In der Rubrik "Sagen Sie mal" stellen wir ein paar kurze Fragen und bitten um kurze Antworten zu einem aktuellen Thema.
Herr Zeis, mit Ihrem kommunalen Unternehmen sind Sie Preisträger des renommierten Contracting Awards 2022. Sie setzen sich stark für KWK und die nachhaltige Nutzung von Bioenergie ein. Warum sind diese Pfeiler so wichtig für das Gelingen der Energiewende? Ein Blick auf die Fakten der bundesdeutschen Wärmeversorgung macht eines deutlich: Der Anteil erneuerbarer Energien im Wärmesektor betrug relativ konstant über die vergangenen zehn Jahre etwa 15
Prozent. Hieran hat Bioenergie wiederum einen Anteil von fast 90
Prozent. Schon deswegen können wir auf die Nutzung der Bioenergie mit Blick auf ihren Klimaschutzbeitrag nicht verzichten.
Darüber hinaus gibt es enorme Potenziale insbesondere im Bereich biogener Abfälle, aber auch bei nachwachsenden Rohstoffen jenseits der Fokussierung auf den kritischen Maisanbau. Hier kommt auch die KWK als effizienteste Technologie der Energieerzeugung von Strom und Wärme ins Spiel. Gerade die dezentrale KWK in Quartieren und großen Bestandsgebäuden sorgt für Netzstabilität auf der Verteilnetzebene, an die immer mehr Wärmepumpen und Ladepunkte für die E-Mobilität angeschlossen werden.
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Christoph Zeis ist Geschäftsführer der Energiedienstleistungsgesellschaft (EGD) Rheinhessen-Nahe mbH Quelle: FOTO-SEIDL |
Verschiedene Bundesministerien haben kürzlich Eckpunkte für die im Koalitionsvertrag der Ampel angekündigte Biomassestrategie vorgelegt. Wie bewerten Sie diese Strategie? Natürlich ist der Basisansatz richtig, dass energetische Biomassenutzung nachhaltig zu erfolgen hat, und zwar im Sinne des Nachhaltigkeitsgrundsatzes der Forstwirtschaft. Auch die Forderung, dass eine stoffliche Nutzung der energetischen vorgehen muss, findet die Unterstützung der Branche. Der im September durch das Europäische Parlament gefasste Beschluss allerdings, ab 2030 keine primäre Biomasse mehr energetisch zu nutzen, ist falsch.
Eine nachhaltige, forstwirtschaftliche Nutzung des Waldes etwa hat immer die stoffliche Verwertung im Vordergrund. Aber der Anteil eines gefällten Baumes, der nicht stofflich genutzt werden kann, muss der Energieerzeugung zugeführt werden, denn dieses Waldrestholz verdrängt dann fossile Brennstoffe wie Heizöl und Erdgas und kann so den nötigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Wenn das Waldrestholz vor Ort verbleibt und natürlich verrottet, ist die CO2-Bilanz am Ende null. Und gerade bezüglich der geforderten Kaskaden- und Mehrfachnutzung der Biomasse möchte ich feststellen, dass wir etwa mit Blick auf den bundesdeutschen Bioabfall die enormen Potenziale heben und zunächst eine energetische Verwertung zur Biogasgewinnung vornehmen müssen, um anschließend den Stoffkreislauf zur Kompostierung zu schließen. Dieses Biogas kann über die Biomethanaufbereitung der KWK zugeführt werden, die dann auf dezentraler Ebene ihre Strommarktdienlichkeit entfaltet.
Welche Vorschläge unterbreiten Sie als Vorsitzender des Landesverbands Erneuerbare Energie Rheinland-Pfalz/Saarland der Bundesregierung für das Gelingen der Energie- und Wärmewende? Mir ist wichtig, dass wir für einen erfolgreichen Transformationsprozess des Energiesystems alle Erneuerbaren nutzen, also auch die Biomasse als speicherbare Energieform zum Ausgleich volatiler Windkraft und Photovoltaik. Letztere sind in allen Sektoren auf der Vorfahrtstraße. Eine ‚All-electric-Strategie‘, wie sie das Bundeswirtschaftsministerium verfolgt, halte ich mit Blick auf den Wärmemarkt für nicht zielführend.
Der Grund: Diese Strategie trifft in der Praxis auf einen Gebäudebestand, der für den Einsatz etwa von Wärmepumpen nur bedingt geeignet ist. Klar, es gibt nun auch Hochtemperaturwärmepumpen für den Einsatz im Altbau mit Heizkörperheizungen. Jedoch geht das zulasten der Energieeffizienz und führt zu sehr hohem Stromverbrauch. Hier empfehle ich den Neu- und Ausbau von Nah- und Fernwärmenetzen, die mittels grüner Energien gespeist werden und mit KWK im Sinne der Sektorenkopplung in Wechselwirkung stehen.
Dienstag, 22.11.2022, 10:10 Uhr
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