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Energie & Management > Klimaschutz - Klima-Expertenrat drängt auf bessere Datenlage
Bild: Shutterstock, Romolo Tavani
Klimaschutz

Klima-Expertenrat drängt auf bessere Datenlage

Am 15. April legte der Expertenrat für Klimafragen gemäß dem Klimaschutzgesetz sein Gutachten zu den Treibhausgas-Emissionen Deutschlands vor. Er unterstützt die Einschätzung des UBA.
Einen Monat, nach dem Bericht des Umweltbundesamtes UBA) gab der Expertenrat für Klimafragen gemäß dem Klimaschutzgesetz seine Einschätzung ab. Danach hat Deutschland seine Treibhausgasminderungsziel von 40 % gegenüber 1990 im Jahr 2020 erreicht. Allerdings unterstreicht das Expertengremium, dass dies nur durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie möglich wurde. So bleibe es dabei, dass Bundesbau- und wirtschaftsministerium nun bis zum 15. Juli 2021 ein Sofortprogramm für den Gebäudesektor auflegen müssten, um die Einhaltung der Treibhausgasemissionen (THG) für die folgenden Jahre sicherzustellen.

Der Vorsitzende des Expertenrats, Prof. Hans-Martin Henning, verwies auf die zahlreichen Unsicherheiten in der Ermittlung der (THG). „Nur ein Teil der für die Vorjahresschätzung herangezogenen Daten beruht auf echten Messungen und auch diese haben teilweise noch vorläufigen Charakter“, sagte er. Da aber laut Klimaschutzgesetz Rechtsfolgen geplant sind, wenn einzelne Wirtschaftssektoren ihre THG nicht wie vorgeschrieben senken, müsse eine genauere Datenlage her.

Messen statt schätzen

„Es wäre zum Beispiel möglich, messtechnische Untersuchungen für Treibhausgase einzurichten“, schlug Henning vor. Man könne auch Daten wie die des Deutschen Wetterdienstes in Rechenmodelle integrieren, um genauere Abschätzungen zu erhalten. Das geschähe bereits in der Schweiz und in Großbritannien, regte Henning an.

Das helfe auch, innersektorale Verschiebungen zu berücksichtigen, wenn zum Beispiel künftig mehr Elektroautos fahren, die Strom statt fossiler Brennstoffe tanken. Dann würden GPS-Daten und Verkehrskameras nicht mehr für Abschätzungen genügen. „Das Klimaschutzgesetz ist ein scharfes Schwert und muss deshalb präzise ausgerichtet werden um zu wirken“, appellierte Henning.

Brigitte Knopf, stellvertretende Vorsitzende des Expertenrats, berichtete von den Berechnungen des Gremiums. Danach hätten die Wissenschaftler die Trends der Vorjahre fortgeschrieben, um die THG-Minderung abseits des Corona-Effekts zu ermitteln. Danach hätte der Gebäudesektor das Ziel laut Klimaschutzgesetz erfüllt, der Verkehrsbereich aber weit überschritten. Zwar würden auch in diesem Jahr noch Pandemie-Effekte wirken, aber spätestens ab 2022 sei mit den normalen Trends zu rechnen und damit einer Überschreitung der THG-Quote vor allem im Verkehrssektor.
 
Vergleich der Emissionsdaten mit der Trendanalyse für 2020
Zum Vergrößern auf die Grafik klicken
Grafik: Klima-Expertenrat

Der Rat hält es auch für sinnvoll, schon jetzt Maßnahmen zu beschließen, um auch das erhöhte EU-Ziel von 55 % THG-Minderung bis 2030 einzuhalten. Allerdings zeigte sich Henning nicht optimistisch, dass dies die aktuelle Bundesregierung noch tun werde, da die Umsetzung der EU erst im Sommer angekündigt werde. „Dann aber ist in Deutschland Wahlkampf“, sagte er. So fürchtet der Expertenrat, dass wertvolle Jahre für Klimaschutzmaßnahmen bis 2030 ungenutzt verstreichen.

Unsicherheiten durch europäische Klimaziele

Variiere man die Annahmen anhand von denkbar erscheinenden Szenarien, könnte sich im Jahr 2030 eine Bandbreite von 62 bis 68 % THG-Gesamtminderung gegenüber 1990 für die deutschen Treibhausgasemissionen ergeben (gegenüber aktuell 55 %). „Die derzeitige Unklarheit über den zukünftigen Emissionspfad erschwert in erheblichem Maße die Planung von Unternehmen und Haushalten“, sagte Knopf.

Insbesondere die Ausweitung des bestehenden Europäischen Emissionshandelssystems (EU-ETS) auf alle Sektoren oder die Einführung eines weiteren Emissionshandelssystems für Verkehr und/oder Gebäude würde ganz neue Voraussetzungen schaffen. Die Anteile zwischen europäischem Emissionshandel und Lastenteilungsverordnung (ESR) seien noch nicht fixiert.

Hintergrund Klimaschutzgesetz

Mit dem Bundes-Klimaschutzgesetz hat Deutschland seine Klimaziele auf sechs verbindliche jährliche Sektorziele für die Absenkung der THG heruntergebrochen. Überschreiten die Emissionsdaten den zulässigen Wert in einem Sektor, so legt das zuständige Ministerium innerhalb von drei Monaten nach der Bewertung durch den Expertenrat für Klimafragen ein Sofortprogramm für den jeweiligen Sektor vor, das die Einhaltung der Ziele für die folgenden Jahre sicherstellen soll.

Der Klima-Expertenrat, bestehend aus fünf sachverständigen Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen, wurde zum 1. September 2020 für fünf Jahre berufen. Seine Mitglieder sind Prof. Dr. Marc Oliver Bettzüge, Köln; Prof. Dr. Thomas Heimer, Wiesbaden; Prof. Dr. Hans-Martin Henning, Freiburg; Dr. Brigitte Knopf, Berlin; Dr. Barbara Schlomann Karslruhe.

Der Bericht des Klima-Expertenrats steht auf der Website als PDF zum Download bereit.

Donnerstag, 15.04.2021, 15:35 Uhr
Susanne Harmsen
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Bild: Shutterstock, Romolo Tavani
Klimaschutz
Klima-Expertenrat drängt auf bessere Datenlage
Am 15. April legte der Expertenrat für Klimafragen gemäß dem Klimaschutzgesetz sein Gutachten zu den Treibhausgas-Emissionen Deutschlands vor. Er unterstützt die Einschätzung des UBA.
Einen Monat, nach dem Bericht des Umweltbundesamtes UBA) gab der Expertenrat für Klimafragen gemäß dem Klimaschutzgesetz seine Einschätzung ab. Danach hat Deutschland seine Treibhausgasminderungsziel von 40 % gegenüber 1990 im Jahr 2020 erreicht. Allerdings unterstreicht das Expertengremium, dass dies nur durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie möglich wurde. So bleibe es dabei, dass Bundesbau- und wirtschaftsministerium nun bis zum 15. Juli 2021 ein Sofortprogramm für den Gebäudesektor auflegen müssten, um die Einhaltung der Treibhausgasemissionen (THG) für die folgenden Jahre sicherzustellen.

Der Vorsitzende des Expertenrats, Prof. Hans-Martin Henning, verwies auf die zahlreichen Unsicherheiten in der Ermittlung der (THG). „Nur ein Teil der für die Vorjahresschätzung herangezogenen Daten beruht auf echten Messungen und auch diese haben teilweise noch vorläufigen Charakter“, sagte er. Da aber laut Klimaschutzgesetz Rechtsfolgen geplant sind, wenn einzelne Wirtschaftssektoren ihre THG nicht wie vorgeschrieben senken, müsse eine genauere Datenlage her.

Messen statt schätzen

„Es wäre zum Beispiel möglich, messtechnische Untersuchungen für Treibhausgase einzurichten“, schlug Henning vor. Man könne auch Daten wie die des Deutschen Wetterdienstes in Rechenmodelle integrieren, um genauere Abschätzungen zu erhalten. Das geschähe bereits in der Schweiz und in Großbritannien, regte Henning an.

Das helfe auch, innersektorale Verschiebungen zu berücksichtigen, wenn zum Beispiel künftig mehr Elektroautos fahren, die Strom statt fossiler Brennstoffe tanken. Dann würden GPS-Daten und Verkehrskameras nicht mehr für Abschätzungen genügen. „Das Klimaschutzgesetz ist ein scharfes Schwert und muss deshalb präzise ausgerichtet werden um zu wirken“, appellierte Henning.

Brigitte Knopf, stellvertretende Vorsitzende des Expertenrats, berichtete von den Berechnungen des Gremiums. Danach hätten die Wissenschaftler die Trends der Vorjahre fortgeschrieben, um die THG-Minderung abseits des Corona-Effekts zu ermitteln. Danach hätte der Gebäudesektor das Ziel laut Klimaschutzgesetz erfüllt, der Verkehrsbereich aber weit überschritten. Zwar würden auch in diesem Jahr noch Pandemie-Effekte wirken, aber spätestens ab 2022 sei mit den normalen Trends zu rechnen und damit einer Überschreitung der THG-Quote vor allem im Verkehrssektor.
 
Vergleich der Emissionsdaten mit der Trendanalyse für 2020
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Grafik: Klima-Expertenrat

Der Rat hält es auch für sinnvoll, schon jetzt Maßnahmen zu beschließen, um auch das erhöhte EU-Ziel von 55 % THG-Minderung bis 2030 einzuhalten. Allerdings zeigte sich Henning nicht optimistisch, dass dies die aktuelle Bundesregierung noch tun werde, da die Umsetzung der EU erst im Sommer angekündigt werde. „Dann aber ist in Deutschland Wahlkampf“, sagte er. So fürchtet der Expertenrat, dass wertvolle Jahre für Klimaschutzmaßnahmen bis 2030 ungenutzt verstreichen.

Unsicherheiten durch europäische Klimaziele

Variiere man die Annahmen anhand von denkbar erscheinenden Szenarien, könnte sich im Jahr 2030 eine Bandbreite von 62 bis 68 % THG-Gesamtminderung gegenüber 1990 für die deutschen Treibhausgasemissionen ergeben (gegenüber aktuell 55 %). „Die derzeitige Unklarheit über den zukünftigen Emissionspfad erschwert in erheblichem Maße die Planung von Unternehmen und Haushalten“, sagte Knopf.

Insbesondere die Ausweitung des bestehenden Europäischen Emissionshandelssystems (EU-ETS) auf alle Sektoren oder die Einführung eines weiteren Emissionshandelssystems für Verkehr und/oder Gebäude würde ganz neue Voraussetzungen schaffen. Die Anteile zwischen europäischem Emissionshandel und Lastenteilungsverordnung (ESR) seien noch nicht fixiert.

Hintergrund Klimaschutzgesetz

Mit dem Bundes-Klimaschutzgesetz hat Deutschland seine Klimaziele auf sechs verbindliche jährliche Sektorziele für die Absenkung der THG heruntergebrochen. Überschreiten die Emissionsdaten den zulässigen Wert in einem Sektor, so legt das zuständige Ministerium innerhalb von drei Monaten nach der Bewertung durch den Expertenrat für Klimafragen ein Sofortprogramm für den jeweiligen Sektor vor, das die Einhaltung der Ziele für die folgenden Jahre sicherstellen soll.

Der Klima-Expertenrat, bestehend aus fünf sachverständigen Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen, wurde zum 1. September 2020 für fünf Jahre berufen. Seine Mitglieder sind Prof. Dr. Marc Oliver Bettzüge, Köln; Prof. Dr. Thomas Heimer, Wiesbaden; Prof. Dr. Hans-Martin Henning, Freiburg; Dr. Brigitte Knopf, Berlin; Dr. Barbara Schlomann Karslruhe.

Der Bericht des Klima-Expertenrats steht auf der Website als PDF zum Download bereit.

Donnerstag, 15.04.2021, 15:35 Uhr
Susanne Harmsen

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