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Energie & Management > KWK - Erste iKWK-Anlagen gehen in den Dauerbetrieb
Quelle: IfE / Koppmann Matthias
KWK

Erste iKWK-Anlagen gehen in den Dauerbetrieb

Die ersten innovativen KWK-Anlagen nehmen im Januar den Betrieb auf. Der hohe Zeitdruck ist dabei nicht die einzige Herausforderung.
Bei der Umsetzung braucht es Pioniergeist und „eine fundierte Betrachtung des Einzelprojekts“, so die Einschätzung von Stefanie Reil von Gammel Engineering. Das Team des Ingenieur-Dienstleisters konzipierte und installierte gemeinsam mit den Stadtwerken Bad Reichenhall (Bayern) eine der ersten innovativen KWK-Anlagen, kurz iKWK, die im Januar ans Netz gehen. Dabei zeigt sich − wie auch bei anderen iKWK-Projekten, die in den nächsten Monaten fertiggestellt werden −, dass rechtliche Hürden die Umsetzung für Stadtwerke und Unternehmen unnötig erschweren.

Bei einem iKWK-System wird ein Blockheizkraftwerk mit einer erneuerbaren Wärmequelle (Solarthermie, Geothermie oder Wärmepumpe) und einem elektrischen Wärmeerzeuger zu einem System verbunden. Als elektrischer Wärmeerzeuger kommt etwa eine Power-to-Heat-Anlage in Betracht. Alle Komponenten müssen zwingend in dasselbe Wärme- oder Kältenetz einspeisen und über eine gemeinsame Steuerungs- und Regelungstechnik verfügen.

Im Juni 2018 startete die erste Ausschreibung für innovative Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Dabei sind bei den jährlichen KWK-Ausschreibungen 50 MW für innovative KWK-Systeme reserviert. Mittlerweile sind in sieben Ausschreibungsrunden 48 Projekte bezuschlagt worden. Der Vorteil einer Ausschreibung besteht unter anderem in dem Gebotswert und der Förderdauer. Der Höchstwert liegt bei 12 Ct/kWh statt 7 Ct/kWh wie bei den konventionellen KWK-Ausschreibungen und wird für insgesamt 45.000 Vollbenutzungsstunden anstatt nur für 30.000 für konventionelle KWK-Anlagen gezahlt.

Die erste Herausforderung solcher Projekte ist, dass „der Zeitraum zur Umsetzung eng bemessen ist“, erklärt Jens Kühne, Bereichsleiter Erzeugung, Sektorkopplung & Speicher und iKWK-Experte beim Energieeffizienzverband AGFW. „Ein iKWK-System muss nach dem Zuschlag nach spätestens 48 Monaten am Netz sein, um keine Pönale zahlen zu müssen.“ Was sich in der Vergangenheit aufgrund der Komplexität einer solchen iKWK-Anlage − nicht nur wegen der Corona-Pandemie − als knapp herausstellte. Hier wären sechs bis zwölf Monate mehr Umsetzungszeit hilfreich.

Zudem muss eine Sicherheit hinterlegt werden. Sie beträgt 70 Euro pro kW elektrischer KWK-Leistung. Dies ist ein weiteres Risiko des Ausschreibungsverfahrens, da nach Erhalt des Zuschlags der Ausstieg schwierig wird. Wer als Betreiber den Zuschlag erhält, muss dafür sorgen, dass die Anlage auch umgesetzt wird. Bei den derzeit geplanten Projekten können das mehrere Hunderttausend Euro sein. Dieses Geld wird nicht zurückerstattet, wenn die Anlage nicht innerhalb von 48 Monaten umgesetzt ist.

Erneuerbare Wärme plus KWK eine sinnvolle Kombination

Was neben dem Zeitdruck seit „Anbeginn der Ausschreibung noch stört“, sagt AGFW-Fachmann Kühne, sei die Berechnung der sogenannten Referenzwärme. Ein gefördertes iKWK-Projekt verlangt zwingend, dass etwa ein Drittel der in diesen Anlagen produzierten Energie aus erneuerbaren Quellen stammt. Nach der derzeitigen Regelung muss die Referenzwärme auf das gesamte Kalenderjahr bezogen berechnet werden. Ihr Erneuerbaren-Anteil von 30 % beziehungsweise 35 % seit 2021 darf auch im Jahr der Dauerinbetriebnahme der KWK-Anlage nicht unterschritten werden.

Diese Regelung führe aber dazu, erläutert Kühne, dass bei innovativen KWK-Anlagen die Inbetriebnahmen nur im ersten oder spätestens zweiten Quartal eines Kalenderjahres erfolgen können, da im Jahresverlauf der Anteil von 30 beziehungsweise 35 % in der Regel nicht mehr erreichbar sei. Um dieses Problem zu umgehen, starten zum Beispiel die Stadtwerke Bad Reichenhall und Bayreuth, die ihre Anlagen beide seit Herbst 2021 fertiggestellt haben, den Dauerbetrieb erst im Januar 2022 − damit sie über das Jahr gerechnet auf die Referenzwärme kommen. Momentan laufen die Anlagen daher im „Probebetrieb“. Kühne: „Eine zeitanteilige Berechnung der Referenzwärme wäre hier sehr sinnvoll.“

Insgesamt betrachtet seien solche iKWK-Projekte eine „sinnvolle Sache und für die dezentrale Wärmewende derzeit schlichtweg alternativlos“, so Kühne. Und wenn alle bisher bezuschlagten Anlagen am Netz sind, dann sei das ein ordentlicher Erfolg. Immerhin kämen rund 500 Mio. kWh Wärme aus hocheffizienter KWK und nochmals 200 Mio. kWh Wärme aus den Erneuerbare-Energien-Anlagen zusammen. Damit sei die iKWK ein wichtiger Baustein, um die dezentrale Wärmeversorgung zu dekarbonisieren und die Versorgungssicherheit weiterhin zu gewährleisten. Um ihr einen weiteren Schub zu geben, müssten allerdings nicht nur die angesprochenen Hemmnisse abgebaut, sondern auch das Ausschreibungsvolumen erhöht werden.

Einen ausführlichen Artikel über die iKWK und weitere Projektbeispiele lesen Sie in der ersten Ausgabe des neues Jahres, die am 10. Januar erscheint.

Mittwoch, 29.12.2021, 13:41 Uhr
Heidi Roider
Energie & Management > KWK - Erste iKWK-Anlagen gehen in den Dauerbetrieb
Quelle: IfE / Koppmann Matthias
KWK
Erste iKWK-Anlagen gehen in den Dauerbetrieb
Die ersten innovativen KWK-Anlagen nehmen im Januar den Betrieb auf. Der hohe Zeitdruck ist dabei nicht die einzige Herausforderung.
Bei der Umsetzung braucht es Pioniergeist und „eine fundierte Betrachtung des Einzelprojekts“, so die Einschätzung von Stefanie Reil von Gammel Engineering. Das Team des Ingenieur-Dienstleisters konzipierte und installierte gemeinsam mit den Stadtwerken Bad Reichenhall (Bayern) eine der ersten innovativen KWK-Anlagen, kurz iKWK, die im Januar ans Netz gehen. Dabei zeigt sich − wie auch bei anderen iKWK-Projekten, die in den nächsten Monaten fertiggestellt werden −, dass rechtliche Hürden die Umsetzung für Stadtwerke und Unternehmen unnötig erschweren.

Bei einem iKWK-System wird ein Blockheizkraftwerk mit einer erneuerbaren Wärmequelle (Solarthermie, Geothermie oder Wärmepumpe) und einem elektrischen Wärmeerzeuger zu einem System verbunden. Als elektrischer Wärmeerzeuger kommt etwa eine Power-to-Heat-Anlage in Betracht. Alle Komponenten müssen zwingend in dasselbe Wärme- oder Kältenetz einspeisen und über eine gemeinsame Steuerungs- und Regelungstechnik verfügen.

Im Juni 2018 startete die erste Ausschreibung für innovative Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Dabei sind bei den jährlichen KWK-Ausschreibungen 50 MW für innovative KWK-Systeme reserviert. Mittlerweile sind in sieben Ausschreibungsrunden 48 Projekte bezuschlagt worden. Der Vorteil einer Ausschreibung besteht unter anderem in dem Gebotswert und der Förderdauer. Der Höchstwert liegt bei 12 Ct/kWh statt 7 Ct/kWh wie bei den konventionellen KWK-Ausschreibungen und wird für insgesamt 45.000 Vollbenutzungsstunden anstatt nur für 30.000 für konventionelle KWK-Anlagen gezahlt.

Die erste Herausforderung solcher Projekte ist, dass „der Zeitraum zur Umsetzung eng bemessen ist“, erklärt Jens Kühne, Bereichsleiter Erzeugung, Sektorkopplung & Speicher und iKWK-Experte beim Energieeffizienzverband AGFW. „Ein iKWK-System muss nach dem Zuschlag nach spätestens 48 Monaten am Netz sein, um keine Pönale zahlen zu müssen.“ Was sich in der Vergangenheit aufgrund der Komplexität einer solchen iKWK-Anlage − nicht nur wegen der Corona-Pandemie − als knapp herausstellte. Hier wären sechs bis zwölf Monate mehr Umsetzungszeit hilfreich.

Zudem muss eine Sicherheit hinterlegt werden. Sie beträgt 70 Euro pro kW elektrischer KWK-Leistung. Dies ist ein weiteres Risiko des Ausschreibungsverfahrens, da nach Erhalt des Zuschlags der Ausstieg schwierig wird. Wer als Betreiber den Zuschlag erhält, muss dafür sorgen, dass die Anlage auch umgesetzt wird. Bei den derzeit geplanten Projekten können das mehrere Hunderttausend Euro sein. Dieses Geld wird nicht zurückerstattet, wenn die Anlage nicht innerhalb von 48 Monaten umgesetzt ist.

Erneuerbare Wärme plus KWK eine sinnvolle Kombination

Was neben dem Zeitdruck seit „Anbeginn der Ausschreibung noch stört“, sagt AGFW-Fachmann Kühne, sei die Berechnung der sogenannten Referenzwärme. Ein gefördertes iKWK-Projekt verlangt zwingend, dass etwa ein Drittel der in diesen Anlagen produzierten Energie aus erneuerbaren Quellen stammt. Nach der derzeitigen Regelung muss die Referenzwärme auf das gesamte Kalenderjahr bezogen berechnet werden. Ihr Erneuerbaren-Anteil von 30 % beziehungsweise 35 % seit 2021 darf auch im Jahr der Dauerinbetriebnahme der KWK-Anlage nicht unterschritten werden.

Diese Regelung führe aber dazu, erläutert Kühne, dass bei innovativen KWK-Anlagen die Inbetriebnahmen nur im ersten oder spätestens zweiten Quartal eines Kalenderjahres erfolgen können, da im Jahresverlauf der Anteil von 30 beziehungsweise 35 % in der Regel nicht mehr erreichbar sei. Um dieses Problem zu umgehen, starten zum Beispiel die Stadtwerke Bad Reichenhall und Bayreuth, die ihre Anlagen beide seit Herbst 2021 fertiggestellt haben, den Dauerbetrieb erst im Januar 2022 − damit sie über das Jahr gerechnet auf die Referenzwärme kommen. Momentan laufen die Anlagen daher im „Probebetrieb“. Kühne: „Eine zeitanteilige Berechnung der Referenzwärme wäre hier sehr sinnvoll.“

Insgesamt betrachtet seien solche iKWK-Projekte eine „sinnvolle Sache und für die dezentrale Wärmewende derzeit schlichtweg alternativlos“, so Kühne. Und wenn alle bisher bezuschlagten Anlagen am Netz sind, dann sei das ein ordentlicher Erfolg. Immerhin kämen rund 500 Mio. kWh Wärme aus hocheffizienter KWK und nochmals 200 Mio. kWh Wärme aus den Erneuerbare-Energien-Anlagen zusammen. Damit sei die iKWK ein wichtiger Baustein, um die dezentrale Wärmeversorgung zu dekarbonisieren und die Versorgungssicherheit weiterhin zu gewährleisten. Um ihr einen weiteren Schub zu geben, müssten allerdings nicht nur die angesprochenen Hemmnisse abgebaut, sondern auch das Ausschreibungsvolumen erhöht werden.

Einen ausführlichen Artikel über die iKWK und weitere Projektbeispiele lesen Sie in der ersten Ausgabe des neues Jahres, die am 10. Januar erscheint.

Mittwoch, 29.12.2021, 13:41 Uhr
Heidi Roider

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