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Energie & Management > Studien - Anwohner sollten bundesweit an Energiewende beteiligt werden
Quelle: Shutterstock
Studien

Anwohner sollten bundesweit an Energiewende beteiligt werden

Das Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) empfiehlt nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, standortnahe Gemeinden mehr an Energiewendeprojekten zu beteiligen.
Laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist die verpflichtende Beteiligung von Kommunen an Erneuerbare-Energien-Anlagen in Mecklenburg-Vorpommern verfassungsgemäß. Diesem Beispiel sollten auch andere Bundesländer und der Bund folgen, empfiehlt das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). Feste Beteiligungsregelungen würden die Akzeptanz erhöhen und damit die Energiewende beschleunigen, was seit dem Ukrainekrieg noch dringender sei, so das IÖW.

Das Land Mecklenburg-Vorpommern darf laut Urteil Betreiber von Windenergieanlagen dazu verpflichten, Bürgerinnen und Bürger im Umkreis von fünf Kilometern eine Eigentumsbeteiligung oder alternativ Sparprodukte anzubieten und der Standortgemeinde eine Abgabe zu zahlen. Das Gerichtsurteil bestätigt, dass die Eigentumsbeteiligung geeignet ist, die Akzeptanz zu stärken.

Hintergrund des Urteils

Im Jahr 2021 hatte die Bundesregierung eine Beteiligungsregelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz geschaffen, wobei diese, anders als die Regelung in Mecklenburg-Vorpommern, lediglich eine freiwillige Zahlung der Anlagenbetreiber an die Kommunen ermöglicht. In einer Studie im Auftrag des Wirtschaftsministeriums hatte das IÖW gemeinsam mit dem Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM) und der Kanzlei Becker Büttner Held (BBH) entsprechende Vorschläge für die finanzielle Beteiligung von betroffenen Kommunen bei Planung, Bau und Betrieb von erneuerbaren Energieanlagen vorgelegt.

„Die Bundesregelung ist zwar ein wichtiger Schritt hin zu mehr Beteiligung, aber unsere Empfehlungen zur Beteiligung von Kommunen und Bürger(inne)n gehen noch deutlich weiter“, sagte IÖW-Wissenschaftler Steven Salecki. „Auch das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichts weist in diese Richtung: Es sieht eine Eigentumsbeteiligung als geeignet und zumutbar an, um die Bevölkerung in den umfangreichen technischen und gesellschaftlichen Transformationsprozess der Energiewende einzubinden und die Klimaneutralitätsziele zu erreichen“, argumentierte er.

Weitere Energiewende muss beteiligungsorientiert erfolgen

Energiewendeexperte Bernd Hirschl vom IÖW schlägt vor: „Dazu sollte ein verpflichtendes Angebot zur Eigentumsbeteiligung auch auf die anderen Bundesländer oder gar auf die Bundesebene ausgedehnt werden.“ Daneben sollten die rechtlichen Rahmenbedingungen für Energy Sharing in Erneuerbare-Energien-Gemeinschaften geschaffen werden, was laut EU-Recht längst vorgesehen ist. „Damit ließe sich die breite Teilhabe und finanzielle Beteiligung nahezu aller Bürger ermöglichen“, hofft Hirschl.

Vorläufige Forschungsergebnisse einer empirischen Untersuchung des Zusammenhangs von regionaler Wertschöpfung, Beteiligungsmodellen und Akzeptanz in der Energiewende im Forschungsprojekt ReWA weisen darauf hin, dass eine alleinige finanzielle Teilhabe nicht per se akzeptanzförderlich ist. Die Studie entstand als Kooperation von IÖW mit dem Institut für Zukunfts-, Energie- und Stoffstromsysteme (IZES) und der Agentur für erneuerbare Energien (AEE).

„Wichtig ist, dass die Gesamtstrategie der Energiewende von der Bevölkerung getragen wird, einzelne Regelungen müssen ineinandergreifen und Kosten und Nutzen gerecht verteilt werden“, sagt Salecki. Dafür müssten auch Kommunen als zentrale Akteure aktiviert und befähigt werden, die Planungsprozesse anzugehen, zu unterstützen und im besten Falle auch selbst Anlagen zu errichten und/oder zu betreiben, damit möglichst viel des ökonomischen Nutzens der heimischen Wertschöpfung bei den Standortkommunen verbleibt, so das Fazit der ReWA-Studie.

Weitergehende Beteiligung gehemmt

Bislang gibt es vor Ort allerdings Hemmnisse wie mangelnde fachliche Kapazitäten oder fehlende finanzielle Ressourcen. Hier sind der Gesetzgeber und die Bundesregierung gefragt, so die Forschenden. Einen ersten Beitrag könnte eine verpflichtende finanzielle (Mindest-)Beteiligung von Kommunen leisten. Auch Finanzierungshilfen wie Bürgschaften oder Vorkaufsrechte für risikoärmere bereits bestehende Erneuerbare-Energien-Projekte bieten vielversprechende Ansätze, die zudem schnell umsetzbar wären.

„Zu einer Gesamtstrategie gehört auch, Energieerzeugung und -verbrauch regional effizient zusammenzuführen“, sagt Hirschl. Die technische und wirtschaftliche Effizienz einer Regionalisierung der Energieversorgung biete idealerweise geeignete Anknüpfungspunkte für Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften, regionale Stromangebote etwa von grünen kommunalen Stadtwerken oder für virtuelle Kraftwerke als effizientes Ausgestaltungskriterium im Netzbetrieb, schloss Hirschl.

Die ReWA-Studie zur Beteiligung an Energiewendeprojekten steht im Internet bereit.

Mittwoch, 18.05.2022, 12:57 Uhr
Susanne Harmsen
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Anwohner sollten bundesweit an Energiewende beteiligt werden
Das Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) empfiehlt nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, standortnahe Gemeinden mehr an Energiewendeprojekten zu beteiligen.
Laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist die verpflichtende Beteiligung von Kommunen an Erneuerbare-Energien-Anlagen in Mecklenburg-Vorpommern verfassungsgemäß. Diesem Beispiel sollten auch andere Bundesländer und der Bund folgen, empfiehlt das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). Feste Beteiligungsregelungen würden die Akzeptanz erhöhen und damit die Energiewende beschleunigen, was seit dem Ukrainekrieg noch dringender sei, so das IÖW.

Das Land Mecklenburg-Vorpommern darf laut Urteil Betreiber von Windenergieanlagen dazu verpflichten, Bürgerinnen und Bürger im Umkreis von fünf Kilometern eine Eigentumsbeteiligung oder alternativ Sparprodukte anzubieten und der Standortgemeinde eine Abgabe zu zahlen. Das Gerichtsurteil bestätigt, dass die Eigentumsbeteiligung geeignet ist, die Akzeptanz zu stärken.

Hintergrund des Urteils

Im Jahr 2021 hatte die Bundesregierung eine Beteiligungsregelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz geschaffen, wobei diese, anders als die Regelung in Mecklenburg-Vorpommern, lediglich eine freiwillige Zahlung der Anlagenbetreiber an die Kommunen ermöglicht. In einer Studie im Auftrag des Wirtschaftsministeriums hatte das IÖW gemeinsam mit dem Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM) und der Kanzlei Becker Büttner Held (BBH) entsprechende Vorschläge für die finanzielle Beteiligung von betroffenen Kommunen bei Planung, Bau und Betrieb von erneuerbaren Energieanlagen vorgelegt.

„Die Bundesregelung ist zwar ein wichtiger Schritt hin zu mehr Beteiligung, aber unsere Empfehlungen zur Beteiligung von Kommunen und Bürger(inne)n gehen noch deutlich weiter“, sagte IÖW-Wissenschaftler Steven Salecki. „Auch das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichts weist in diese Richtung: Es sieht eine Eigentumsbeteiligung als geeignet und zumutbar an, um die Bevölkerung in den umfangreichen technischen und gesellschaftlichen Transformationsprozess der Energiewende einzubinden und die Klimaneutralitätsziele zu erreichen“, argumentierte er.

Weitere Energiewende muss beteiligungsorientiert erfolgen

Energiewendeexperte Bernd Hirschl vom IÖW schlägt vor: „Dazu sollte ein verpflichtendes Angebot zur Eigentumsbeteiligung auch auf die anderen Bundesländer oder gar auf die Bundesebene ausgedehnt werden.“ Daneben sollten die rechtlichen Rahmenbedingungen für Energy Sharing in Erneuerbare-Energien-Gemeinschaften geschaffen werden, was laut EU-Recht längst vorgesehen ist. „Damit ließe sich die breite Teilhabe und finanzielle Beteiligung nahezu aller Bürger ermöglichen“, hofft Hirschl.

Vorläufige Forschungsergebnisse einer empirischen Untersuchung des Zusammenhangs von regionaler Wertschöpfung, Beteiligungsmodellen und Akzeptanz in der Energiewende im Forschungsprojekt ReWA weisen darauf hin, dass eine alleinige finanzielle Teilhabe nicht per se akzeptanzförderlich ist. Die Studie entstand als Kooperation von IÖW mit dem Institut für Zukunfts-, Energie- und Stoffstromsysteme (IZES) und der Agentur für erneuerbare Energien (AEE).

„Wichtig ist, dass die Gesamtstrategie der Energiewende von der Bevölkerung getragen wird, einzelne Regelungen müssen ineinandergreifen und Kosten und Nutzen gerecht verteilt werden“, sagt Salecki. Dafür müssten auch Kommunen als zentrale Akteure aktiviert und befähigt werden, die Planungsprozesse anzugehen, zu unterstützen und im besten Falle auch selbst Anlagen zu errichten und/oder zu betreiben, damit möglichst viel des ökonomischen Nutzens der heimischen Wertschöpfung bei den Standortkommunen verbleibt, so das Fazit der ReWA-Studie.

Weitergehende Beteiligung gehemmt

Bislang gibt es vor Ort allerdings Hemmnisse wie mangelnde fachliche Kapazitäten oder fehlende finanzielle Ressourcen. Hier sind der Gesetzgeber und die Bundesregierung gefragt, so die Forschenden. Einen ersten Beitrag könnte eine verpflichtende finanzielle (Mindest-)Beteiligung von Kommunen leisten. Auch Finanzierungshilfen wie Bürgschaften oder Vorkaufsrechte für risikoärmere bereits bestehende Erneuerbare-Energien-Projekte bieten vielversprechende Ansätze, die zudem schnell umsetzbar wären.

„Zu einer Gesamtstrategie gehört auch, Energieerzeugung und -verbrauch regional effizient zusammenzuführen“, sagt Hirschl. Die technische und wirtschaftliche Effizienz einer Regionalisierung der Energieversorgung biete idealerweise geeignete Anknüpfungspunkte für Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften, regionale Stromangebote etwa von grünen kommunalen Stadtwerken oder für virtuelle Kraftwerke als effizientes Ausgestaltungskriterium im Netzbetrieb, schloss Hirschl.

Die ReWA-Studie zur Beteiligung an Energiewendeprojekten steht im Internet bereit.

Mittwoch, 18.05.2022, 12:57 Uhr
Susanne Harmsen

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