Anlage (PEM-Elektrolyseur mit 1,2 MW Leistung), eine Wasser-Aufbereitungsanlage, ein Blockheizkraftwerk, die Einspeisestation sowie ein Wasserstofftank steht. Der Platz für einen weiteren ist bereits vorhanden.

Seit 2016 nutzt der Versorger den Überschussstrom seiner erneuerbaren Energieanlagen aus Wind, Photovoltaik und Biogas (Gesamtleistung bei über 50 MW) zur Elektrolyse von Wasser aus einer Aufbereitungsanlage. Wie Zösch anführte, verbuchten die Stadtwerke 93 Mio. kWh aus erneuerbaren Energien in ihrer Strombilanz 2019. Damit lag die Erzeugungsleistung bei 226 % und damit immens über der dem lokalen Energieverbrauch der 14.000 Einwohner zählenden Stadt im Norden Bayerns.

Der erzeugte Wasserstoff wird ins Erdgasnetz eingespeist, aktuell liegt die Beimischung bei 5 %. Perspektivisch visiert der Versorger 10 % an. "Seit eineinhalb Jahren betreiben wir ein Wasserstoff-Blockheizkraftwerk, das seit wenigen Wochen von der Leistung her genauso hoch ist wie im Erdgasbetrieb", freut sich Zösch. Das BHKW ist flexibel einsetzbar und kann mit Erdgas, reinem Wasserstoff oder einem Wasserstoff-Erdgas-Gemisch betrieben werden. Im Juni 2020 kürten es Energie & Management gemeinsam mit dem Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung zum "BHKW des Jahres". 

"Wir können den Wasserstoff immer günstiger herstellen, sind aber noch weit von der Wirtschaftlichkeit weg", so Zösch. Ohne Förderzuschüsse wäre dieses Projekt nicht möglich. Der Stadtwerkechef sieht es als förderlich für die Energiewende an, mit gutem Beispiel voranzugehen. Dies nimmt Zösch persönlich: So hat er daheim eine Brennstoffzelle samt West-Ost-Solaranlage und Batteriespeicher im Einsatz und musste im vergangenen Jahr nur noch 6,4 kWh aus dem öffentlichen Stromnetz beziehen. 
 
Kostenbetrachtung zum grünen Wasserstoff in Haßfurt
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Grafik: Stadtwerke Haßfurt


Technologieoffene Förderprogramme nutzen

Einen Tipp zur Beantragung von Fördermaßnahmen für Unternehmen und Versorger, die in eine ähnliche Richtung wie die Stadtwerke Haßfurt gehen, gab Torsten Urban. Für kleine und mittlere Unternehmen empfiehlt er in erster Linie nicht die reinen Wasserstoff-Förderprogramme: "Nach unserer Erfahrung ist es so, dass für kleinere und mittelständische Unternehmen technologieoffene Förderprogramme für die Vorhaben auch im Wasserstoffbereich besser geeignet sind." Reine Wasserstoff-Förderprogramme würden in Form von Aufrufen erfolgen, auf die man relativ schnell reagieren müsse. Die Aufrufe seien zudem speziell auf spezifische Lösungen oder Projektgrößen zugeschnitten.

Als Beispiele für technologieoffene Förderungsmöglichkeiten nannte Urban unter anderem das "Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand" (ZIM) zur Förderung von Verbundprojekten und die Möglichkeit der steuerlichen Forschungsförderung. Diese werde über die Bescheinigungsstelle für die Forschungszulage beantragt und decke im Wesentlichen die Personalkosten von Forschungsvorhaben.

Donnerstag, 25.02.2021, 16:22 Uhr
Davina Spohn

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