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Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung

"Wir erwarten bei Biogas einen deutlichen Nachholeffekt"

Wie ist es um die Direktvermarktung von Biogasanlagen bestellt? Das wollte E&M von Kurt Kretschmer wissen. Er leitet bei Energy2Market (E2M) die Energiepolitik.
E&M: Herr Kretschmer, Ihr Unternehmen ist auch im vergangenen Jahr größter Direktvermarkter im Biogassektor gewesen. Der Zuwachs fiel allerdings moderat aus. Sehen Sie noch Potenzial für weiteres Wachstum in diesem Bereich?

Kretschmer: Potenzial sehen wir noch jede Menge. Anscheinend sind aber für viele Anlagenbesitzer und -investoren die derzeitigen Ausschreibungen zu unattraktiv, um in neue Biogasanlagen zu investieren. Das Wachstum findet vornehmlich in der Ãœberbauung, sprich der Flexibilisierung von bestehenden Anlagen statt − ein Segment, in dem wir uns mit unseren Angeboten wirklich gut aufgestellt sehen. Die Energiekrise der vergangenen Monate hat nicht nur die wirtschaftlichen Vorteile von flexibilisierten Anlagen in Zeiten volatiler Märkte gezeigt, sondern auch deren Beitrag zur Versorgungssicherheit unterstrichen.

E&M: Nach den vorliegenden Statistiken sind von den bundesweit gut 9.500 Biogasanlagen etwa 3.500 flexibilisiert. Wie viele von diesen Bestandsanlagen können nach Ihren Einschätzungen zusätzlich flexibilisiert werden?

Kretschmer: Genaue Zahlen kann ich nicht nennen. Klar ist aber, dass das Potenzial noch lang nicht ausgeschöpft ist. Leider hat die Diskussion in den zurückliegenden Monaten um die Erlösabschöpfung die Bereitschaft der Anlagenbesitzer geschmälert, in die notwendige technische Umrüstung zu investieren. Für viele Betreiber war die Unsicherheit einfach zu groß, Geld für die Umrüstung in die Hand zu nehmen.
 
(Dieses Foto/BU bitte als Zur-Person-Kasten gestalten:) Kurt Kretschmer, Jahrgang 1985, ist seit mehr als sechs Jahren für den Direktvermarkter Energy2Markets tätig. Er ist dort Leiter Energiepolitik
Quelle: E2M

E&M: Sprich, E2M wünscht sich mehr politische Unterstützung, um mehr flexible Biogasanlagen in die Direktvermarktung zu nehmen?

Kretschmer: Unter den wochenlang geplanten regulatorischen Bedingungen hatten nicht nur wir, sondern auch unsere Wettbewerber zu leiden. Trotz guter Preise hat es in den zurückliegenden Monaten eine erkennbare Lücke zwischen der guten Nachfrage nach unseren Optimierungsprodukten und der schleppenden technischen Umrüstung von Anlagen gegeben. In unserem Portfolio sind mittlerweile 42 Prozent aller Biogasanlagen flexibilisiert. Dieser Anteil könnte gerne noch deutlich steigen. Denn unter technischen Gesichtspunkten können weitaus mehr Biogasanlagen flexibel gefahren werden als die bereits erwähnten 3.500 Einheiten. Da die schleppende technische Umrüstung aber maßgeblich auf Stornierung von Aufträgen vor dem Hintergrund der Debatte um die Erlösabschöpfung zurückzuführen ist, erwarten wir für 2023 einen deutlichen Nachholeffekt.

E&M: Im vergangenen Herbst haben die drei grün geführten Ministerien für Wirtschaft, Landwirtschaft und Umwelt gemeinsame Eckpunkte für die lang erwartete Nationale Biomassestrategie vorgelegt. Helfen Ihnen diese Überlegungen, künftig mehr Kunden für die Flexibilisierung und die Direktvermarktung von Biogasanlagen zu gewinnen?

Kretschmer: Das Eckpunktepapier ist in vielen Passagen noch sehr vage. Dennoch ist die Grundhaltung erkennbar, dass die drei Bundesministerien bei der Biomasse einen weitaus größeren Fokus auf die stoffliche denn auf die energetische Nutzung legen. Wie kritisch beispielsweise das Bundeswirtschaftsministerium gegenüber der Biogasnutzung eingestellt ist, hat meines Erachtens die zurückliegende Debatte um die Erlösabschöpfung gezeigt.

Für mich kommt es deshalb darauf an, dass der Energieträger Biogas bei den Debatten um die Biomassestrategie in diesem Jahr seinen Platz findet, sprich, die Branche muss gegenüber der Politik offensiver auftreten. Dass das möglich ist, haben die wochenlangen Diskussionen um die Erlösabschöpfung gezeigt. In einem gemeinsamen Kraftakt haben Betreiber, Biogasbranche und Verbände es geschafft, das Schlimmste zu verhindern. Mit der gleichen Power kann ich mir gut vorstellen, dass es in der finalen Version der Biomassestrategie eine durchaus positive Bewertung für eine vermehrte energetische Biomassenutzung geben kann.

E&M: Was stimmt Sie da optimistisch?

Kretschmer: Gerade die Energiekrise und die Angst vor einer Gasmangellage in den zurückliegenden Wochen haben geholfen, das Image von Biogas für die Strom-, aber vor allem für die Wärmenutzung zu verbessern. Darauf muss die Branche in diesem Jahr aufbauen. Dazu zählt meines Erachtens eine stärkere Förderung von Biogasanlagen hin auf eine flexible Fahrweise.

E&M: Zurück ins Hier und Heute: Hat E2M in den zurückliegenden Wochen im Biogassektor auch mit deutlich gestiegenen Vermarktungskosten zu kämpfen gehabt?

Kretschmer: Vor allem die Kosten für die Ausgleichsenergie sind für alle regenerativen Energien in der Tat rapide gestiegen, was durch die allgemeine Entwicklung bei den Strompreisen bedingt ist. Bei Biogasanlagen als steuerbares Asset schlagen diese Preissteigerungen nur ins Kontor, wenn die tatsächliche Erzeugung zu sehr von der Prognose abweicht. Im Vorteil sind hier natürlich professionell geführte Flex-Anlagen gewesen: Bei diesen Biokraftwerken wird ja stets versucht, die Erzeugung möglichst genau an die Prognose anzupassen. Gelingt das, halten sich auch die Kosten für die Ausgleichsenergie in Grenzen.

E&M: Im E2M-Portfolio gehen die Anteile von Wind und Solar zurück, Wachstum verzeichnen dagegen Biogas und seit geraumer Zeit auch Batteriespeicher. Soll sich diese Entwicklung insbesondere bei den Batteriespeichern fortsetzen?

Kretschmer: Auf jeden Fall. Unter anderem konnten wir bei den zurückliegenden Innovationsausschreibungen Betreiber einer Kombination aus Solaranlage und Batteriespeicher mit einer intelligenten Gesamtlösung aus Langfrist- und Flexibilitätsvermarktung von uns überzeugen, gerade was die Speicher betrifft.

E&M: Ihr Unternehmen hat im vergangenen Jahr durch ein besonderes Projekt aufhorchen lassen: E2M vermarktet den Strom aus dem Oersted-Offshore-Windpark Borkum Riffgrund 1 als Regelenergie. Welche Erfahrungen haben Sie bislang gemacht?

Kretschmer: Solche Assets zu vermarkten, ist für uns ein weiteres Wachstumsfeld. Ãœber dieses Pilotprojekt hinaus wollen wir möglichst viele Offshore-Windparks in die Regelenergievermarktung bringen. In den ersten Wochen hat es durchaus einige Kinderkrankheiten gegeben. Aber mittlerweile wissen Oersted und wir ganz genau, wann es Flexibilitätsfenster für die Regelenergielieferung gibt. Neben Oersted gibt es − so viel kann ich verraten − Gespräche mit weiteren Betreibern von Offshore-Windparks und Ãœbertragungsnetzbetreibern für Regelenergielieferungen von See.

Freitag, 10.02.2023, 09:02 Uhr
Ralf Köpke
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Quelle: E&M
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"Wir erwarten bei Biogas einen deutlichen Nachholeffekt"
Wie ist es um die Direktvermarktung von Biogasanlagen bestellt? Das wollte E&M von Kurt Kretschmer wissen. Er leitet bei Energy2Market (E2M) die Energiepolitik.
E&M: Herr Kretschmer, Ihr Unternehmen ist auch im vergangenen Jahr größter Direktvermarkter im Biogassektor gewesen. Der Zuwachs fiel allerdings moderat aus. Sehen Sie noch Potenzial für weiteres Wachstum in diesem Bereich?

Kretschmer: Potenzial sehen wir noch jede Menge. Anscheinend sind aber für viele Anlagenbesitzer und -investoren die derzeitigen Ausschreibungen zu unattraktiv, um in neue Biogasanlagen zu investieren. Das Wachstum findet vornehmlich in der Ãœberbauung, sprich der Flexibilisierung von bestehenden Anlagen statt − ein Segment, in dem wir uns mit unseren Angeboten wirklich gut aufgestellt sehen. Die Energiekrise der vergangenen Monate hat nicht nur die wirtschaftlichen Vorteile von flexibilisierten Anlagen in Zeiten volatiler Märkte gezeigt, sondern auch deren Beitrag zur Versorgungssicherheit unterstrichen.

E&M: Nach den vorliegenden Statistiken sind von den bundesweit gut 9.500 Biogasanlagen etwa 3.500 flexibilisiert. Wie viele von diesen Bestandsanlagen können nach Ihren Einschätzungen zusätzlich flexibilisiert werden?

Kretschmer: Genaue Zahlen kann ich nicht nennen. Klar ist aber, dass das Potenzial noch lang nicht ausgeschöpft ist. Leider hat die Diskussion in den zurückliegenden Monaten um die Erlösabschöpfung die Bereitschaft der Anlagenbesitzer geschmälert, in die notwendige technische Umrüstung zu investieren. Für viele Betreiber war die Unsicherheit einfach zu groß, Geld für die Umrüstung in die Hand zu nehmen.
 
(Dieses Foto/BU bitte als Zur-Person-Kasten gestalten:) Kurt Kretschmer, Jahrgang 1985, ist seit mehr als sechs Jahren für den Direktvermarkter Energy2Markets tätig. Er ist dort Leiter Energiepolitik
Quelle: E2M

E&M: Sprich, E2M wünscht sich mehr politische Unterstützung, um mehr flexible Biogasanlagen in die Direktvermarktung zu nehmen?

Kretschmer: Unter den wochenlang geplanten regulatorischen Bedingungen hatten nicht nur wir, sondern auch unsere Wettbewerber zu leiden. Trotz guter Preise hat es in den zurückliegenden Monaten eine erkennbare Lücke zwischen der guten Nachfrage nach unseren Optimierungsprodukten und der schleppenden technischen Umrüstung von Anlagen gegeben. In unserem Portfolio sind mittlerweile 42 Prozent aller Biogasanlagen flexibilisiert. Dieser Anteil könnte gerne noch deutlich steigen. Denn unter technischen Gesichtspunkten können weitaus mehr Biogasanlagen flexibel gefahren werden als die bereits erwähnten 3.500 Einheiten. Da die schleppende technische Umrüstung aber maßgeblich auf Stornierung von Aufträgen vor dem Hintergrund der Debatte um die Erlösabschöpfung zurückzuführen ist, erwarten wir für 2023 einen deutlichen Nachholeffekt.

E&M: Im vergangenen Herbst haben die drei grün geführten Ministerien für Wirtschaft, Landwirtschaft und Umwelt gemeinsame Eckpunkte für die lang erwartete Nationale Biomassestrategie vorgelegt. Helfen Ihnen diese Überlegungen, künftig mehr Kunden für die Flexibilisierung und die Direktvermarktung von Biogasanlagen zu gewinnen?

Kretschmer: Das Eckpunktepapier ist in vielen Passagen noch sehr vage. Dennoch ist die Grundhaltung erkennbar, dass die drei Bundesministerien bei der Biomasse einen weitaus größeren Fokus auf die stoffliche denn auf die energetische Nutzung legen. Wie kritisch beispielsweise das Bundeswirtschaftsministerium gegenüber der Biogasnutzung eingestellt ist, hat meines Erachtens die zurückliegende Debatte um die Erlösabschöpfung gezeigt.

Für mich kommt es deshalb darauf an, dass der Energieträger Biogas bei den Debatten um die Biomassestrategie in diesem Jahr seinen Platz findet, sprich, die Branche muss gegenüber der Politik offensiver auftreten. Dass das möglich ist, haben die wochenlangen Diskussionen um die Erlösabschöpfung gezeigt. In einem gemeinsamen Kraftakt haben Betreiber, Biogasbranche und Verbände es geschafft, das Schlimmste zu verhindern. Mit der gleichen Power kann ich mir gut vorstellen, dass es in der finalen Version der Biomassestrategie eine durchaus positive Bewertung für eine vermehrte energetische Biomassenutzung geben kann.

E&M: Was stimmt Sie da optimistisch?

Kretschmer: Gerade die Energiekrise und die Angst vor einer Gasmangellage in den zurückliegenden Wochen haben geholfen, das Image von Biogas für die Strom-, aber vor allem für die Wärmenutzung zu verbessern. Darauf muss die Branche in diesem Jahr aufbauen. Dazu zählt meines Erachtens eine stärkere Förderung von Biogasanlagen hin auf eine flexible Fahrweise.

E&M: Zurück ins Hier und Heute: Hat E2M in den zurückliegenden Wochen im Biogassektor auch mit deutlich gestiegenen Vermarktungskosten zu kämpfen gehabt?

Kretschmer: Vor allem die Kosten für die Ausgleichsenergie sind für alle regenerativen Energien in der Tat rapide gestiegen, was durch die allgemeine Entwicklung bei den Strompreisen bedingt ist. Bei Biogasanlagen als steuerbares Asset schlagen diese Preissteigerungen nur ins Kontor, wenn die tatsächliche Erzeugung zu sehr von der Prognose abweicht. Im Vorteil sind hier natürlich professionell geführte Flex-Anlagen gewesen: Bei diesen Biokraftwerken wird ja stets versucht, die Erzeugung möglichst genau an die Prognose anzupassen. Gelingt das, halten sich auch die Kosten für die Ausgleichsenergie in Grenzen.

E&M: Im E2M-Portfolio gehen die Anteile von Wind und Solar zurück, Wachstum verzeichnen dagegen Biogas und seit geraumer Zeit auch Batteriespeicher. Soll sich diese Entwicklung insbesondere bei den Batteriespeichern fortsetzen?

Kretschmer: Auf jeden Fall. Unter anderem konnten wir bei den zurückliegenden Innovationsausschreibungen Betreiber einer Kombination aus Solaranlage und Batteriespeicher mit einer intelligenten Gesamtlösung aus Langfrist- und Flexibilitätsvermarktung von uns überzeugen, gerade was die Speicher betrifft.

E&M: Ihr Unternehmen hat im vergangenen Jahr durch ein besonderes Projekt aufhorchen lassen: E2M vermarktet den Strom aus dem Oersted-Offshore-Windpark Borkum Riffgrund 1 als Regelenergie. Welche Erfahrungen haben Sie bislang gemacht?

Kretschmer: Solche Assets zu vermarkten, ist für uns ein weiteres Wachstumsfeld. Ãœber dieses Pilotprojekt hinaus wollen wir möglichst viele Offshore-Windparks in die Regelenergievermarktung bringen. In den ersten Wochen hat es durchaus einige Kinderkrankheiten gegeben. Aber mittlerweile wissen Oersted und wir ganz genau, wann es Flexibilitätsfenster für die Regelenergielieferung gibt. Neben Oersted gibt es − so viel kann ich verraten − Gespräche mit weiteren Betreibern von Offshore-Windparks und Ãœbertragungsnetzbetreibern für Regelenergielieferungen von See.

Freitag, 10.02.2023, 09:02 Uhr
Ralf Köpke

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