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Quelle: THesIMPLIFY, Fotolia.com
E&M Vor 20 Jahren

"Es nutzt nichts, sich gegen die Aufsicht zu stellen"

Vor 20 Jahren gab es noch zwei Börsen: die LPX und die EEX. Doch der Energiehandel insgesamt war noch wenig entwickelt, wie ein Interview mit Robert Hienz von 2001 zeigt.
Im Jahr 2001 steckte der Stromhandel noch in den Kinderschuhen. Das lag zum einen daran, dass der Markt erst drei Jahre liberalisiert war. Zum anderen war lange Zeit unklar, welche Auflagen der Finanzaufsicht Energiehändler zu erfüllen haben. Denn schließlich hatte die Bafin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht), die damals noch Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (Bakred) hieß, noch keine Erfahrung mit Energiehändlern und Energiehändler hatten noch keine Erfahrung mit der Behörde.

In diese Zeit fällt der Start der Strombörsen, die zunächst noch als EEX in Frankfurt und LPX in Leipzig firmierten. Während die EEX, gestützt von der Eurex mit einem Terminmarkt begann, setzte die LPX zunächst einen Spotmarkt nach dem Vorbild der norwegischen Strombörse Nordpool auf.

Im September 2001 sprach E&M-Redakteur Fritz Wilhelm mit Robert Hienz über den Status des Finanzdienstleisters, Handelsgeschäfte und die Entwicklung des Marktes. Der spätere Geschäftsführer von Eon Energie Deutschland und heutige CEO von The Mobility House leitete damals den Stromhandel und das Portfoliomanagement von Fortum Energie in Hamburg. Zudem war Hienz Mitglied im Beirat der LPX und in einer Energiehandelsarbeitsgruppe beim Bakred.

Hier das leicht gekürzte Interview aus Marktplatz Energie:
 
Robert Hienz (2001): „„Anscheinend haben sich einige Leute die Finger verbrannt“
Quelle: E&M

E&M: Herr Hienz, das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen hat Gesprächsbereitschaft signalisiert. Jetzt gibt es eine Arbeitsgruppe aus Stromhändlern und Juristen, die sich mit dem Bakred an einen Tisch gesetzt hat. Worüber haben Sie gesprochen?
 
„Die Energiewirtschaft ist völliges Neuland für die Behörde“
 
Hienz: Wir haben auf Initiative der Kanzlei Becker Büttner Held und der Berater Conenergy eine „Bakred-Gruppe“ ins Leben gerufen und versuchen gemeinsam mit dem Bakred Begriffe zu klären, die für die Beurteilung des Finanzdienstleister-Status‘ von Bedeutung sind. Was ist überhaupt ein Derivat? Wie ist der Begriff der fachlichen Eignung auszulegen? Was bedeuten Portfoliomanagement und Eigenhandel in unserer Branche? Das sind nur einige Beispiele für Begriffe, die das Bundesaufsichtsamt erst noch mit Leben erfüllen muss, denn die Energiewirtschaft ist völliges Neuland für die Behörde. Wir bemühen uns deshalb, konstruktiv die Meinungsfindung des Bakred zu unterstützen.

E&M: Die Lobbyarbeit der Energiewirtschaft funktioniert also?

Hienz: Eine solche Arbeitsgruppe liegt in beiderseitigem Interesse. Es nutzt nichts, sich gegen die Aufsicht zu stellen. Wir Stromhändler können uns dieser ohnehin nicht entziehen, was im Übrigen auch richtig ist. Und das Bakred bekommt aus erster Hand einen guten Einblick in das tägliche Geschäft.

E&M: Aber innerhalb der Energiewirtschaft gibt es keine einheitliche Meinung zu den aufsichtsrechtlichen Fragen insgesamt.

Hienz: Die Verantwortlichen beim Bakred können sich zumindest eine eigene Meinung bilden. Außerdem sind Unternehmen ganz unterschiedlicher Herkunft in der Bakred-Gruppe vertreten. Und es gibt generell einen regen Austausch zwischen Händlern und Portfoliomanagern, wobei wir immer wieder zu gemeinsamen Positionen finden.

E&M: Was steht als nächstes auf der Tagesordnung der Arbeitsgruppe?
Hienz: Dazu möchte ich jetzt nichts sagen. Nur so viel: Wir hoffen, dass wir bis Ende September die wichtigsten Fragen geklärt haben.

E&M: Hat Fortum schon eine Erlaubnis beantragt?

Hienz: Wir sind mitten im Antragsverfahren. Die dazu erforderlichen Vorbereitungen sind nicht zu unterschätzen.

E&M: Einige Unternehmen scheinen wegen offener aufsichtsrechtlicher Fragen mit angezogener Handbremse zu fahren.

Hienz: Das ist tatsächlich so. Viele warten derzeit ab. Auch Fortum kümmert sich im Moment stärker um den Spotmarkt. Damit meine ich wirklich „day-ahead“, vor allem kurzfristiges Erzeugungsportfoliomanagement für externe Kunden. Auf der Vertriebsseite sind wir natürlich ebenfalls aktiv. Hier ist ein echtes Portfoliomanagement für Kunden allerdings schwieriger, da die Lieferverträge häufig noch langfristig abgeschlossen werden und zumindest teilweise langfristig abgesichert werden müssen. Als Dienstleistung für Dritte fällt das meines Erachtens klar unter das KWG (Kreditwesengesetz; d.Red.). Deswegen ist unser Ansatz zurzeit eindeutig auf die Beratung beziehungsweise die kurzfristige physische Absicherung ausgerichtet. Im Moment lässt das Bakred nichts anderes zu und der Markt verlangt im Wesentlichen auch noch nichts anderes.

„Man kann mit einer Menge von 300 MW die Preise erheblich beeinflussen“
 
E&M: Ist der Markt noch nicht so weit?

Hienz: Das ist ein ganz normaler Entwicklungsprozess. In Finnland ist die Trennung von Volumenrisiko und Preisrisiko schon vollständig vollzogen. Am deutschen Markt muss man sich sehr genau überlegen, welche Mengen man langfristig bezieht und was man kurzfristig am Spotmarkt kaufen kann. Ein kleines Base-Band und den Rest täglich über die Börse oder den OTC-Markt – das funktioniert nicht, weil man mit einer Menge von beispielsweise 300 MW die Preise schon erheblich beeinflussen kann. Wenn der Markt merkt, dass jemand die Menge unter allen Umständen haben muss, explodiert der Preis. In Skandinavien ist der Spotmarkt ausreichend liquide, so dass kurzfristig kein vergleichbares Preisrisiko besteht.

E&M: Hängt die Zukunft der Energiewirtschaft am Spotmarkt?

Hienz: Es ist nicht so, dass man jetzt noch nicht handeln könnte. Die börslichen Spotmärkte haben sich entwickelt, der OTC-Markt auch. Aber der Markt hat noch nicht das Vertrauen in die Rahmenbedingungen des Terminmarkts. Es fehlt immer noch das liquide Underlying. Am Ende des letzten Jahres haben wir am Markt schon einige LPX-Swaps gesehen. Damals nahm die Liquidität an der LPX spürbar zu. Anscheinend haben sich aber einige Leute dabei die Finger verbrannt, so dass nichts nachkam.

E&M: Auch der Futures-Markt der EEX schleppt sich zurzeit noch dahin. Kam der Start zu früh?

Hienz: Die Verantwortlichen an der EEX haben sich sicherlich viele Gedanken über den Starttermin gemacht. Es ist schade für die EEX, dass die Banken immer noch zögern. Ich nehme an, es liegt am Risikomanagement, das bei den Banken sehr ausgeprägt ist und besondere Anforderungen an Commodity-Geschäfte stellt, da die physische Seite naturgemäß wegfällt. Es gibt natürlich auch ein paar Probleme mit dem Underlying der EEX und mangelnder Liquidität für Kontrakte, die über ein halbes Jahr hinausgehen.

„Es fehlt immer noch das liquide Underlying“

E&M: Ist der börsliche Terminhandel überhaupt notwendig?

Hienz: Auf jeden Fall. Wir werden auch schon recht bald einen funktionierenden Terminmarkt haben. Ich weiß nur nicht, ob es ihn als Nische an der LPX geben wird oder ob sich der Handel an der EEX doch noch fängt.

E&M: … entweder … oder?

Hienz: Es könnte auch „sowohl als auch“ sein. Es könnten allerdings auch die Ausländer den deutschen Börsen beim Terminhandel den Rang ablaufen. Ich denke in erster Linie an die IPE oder die ICE. Wenn dort ein ordentliches Clearing gemacht wird, gibt es wenig Grund, woanders hinzugehen. Die großen Player wie Eon und RWE können kaum nein sagen, wenn sie das Angebot bekommen, dort einzusteigen.

E&M: Für Fortum wäre das nichts?

Hienz: Für Fortum in Helsinki vielleicht. Für Fortum in Deutschland wahrscheinlich nicht. Wir konzentrieren uns gegenwärtig auf Leipzig und Frankfurt.

E&M: Für Ihre Day-Ahead-Optimierung wäre doch auch ein Markt für Ausgleichs- und Regelenergie ein Meilenstein.

Hienz: Meiner Ansicht nach ist der Strommarkt erst dann wirklich liberalisiert. Der Day-Ahead-Markt funktioniert zwar prinzipiell. Aber die Handhabung der Regelenergie macht das Agieren äußerst schwierig.

E&M: Die Ausschreibung der Regelenergie durch RWE hat noch nichts bewirkt?
Hienz: Das ist erst der erste Schritt.

E&M: Nur ein Tropfen auf den heißen Stein?

Hienz: Ich denke schon, dass damit ein Stein ins Rollen gebracht wurde. Der Stein rollt allerdings noch sehr langsam. Denn es war meines Erachtens keine ganz freiwillige Entscheidung von RWE. Das Kartellamt hat sicher im Zuge der Fusion mit VEW deutlich darauf gedrungen. Wir müssen aber dahin kommen, dass Regelenergie grundsätzlich ausgeschrieben wird. In einer neuen Fassung der Verbändevereinbarung könnten die Netzbetreiber dazu verpflichtet werden. Dann erst ginge der Wettbewerb richtig los. Dann kommen wir auch zu einem Hour-Ahead-Markt und können richtig Portfoliomanagement betreiben sowie strukturierte Produkte anbieten.

„Die Ausländer könnten den deutschen Börsen beim Terminhandel den Rang ablaufen“

E&M: Hängen davon auch Ihre Expansionsbemühungen in Deutschland ab? Nach der Akquisition von Wesertal scheint jetzt sogar eine strategische Kehrtwende eingetreten zu sein.

Hienz: Es ist keine strategische Kehrtwende, aber es ist richtig, dass unser Citypartner-Konzept, das auf einer sehr starken Vertriebsausrichtung basiert, modifiziert wurde. Der Markt ist tatsächlich noch nicht so weit. Deshalb konzentrieren wir uns jetzt ausnahmslos auf die wirklich profitablen Geschäfte. Wesertal war und ist dennoch wichtig für uns, weil wir neben den Kunden auch Eigenerzeugung und Netze erworben haben. Beim reinen Endkundenvertrieb agieren wir zurzeit in Deutschland allerdings sehr zurückhaltend.

Montag, 27.09.2021, 11:01 Uhr
Fritz Wilhelm
Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren -
Quelle: THesIMPLIFY, Fotolia.com
E&M Vor 20 Jahren
"Es nutzt nichts, sich gegen die Aufsicht zu stellen"
Vor 20 Jahren gab es noch zwei Börsen: die LPX und die EEX. Doch der Energiehandel insgesamt war noch wenig entwickelt, wie ein Interview mit Robert Hienz von 2001 zeigt.
Im Jahr 2001 steckte der Stromhandel noch in den Kinderschuhen. Das lag zum einen daran, dass der Markt erst drei Jahre liberalisiert war. Zum anderen war lange Zeit unklar, welche Auflagen der Finanzaufsicht Energiehändler zu erfüllen haben. Denn schließlich hatte die Bafin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht), die damals noch Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (Bakred) hieß, noch keine Erfahrung mit Energiehändlern und Energiehändler hatten noch keine Erfahrung mit der Behörde.

In diese Zeit fällt der Start der Strombörsen, die zunächst noch als EEX in Frankfurt und LPX in Leipzig firmierten. Während die EEX, gestützt von der Eurex mit einem Terminmarkt begann, setzte die LPX zunächst einen Spotmarkt nach dem Vorbild der norwegischen Strombörse Nordpool auf.

Im September 2001 sprach E&M-Redakteur Fritz Wilhelm mit Robert Hienz über den Status des Finanzdienstleisters, Handelsgeschäfte und die Entwicklung des Marktes. Der spätere Geschäftsführer von Eon Energie Deutschland und heutige CEO von The Mobility House leitete damals den Stromhandel und das Portfoliomanagement von Fortum Energie in Hamburg. Zudem war Hienz Mitglied im Beirat der LPX und in einer Energiehandelsarbeitsgruppe beim Bakred.

Hier das leicht gekürzte Interview aus Marktplatz Energie:
 
Robert Hienz (2001): „„Anscheinend haben sich einige Leute die Finger verbrannt“
Quelle: E&M

E&M: Herr Hienz, das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen hat Gesprächsbereitschaft signalisiert. Jetzt gibt es eine Arbeitsgruppe aus Stromhändlern und Juristen, die sich mit dem Bakred an einen Tisch gesetzt hat. Worüber haben Sie gesprochen?
 
„Die Energiewirtschaft ist völliges Neuland für die Behörde“
 
Hienz: Wir haben auf Initiative der Kanzlei Becker Büttner Held und der Berater Conenergy eine „Bakred-Gruppe“ ins Leben gerufen und versuchen gemeinsam mit dem Bakred Begriffe zu klären, die für die Beurteilung des Finanzdienstleister-Status‘ von Bedeutung sind. Was ist überhaupt ein Derivat? Wie ist der Begriff der fachlichen Eignung auszulegen? Was bedeuten Portfoliomanagement und Eigenhandel in unserer Branche? Das sind nur einige Beispiele für Begriffe, die das Bundesaufsichtsamt erst noch mit Leben erfüllen muss, denn die Energiewirtschaft ist völliges Neuland für die Behörde. Wir bemühen uns deshalb, konstruktiv die Meinungsfindung des Bakred zu unterstützen.

E&M: Die Lobbyarbeit der Energiewirtschaft funktioniert also?

Hienz: Eine solche Arbeitsgruppe liegt in beiderseitigem Interesse. Es nutzt nichts, sich gegen die Aufsicht zu stellen. Wir Stromhändler können uns dieser ohnehin nicht entziehen, was im Übrigen auch richtig ist. Und das Bakred bekommt aus erster Hand einen guten Einblick in das tägliche Geschäft.

E&M: Aber innerhalb der Energiewirtschaft gibt es keine einheitliche Meinung zu den aufsichtsrechtlichen Fragen insgesamt.

Hienz: Die Verantwortlichen beim Bakred können sich zumindest eine eigene Meinung bilden. Außerdem sind Unternehmen ganz unterschiedlicher Herkunft in der Bakred-Gruppe vertreten. Und es gibt generell einen regen Austausch zwischen Händlern und Portfoliomanagern, wobei wir immer wieder zu gemeinsamen Positionen finden.

E&M: Was steht als nächstes auf der Tagesordnung der Arbeitsgruppe?
Hienz: Dazu möchte ich jetzt nichts sagen. Nur so viel: Wir hoffen, dass wir bis Ende September die wichtigsten Fragen geklärt haben.

E&M: Hat Fortum schon eine Erlaubnis beantragt?

Hienz: Wir sind mitten im Antragsverfahren. Die dazu erforderlichen Vorbereitungen sind nicht zu unterschätzen.

E&M: Einige Unternehmen scheinen wegen offener aufsichtsrechtlicher Fragen mit angezogener Handbremse zu fahren.

Hienz: Das ist tatsächlich so. Viele warten derzeit ab. Auch Fortum kümmert sich im Moment stärker um den Spotmarkt. Damit meine ich wirklich „day-ahead“, vor allem kurzfristiges Erzeugungsportfoliomanagement für externe Kunden. Auf der Vertriebsseite sind wir natürlich ebenfalls aktiv. Hier ist ein echtes Portfoliomanagement für Kunden allerdings schwieriger, da die Lieferverträge häufig noch langfristig abgeschlossen werden und zumindest teilweise langfristig abgesichert werden müssen. Als Dienstleistung für Dritte fällt das meines Erachtens klar unter das KWG (Kreditwesengesetz; d.Red.). Deswegen ist unser Ansatz zurzeit eindeutig auf die Beratung beziehungsweise die kurzfristige physische Absicherung ausgerichtet. Im Moment lässt das Bakred nichts anderes zu und der Markt verlangt im Wesentlichen auch noch nichts anderes.

„Man kann mit einer Menge von 300 MW die Preise erheblich beeinflussen“
 
E&M: Ist der Markt noch nicht so weit?

Hienz: Das ist ein ganz normaler Entwicklungsprozess. In Finnland ist die Trennung von Volumenrisiko und Preisrisiko schon vollständig vollzogen. Am deutschen Markt muss man sich sehr genau überlegen, welche Mengen man langfristig bezieht und was man kurzfristig am Spotmarkt kaufen kann. Ein kleines Base-Band und den Rest täglich über die Börse oder den OTC-Markt – das funktioniert nicht, weil man mit einer Menge von beispielsweise 300 MW die Preise schon erheblich beeinflussen kann. Wenn der Markt merkt, dass jemand die Menge unter allen Umständen haben muss, explodiert der Preis. In Skandinavien ist der Spotmarkt ausreichend liquide, so dass kurzfristig kein vergleichbares Preisrisiko besteht.

E&M: Hängt die Zukunft der Energiewirtschaft am Spotmarkt?

Hienz: Es ist nicht so, dass man jetzt noch nicht handeln könnte. Die börslichen Spotmärkte haben sich entwickelt, der OTC-Markt auch. Aber der Markt hat noch nicht das Vertrauen in die Rahmenbedingungen des Terminmarkts. Es fehlt immer noch das liquide Underlying. Am Ende des letzten Jahres haben wir am Markt schon einige LPX-Swaps gesehen. Damals nahm die Liquidität an der LPX spürbar zu. Anscheinend haben sich aber einige Leute dabei die Finger verbrannt, so dass nichts nachkam.

E&M: Auch der Futures-Markt der EEX schleppt sich zurzeit noch dahin. Kam der Start zu früh?

Hienz: Die Verantwortlichen an der EEX haben sich sicherlich viele Gedanken über den Starttermin gemacht. Es ist schade für die EEX, dass die Banken immer noch zögern. Ich nehme an, es liegt am Risikomanagement, das bei den Banken sehr ausgeprägt ist und besondere Anforderungen an Commodity-Geschäfte stellt, da die physische Seite naturgemäß wegfällt. Es gibt natürlich auch ein paar Probleme mit dem Underlying der EEX und mangelnder Liquidität für Kontrakte, die über ein halbes Jahr hinausgehen.

„Es fehlt immer noch das liquide Underlying“

E&M: Ist der börsliche Terminhandel überhaupt notwendig?

Hienz: Auf jeden Fall. Wir werden auch schon recht bald einen funktionierenden Terminmarkt haben. Ich weiß nur nicht, ob es ihn als Nische an der LPX geben wird oder ob sich der Handel an der EEX doch noch fängt.

E&M: … entweder … oder?

Hienz: Es könnte auch „sowohl als auch“ sein. Es könnten allerdings auch die Ausländer den deutschen Börsen beim Terminhandel den Rang ablaufen. Ich denke in erster Linie an die IPE oder die ICE. Wenn dort ein ordentliches Clearing gemacht wird, gibt es wenig Grund, woanders hinzugehen. Die großen Player wie Eon und RWE können kaum nein sagen, wenn sie das Angebot bekommen, dort einzusteigen.

E&M: Für Fortum wäre das nichts?

Hienz: Für Fortum in Helsinki vielleicht. Für Fortum in Deutschland wahrscheinlich nicht. Wir konzentrieren uns gegenwärtig auf Leipzig und Frankfurt.

E&M: Für Ihre Day-Ahead-Optimierung wäre doch auch ein Markt für Ausgleichs- und Regelenergie ein Meilenstein.

Hienz: Meiner Ansicht nach ist der Strommarkt erst dann wirklich liberalisiert. Der Day-Ahead-Markt funktioniert zwar prinzipiell. Aber die Handhabung der Regelenergie macht das Agieren äußerst schwierig.

E&M: Die Ausschreibung der Regelenergie durch RWE hat noch nichts bewirkt?
Hienz: Das ist erst der erste Schritt.

E&M: Nur ein Tropfen auf den heißen Stein?

Hienz: Ich denke schon, dass damit ein Stein ins Rollen gebracht wurde. Der Stein rollt allerdings noch sehr langsam. Denn es war meines Erachtens keine ganz freiwillige Entscheidung von RWE. Das Kartellamt hat sicher im Zuge der Fusion mit VEW deutlich darauf gedrungen. Wir müssen aber dahin kommen, dass Regelenergie grundsätzlich ausgeschrieben wird. In einer neuen Fassung der Verbändevereinbarung könnten die Netzbetreiber dazu verpflichtet werden. Dann erst ginge der Wettbewerb richtig los. Dann kommen wir auch zu einem Hour-Ahead-Markt und können richtig Portfoliomanagement betreiben sowie strukturierte Produkte anbieten.

„Die Ausländer könnten den deutschen Börsen beim Terminhandel den Rang ablaufen“

E&M: Hängen davon auch Ihre Expansionsbemühungen in Deutschland ab? Nach der Akquisition von Wesertal scheint jetzt sogar eine strategische Kehrtwende eingetreten zu sein.

Hienz: Es ist keine strategische Kehrtwende, aber es ist richtig, dass unser Citypartner-Konzept, das auf einer sehr starken Vertriebsausrichtung basiert, modifiziert wurde. Der Markt ist tatsächlich noch nicht so weit. Deshalb konzentrieren wir uns jetzt ausnahmslos auf die wirklich profitablen Geschäfte. Wesertal war und ist dennoch wichtig für uns, weil wir neben den Kunden auch Eigenerzeugung und Netze erworben haben. Beim reinen Endkundenvertrieb agieren wir zurzeit in Deutschland allerdings sehr zurückhaltend.

Montag, 27.09.2021, 11:01 Uhr
Fritz Wilhelm

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