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Energie & Management > Interview - Siebert:
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Interview

Siebert: "Wir sind eine skalierbare Datendrehscheibe"

Warum Detlef Siebert mit seinem neuen Unternehmen "SEtrade" GmbH auf die Flexibilisierung des Energiemarkts und die Sektorkopplung setzt, erklärt er im E&M-Gespräch.
E&M: Herr Siebert, als Führungskraft haben Sie einige Monate vor deren Insolvenz die Natgas verlassen. Sie kennen also die Risiken der Direktvermarktung und damit auch von Power Purchase Agreements. Mit ihrem neuen Unternehmen Setrade sind Sie nun wieder genau in diesem Umfeld tätig. Welche Lehren haben Sie aus der Natgas-Pleite gezogen?

Siebert: Bei Natgas waren die Gesellschafter nicht bereit, sich richtig auf das neue Geschäftsfeld erneuerbare Energien einzulassen. Sie fokussierten sich bis zuletzt auf den Gashandel. Angesichts dieser Zerrissenheit fehlte einfach die Bereitschaft, sowohl in die erneuerbare Energien zu investieren als auch sich für dieses Geschäft prozessual richtig aufzustellen. Das zu meinem persönlichen Lernprozess.

E&M: Was heißt das konkret?

Siebert: Der Energiewende, die für mich die wichtigste volkswirtschaftliche Transformation der kommenden Jahre bedeutet, muss man sich komplett widmen, und nicht nur halb. Sie ist für einen Endkunden allein mit einer Erzeugungsanlage und EEG-Vergütung in Verbindung mit einem normalen Stromliefervertrag nicht voranzubringen. Sobald Speicher und/oder Elektroladesäulen hinzukommen, gibt es eine Optimierungsanforderung. Solche Anforderungen bestehen künftig bundesweit zig tausendfach. Bislang gibt es aber kaum Dienstleister, die dafür kundenorientierte Lösungen anbieten. Das sehen wir als Chance für Setrade. Dafür haben wir uns infrastrukturell mit unserer skalierbaren ‚Datendrehscheibe‘ aufgestellt.

E&M: Noch einmal die Frage: Was heißt das konkret?

Siebert: Wir sind ein Energieversorgungsunternehmen, das mit ganz kleiner Mannschaft alle notwendigen Prozesse anbieten kann, weil wir sie konsequent als Services in eine Cloud ausgelagert haben. Wir betreiben keine eigenen Server oder eigene Software außer unserem Portal. Alle Partner sind an dieses Portal angedockt − deshalb das Bild von der Datendrehscheibe. So kann mehr oder weniger eine Person alle Prozesse bedienen und überwachen, was schon eine kleine Revolution ist. Das macht uns wesentlich schlanker und flexibler.

E&M: Unter den erneuerbaren Energien konzentrieren Sie sich auf die Photovoltaik. Warum?

„Wir wollen gezielt die Vorgaben der RED-II-Richtlinie umsetzen“

Siebert: Die Solarenergie ist näher an den Menschen dran. Bei der Windenergie gibt es einen Verlust der gesellschaftlichen Akzeptanz. Die neuen Großanlagen mit über 150 Metern Nabenhöhe sind im Grunde nichts anderes als zentrale Großkraftwerke, die wenig mit dem dezentralen Ansatz der Energiewende zu tun haben. Anders sieht es bei der Photovoltaik aus: Diese Anlagen machen keinen Lärm und werfen keinen Schatten, sie stören niemanden. Zudem ist Solarstrom mittlerweile günstiger als Windstrom. Mit der Kombination aus Erzeugung, Speicherung und Integration in den Verkehr über Elektromobilität oder Wasserstoff ist die Photovoltaik näher an den Projekten, die wir im Fokus haben. Solarstrom bietet einfach mehr Lösungen für Gewerbe- und Industriekunden. Genau das zählt für uns. Das heißt aber nicht, dass wir gegen die Windenergie sind. Die Post-EEG-Vermarktung dieser Anlagen ist ebenso ein wichtiges Betätigungsfeld für uns.
 
Detlef Siebert: „Es wird der Verkehrssektor sein, der in Deutschland maßgeblich das PPA-Geschäft anschieben und ihm zum Durchbruch verhelfen wird“
Bild: Setrade GmbH

E&M: Was macht Setrade mit dem Solarstrom, den Sie von diversen Anlagen einsammeln?

Siebert: Unser Ziel ist es, diesen Strom wirklich direkt an Kunden zu liefern. Wir versuchen zu vermeiden, ein reiner ‚Offtaker‘ mit all den Risiken zu sein.

E&M: Wen haben Sie als Kunden im Fokus?

Siebert: Das sind zum einen klassische Gewerbekunden, die sich über Eigenerzeugung und E-Mobilität Gedanken machen und dafür ein passendes Stromprodukt benötigen. Dazu kommen Ökostromvertriebe und vor allem Kunden aus dem Verkehrssektor − immer dann, wenn es um Elektromobilität geht. Im Mittelpunkt stehen dabei die Ladesäuleninfrastruktur und die Erzeugung von Wasserstoff. Wir wollen gezielt die Vorgaben aus der RED-II-Richtlinie, der Erneuerbare-Energien-Richtlinie aus Brüssel, nutzen, die eine stärkere Einbeziehung von Ökostrom im Verkehrssektor vorsieht.

E&M: Was heißt das konkret?

Siebert: Zusammen mit Partnern bereiten wir derzeit mehrere Solar- und auch Windprojekte vor, die ausschließlich für den Verkehrssektor errichtet werden. Parallel arbeiten wir auch mit an Projekten der Wasserstoffelektrolyse. Für diese Aktivitäten werden wir in den kommenden Jahren zusätzliche Power-Purchase-Agreement-Verträge abschließen müssen, um genügend Ökostrom zur Verfügung zu haben.

E&M: Wie bewerten Sie die Zukunft von PPAs hierzulande?

Siebert: PPAs werden in Deutschland ihren Durchbruch im Verkehrssektor schaffen, davon bin ich überzeugt. Angesichts des bestehenden Doppelvermarktungsverbots für Grünstrom im EEG lassen sich nur über PPAs die Ökostrommengen akquirieren, die für eine Dynamisierung der Sektorenkopplung notwendig sind. Meine Prognose ist deshalb: Es wird der Verkehrssektor sein, der in Deutschland maßgeblich das PPA-Geschäft anschieben und ihm zum Durchbruch verhelfen wird. Das birgt gute Wachstumschancen für SEtrade. E&M

Zur Person

Detlef Siebert, Jahrgang1969, studierte Energie- und Wärmetechnik und ist seit Anfang der 2000er-Jahre in der Energiewirtschaft tätig. Wichtige Stationen waren die DB Energie GmbH in Frankfurt am Main und in den 2010er-Jahren die Natgas AG in Potsdam. Seit April 2019 ist er Geschäftsführer und Gesellschafter der Setrade GmbH, einem Handelsunternehmen für Ökostrom, das sich insbesondere mit den Anforderungen der Flexibilisierung des Energiemarkts und der Sektorkopplung auseinandersetzt.

Donnerstag, 11.03.2021, 08:34 Uhr
Ralf Köpke
Energie & Management > Interview - Siebert:
Bild: wellphoto / Fotolia
Interview
Siebert: "Wir sind eine skalierbare Datendrehscheibe"
Warum Detlef Siebert mit seinem neuen Unternehmen "SEtrade" GmbH auf die Flexibilisierung des Energiemarkts und die Sektorkopplung setzt, erklärt er im E&M-Gespräch.
E&M: Herr Siebert, als Führungskraft haben Sie einige Monate vor deren Insolvenz die Natgas verlassen. Sie kennen also die Risiken der Direktvermarktung und damit auch von Power Purchase Agreements. Mit ihrem neuen Unternehmen Setrade sind Sie nun wieder genau in diesem Umfeld tätig. Welche Lehren haben Sie aus der Natgas-Pleite gezogen?

Siebert: Bei Natgas waren die Gesellschafter nicht bereit, sich richtig auf das neue Geschäftsfeld erneuerbare Energien einzulassen. Sie fokussierten sich bis zuletzt auf den Gashandel. Angesichts dieser Zerrissenheit fehlte einfach die Bereitschaft, sowohl in die erneuerbare Energien zu investieren als auch sich für dieses Geschäft prozessual richtig aufzustellen. Das zu meinem persönlichen Lernprozess.

E&M: Was heißt das konkret?

Siebert: Der Energiewende, die für mich die wichtigste volkswirtschaftliche Transformation der kommenden Jahre bedeutet, muss man sich komplett widmen, und nicht nur halb. Sie ist für einen Endkunden allein mit einer Erzeugungsanlage und EEG-Vergütung in Verbindung mit einem normalen Stromliefervertrag nicht voranzubringen. Sobald Speicher und/oder Elektroladesäulen hinzukommen, gibt es eine Optimierungsanforderung. Solche Anforderungen bestehen künftig bundesweit zig tausendfach. Bislang gibt es aber kaum Dienstleister, die dafür kundenorientierte Lösungen anbieten. Das sehen wir als Chance für Setrade. Dafür haben wir uns infrastrukturell mit unserer skalierbaren ‚Datendrehscheibe‘ aufgestellt.

E&M: Noch einmal die Frage: Was heißt das konkret?

Siebert: Wir sind ein Energieversorgungsunternehmen, das mit ganz kleiner Mannschaft alle notwendigen Prozesse anbieten kann, weil wir sie konsequent als Services in eine Cloud ausgelagert haben. Wir betreiben keine eigenen Server oder eigene Software außer unserem Portal. Alle Partner sind an dieses Portal angedockt − deshalb das Bild von der Datendrehscheibe. So kann mehr oder weniger eine Person alle Prozesse bedienen und überwachen, was schon eine kleine Revolution ist. Das macht uns wesentlich schlanker und flexibler.

E&M: Unter den erneuerbaren Energien konzentrieren Sie sich auf die Photovoltaik. Warum?

„Wir wollen gezielt die Vorgaben der RED-II-Richtlinie umsetzen“

Siebert: Die Solarenergie ist näher an den Menschen dran. Bei der Windenergie gibt es einen Verlust der gesellschaftlichen Akzeptanz. Die neuen Großanlagen mit über 150 Metern Nabenhöhe sind im Grunde nichts anderes als zentrale Großkraftwerke, die wenig mit dem dezentralen Ansatz der Energiewende zu tun haben. Anders sieht es bei der Photovoltaik aus: Diese Anlagen machen keinen Lärm und werfen keinen Schatten, sie stören niemanden. Zudem ist Solarstrom mittlerweile günstiger als Windstrom. Mit der Kombination aus Erzeugung, Speicherung und Integration in den Verkehr über Elektromobilität oder Wasserstoff ist die Photovoltaik näher an den Projekten, die wir im Fokus haben. Solarstrom bietet einfach mehr Lösungen für Gewerbe- und Industriekunden. Genau das zählt für uns. Das heißt aber nicht, dass wir gegen die Windenergie sind. Die Post-EEG-Vermarktung dieser Anlagen ist ebenso ein wichtiges Betätigungsfeld für uns.
 
Detlef Siebert: „Es wird der Verkehrssektor sein, der in Deutschland maßgeblich das PPA-Geschäft anschieben und ihm zum Durchbruch verhelfen wird“
Bild: Setrade GmbH

E&M: Was macht Setrade mit dem Solarstrom, den Sie von diversen Anlagen einsammeln?

Siebert: Unser Ziel ist es, diesen Strom wirklich direkt an Kunden zu liefern. Wir versuchen zu vermeiden, ein reiner ‚Offtaker‘ mit all den Risiken zu sein.

E&M: Wen haben Sie als Kunden im Fokus?

Siebert: Das sind zum einen klassische Gewerbekunden, die sich über Eigenerzeugung und E-Mobilität Gedanken machen und dafür ein passendes Stromprodukt benötigen. Dazu kommen Ökostromvertriebe und vor allem Kunden aus dem Verkehrssektor − immer dann, wenn es um Elektromobilität geht. Im Mittelpunkt stehen dabei die Ladesäuleninfrastruktur und die Erzeugung von Wasserstoff. Wir wollen gezielt die Vorgaben aus der RED-II-Richtlinie, der Erneuerbare-Energien-Richtlinie aus Brüssel, nutzen, die eine stärkere Einbeziehung von Ökostrom im Verkehrssektor vorsieht.

E&M: Was heißt das konkret?

Siebert: Zusammen mit Partnern bereiten wir derzeit mehrere Solar- und auch Windprojekte vor, die ausschließlich für den Verkehrssektor errichtet werden. Parallel arbeiten wir auch mit an Projekten der Wasserstoffelektrolyse. Für diese Aktivitäten werden wir in den kommenden Jahren zusätzliche Power-Purchase-Agreement-Verträge abschließen müssen, um genügend Ökostrom zur Verfügung zu haben.

E&M: Wie bewerten Sie die Zukunft von PPAs hierzulande?

Siebert: PPAs werden in Deutschland ihren Durchbruch im Verkehrssektor schaffen, davon bin ich überzeugt. Angesichts des bestehenden Doppelvermarktungsverbots für Grünstrom im EEG lassen sich nur über PPAs die Ökostrommengen akquirieren, die für eine Dynamisierung der Sektorenkopplung notwendig sind. Meine Prognose ist deshalb: Es wird der Verkehrssektor sein, der in Deutschland maßgeblich das PPA-Geschäft anschieben und ihm zum Durchbruch verhelfen wird. Das birgt gute Wachstumschancen für SEtrade. E&M

Zur Person

Detlef Siebert, Jahrgang1969, studierte Energie- und Wärmetechnik und ist seit Anfang der 2000er-Jahre in der Energiewirtschaft tätig. Wichtige Stationen waren die DB Energie GmbH in Frankfurt am Main und in den 2010er-Jahren die Natgas AG in Potsdam. Seit April 2019 ist er Geschäftsführer und Gesellschafter der Setrade GmbH, einem Handelsunternehmen für Ökostrom, das sich insbesondere mit den Anforderungen der Flexibilisierung des Energiemarkts und der Sektorkopplung auseinandersetzt.

Donnerstag, 11.03.2021, 08:34 Uhr
Ralf Köpke

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