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Energie & Management > Interview - Sagen Sie mal: Udo Sieverding
Bild: Fotolia, BillionPhotosw
Interview

Sagen Sie mal: Udo Sieverding

In der Rubrik „Sagen Sie mal“ stellen wir ein paar kurze Fragen und bitten um kurze Antworten zu einem aktuellen Thema.
Herr Sieverding, wie wichtig sind solare Steckermodule auf Balkonen und Terrassen für die Energiewende in den Städten?

Unter der Annahme, dass beispielsweise eine Million Haushalte in Nordrhein-Westfalen ein Steckersolargerät installieren, haben wir nur allein für dieses Bundesland eine Stromerzeugung von jährlich 290 Millionen Kilowattstunden errechnet. Das ist schönes Kleinvieh. Was aber eigentlich zählt: Die Begeisterung für die Balkonmodule ist bei vielen Bundesbürgern riesengroß, vermutlich weil die Story so einfach und positiv ist. Dabei geht es nicht nur um die Wirtschaftlichkeit, sondern vor allem um das gute Gefühl, einen kleinen Beitrag für die Energiewende zu leisten. Und der große Vorteil: Endlich können auch Mieterhaushalte Sonnenstrom selbst erzeugen und nutzen. Genau diese Klientel ist bislang bei der Energiewende zu kurz gekommen, ich erinnere nur an das aktuelle, arg verunglückte Mieterstromgesetz. Immer wieder berichten uns Eltern, dass sie ihren Kindern Energiewende und Klimaschutz mit dem Balkonmodul einfach besser erklären können − ein schöner Nebeneffekt. Eine Geschmacksfrage ist sicherlich die Optik am Haus oder im Straßenbild, zumal Mieter die Genehmigung ihres Vermieters für Balkonmodule benötigen.

Warum tun sich die Verteilnetzbetreiber weiterhin schwer, solare Steckermodule zu akzeptieren?

Dass die Einspeisung in gemischte Endstromkreise seit 2018 über eine VDE-Norm geregelt ist, war ein wichtiger Meilenstein. Offen ist noch eine klare Regelung zur Einspeisesteckdose, wobei in anderen europäischen Ländern auch der Schuko-Stecker zulässig ist. Auch beim Stromzähler und bei der Sicherheit der elektrischen Anlage im Haushalt gibt es offene Punkte. Manche Netzbetreiber scheinen schon aus Prinzip die Steckersolargeräte mit Bedenken und Bürokratie verhindern zu wollen. Bei unserer aktuellen NRW-Umfrage konnten wir aber auch ein Umdenken feststellen. Ein positives Beispiel sind sicherlich die Stadtwerke in Bonn, die Balkonmodule verkaufen und ihre Bushaltestellen für eine entsprechende Plakatwerbung nutzen.

Was müssen Politik und die Bundesländer tun, damit es zu einer verstärkten Nutzung von solaren Balkonmodulen kommt?

Nach unserer Beobachtung entwickelt sich der Markt für Steckersolargeräte wahnsinnig dynamisch. Wir hatten in den vergangenen Monaten mehrere Webinare mit mehr als 400 Teilnehmern zu dem Thema organisiert. Auch immer mehr Medien haben es entdeckt. Ich gehe fest davon aus, dass der Siegeszug dieser Geräte nicht aufzuhalten ist. Wenn die Bundes- und zuständigen Länderministerien diese Entwicklung unterstützen wollen, wären die rasche Klärung der offenen rechtlichen und technischen Fragen und Normen sowie der Abbau von Bürokratie sehr hilfreich. So setzt sich die Verbraucherzentrale NRW dafür ein, dass Steckersolargeräte als ‚stromerzeugende Haushaltsgeräte‘ betrachtet werden und deshalb nicht unter die Meldepflichten wie beispielsweise im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur oder unter andere rechtliche Vorgaben für Erzeugungsanlagen fallen.
 
Udo Sieverding leitet die Energieabteilung bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen
Bild: VZ NRW

 

Freitag, 28.08.2020, 13:14 Uhr
Ralf Köpke
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Sagen Sie mal: Udo Sieverding
In der Rubrik „Sagen Sie mal“ stellen wir ein paar kurze Fragen und bitten um kurze Antworten zu einem aktuellen Thema.
Herr Sieverding, wie wichtig sind solare Steckermodule auf Balkonen und Terrassen für die Energiewende in den Städten?

Unter der Annahme, dass beispielsweise eine Million Haushalte in Nordrhein-Westfalen ein Steckersolargerät installieren, haben wir nur allein für dieses Bundesland eine Stromerzeugung von jährlich 290 Millionen Kilowattstunden errechnet. Das ist schönes Kleinvieh. Was aber eigentlich zählt: Die Begeisterung für die Balkonmodule ist bei vielen Bundesbürgern riesengroß, vermutlich weil die Story so einfach und positiv ist. Dabei geht es nicht nur um die Wirtschaftlichkeit, sondern vor allem um das gute Gefühl, einen kleinen Beitrag für die Energiewende zu leisten. Und der große Vorteil: Endlich können auch Mieterhaushalte Sonnenstrom selbst erzeugen und nutzen. Genau diese Klientel ist bislang bei der Energiewende zu kurz gekommen, ich erinnere nur an das aktuelle, arg verunglückte Mieterstromgesetz. Immer wieder berichten uns Eltern, dass sie ihren Kindern Energiewende und Klimaschutz mit dem Balkonmodul einfach besser erklären können − ein schöner Nebeneffekt. Eine Geschmacksfrage ist sicherlich die Optik am Haus oder im Straßenbild, zumal Mieter die Genehmigung ihres Vermieters für Balkonmodule benötigen.

Warum tun sich die Verteilnetzbetreiber weiterhin schwer, solare Steckermodule zu akzeptieren?

Dass die Einspeisung in gemischte Endstromkreise seit 2018 über eine VDE-Norm geregelt ist, war ein wichtiger Meilenstein. Offen ist noch eine klare Regelung zur Einspeisesteckdose, wobei in anderen europäischen Ländern auch der Schuko-Stecker zulässig ist. Auch beim Stromzähler und bei der Sicherheit der elektrischen Anlage im Haushalt gibt es offene Punkte. Manche Netzbetreiber scheinen schon aus Prinzip die Steckersolargeräte mit Bedenken und Bürokratie verhindern zu wollen. Bei unserer aktuellen NRW-Umfrage konnten wir aber auch ein Umdenken feststellen. Ein positives Beispiel sind sicherlich die Stadtwerke in Bonn, die Balkonmodule verkaufen und ihre Bushaltestellen für eine entsprechende Plakatwerbung nutzen.

Was müssen Politik und die Bundesländer tun, damit es zu einer verstärkten Nutzung von solaren Balkonmodulen kommt?

Nach unserer Beobachtung entwickelt sich der Markt für Steckersolargeräte wahnsinnig dynamisch. Wir hatten in den vergangenen Monaten mehrere Webinare mit mehr als 400 Teilnehmern zu dem Thema organisiert. Auch immer mehr Medien haben es entdeckt. Ich gehe fest davon aus, dass der Siegeszug dieser Geräte nicht aufzuhalten ist. Wenn die Bundes- und zuständigen Länderministerien diese Entwicklung unterstützen wollen, wären die rasche Klärung der offenen rechtlichen und technischen Fragen und Normen sowie der Abbau von Bürokratie sehr hilfreich. So setzt sich die Verbraucherzentrale NRW dafür ein, dass Steckersolargeräte als ‚stromerzeugende Haushaltsgeräte‘ betrachtet werden und deshalb nicht unter die Meldepflichten wie beispielsweise im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur oder unter andere rechtliche Vorgaben für Erzeugungsanlagen fallen.
 
Udo Sieverding leitet die Energieabteilung bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen
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