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Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe

"Die Bekanntheit der Berufe weiter steigern"

Zu einem erheblichen Teil ist es der Fachkräftemangel, der den Ausbau der erneuerbaren Energien bedroht. Stephan Tolkmitt und Markus Lermen vom DVGW beantworten dazu Fragen von E&M.
E&M: Herr Tolkmitt, Herr Lermen, das Thema Fachkräftemangel ist akut und zieht sich durch alle Branchen. Wie ernst ist die Lage bei den Betrieben, die sich mit Gas, Wasser und Wasserstoff befassen?

Tolkmitt: Der DVGW hat zu diesem Thema zuletzt 2019 eine Mitgliederbefragung durchgeführt. 85 Prozent der Unternehmen, die sich an unserer Umfrage beteiligt hatten, bestätigten, dass der Personal- und Fachkräftemangel in naher Zukunft entscheidend ist für die Existenz vieler Unternehmen in der Energie- und Wasserbranche.

E&M: Welche weiteren Erkenntnisse gibt es aus der Studie?

Tolkmitt: 41 Prozent der Unternehmen hatten bereits 2019 akuten Mangel an Fachpersonal, 65 Prozent erwarteten diesen im Zeitraum von fünf Jahren. 25 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im technisch-gewerblichen Bereich sind älter als 55 Jahre. Der größte Mangel besteht im Bereich der technischen Qualifikationen und hier noch einmal stärker im technisch-gewerblichen Segment.

E&M: Gibt es auch schon aktuellere Daten?

Tolkmitt: Zurzeit läuft eine erneute Erhebung zu diesem Thema in Zusammenarbeit mit der Goethe-Universität Frankfurt und der Personalberatung Callidus Energie. Die Ergebnisse liegen voraussichtlich im Oktober vor.
 
StephanTolkmitt ist Leiter Mitgliederbetreuung und -services beim Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW)
Quelle: DVGW

E&M: Wie könnte man junge Menschen wieder verstärkt fürs Handwerk begeistern? Man hat den Eindruck, alle träumen nur von Jobs in der Finanzbranche.

Lermen: Die Energie- und Wasserwirtschaft als Arbeitgeber ist bei jungen Menschen in der Berufsorientierung gegenüber anderen Branchen weniger bekannt. Von entscheidender Bedeutung ist es daher, die Bekanntheit der relevanten Berufe weiter zu steigern. Die Mitgliedsunternehmen des DVGW legen großen Wert auf die berufliche Weiterentwicklung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Start in eine technisch-gewerbliche Ausbildung in der Energie- und Wasserwirtschaft bietet eine große Bandbreite beruflicher Entwicklungsmöglichkeiten, etwa vom Meister bis hin zum Wechsel in eine akademische Qualifikation.

E&M: Was macht die Berufe in der Branche neben den guten Zukunftsperspektiven attraktiv?

Lermen: Technisch-gewerbliche, also handwerkliche Aufgaben in der Energie- und Wasserversorgung sind außerordentlich vielseitig. Ein steter Wechsel zwischen Innen- und Außendienst, Kundenkontakten, selbstständigem Arbeiten und arbeiten im Team bietet Herausforderungen technischer Art ebenso wie organisatorischer oder kommunikativer Art.

E&M: Die Arbeit für die Energiewende ist doch etwas Tolles − kann man da nicht auch ansetzen?

Lermen: Das ist nicht zu unterschätzen. Gerade Menschen, die in ihr Berufsleben starten, stellen sich auch die Frage nach der Sinnhaftigkeit ihrer Tätigkeit. Hier bietet die Energie- und Wasserwirtschaft in der heutigen Zeit unter den Herausforderungen der Energiewende und des Klimawandels attraktive Ansätze. Diese zu verdeutlichen und kommunikativ zu unterstreichen, ist ein wichtiger Teil in der Personalsuche. Die Branchenunternehmen müssen ihrerseits stärker als bisher an ihrer Arbeitgebermarke arbeiten. Sichtbarkeit und Attraktivität sind der Schlüssel im Wettbewerb um junge Leute. Angebote zur Gewährleistung von Work-Live-Balance sind bei vielen unserer Mitgliedsunternehmen bereits Standard.

E&M: Der DVGW beschäftigt sich ja schon lange mit dem Thema Personalqualifizierung, Personalgewinnung und Ausbildung.

Lermen: Der DVGW arbeitet insbesondere im Gremienverbund − letztes Jahr erweitert durch den Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW − kooperativ an diesen Themen. Veranstaltungsformate, etwa im Bereich der Meisterausbildung, werden kontinuierlich weiterentwickelt mit dem Ziel, die Attraktivität einzelner Berufsfelder weiter zu erhöhen.

E&M: Was hat sich hier in den vergangenen Jahren verändert?

Lermen: In den letzten Jahren hat sich die Nachfrage nach Lehrgängen zur Vorbereitung auf den Meisterabschluss sehr stark entwickelt. Gerade die Gruppe der Beschäftigten mit dieser Qualifikation ist durch die wachsende Dynamik des Generationswechsels geprägt. Das haben die Unternehmen erkannt. Am Arbeitsmarkt ist hier praktisch nichts zu machen. Darum bleibt nur, eigenes Fachpersonal mit dem entsprechenden Potenzial fortbilden zu lassen. In der Vergangenheit haben bereits viele Betrieben ihre technischen Mitarbeiter spartenübergreifend qualifizieren lassen, um die Effizienz zu steigern und beim Personaleinsatz flexibler zu werden.
 
Markus Lermen ist Leiter Berufliche Bildung des DVGW

E&M: Was hat sich der DVGW einfallen lassen, um den Betrieben zu helfen oder die Ausbildung zu verbessern?

Tolkmitt: Der DVGW betreibt bereits seit mehreren Jahren mit dem BDEW, dem Rohrleitungsbauverband rbv und der gemeinsamen Tochter wvgw mbH gemeinsam die Karrierewebsite www.berufswelten-energie-wasser.de. Im Kern geht es bei diesem Projekt um die Steigerung des Bekanntheitsgrades der Branche als potenziellem Arbeitgeber bei jungen Menschen in der Berufsorientierung sowie um die Darstellung der Attraktivität der Berufe. Zuletzt hatte diese Seite 90.000 Aufrufe pro Jahr. Im Kreise seiner Mitglieder fördert der DVGW dazu den Austausch von Best-Practice-Ideen zur Gewinnung von Fachkräften und Auszubildenden. Für die Gewinnung von Auszubildenden stellt der DVGW Info- und Werbematerialien für seine Mitgliedsbetriebe zur Verfügung.

E&M: Gibt es noch weitere Aktivitäten, die darüber hinausgehen?

Tolkmitt: Den akademischen Nachwuchs im technischen Bereich fördert der DVGW durch die Einrichtung und Unterhaltung von Hochschulgruppen an Standorten branchenrelevanter Studiengänge. Den Übergang in ein Beschäftigungsverhältnis in einem Mitgliedsunternehmen unterstützt das DVGW-Young-Professional-Programm.

E&M: Speziell das Thema Wasserstoff bringt neue Herausforderungen mit sich, da gibt es beispielsweise das Projekt ‚Zeit für einen Stoffwech2el‘. Können Sie das erläutern?

Lermen: Im Wasserstoffbereich werden verstärkt Maßnahmen, etwa Zertifizierungslehrgänge, entwickelt. Details hierzu stellen wir auf Anfrage zur Verfügung. Berufsschullehrerinnen und -lehrer als wichtige Zielgruppe erreichen wir durch unsere Schulungen.

E&M: Wasserstoffanlagen stellen hohe technische und sicherheitstechnische Ansprüche an die, die sie errichten und betreiben. Darauf muss in der Ausbildung doch speziell eingegangen werden?

Lermen: Der DVGW ist die im Energiewirtschaftsgesetz benannte Institution für Wasserstoffinfrastrukturen. Entsprechend groß ist die Bedeutung dieses Zukunftsthemas der Energiewende für den Verein und für unsere Branche insgesamt. Die technisch-wissenschaftliche Expertise und das Forschungs-Know-how des DVGW im Bereich Wasserstoff sind wegweisend in Deutschland. Das Aus- und Weiterbildungsangebot des DVGW ist ganz wesentlich auf Themen im Zusammenhang mit Wasserstoff ausgerichtet.

Donnerstag, 29.09.2022, 14:45 Uhr
Günter Drewnitzky
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Quelle: E&M
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"Die Bekanntheit der Berufe weiter steigern"
Zu einem erheblichen Teil ist es der Fachkräftemangel, der den Ausbau der erneuerbaren Energien bedroht. Stephan Tolkmitt und Markus Lermen vom DVGW beantworten dazu Fragen von E&M.
E&M: Herr Tolkmitt, Herr Lermen, das Thema Fachkräftemangel ist akut und zieht sich durch alle Branchen. Wie ernst ist die Lage bei den Betrieben, die sich mit Gas, Wasser und Wasserstoff befassen?

Tolkmitt: Der DVGW hat zu diesem Thema zuletzt 2019 eine Mitgliederbefragung durchgeführt. 85 Prozent der Unternehmen, die sich an unserer Umfrage beteiligt hatten, bestätigten, dass der Personal- und Fachkräftemangel in naher Zukunft entscheidend ist für die Existenz vieler Unternehmen in der Energie- und Wasserbranche.

E&M: Welche weiteren Erkenntnisse gibt es aus der Studie?

Tolkmitt: 41 Prozent der Unternehmen hatten bereits 2019 akuten Mangel an Fachpersonal, 65 Prozent erwarteten diesen im Zeitraum von fünf Jahren. 25 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im technisch-gewerblichen Bereich sind älter als 55 Jahre. Der größte Mangel besteht im Bereich der technischen Qualifikationen und hier noch einmal stärker im technisch-gewerblichen Segment.

E&M: Gibt es auch schon aktuellere Daten?

Tolkmitt: Zurzeit läuft eine erneute Erhebung zu diesem Thema in Zusammenarbeit mit der Goethe-Universität Frankfurt und der Personalberatung Callidus Energie. Die Ergebnisse liegen voraussichtlich im Oktober vor.
 
StephanTolkmitt ist Leiter Mitgliederbetreuung und -services beim Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW)
Quelle: DVGW

E&M: Wie könnte man junge Menschen wieder verstärkt fürs Handwerk begeistern? Man hat den Eindruck, alle träumen nur von Jobs in der Finanzbranche.

Lermen: Die Energie- und Wasserwirtschaft als Arbeitgeber ist bei jungen Menschen in der Berufsorientierung gegenüber anderen Branchen weniger bekannt. Von entscheidender Bedeutung ist es daher, die Bekanntheit der relevanten Berufe weiter zu steigern. Die Mitgliedsunternehmen des DVGW legen großen Wert auf die berufliche Weiterentwicklung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Start in eine technisch-gewerbliche Ausbildung in der Energie- und Wasserwirtschaft bietet eine große Bandbreite beruflicher Entwicklungsmöglichkeiten, etwa vom Meister bis hin zum Wechsel in eine akademische Qualifikation.

E&M: Was macht die Berufe in der Branche neben den guten Zukunftsperspektiven attraktiv?

Lermen: Technisch-gewerbliche, also handwerkliche Aufgaben in der Energie- und Wasserversorgung sind außerordentlich vielseitig. Ein steter Wechsel zwischen Innen- und Außendienst, Kundenkontakten, selbstständigem Arbeiten und arbeiten im Team bietet Herausforderungen technischer Art ebenso wie organisatorischer oder kommunikativer Art.

E&M: Die Arbeit für die Energiewende ist doch etwas Tolles − kann man da nicht auch ansetzen?

Lermen: Das ist nicht zu unterschätzen. Gerade Menschen, die in ihr Berufsleben starten, stellen sich auch die Frage nach der Sinnhaftigkeit ihrer Tätigkeit. Hier bietet die Energie- und Wasserwirtschaft in der heutigen Zeit unter den Herausforderungen der Energiewende und des Klimawandels attraktive Ansätze. Diese zu verdeutlichen und kommunikativ zu unterstreichen, ist ein wichtiger Teil in der Personalsuche. Die Branchenunternehmen müssen ihrerseits stärker als bisher an ihrer Arbeitgebermarke arbeiten. Sichtbarkeit und Attraktivität sind der Schlüssel im Wettbewerb um junge Leute. Angebote zur Gewährleistung von Work-Live-Balance sind bei vielen unserer Mitgliedsunternehmen bereits Standard.

E&M: Der DVGW beschäftigt sich ja schon lange mit dem Thema Personalqualifizierung, Personalgewinnung und Ausbildung.

Lermen: Der DVGW arbeitet insbesondere im Gremienverbund − letztes Jahr erweitert durch den Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW − kooperativ an diesen Themen. Veranstaltungsformate, etwa im Bereich der Meisterausbildung, werden kontinuierlich weiterentwickelt mit dem Ziel, die Attraktivität einzelner Berufsfelder weiter zu erhöhen.

E&M: Was hat sich hier in den vergangenen Jahren verändert?

Lermen: In den letzten Jahren hat sich die Nachfrage nach Lehrgängen zur Vorbereitung auf den Meisterabschluss sehr stark entwickelt. Gerade die Gruppe der Beschäftigten mit dieser Qualifikation ist durch die wachsende Dynamik des Generationswechsels geprägt. Das haben die Unternehmen erkannt. Am Arbeitsmarkt ist hier praktisch nichts zu machen. Darum bleibt nur, eigenes Fachpersonal mit dem entsprechenden Potenzial fortbilden zu lassen. In der Vergangenheit haben bereits viele Betrieben ihre technischen Mitarbeiter spartenübergreifend qualifizieren lassen, um die Effizienz zu steigern und beim Personaleinsatz flexibler zu werden.
 
Markus Lermen ist Leiter Berufliche Bildung des DVGW

E&M: Was hat sich der DVGW einfallen lassen, um den Betrieben zu helfen oder die Ausbildung zu verbessern?

Tolkmitt: Der DVGW betreibt bereits seit mehreren Jahren mit dem BDEW, dem Rohrleitungsbauverband rbv und der gemeinsamen Tochter wvgw mbH gemeinsam die Karrierewebsite www.berufswelten-energie-wasser.de. Im Kern geht es bei diesem Projekt um die Steigerung des Bekanntheitsgrades der Branche als potenziellem Arbeitgeber bei jungen Menschen in der Berufsorientierung sowie um die Darstellung der Attraktivität der Berufe. Zuletzt hatte diese Seite 90.000 Aufrufe pro Jahr. Im Kreise seiner Mitglieder fördert der DVGW dazu den Austausch von Best-Practice-Ideen zur Gewinnung von Fachkräften und Auszubildenden. Für die Gewinnung von Auszubildenden stellt der DVGW Info- und Werbematerialien für seine Mitgliedsbetriebe zur Verfügung.

E&M: Gibt es noch weitere Aktivitäten, die darüber hinausgehen?

Tolkmitt: Den akademischen Nachwuchs im technischen Bereich fördert der DVGW durch die Einrichtung und Unterhaltung von Hochschulgruppen an Standorten branchenrelevanter Studiengänge. Den Übergang in ein Beschäftigungsverhältnis in einem Mitgliedsunternehmen unterstützt das DVGW-Young-Professional-Programm.

E&M: Speziell das Thema Wasserstoff bringt neue Herausforderungen mit sich, da gibt es beispielsweise das Projekt ‚Zeit für einen Stoffwech2el‘. Können Sie das erläutern?

Lermen: Im Wasserstoffbereich werden verstärkt Maßnahmen, etwa Zertifizierungslehrgänge, entwickelt. Details hierzu stellen wir auf Anfrage zur Verfügung. Berufsschullehrerinnen und -lehrer als wichtige Zielgruppe erreichen wir durch unsere Schulungen.

E&M: Wasserstoffanlagen stellen hohe technische und sicherheitstechnische Ansprüche an die, die sie errichten und betreiben. Darauf muss in der Ausbildung doch speziell eingegangen werden?

Lermen: Der DVGW ist die im Energiewirtschaftsgesetz benannte Institution für Wasserstoffinfrastrukturen. Entsprechend groß ist die Bedeutung dieses Zukunftsthemas der Energiewende für den Verein und für unsere Branche insgesamt. Die technisch-wissenschaftliche Expertise und das Forschungs-Know-how des DVGW im Bereich Wasserstoff sind wegweisend in Deutschland. Das Aus- und Weiterbildungsangebot des DVGW ist ganz wesentlich auf Themen im Zusammenhang mit Wasserstoff ausgerichtet.

Donnerstag, 29.09.2022, 14:45 Uhr
Günter Drewnitzky

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