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Energie & Management > Contracting - Energieeffizienz im Einzelhandel braucht mehr Anreize
Quelle: Fotolia / Sergey Nivens
Contracting

Energieeffizienz im Einzelhandel braucht mehr Anreize

Im Einzelhandel liegen ungenutzte Einsparpotenziale brach, da Vermieter zwar zahlen müssten, aber nicht profitieren. Eine Studie zeigt mögliche Auswege aus dem Dilemma.
Der Einzelhandel in Deutschland konnte in den vergangenen 30 Jahren über 50 % seiner CO2-Emissionen reduzieren. Damit leisten die Händlerinnen und Händler einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Zudem konnten sie durch Energieeffizienzmaßnahmen die eigenen Kosten reduzieren. Doch erhebliche Einsparpotenziale im Einzelhandel bleiben nach einer aktuellen Umfrage des Thinktanks Adelphi ungenutzt. Der Grund sei das Mieter-Vermieter Dilemma. Befragt wurden sowohl Vermietende als auch Mietende.

Die größten Energieeinsparungen können dadurch erreicht werden, gesamte Gebäude energetisch zu optimieren und nicht nur einzelne Anlagen. Aber gerade hier täte sich der mietende Einzelhandel schwer, nach Ergebnissen der Umfrage. Da Vermietende nicht direkt von den sinkenden Energiekosten innerhalb der Immobilie profitieren, erscheinen viele Maßnahmen unwirtschaftlich und werden daher nicht umgesetzt.

Vor allem Vermietende befürworteten nach den Umfrage-Ergebnisse Instrumente, insbesondere wenn diese finanzielle Anreize bieten. Angepasste Förderprogramme mit höheren Sätzen und Steuererleichterungen fallen etwa hierunter. Auch einfachere und schnellere Antragsverfahren würden die Hemmschwelle senken. Als ergänzendes Instrument zum Abbau finanzieller Hürden haben die Autorinnen und Autoren zudem das sogenannte "Energiespar-Contracting" (ESC) identifiziert.

Beim Thema Energiespar-Contracting gaben 40 % der Vermietenden an, sich vorstellen zu können, ESC als Finanzierungsmodell zu nutzen. Dieser Teil der Befragten sah die Vorteile in der Sicherheit, die die garantieren Leistungen des Contractors bieten sowie die Entlastungen bei den Aufgaben wie Betriebsführung, Wartung und energetische Optimierung. Der größere Teil (60 %) sprach sich dagegen aus. Die Mehrheit dieser Gruppe gab an, dass das ESC zu kompliziert sei (67 %). Außerdem waren sich 53 % von ihnen unsicher, ob mit ESC wirklich die vertraglich vereinbarten Einsparungen erzielt werden können.

Bei den Einzelhändlern war die Ablehnung noch deutlicher: 93 % der Befragten gaben an, dass sie sich nicht vorstellen können, das Energiespar-Contracting zu nutzen. Auch hier war das Hauptargument, dass ihnen ein solcher Vertrag zu komplex erscheint und sie nicht sofort von den Sparmaßnahmen profitieren würden.

Förderinstrumente müssen unkomplizierter werden

"Grundsätzlich sollten die Instrumente in erster Linie Vermietende adressieren und für Mietparteien mit möglichst wenig Komplexität verbunden sein", erläutert Jasmin Paulus, Managerin bei Adelphi und Co-Autorin der Studie. "Generell wurde deutlich, dass das Interesse an gebäudebezogenen Energieeffizienzmaßnahmen bei Vermietenden größer ist als aufseiten der mietenden Händlerinnen und Händler", so Paulus.

Darüber hinaus kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass verbindliche Mindeststandards für Energieeffizienz in Bestandsgebäuden ein sinnvolles Instrument darstellen, um die breite Masse der Eigentümer zur Umsetzung zu bewegen. "Die Immobilienbranche spricht sich zwar gegen verbindliche Mindeststandards aus. Doch wir haben festgestellt, dass zahlreichen Befragten die Erreichung der Klimaschutzziele im Gebäudebereich nur auf Basis von freiwilligen Instrumenten als sehr unwahrscheinlich erscheint", ergänzt Nadine Nitsche, Consultant bei Adelphi und Co-Autorin der Studie. Dies entspreche auch den geplanten Vorgaben auf EU-Ebene, nach denen ab 2027 Mindeststandards im Bestand der Nichtwohngebäude angestrebt werden.

Auch der CO2-Preis stelle zufolge ein wichtiges rechtliches Instrument zur Verwirklichung von Energieeinsparpotenzialen im Einzelhandel dar. Nach mehrheitlicher Einschätzung der Befragten sollte nämlich die Aufteilung des CO2-Preises zwischen mietender und vermietender Partei idealerweise gestaffelt nach Energieeffizienzklasse des Gebäudes erfolgen. Eine solche Regelung wird für Wohngebäude aktuell durch die Bundesregierung auf den Weg gebracht.

Neben solchen verbindlichen rechtlichen Regelungen empfehlen die Autorinnen und Autoren stärkere Kooperationen zwischen Mieter- und Vermieterseite. "Das wäre etwa im Rahmen von grünen Mietverträgen möglich. Dieses Instrument weist großes Potenzial auf, beide Parteien transparent an der Reduzierung des Energieverbrauchs einer Immobilie und ihrer nachhaltigen Nutzung und Bewirtschaftung zu beteiligen", sagt Paulus. 

Ein grüner Mietvertrag umfasst in der Regel mindestens eine Regelung zu einer umweltschonenden Nutzung und Bewirtschaftung der Immobilie im laufenden Betrieb. Eine durch einen grünen Mietvertrag herbeigeführte Aufteilung der Kosten und Nutzen kann Interessenunterschiede zwischen den Parteien überbrücken und beide Parteien von den vereinbarten Energieeffizienzeinsparungen profitieren lassen.
 
Die Studie "Energieeffizienzmaßnahmen für Mieter/-innen im Einzelhandel" als PDF (zur Vollansicht auf die Grafik klicken)
Quelle: Adelphi

 

Dienstag, 23.08.2022, 10:14 Uhr
Heidi Roider
Energie & Management > Contracting - Energieeffizienz im Einzelhandel braucht mehr Anreize
Quelle: Fotolia / Sergey Nivens
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Energieeffizienz im Einzelhandel braucht mehr Anreize
Im Einzelhandel liegen ungenutzte Einsparpotenziale brach, da Vermieter zwar zahlen müssten, aber nicht profitieren. Eine Studie zeigt mögliche Auswege aus dem Dilemma.
Der Einzelhandel in Deutschland konnte in den vergangenen 30 Jahren über 50 % seiner CO2-Emissionen reduzieren. Damit leisten die Händlerinnen und Händler einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Zudem konnten sie durch Energieeffizienzmaßnahmen die eigenen Kosten reduzieren. Doch erhebliche Einsparpotenziale im Einzelhandel bleiben nach einer aktuellen Umfrage des Thinktanks Adelphi ungenutzt. Der Grund sei das Mieter-Vermieter Dilemma. Befragt wurden sowohl Vermietende als auch Mietende.

Die größten Energieeinsparungen können dadurch erreicht werden, gesamte Gebäude energetisch zu optimieren und nicht nur einzelne Anlagen. Aber gerade hier täte sich der mietende Einzelhandel schwer, nach Ergebnissen der Umfrage. Da Vermietende nicht direkt von den sinkenden Energiekosten innerhalb der Immobilie profitieren, erscheinen viele Maßnahmen unwirtschaftlich und werden daher nicht umgesetzt.

Vor allem Vermietende befürworteten nach den Umfrage-Ergebnisse Instrumente, insbesondere wenn diese finanzielle Anreize bieten. Angepasste Förderprogramme mit höheren Sätzen und Steuererleichterungen fallen etwa hierunter. Auch einfachere und schnellere Antragsverfahren würden die Hemmschwelle senken. Als ergänzendes Instrument zum Abbau finanzieller Hürden haben die Autorinnen und Autoren zudem das sogenannte "Energiespar-Contracting" (ESC) identifiziert.

Beim Thema Energiespar-Contracting gaben 40 % der Vermietenden an, sich vorstellen zu können, ESC als Finanzierungsmodell zu nutzen. Dieser Teil der Befragten sah die Vorteile in der Sicherheit, die die garantieren Leistungen des Contractors bieten sowie die Entlastungen bei den Aufgaben wie Betriebsführung, Wartung und energetische Optimierung. Der größere Teil (60 %) sprach sich dagegen aus. Die Mehrheit dieser Gruppe gab an, dass das ESC zu kompliziert sei (67 %). Außerdem waren sich 53 % von ihnen unsicher, ob mit ESC wirklich die vertraglich vereinbarten Einsparungen erzielt werden können.

Bei den Einzelhändlern war die Ablehnung noch deutlicher: 93 % der Befragten gaben an, dass sie sich nicht vorstellen können, das Energiespar-Contracting zu nutzen. Auch hier war das Hauptargument, dass ihnen ein solcher Vertrag zu komplex erscheint und sie nicht sofort von den Sparmaßnahmen profitieren würden.

Förderinstrumente müssen unkomplizierter werden

"Grundsätzlich sollten die Instrumente in erster Linie Vermietende adressieren und für Mietparteien mit möglichst wenig Komplexität verbunden sein", erläutert Jasmin Paulus, Managerin bei Adelphi und Co-Autorin der Studie. "Generell wurde deutlich, dass das Interesse an gebäudebezogenen Energieeffizienzmaßnahmen bei Vermietenden größer ist als aufseiten der mietenden Händlerinnen und Händler", so Paulus.

Darüber hinaus kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass verbindliche Mindeststandards für Energieeffizienz in Bestandsgebäuden ein sinnvolles Instrument darstellen, um die breite Masse der Eigentümer zur Umsetzung zu bewegen. "Die Immobilienbranche spricht sich zwar gegen verbindliche Mindeststandards aus. Doch wir haben festgestellt, dass zahlreichen Befragten die Erreichung der Klimaschutzziele im Gebäudebereich nur auf Basis von freiwilligen Instrumenten als sehr unwahrscheinlich erscheint", ergänzt Nadine Nitsche, Consultant bei Adelphi und Co-Autorin der Studie. Dies entspreche auch den geplanten Vorgaben auf EU-Ebene, nach denen ab 2027 Mindeststandards im Bestand der Nichtwohngebäude angestrebt werden.

Auch der CO2-Preis stelle zufolge ein wichtiges rechtliches Instrument zur Verwirklichung von Energieeinsparpotenzialen im Einzelhandel dar. Nach mehrheitlicher Einschätzung der Befragten sollte nämlich die Aufteilung des CO2-Preises zwischen mietender und vermietender Partei idealerweise gestaffelt nach Energieeffizienzklasse des Gebäudes erfolgen. Eine solche Regelung wird für Wohngebäude aktuell durch die Bundesregierung auf den Weg gebracht.

Neben solchen verbindlichen rechtlichen Regelungen empfehlen die Autorinnen und Autoren stärkere Kooperationen zwischen Mieter- und Vermieterseite. "Das wäre etwa im Rahmen von grünen Mietverträgen möglich. Dieses Instrument weist großes Potenzial auf, beide Parteien transparent an der Reduzierung des Energieverbrauchs einer Immobilie und ihrer nachhaltigen Nutzung und Bewirtschaftung zu beteiligen", sagt Paulus. 

Ein grüner Mietvertrag umfasst in der Regel mindestens eine Regelung zu einer umweltschonenden Nutzung und Bewirtschaftung der Immobilie im laufenden Betrieb. Eine durch einen grünen Mietvertrag herbeigeführte Aufteilung der Kosten und Nutzen kann Interessenunterschiede zwischen den Parteien überbrücken und beide Parteien von den vereinbarten Energieeffizienzeinsparungen profitieren lassen.
 
Die Studie "Energieeffizienzmaßnahmen für Mieter/-innen im Einzelhandel" als PDF (zur Vollansicht auf die Grafik klicken)
Quelle: Adelphi

 

Dienstag, 23.08.2022, 10:14 Uhr
Heidi Roider

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