E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Geothermie - EnBW macht Geothermiewasser als Lithiumquelle nutzbar
Im Geothermiewerk in Bruchsal ist es der EnBW mit Projektpartnern gelungen, hochreines Lithium aus Tiefenwasser zu extrahieren. Quelle: EnBW / Uli Deck
Geothermie

EnBW macht Geothermiewasser als Lithiumquelle nutzbar

EnBW und der Partner Leverton Helm haben aus Thermalwasser in Bruchsal den Batterierohstoff Lithiumcarbonat mit mehr als 99,5 Prozent Reinheit produziert und das Verfahren patentiert.
Das Geothermiekraftwerk im baden-württembergischen Bruchsal heizt mit heißem Wasser aus dem Erdinneren die Gebäude der Bereitschaftspolizei Bruchsal über eine 400 Meter lange Nahwärmeleitung. Ein in Deutschland vielfach genutztes Verfahren: Das heiße Wasser wird gefördert und nach der thermischen Nutzung über Wärmetauscher wieder in die Erde zurückgeführt. In Bruchsal wie einigen anderen deutschen Regionen stecken im sogenannten Thermalwasser auch gelöste Mineralien, darunter Lithium, das ein wichtiger Rohstoff für Batterien und Akkus ist, die für Elektromobile und Computer benötigt werden.

EnBW hat mit dem Partner Leverton Helm ein Verfahren entwickelt und patentieren lassen, wie das Lithium aus dem Thermalwasser abgeschieden werden kann. Es nennt sich direkte Lithiumextraktion (DLE) und gewinnt eine Lithiumchloridlösung aus dem Thermalwasser. Diese Lösung wandelte Leverton Helm in ihren Anlagen in Basingstoke, Großbritannien um und veredelte sie zu Lithiumcarbonat (Li2CO3). Leverton Helm ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der deutschen Helm-AG.

Durchbruch für die Elektromobilität

Dabei hat das so gewonnene Lithiumsalz eine derart hohe Qualität, dass es direkt zur Herstellung von Kathodenmaterialien für Batterien verwendet werden kann, ohne weiteren Zwischenschritt. Dies ist nach Einschätzung von EnBW ein echter Durchbruch für die Zukunft der Elektromobilität. Die Lithiumgewinnung funktioniere in Bruchsal quasi nebenbei, denn das Tiefenwasser pumpt das Geothermiekraftwerk ohnehin für die Strom- und Wärmeversorgung an die Oberfläche und zurück in den Boden.

Um das wertvolle Lithiumsalz möglichst rein und zugleich auf nachhaltigem und wirtschaftlichem Weg dem Thermalwasser zu entziehen, hat EnBW ein neues Verfahren entwickelt, und 2024 patentiert. Im Vergleich zu anderen Methoden im Wettbewerb benötigt es deutlich weniger Wasser und Energie. Da die gewonnene Lösung über eine deutlich höhere Lithiumkonzentration und deutlich höhere Reinheit verfügt, als dies bei den gängigen Verfahren der Fall ist, verringert sich außerdem das Transportaufkommen für die weitere Verarbeitung deutlich. Weltweit wird Lithium oft mit hohem Energieeinsatz aus Salzseen oder -lagerstätten gewonnen.

Genug Lithium für 20.000 Batterien jährlich aus Bruchsal

In Bruchsal testet die EnBW derzeit diese Methode in einer neuen Pilotanlage, um noch mehr Erkenntnisse hinsichtlich Technik, Kosten, Umweltauswirkungen und Wirtschaftlichkeit zu erhalten. Da rund 30 Liter Wasser pro Sekunde in der Geothermie-Anlage des Oberrheingrabens nach oben strömen, könnte bei rund 8.000 Betriebsstunden jährlich eine Lithiummenge gefördert werden, die ausreichend ist für die Produktion von etwa 20.000 Akkus für Elektroautos.

Für die Extraktion des wertvollen Rohstoffs werden Adsorbenten in den Kreislauf aus gefördertem und zurückgeführten Thermalwasser eingebracht: In Zylindern werden in einem ersten Schritt die Lithiumionen aus dem Thermalwasser herausgefiltert und in einem zweiten Schritt weiter konzentriert, bis sich das gelöste Lithium als Salz ausfällen lässt. Weil das in einem geschlossenen Kreislauf zirkulierende Thermalwasser nach der Nutzung wieder in den Untergrund zurückfließt, bleiben die unterirdischen Tiefenwasservorräte erhalten. Die geothermische Strom- und Wärmeproduktion ist durch die Lithiumgewinnung ebenfalls nicht gestört.
 
Weiteres Lithiumprojekt: Batterierecycling

In einem weiteren Projekt untersucht die EnBW die Lithiumgewinnung aus Prozesswasser, das beim Schreddern von Batterien entsteht. Dieses wird normalerweise verworfen. Die Lithiumkonzentration darin ist jedoch mit 2g/l noch einmal rund 10-fach so hoch wie im Thermalwasser von Bruchsal. Die Abteilung Forschung und Entwicklung der EnBW hat einen Prozess entwickelt, mit dem bis zu 80 Prozent des Lithiums aus diesem „Schredderwasser“ extrahiert werden kann. Dieses neuartige Verfahren ist bereits getestet und ebenfalls patentiert.

Die dabei extrahierte Lithiumlösung ist extrem rein. Inwiefern dieses Verfahren künftig in größerem Stil zum Einsatz kommen kann, ist derzeit in Klärung. Somit könnten europäische Geothermiekraftwerke etwa am Oberrhein nicht nur mit Wärme, sondern auch mit dem Batterierohstoff Lithium die Energiewende vorantreiben.

Nach den Plänen der Bundesregierung sollen bundesweit bis zu 100 weitere Geothermie-Anlagen bis zum Jahr 2030 entstehen und helfen, Deutschland unabhängiger von Importen zu machen. Laut Prognosen der Marktforscher von Benchmark Mineral Intelligence könnte sich der weltweite Lithium-Bedarf bis zum Jahr 2028 fast verzehnfachen. Kein anderes Element bietet bislang vergleichbare Eigenschaften für langlebige Batterieanwendungen.

Montag, 12.08.2024, 16:45 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Geothermie - EnBW macht Geothermiewasser als Lithiumquelle nutzbar
Im Geothermiewerk in Bruchsal ist es der EnBW mit Projektpartnern gelungen, hochreines Lithium aus Tiefenwasser zu extrahieren. Quelle: EnBW / Uli Deck
Geothermie
EnBW macht Geothermiewasser als Lithiumquelle nutzbar
EnBW und der Partner Leverton Helm haben aus Thermalwasser in Bruchsal den Batterierohstoff Lithiumcarbonat mit mehr als 99,5 Prozent Reinheit produziert und das Verfahren patentiert.
Das Geothermiekraftwerk im baden-württembergischen Bruchsal heizt mit heißem Wasser aus dem Erdinneren die Gebäude der Bereitschaftspolizei Bruchsal über eine 400 Meter lange Nahwärmeleitung. Ein in Deutschland vielfach genutztes Verfahren: Das heiße Wasser wird gefördert und nach der thermischen Nutzung über Wärmetauscher wieder in die Erde zurückgeführt. In Bruchsal wie einigen anderen deutschen Regionen stecken im sogenannten Thermalwasser auch gelöste Mineralien, darunter Lithium, das ein wichtiger Rohstoff für Batterien und Akkus ist, die für Elektromobile und Computer benötigt werden.

EnBW hat mit dem Partner Leverton Helm ein Verfahren entwickelt und patentieren lassen, wie das Lithium aus dem Thermalwasser abgeschieden werden kann. Es nennt sich direkte Lithiumextraktion (DLE) und gewinnt eine Lithiumchloridlösung aus dem Thermalwasser. Diese Lösung wandelte Leverton Helm in ihren Anlagen in Basingstoke, Großbritannien um und veredelte sie zu Lithiumcarbonat (Li2CO3). Leverton Helm ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der deutschen Helm-AG.

Durchbruch für die Elektromobilität

Dabei hat das so gewonnene Lithiumsalz eine derart hohe Qualität, dass es direkt zur Herstellung von Kathodenmaterialien für Batterien verwendet werden kann, ohne weiteren Zwischenschritt. Dies ist nach Einschätzung von EnBW ein echter Durchbruch für die Zukunft der Elektromobilität. Die Lithiumgewinnung funktioniere in Bruchsal quasi nebenbei, denn das Tiefenwasser pumpt das Geothermiekraftwerk ohnehin für die Strom- und Wärmeversorgung an die Oberfläche und zurück in den Boden.

Um das wertvolle Lithiumsalz möglichst rein und zugleich auf nachhaltigem und wirtschaftlichem Weg dem Thermalwasser zu entziehen, hat EnBW ein neues Verfahren entwickelt, und 2024 patentiert. Im Vergleich zu anderen Methoden im Wettbewerb benötigt es deutlich weniger Wasser und Energie. Da die gewonnene Lösung über eine deutlich höhere Lithiumkonzentration und deutlich höhere Reinheit verfügt, als dies bei den gängigen Verfahren der Fall ist, verringert sich außerdem das Transportaufkommen für die weitere Verarbeitung deutlich. Weltweit wird Lithium oft mit hohem Energieeinsatz aus Salzseen oder -lagerstätten gewonnen.

Genug Lithium für 20.000 Batterien jährlich aus Bruchsal

In Bruchsal testet die EnBW derzeit diese Methode in einer neuen Pilotanlage, um noch mehr Erkenntnisse hinsichtlich Technik, Kosten, Umweltauswirkungen und Wirtschaftlichkeit zu erhalten. Da rund 30 Liter Wasser pro Sekunde in der Geothermie-Anlage des Oberrheingrabens nach oben strömen, könnte bei rund 8.000 Betriebsstunden jährlich eine Lithiummenge gefördert werden, die ausreichend ist für die Produktion von etwa 20.000 Akkus für Elektroautos.

Für die Extraktion des wertvollen Rohstoffs werden Adsorbenten in den Kreislauf aus gefördertem und zurückgeführten Thermalwasser eingebracht: In Zylindern werden in einem ersten Schritt die Lithiumionen aus dem Thermalwasser herausgefiltert und in einem zweiten Schritt weiter konzentriert, bis sich das gelöste Lithium als Salz ausfällen lässt. Weil das in einem geschlossenen Kreislauf zirkulierende Thermalwasser nach der Nutzung wieder in den Untergrund zurückfließt, bleiben die unterirdischen Tiefenwasservorräte erhalten. Die geothermische Strom- und Wärmeproduktion ist durch die Lithiumgewinnung ebenfalls nicht gestört.
 
Weiteres Lithiumprojekt: Batterierecycling

In einem weiteren Projekt untersucht die EnBW die Lithiumgewinnung aus Prozesswasser, das beim Schreddern von Batterien entsteht. Dieses wird normalerweise verworfen. Die Lithiumkonzentration darin ist jedoch mit 2g/l noch einmal rund 10-fach so hoch wie im Thermalwasser von Bruchsal. Die Abteilung Forschung und Entwicklung der EnBW hat einen Prozess entwickelt, mit dem bis zu 80 Prozent des Lithiums aus diesem „Schredderwasser“ extrahiert werden kann. Dieses neuartige Verfahren ist bereits getestet und ebenfalls patentiert.

Die dabei extrahierte Lithiumlösung ist extrem rein. Inwiefern dieses Verfahren künftig in größerem Stil zum Einsatz kommen kann, ist derzeit in Klärung. Somit könnten europäische Geothermiekraftwerke etwa am Oberrhein nicht nur mit Wärme, sondern auch mit dem Batterierohstoff Lithium die Energiewende vorantreiben.

Nach den Plänen der Bundesregierung sollen bundesweit bis zu 100 weitere Geothermie-Anlagen bis zum Jahr 2030 entstehen und helfen, Deutschland unabhängiger von Importen zu machen. Laut Prognosen der Marktforscher von Benchmark Mineral Intelligence könnte sich der weltweite Lithium-Bedarf bis zum Jahr 2028 fast verzehnfachen. Kein anderes Element bietet bislang vergleichbare Eigenschaften für langlebige Batterieanwendungen.

Montag, 12.08.2024, 16:45 Uhr
Susanne Harmsen

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.