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Energie & Management > Effizienz - Verbände nennen Bundesregierung
Quelle: Fotolia / Photo-K
Effizienz

Verbände nennen Bundesregierung "tatenlos" beim Energiesparen

50 Tage vor der Heizperiode bescheinigen vier Verbände der Regierung Nichtstun, um die Gasnachfrage für Gebäudeheizung und Industriewärme massiv zu reduzieren.
Anlässlich der am 1. Oktober beginnenden Heizperiode forderten vier Verbände aus den Bereichen Verbraucherschutz, Umwelt, Energieeffizienz und Energieberatung rasch Maßnahmen der Bundesregierung. Wichtig seien dauerhaft wirkende Steigerungen der Energieeffizienz durch Investitionen in Gebäude, Unternehmen und öffentliche Infrastruktur. Außerdem müsse eine Informationskampagne Mittel für Verbrauchende zum Energiesparen verbreiten, sagten sie vor Journalisten in Berlin.

„Die Ampel lässt die Einsparungen und die Effizienz stiefmütterlich links liegen“, kritisierte Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzrings (DNR). Doch hier entscheide sich die Versorgungssicherheit. Allein das Abschalten aller Geräte im Stand-by-Betrieb könne so viel Strom sparen, wie die verbliebenen Atomkraftwerke liefern, mahnte Niebert. „Wir brauchen endlich mehr Mut zum Ordnungsrecht, zum Beispiel bei Heizungsoptimierungen, Sanierung der schlechtesten Gebäude und Umsetzung von wirtschaftlichen Maßnahmen in der Industrie“, forderte er.

"Das Gegenteil dessen, was nötig wäre"

Für die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff) sagte Vorstand
Christian Noll, das Thema sei angesichts des Ukrainekrieges und der verbundenen Brennstoffknappheit so wichtig wie nie. „Wir haben uns der Energiesparkampagne der Bundesregierung angeschlossen, erleben jedoch sogar das Gegenteil von dem, was politisch notwendig wäre“, beklagte er. Statt das bereits im Februar angekündigte Energieeffizienzgesetz auf den Weg zu bringen, wurden nun die Fördermittel für die Gebäudesanierung drastisch gekürzt (siehe separate Meldung).

Auch im Industriebereich stocke die Förderung von Effizienzmaßnahmen seit Monaten. Dabei sei es wichtig, Investitionen in Maßnahmen anzustoßen, die Haushalte und Unternehmen dauerhaft aus der Energiekostenfalle befreien. „Das ginge ohne Frieren und Produktionseinschränkungen“, sagte Noll. Energieeffizienz müsse ebenso wie der Ausbau der erneuerbaren Energien als übergeordnetes öffentliches Interesse vorangebracht werden, forderte er.
 
Von links: Christian Noll (Deneff), Thomas Engelke (VZBV), Kai Niebert (DNR), Benjamin Weismann (Energieberaterverband GIH)
Quelle: Deneff

Verbraucherschützer für mehr Entlastungen und Förderung

Thomas Engelke, Teamleiter Energie und Bauen beim Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) forderte Energiesparen in allen Bereichen. „Industrie, Handel und Gewerbe, der öffentliche Sektor und die privaten Haushalte müssen jetzt alles tun, um Energie, insbesondere Gas zu sparen“, forderte er.

Engelke mahnte mit Blick auf die im Oktober greifende Gasumlage auch weitere Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger an. Er rechne allein durch die Umlage mit Zusatzkosten von 300 bis mehr als 1000 Euro für einen Privathaushalt mit durchschnittlichem Gasverbrauch, sagte der Verbraucherschützer.

Energiespar-Appelle allein reichten aber nicht aus, um private Haushalte mittel- und langfristig von hohen Gas- und Energiepreisen zu entlasten. Dazu seien auch strukturelle Investitionen in mehr Energieeffizienz bei der Gebäudehülle und der schnelle Austausch fossiler Heizungen nötig, sagte Engelke. Dazu solle der Bund seine Fördermittel für effiziente Gebäude (BEG) auf jährlich 25 Mrd. Euro erhöhen.

Damit könnten die Fördersätze für Komplettsanierungen wieder auf das Niveau von 2022 angehoben werden. Es sei dann auch Geld vorhanden, um wieder Zuschüsse für Komplettsanierungen zu zahlen und den Bonus für die schlechtesten Gebäude zu erhöhen. Außerdem müssten Einzelmaßnahmen an der Gebäudehülle im Vergleich zur Anlagentechnik bessergestellt werden, da diese nachhaltig den Energieverbrauch senken.

Energieberater brauchen verlässliche Bedingungen

Die Bundesregierung veranstalte einen „Wärmepumpen-Hype“, sagte Benjamin Weismann, Geschäftsführer des Energieberaterverbands GIH. Diese Geräte seien zwar wichtig, ergäben aber in einem schlecht sanierten Gebäude wenig Sinn. Statt der überraschend verschlechterten Bedingungen der BEG forderte er „eine eindeutige Zusage der Bundesregierung in Sachen Energieeffizienz und langfristig ausgelegte Förderung“. Der GIH kritisierte zudem, dass die Anforderungen zum Wärmeschutz bei Neubauten in der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) gesenkt wurden.

Auch die Länder seien gefordert, sagte Weismann. Die Schornsteinfeger und Schornsteinfegerinnen meldeten oft Mängel oder Verstöße gegen Vorschriften, aber die Behörden reagierten nicht darauf. Auch öffentliche Gebäude wie Schulen müssten in Ruhezeiten wie etwa nachts die Heizung herunterregeln. Für Hausbesitzende sollten auch kleine, selbst ausgeführte Maßnahmen wie das Dämmen von Heizungsrohren im Keller wenigstens mit den Materialkosten wieder steuerlich absetzbar werden, forderte der Energieberater.

Freitag, 12.08.2022, 12:34 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Effizienz - Verbände nennen Bundesregierung
Quelle: Fotolia / Photo-K
Effizienz
Verbände nennen Bundesregierung "tatenlos" beim Energiesparen
50 Tage vor der Heizperiode bescheinigen vier Verbände der Regierung Nichtstun, um die Gasnachfrage für Gebäudeheizung und Industriewärme massiv zu reduzieren.
Anlässlich der am 1. Oktober beginnenden Heizperiode forderten vier Verbände aus den Bereichen Verbraucherschutz, Umwelt, Energieeffizienz und Energieberatung rasch Maßnahmen der Bundesregierung. Wichtig seien dauerhaft wirkende Steigerungen der Energieeffizienz durch Investitionen in Gebäude, Unternehmen und öffentliche Infrastruktur. Außerdem müsse eine Informationskampagne Mittel für Verbrauchende zum Energiesparen verbreiten, sagten sie vor Journalisten in Berlin.

„Die Ampel lässt die Einsparungen und die Effizienz stiefmütterlich links liegen“, kritisierte Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzrings (DNR). Doch hier entscheide sich die Versorgungssicherheit. Allein das Abschalten aller Geräte im Stand-by-Betrieb könne so viel Strom sparen, wie die verbliebenen Atomkraftwerke liefern, mahnte Niebert. „Wir brauchen endlich mehr Mut zum Ordnungsrecht, zum Beispiel bei Heizungsoptimierungen, Sanierung der schlechtesten Gebäude und Umsetzung von wirtschaftlichen Maßnahmen in der Industrie“, forderte er.

"Das Gegenteil dessen, was nötig wäre"

Für die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff) sagte Vorstand
Christian Noll, das Thema sei angesichts des Ukrainekrieges und der verbundenen Brennstoffknappheit so wichtig wie nie. „Wir haben uns der Energiesparkampagne der Bundesregierung angeschlossen, erleben jedoch sogar das Gegenteil von dem, was politisch notwendig wäre“, beklagte er. Statt das bereits im Februar angekündigte Energieeffizienzgesetz auf den Weg zu bringen, wurden nun die Fördermittel für die Gebäudesanierung drastisch gekürzt (siehe separate Meldung).

Auch im Industriebereich stocke die Förderung von Effizienzmaßnahmen seit Monaten. Dabei sei es wichtig, Investitionen in Maßnahmen anzustoßen, die Haushalte und Unternehmen dauerhaft aus der Energiekostenfalle befreien. „Das ginge ohne Frieren und Produktionseinschränkungen“, sagte Noll. Energieeffizienz müsse ebenso wie der Ausbau der erneuerbaren Energien als übergeordnetes öffentliches Interesse vorangebracht werden, forderte er.
 
Von links: Christian Noll (Deneff), Thomas Engelke (VZBV), Kai Niebert (DNR), Benjamin Weismann (Energieberaterverband GIH)
Quelle: Deneff

Verbraucherschützer für mehr Entlastungen und Förderung

Thomas Engelke, Teamleiter Energie und Bauen beim Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) forderte Energiesparen in allen Bereichen. „Industrie, Handel und Gewerbe, der öffentliche Sektor und die privaten Haushalte müssen jetzt alles tun, um Energie, insbesondere Gas zu sparen“, forderte er.

Engelke mahnte mit Blick auf die im Oktober greifende Gasumlage auch weitere Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger an. Er rechne allein durch die Umlage mit Zusatzkosten von 300 bis mehr als 1000 Euro für einen Privathaushalt mit durchschnittlichem Gasverbrauch, sagte der Verbraucherschützer.

Energiespar-Appelle allein reichten aber nicht aus, um private Haushalte mittel- und langfristig von hohen Gas- und Energiepreisen zu entlasten. Dazu seien auch strukturelle Investitionen in mehr Energieeffizienz bei der Gebäudehülle und der schnelle Austausch fossiler Heizungen nötig, sagte Engelke. Dazu solle der Bund seine Fördermittel für effiziente Gebäude (BEG) auf jährlich 25 Mrd. Euro erhöhen.

Damit könnten die Fördersätze für Komplettsanierungen wieder auf das Niveau von 2022 angehoben werden. Es sei dann auch Geld vorhanden, um wieder Zuschüsse für Komplettsanierungen zu zahlen und den Bonus für die schlechtesten Gebäude zu erhöhen. Außerdem müssten Einzelmaßnahmen an der Gebäudehülle im Vergleich zur Anlagentechnik bessergestellt werden, da diese nachhaltig den Energieverbrauch senken.

Energieberater brauchen verlässliche Bedingungen

Die Bundesregierung veranstalte einen „Wärmepumpen-Hype“, sagte Benjamin Weismann, Geschäftsführer des Energieberaterverbands GIH. Diese Geräte seien zwar wichtig, ergäben aber in einem schlecht sanierten Gebäude wenig Sinn. Statt der überraschend verschlechterten Bedingungen der BEG forderte er „eine eindeutige Zusage der Bundesregierung in Sachen Energieeffizienz und langfristig ausgelegte Förderung“. Der GIH kritisierte zudem, dass die Anforderungen zum Wärmeschutz bei Neubauten in der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) gesenkt wurden.

Auch die Länder seien gefordert, sagte Weismann. Die Schornsteinfeger und Schornsteinfegerinnen meldeten oft Mängel oder Verstöße gegen Vorschriften, aber die Behörden reagierten nicht darauf. Auch öffentliche Gebäude wie Schulen müssten in Ruhezeiten wie etwa nachts die Heizung herunterregeln. Für Hausbesitzende sollten auch kleine, selbst ausgeführte Maßnahmen wie das Dämmen von Heizungsrohren im Keller wenigstens mit den Materialkosten wieder steuerlich absetzbar werden, forderte der Energieberater.

Freitag, 12.08.2022, 12:34 Uhr
Susanne Harmsen

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