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Energie & Management > Kommentar - Russland verrät auch seine Nord-Stream-Partner
Quelle: Fotolia / Denis Junker
Kommentar

Russland verrät auch seine Nord-Stream-Partner

Putin hat nicht nur erneut völkerrechtliche Friedensgrundsätze verletzt, sondern er verrät auch die Partner des Gasexports aus Westeuropa. Ein Kommentar von E&M-Redakteur Georg Eble.
Kann man die Verantwortung für den Stopp der fertigen Gasröhre Nord Stream 2 durch EU und Deutschland Gazprom geben? Ja, aber vor allem muss man sie Russlands Präsidenten Wladimir Putin anlasten. Denn Gazprom ist nur das ehemalige sowjetische Gasministerium. Und Gazprom weigerte sich seit Sommer 2021, als die halbleeren Speicher schon absehbar waren, mehr Gas gen Westen zu schicken als das vertragliche Minimum – betriebswirtschaftlich wäre damit für den Konzern der Rubel gerollt, aber politisch durfte er mit Sicherheit nicht.

Mit der Kontrolle der Operettenstaaten Donetsk und Luhansk in der Ostukraine und der Infragestellung der Ukraine als solcher hat Putin erneut die Friedensordnung in Europa und der Welt aufgekündigt, wonach die Grenzen souveräner Staaten nicht mit Gewalt verschoben werden dürfen. Doch Putins Verrat geht über das Völkerrecht hinaus: Er verrät auch die westeuropäischen Partner von Russlands Gasexporten, im Fall Nord Stream 2 also die Finanzinvestoren:
  • Uniper aus Deutschland,
  • Wintershall Dea aus Deutschland,
  • Shell aus Großbritannien,
  • Engie aus Frankreich und
  • OMV aus Österreich.
Sie haben gemeinsam mit Gazprom mindestens 8 Mrd. Euro in der Ostsee verbaut. Von jetzt an muss man wohl im doppelten Wortsinn "versenkt" sagen. Die Importeure vertrauten genauso wie die deutsche Energieaußenpolitik darauf, dass sich mögliche politischen Spannungen mit Russland nicht auf die Energie-Beziehungen auswirken dürfen. Vorbild war die Vertragstreue der Sowjetunion während des Kalten Krieges gegen heiße Devisen oder im Gegengeschäft gegen die Röhren von Mannesmann.

Dieses Konstrukt hat Putin jetzt zerstört. Ihm musste nach dem Hin und Her um Nord Stream 2 klar sein, dass es ganz aus sein würde mit der Röhre, wenn er die rote Linie zu den Vasallenstaaten im Don-Becken überschreiten würde. Aber er nahm das für sein militärisches Abenteuer in Kauf. Er nahm in Kauf, die neun Jahre währende Geduld der westlichen Partner seit der Planung von Nord Stream 2 zu missbrauchen und sie hilflos mitansehen zu lassen, wie eine blitzblanke Milliardenröhre im Meer vor sich hinrosten wird.

Es bleiben Deutschland über wohlfeile Worte hinaus nur noch Wirtschaftssanktionen. Deren Befürworter haben nun stärkere Argumente denn je: Nord Stream 2 entzöge der Ukraine weitere Einnahmen aus dem Gastransit. Und die zusätzlichen Erlöse Gazproms landeten via Aktionärsausschüttung und Steuern letztlich auch in der russischen Kriegskasse.

Jedenfalls werden die Sanktionen wohl weitere westliche Partner hineinziehen, man denke allein an die Betreiber der Ableitungsröhren Nordeuropäische Erdgasleitung
(NEL) oder Ostsee-Pipeline-Anbindungsleitung
(Opal). Sie wurden für den Abtransport des Nord-Stream-Gases in Deutschland errichtet. Jetzt müssen die Alternativen zu russischen Kohlenwasserstoffen mit aller Kraft her: LNG, erneuerbare Energien, Energiesparen und vielleicht auch Laufzeitverlängerungen.
 
Georg Eble ist Redakteur bei E&M
Quelle: Helmut Sendner

 

Dienstag, 22.02.2022, 17:21 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Kommentar - Russland verrät auch seine Nord-Stream-Partner
Quelle: Fotolia / Denis Junker
Kommentar
Russland verrät auch seine Nord-Stream-Partner
Putin hat nicht nur erneut völkerrechtliche Friedensgrundsätze verletzt, sondern er verrät auch die Partner des Gasexports aus Westeuropa. Ein Kommentar von E&M-Redakteur Georg Eble.
Kann man die Verantwortung für den Stopp der fertigen Gasröhre Nord Stream 2 durch EU und Deutschland Gazprom geben? Ja, aber vor allem muss man sie Russlands Präsidenten Wladimir Putin anlasten. Denn Gazprom ist nur das ehemalige sowjetische Gasministerium. Und Gazprom weigerte sich seit Sommer 2021, als die halbleeren Speicher schon absehbar waren, mehr Gas gen Westen zu schicken als das vertragliche Minimum – betriebswirtschaftlich wäre damit für den Konzern der Rubel gerollt, aber politisch durfte er mit Sicherheit nicht.

Mit der Kontrolle der Operettenstaaten Donetsk und Luhansk in der Ostukraine und der Infragestellung der Ukraine als solcher hat Putin erneut die Friedensordnung in Europa und der Welt aufgekündigt, wonach die Grenzen souveräner Staaten nicht mit Gewalt verschoben werden dürfen. Doch Putins Verrat geht über das Völkerrecht hinaus: Er verrät auch die westeuropäischen Partner von Russlands Gasexporten, im Fall Nord Stream 2 also die Finanzinvestoren:
  • Uniper aus Deutschland,
  • Wintershall Dea aus Deutschland,
  • Shell aus Großbritannien,
  • Engie aus Frankreich und
  • OMV aus Österreich.
Sie haben gemeinsam mit Gazprom mindestens 8 Mrd. Euro in der Ostsee verbaut. Von jetzt an muss man wohl im doppelten Wortsinn "versenkt" sagen. Die Importeure vertrauten genauso wie die deutsche Energieaußenpolitik darauf, dass sich mögliche politischen Spannungen mit Russland nicht auf die Energie-Beziehungen auswirken dürfen. Vorbild war die Vertragstreue der Sowjetunion während des Kalten Krieges gegen heiße Devisen oder im Gegengeschäft gegen die Röhren von Mannesmann.

Dieses Konstrukt hat Putin jetzt zerstört. Ihm musste nach dem Hin und Her um Nord Stream 2 klar sein, dass es ganz aus sein würde mit der Röhre, wenn er die rote Linie zu den Vasallenstaaten im Don-Becken überschreiten würde. Aber er nahm das für sein militärisches Abenteuer in Kauf. Er nahm in Kauf, die neun Jahre währende Geduld der westlichen Partner seit der Planung von Nord Stream 2 zu missbrauchen und sie hilflos mitansehen zu lassen, wie eine blitzblanke Milliardenröhre im Meer vor sich hinrosten wird.

Es bleiben Deutschland über wohlfeile Worte hinaus nur noch Wirtschaftssanktionen. Deren Befürworter haben nun stärkere Argumente denn je: Nord Stream 2 entzöge der Ukraine weitere Einnahmen aus dem Gastransit. Und die zusätzlichen Erlöse Gazproms landeten via Aktionärsausschüttung und Steuern letztlich auch in der russischen Kriegskasse.

Jedenfalls werden die Sanktionen wohl weitere westliche Partner hineinziehen, man denke allein an die Betreiber der Ableitungsröhren Nordeuropäische Erdgasleitung
(NEL) oder Ostsee-Pipeline-Anbindungsleitung
(Opal). Sie wurden für den Abtransport des Nord-Stream-Gases in Deutschland errichtet. Jetzt müssen die Alternativen zu russischen Kohlenwasserstoffen mit aller Kraft her: LNG, erneuerbare Energien, Energiesparen und vielleicht auch Laufzeitverlängerungen.
 
Georg Eble ist Redakteur bei E&M
Quelle: Helmut Sendner

 

Dienstag, 22.02.2022, 17:21 Uhr
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