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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Ein kleiner Schritt für die Kommune ...
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Aus Der Aktuellen Zeitung

Ein kleiner Schritt für die Kommune ...

Bei der Energiewende spielt die Sektorkopplung eine große Rolle. Gerade Kommunen nehmen eine Schlüsselfunktion ein, wie die bayerische Stadt Freilassing im Projekt „ZuSkE“ zeigt.
Das Klärgas der kommunalen Kläranlage kommt in Freilassing der Wärmeversorgung zugute
Quelle: Energieverbund Freilassing

Direkt am Fuße der Alpen im äußersten Süden Bayerns, 15 Autominuten von Salzburg entfernt, liegt die Kleinstadt Freilassing. Sie gilt als wirtschaftsstärkste Kommune im Landkreis Berchtesgadener Land und will bis 2040 − fünf Jahre früher als der Bund − klimaneutral sein.

Die Ausgangsposition ist gut: 54 Prozent des Freilassinger Stroms kommen aus vor Ort erzeugten erneuerbaren Energiequellen, zuvorderst aus der Wasserkraft. Das Potenzial der Wasserkraft ist, wie die Energiebilanz Freilassing zeigt, nahezu vollständig ausgeschöpft. Auf den Dächern der Stadt könnten noch PV-Anlagen mit einer Leistung von 49 MW installiert werden. Bei Freiflächen-PV liegt das ungenutzte Potenzial bei 279 MW, wie die Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FFE) analysiert hat.

Das ist eine der Erkenntnisse, die im Rahmen des kürzlich abgeschlossenen Projekts „ZuSkE“ gesammelt worden sind. Der Name steht für „Zukunft der Sektorkopplung auf kommunaler Ebene − gemeinsam gestalten, bewerten und handeln“. Die Sektorkopplung gilt als Antwort auf das schwankende Energieangebot aus Erneuerbaren (siehe Infobox). Der Koordinator des Projekts war das Institut für Technikfolgenabschätzung (ITAS) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Partner waren neben der FFE die „DIALOGIK gemeinnützige Gesellschaft für Kommunikations- und Kooperationsforschung mbH“ und die „Zivilgesellschaftliche Plattform Forschungswende (FW)“ der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW).

Im Rahmen des Projekts untersuchten die Partner Wege, wie Kommunen die Kopplung von Strom-, Wärme- und Verkehrsinfrastrukturen konzipieren und umsetzen können. Das Projekt wurde anhand von drei Beispielkommunen unterschiedlicher Größe und regionaler Gegebenheit durchgeführt. Im Einzelnen waren dies Walldorf (Baden-Württemberg) mit etwa 16.000 Einwohnern, Freilassing (Bayern) mit etwa 18.000 Einwohnern sowie die Stadt Berlin mit etwa 3,75 Millionen Einwohnern.

Definition Sektorkopplung

Die Sektorkopplung beschreibt laut VDW die „verstärkte Vernetzung der Bereiche Strom, Wärme, Kälte, Industrie und Mobilität“. Das Ziel ist, grüne Energie − je nach Bedarf und Angebot − möglichst effizient zwischen den Sektoren zu verschieben und so CO2-Emissionen einzusparen. Das Verknüpfen der Sektoren gilt als Antwort auf die Herausforderungen der Energiewende − das schwankende Energieangebot aus dezentralen Wind- oder Solaranlagen oder plötzliche Verbrauchsspitzen.
 

Die Energiewende von der lokalen Ebene aus zu denken, ist für Dirk Scheer vom Itas naheliegend. Unter seiner Leitung stand das Zuske-Projekt. „Die Energiewende wird von Menschen gemacht und sie leben und arbeiten in Städten und Gemeinden. Da wir fast überall vor der Herausforderung stehen, fossile Energieträger durch Strom zu ersetzen, können wir einzelne Sektoren nicht länger isoliert voneinander betrachten.“ Kommunen als kleinste Verwaltungseinheiten könnten über die Sektorkopplung wesentlich zur CO2-Einsparung beziehungsweise zum Gelingen der Energiewende beitragen.

Alle Akteure an einem Tisch

In Freilassing − als eine der drei Beispielkommunen − haben nach dem Verkehr Wärmeanwendungen den größten Anteil an den CO2-Emissionen. Würde sich, so errechnete es die FFE, der jährliche CO2-Ausstoß von etwa 125.000 Tonnen nicht verringern, wäre das CO2-Budget von Freilassing, um das 1,5-Grad-Ziel mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent zu erreichen, bis 2028 aufgebraucht. Zur Dimension: Um eine Tonne CO2 zu kompensieren, müssten 80 Bäume gepflanzt werden. 
 
Emissionen nach Endenergiesektoren und Anwendungen in Freilassing in 1.000 Tonnen CO2 im Jahr 2019
Quelle: FFE/Energiebilanz Freilassing 

Kommunen haben laut der Zuske-Partner eine Vielzahl von Möglichkeiten an der Hand, die Sektorkopplung voranzutreiben. Als Eigentümer und Betreiber großer Liegenschaften können sie mit gutem Beispiel vorangehen. „Nicht zuletzt liegt das große Potenzial von Städten und Gemeinden darin, alle relevanten Akteure an einen Tisch bekommen zu können und so überhaupt die Basis für Veränderung zu schaffen“, so Ines Jendritzki, die für das Itas am Projekt beteiligt war.

Energieverbund mit hohem Autarkiegrad

Als ein Best-Practice-Beispiel für Sektorkopplung im oberbayerischen Freilassing führen die Zuske-Partner die Nutzung von lokalem PV-Strom und Klärgas für die kommunalen Liegenschaften an: Zur Versorgung der Sport- und Freizeitanlage „Badylon“, der Grund- und Mittelschule, der städtische Kläranlage sowie des Jugendvereinsheimes hat die Stadt einen Arealnetzverbund gegründet − den „Energieverbund Freilassing“. Die Wärmeversorgung erfolgt über zwei Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die primär mit Klärgas aus der kommunalen Kläranlage und mit Erdgas als zweitem Brennstoff betrieben werden. Bei erhöhtem Wärmebedarf kommt ein Biomassekessel dazu, über den die Stadt auch Grüngutabfälle verwertet.

Aus dem Zusammenschluss der Liegenschaften über ein 936 Meter langes Wärmenetz ergibt sich bei einer Spitzenleistung von 1,6 MW eine hohe spezifische Netzbelegungsdichte von 3.860 kWh/Meter pro Jahr. Der Netzverlust liegt laut einem Sprecher des Energieverbunds bei lediglich 7,2 Prozent.

Parallel dazu sind die über das 15 Quadratkilometer große Stadtgebiet verteilten Liegenschaften über ein Niederspannungsnetz zusammengeschlossen, das über einen gemeinsamen Netzverknüpfungspunkt an das vorgelagerte Mittelspannungsnetz anknüpft. Die elektrische Versorgung erfolgt über mehrere Photovoltaikanlagen mit einer kumulierten Leistung von 190,5 kW sowie über die Blockheizkraftwerke in Kläranlage und Heizzentrale mit einer elektrischen Gesamtleistung von etwa 219 kW.

Laut dem Energieverbund Freilassing handelt es sich bei dem versorgten Gebiet um ein eigenes Areal, das sich vollständig selbst mit Wärme und zu einem großen Teil mit Strom versorgt. Die Energieversorgung erfolge flexibel und bedarfsgerecht, kein zusätzlicher elektrischer Speicher sei nötig. Der Energieverbund sieht daher sein Modell als Gegenentwurf zu den ressourcenintensiven elektrischen Großspeichern, die derzeit in einzelnen Kommunen umgesetzt werden. 

Potenziale für Sektorkopplung in Freilassing

Durch weitere Bausteine kann zusätzliches Potenzial der Kommune in der Sektorkopplung ausgeschöpft werden. Die Zuske-Projektbeteiligten machen mehrere Stellschrauben aus, die für Freilassing infrage kommen: Zum einen nennen sie den Umstieg auf die Elektromobilität im Individual- und öffentlichen Nahverkehr. 2019, dem Jahr vor Projektstart, waren laut der Zuske-Partner auf Freilassings Straßen 8.645 private Elektrofahrzeuge gemeldet. Knapp ein Fünftel davon kamen noch einmal für gewerblich genutzte Elektrofahrzeuge hinzu, schreiben die Partner in ihrem Abschlussbericht. Dies inkludiere auch die Umstellung des öffentlichen Nahverkehrs auf elektrisch betriebene Busse. Dabei sei es wichtig, sowohl die öffentliche Ladeinfrastruktur auszubauen, als auch das private Laden am eigenen Haus zu ermöglichen.

Als weiteren möglichen Baustein der Sektorkopplung führen die Partner Wärmepumpen in Wohngebäuden an. In Freilassing lassen sich 63 Prozent der Häuser mit einer Wärmepumpe ausstatten und so fossiles Gas und Öl durch erneuerbar produzierten Strom ersetzen, so die Projektbeteiligten mit Verweis auf die Wärmepumpen-Ampel. Letztere ist ein Informationsangebot der FFE, das die Eignung von Wohngebäuden für verschiedene Wärmepumpentechnologien in Deutschland ermittelt. 

Auch in der nachhaltigen Wärmeversorgung der Stadt sieht Zuske noch Ausbaupotenziale. Die Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die mit Klärgas aus der Kläranlage oder mit Biomasse versorgt werden, liefern bereits 50 Prozent der benötigten Wärme für städtische Liegenschaften. Nach diesem Vorbild ließe sich perspektivisch auch die Wärmeversorgung in Neubaugebieten umgestalten, heißt es aus Freilassing.

Die Strukturbox − mit Anleitung und Timer zum Plan

Ein Fokus der Projektarbeit lag auf der Erstellung einer „Strategiebox“. Den Kommunen wird damit eine Workshop-Anleitung an die Hand gegeben. Mithilfe ausformulierter Arbeitsschritte sollen sie damit an einem Tag ein gemeinsames Verständnis für die Sektorkopplung und deren Potenziale gewinnen, wie Maria Reinisch erklärt. Für das Gelingen rät die Geschäftsführerin des VDW zum fokussierten Blick auf die Ergebnisse in abgesteckten Zeitfenstern.

Auch sei von den Teilnehmenden die Offenheit für neue Ideen gefordert. „Es werden Experten da sein, es werden aber auch Menschen da sein, die noch nicht so viel mit dem Thema der Energiewende zu tun gehabt haben“, so Reinisch. „Aber alle bringen Potenziale mit, alle haben Ideen!“ 

 
QR-Code zur Strategiebox
 

Das Projekt „ZuSkE“

Das Forschungsprojekt Zuske steht für „Zukunft der Sektorkopplung auf kommunaler Ebene“. Es will kommunale Akteure bei der Entwicklung von Transformationsstrategien unterstützen. Dabei liegt der Fokus auf Maßnahmen der Sektorkopplung. Mit den Praxiskommunen Berlin, Walldorf und Freilassing wurden im Zeitraum 2020 bis Ende 2023 zwei Kommunikationstools in einem partizipativen Prozess entwickelt: Eine Internetseite sowie eine „Strategiebox“ für Workshops, die lokale Akteure dabei unterstützen soll, den Transformationsprozess in ihrer Kommune voranzutreiben. Die erarbeiteten Ergebnisse sollen auch auf weitere Kommunen übertragbar sein. Ein Maßnahmenkatalog mit 100 Praxisbeispielen gibt Tipps zur Umsetzung der Sektorkopplung.
 
 
Der Klärgasspeicher in Freilassing
Quelle Energieverbund Freilassing

 

Mittwoch, 10.04.2024, 09:55 Uhr
Davina Spohn
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Ein kleiner Schritt für die Kommune ...
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung
Ein kleiner Schritt für die Kommune ...
Bei der Energiewende spielt die Sektorkopplung eine große Rolle. Gerade Kommunen nehmen eine Schlüsselfunktion ein, wie die bayerische Stadt Freilassing im Projekt „ZuSkE“ zeigt.
Das Klärgas der kommunalen Kläranlage kommt in Freilassing der Wärmeversorgung zugute
Quelle: Energieverbund Freilassing

Direkt am Fuße der Alpen im äußersten Süden Bayerns, 15 Autominuten von Salzburg entfernt, liegt die Kleinstadt Freilassing. Sie gilt als wirtschaftsstärkste Kommune im Landkreis Berchtesgadener Land und will bis 2040 − fünf Jahre früher als der Bund − klimaneutral sein.

Die Ausgangsposition ist gut: 54 Prozent des Freilassinger Stroms kommen aus vor Ort erzeugten erneuerbaren Energiequellen, zuvorderst aus der Wasserkraft. Das Potenzial der Wasserkraft ist, wie die Energiebilanz Freilassing zeigt, nahezu vollständig ausgeschöpft. Auf den Dächern der Stadt könnten noch PV-Anlagen mit einer Leistung von 49 MW installiert werden. Bei Freiflächen-PV liegt das ungenutzte Potenzial bei 279 MW, wie die Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FFE) analysiert hat.

Das ist eine der Erkenntnisse, die im Rahmen des kürzlich abgeschlossenen Projekts „ZuSkE“ gesammelt worden sind. Der Name steht für „Zukunft der Sektorkopplung auf kommunaler Ebene − gemeinsam gestalten, bewerten und handeln“. Die Sektorkopplung gilt als Antwort auf das schwankende Energieangebot aus Erneuerbaren (siehe Infobox). Der Koordinator des Projekts war das Institut für Technikfolgenabschätzung (ITAS) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Partner waren neben der FFE die „DIALOGIK gemeinnützige Gesellschaft für Kommunikations- und Kooperationsforschung mbH“ und die „Zivilgesellschaftliche Plattform Forschungswende (FW)“ der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW).

Im Rahmen des Projekts untersuchten die Partner Wege, wie Kommunen die Kopplung von Strom-, Wärme- und Verkehrsinfrastrukturen konzipieren und umsetzen können. Das Projekt wurde anhand von drei Beispielkommunen unterschiedlicher Größe und regionaler Gegebenheit durchgeführt. Im Einzelnen waren dies Walldorf (Baden-Württemberg) mit etwa 16.000 Einwohnern, Freilassing (Bayern) mit etwa 18.000 Einwohnern sowie die Stadt Berlin mit etwa 3,75 Millionen Einwohnern.

Definition Sektorkopplung

Die Sektorkopplung beschreibt laut VDW die „verstärkte Vernetzung der Bereiche Strom, Wärme, Kälte, Industrie und Mobilität“. Das Ziel ist, grüne Energie − je nach Bedarf und Angebot − möglichst effizient zwischen den Sektoren zu verschieben und so CO2-Emissionen einzusparen. Das Verknüpfen der Sektoren gilt als Antwort auf die Herausforderungen der Energiewende − das schwankende Energieangebot aus dezentralen Wind- oder Solaranlagen oder plötzliche Verbrauchsspitzen.
 

Die Energiewende von der lokalen Ebene aus zu denken, ist für Dirk Scheer vom Itas naheliegend. Unter seiner Leitung stand das Zuske-Projekt. „Die Energiewende wird von Menschen gemacht und sie leben und arbeiten in Städten und Gemeinden. Da wir fast überall vor der Herausforderung stehen, fossile Energieträger durch Strom zu ersetzen, können wir einzelne Sektoren nicht länger isoliert voneinander betrachten.“ Kommunen als kleinste Verwaltungseinheiten könnten über die Sektorkopplung wesentlich zur CO2-Einsparung beziehungsweise zum Gelingen der Energiewende beitragen.

Alle Akteure an einem Tisch

In Freilassing − als eine der drei Beispielkommunen − haben nach dem Verkehr Wärmeanwendungen den größten Anteil an den CO2-Emissionen. Würde sich, so errechnete es die FFE, der jährliche CO2-Ausstoß von etwa 125.000 Tonnen nicht verringern, wäre das CO2-Budget von Freilassing, um das 1,5-Grad-Ziel mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent zu erreichen, bis 2028 aufgebraucht. Zur Dimension: Um eine Tonne CO2 zu kompensieren, müssten 80 Bäume gepflanzt werden. 
 
Emissionen nach Endenergiesektoren und Anwendungen in Freilassing in 1.000 Tonnen CO2 im Jahr 2019
Quelle: FFE/Energiebilanz Freilassing 

Kommunen haben laut der Zuske-Partner eine Vielzahl von Möglichkeiten an der Hand, die Sektorkopplung voranzutreiben. Als Eigentümer und Betreiber großer Liegenschaften können sie mit gutem Beispiel vorangehen. „Nicht zuletzt liegt das große Potenzial von Städten und Gemeinden darin, alle relevanten Akteure an einen Tisch bekommen zu können und so überhaupt die Basis für Veränderung zu schaffen“, so Ines Jendritzki, die für das Itas am Projekt beteiligt war.

Energieverbund mit hohem Autarkiegrad

Als ein Best-Practice-Beispiel für Sektorkopplung im oberbayerischen Freilassing führen die Zuske-Partner die Nutzung von lokalem PV-Strom und Klärgas für die kommunalen Liegenschaften an: Zur Versorgung der Sport- und Freizeitanlage „Badylon“, der Grund- und Mittelschule, der städtische Kläranlage sowie des Jugendvereinsheimes hat die Stadt einen Arealnetzverbund gegründet − den „Energieverbund Freilassing“. Die Wärmeversorgung erfolgt über zwei Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die primär mit Klärgas aus der kommunalen Kläranlage und mit Erdgas als zweitem Brennstoff betrieben werden. Bei erhöhtem Wärmebedarf kommt ein Biomassekessel dazu, über den die Stadt auch Grüngutabfälle verwertet.

Aus dem Zusammenschluss der Liegenschaften über ein 936 Meter langes Wärmenetz ergibt sich bei einer Spitzenleistung von 1,6 MW eine hohe spezifische Netzbelegungsdichte von 3.860 kWh/Meter pro Jahr. Der Netzverlust liegt laut einem Sprecher des Energieverbunds bei lediglich 7,2 Prozent.

Parallel dazu sind die über das 15 Quadratkilometer große Stadtgebiet verteilten Liegenschaften über ein Niederspannungsnetz zusammengeschlossen, das über einen gemeinsamen Netzverknüpfungspunkt an das vorgelagerte Mittelspannungsnetz anknüpft. Die elektrische Versorgung erfolgt über mehrere Photovoltaikanlagen mit einer kumulierten Leistung von 190,5 kW sowie über die Blockheizkraftwerke in Kläranlage und Heizzentrale mit einer elektrischen Gesamtleistung von etwa 219 kW.

Laut dem Energieverbund Freilassing handelt es sich bei dem versorgten Gebiet um ein eigenes Areal, das sich vollständig selbst mit Wärme und zu einem großen Teil mit Strom versorgt. Die Energieversorgung erfolge flexibel und bedarfsgerecht, kein zusätzlicher elektrischer Speicher sei nötig. Der Energieverbund sieht daher sein Modell als Gegenentwurf zu den ressourcenintensiven elektrischen Großspeichern, die derzeit in einzelnen Kommunen umgesetzt werden. 

Potenziale für Sektorkopplung in Freilassing

Durch weitere Bausteine kann zusätzliches Potenzial der Kommune in der Sektorkopplung ausgeschöpft werden. Die Zuske-Projektbeteiligten machen mehrere Stellschrauben aus, die für Freilassing infrage kommen: Zum einen nennen sie den Umstieg auf die Elektromobilität im Individual- und öffentlichen Nahverkehr. 2019, dem Jahr vor Projektstart, waren laut der Zuske-Partner auf Freilassings Straßen 8.645 private Elektrofahrzeuge gemeldet. Knapp ein Fünftel davon kamen noch einmal für gewerblich genutzte Elektrofahrzeuge hinzu, schreiben die Partner in ihrem Abschlussbericht. Dies inkludiere auch die Umstellung des öffentlichen Nahverkehrs auf elektrisch betriebene Busse. Dabei sei es wichtig, sowohl die öffentliche Ladeinfrastruktur auszubauen, als auch das private Laden am eigenen Haus zu ermöglichen.

Als weiteren möglichen Baustein der Sektorkopplung führen die Partner Wärmepumpen in Wohngebäuden an. In Freilassing lassen sich 63 Prozent der Häuser mit einer Wärmepumpe ausstatten und so fossiles Gas und Öl durch erneuerbar produzierten Strom ersetzen, so die Projektbeteiligten mit Verweis auf die Wärmepumpen-Ampel. Letztere ist ein Informationsangebot der FFE, das die Eignung von Wohngebäuden für verschiedene Wärmepumpentechnologien in Deutschland ermittelt. 

Auch in der nachhaltigen Wärmeversorgung der Stadt sieht Zuske noch Ausbaupotenziale. Die Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die mit Klärgas aus der Kläranlage oder mit Biomasse versorgt werden, liefern bereits 50 Prozent der benötigten Wärme für städtische Liegenschaften. Nach diesem Vorbild ließe sich perspektivisch auch die Wärmeversorgung in Neubaugebieten umgestalten, heißt es aus Freilassing.

Die Strukturbox − mit Anleitung und Timer zum Plan

Ein Fokus der Projektarbeit lag auf der Erstellung einer „Strategiebox“. Den Kommunen wird damit eine Workshop-Anleitung an die Hand gegeben. Mithilfe ausformulierter Arbeitsschritte sollen sie damit an einem Tag ein gemeinsames Verständnis für die Sektorkopplung und deren Potenziale gewinnen, wie Maria Reinisch erklärt. Für das Gelingen rät die Geschäftsführerin des VDW zum fokussierten Blick auf die Ergebnisse in abgesteckten Zeitfenstern.

Auch sei von den Teilnehmenden die Offenheit für neue Ideen gefordert. „Es werden Experten da sein, es werden aber auch Menschen da sein, die noch nicht so viel mit dem Thema der Energiewende zu tun gehabt haben“, so Reinisch. „Aber alle bringen Potenziale mit, alle haben Ideen!“ 

 
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Das Projekt „ZuSkE“

Das Forschungsprojekt Zuske steht für „Zukunft der Sektorkopplung auf kommunaler Ebene“. Es will kommunale Akteure bei der Entwicklung von Transformationsstrategien unterstützen. Dabei liegt der Fokus auf Maßnahmen der Sektorkopplung. Mit den Praxiskommunen Berlin, Walldorf und Freilassing wurden im Zeitraum 2020 bis Ende 2023 zwei Kommunikationstools in einem partizipativen Prozess entwickelt: Eine Internetseite sowie eine „Strategiebox“ für Workshops, die lokale Akteure dabei unterstützen soll, den Transformationsprozess in ihrer Kommune voranzutreiben. Die erarbeiteten Ergebnisse sollen auch auf weitere Kommunen übertragbar sein. Ein Maßnahmenkatalog mit 100 Praxisbeispielen gibt Tipps zur Umsetzung der Sektorkopplung.
 
 
Der Klärgasspeicher in Freilassing
Quelle Energieverbund Freilassing

 

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Davina Spohn

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