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Das Bundeskabinett hat die Importstrategie für Wasserstoff und Wasserstoffderivate beschlossen. Einem Gaswirtschaftsverband aber sind die Maßnahmen noch nicht konkret genug.
In der Kabinettssitzung vom 24.
Juli hat die Bundesregierung eine Importstrategie für Wasserstoff beschlossen. Sie soll „einen klaren und verlässlichen Rahmen für die dringend benötigten Importe von Wasserstoff und Wasserstoffderivaten nach Deutschland“ geben. Wasserstoff (H2) kann aus erneuerbaren Quellen hergestellt werden. Damit kann er klimaneutral bisherige fossile Brennstoffe wie Erdgas ersetzen. H2 entsteht beispielsweise durch Aufspaltung von Wasser (H2O) mit Strom − im Idealfall aus erneuerbaren Energiequellen − in einem Elektrolyseur. Zum besseren Transport sind auch andere chemische Verbindungen wie Ammoniak (NH3) oder Methanol (CH3OH) möglich, diese werden als Derivate bezeichnet.
Die Importstrategie sei ein wesentlicher Baustein der deutschen Wasserstoffpolitik und ergänze das Engagement der Bundesregierung zum heimischen Marktaufbau. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erläuterte: „Ein Großteil des deutschen Wasserstoffbedarfs wird mittel- bis langfristig durch Importe aus dem Ausland gedeckt werden müssen.“ Die Importstrategie sende ein klares Signal an Partner im Ausland, dass Deutschland eine große und stabile Nachfrage nach Wasserstoff und Derivaten haben wird.
Gaswirtschaft will weltweit gültige ZertifizierungFür den Vorstand des Branchenverbands Zukunft Gas, Timm Kehler, fehlen der Strategie in ihrer aktuellen Form klare Prioritäten und konkrete Maßnahmen. „Die Strategie bringt zwar zum Ausdruck, dass Wasserstoffimporte ein wichtiger Baustein des zukünftigen Energiesystems sein werden, sie gibt aber keinen Hinweis auf eine verlässlich wachsende Nachfrage in Deutschland“, bemängelte er. Die internationalen Lieferanten von Wasserstoff warteten auf klare Signale und Impulse, um Investitionen in die kapitalintensive Wasserstoffproduktion auszulösen. Zudem fehle noch ein einheitliches, internationales Zertifizierungssystems für Wasserstoff, damit ein globaler Markt entstehen kann, sagte Kehler. „Wir brauchen jetzt konkrete Maßnahmen und Zeitpläne, insbesondere was die Stimulierung von gesicherter Nachfrage, die Finanzierung der europäischen Importinfrastruktur sowie die Schaffung eines einheitlichen Zertifizierungssystems angeht“, forderte er.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sieht in der Strategie „viele sinnvolle Ansätze und Einblicke in die Vielzahl der Instrumente“. Positiv seien die vielfältigen vorgesehenen Importwege. „Aktuell aber fehlt der Strategie die Priorisierung der Maßnahmen und Ziele“, kritisierte BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae zugleich. „Die bisherigen Instrumente zur Mengenbeschaffung müssen sinnvoll ergänzt und weiterentwickelt werden“, forderte sie.
Konkrete Bedarfszahlen der ImportstrategieLaut Minister Habeck sei Deutschland bereits ein verlässlicher Partner und Zielmarkt für Wasserstoffprodukte: „Die Bundesregierung geht von einem nationalen Bedarf an Wasserstoff und dessen Derivaten in Höhe von 95 bis 130
Milliarden kWh in 2030 aus.“ Dabei müssten voraussichtlich rund 50 bis 70
Prozent aus dem Ausland importiert werden. Es sei davon auszugehen, dass der Importanteil nach 2030 weiter steigt. Nach ersten Einschätzungen könnte sich der Bedarf bis zum Jahr 2045 auf 360 bis 500
Milliarden kWh an Wasserstoff sowie etwa 200
Milliarden kWh an Wasserstoffderivaten erhöhen.
Kerninhalte und Ziele der H2-Strategie- Sicherstellung einer nachhaltigen, stabilen, sicheren und diversifizierten Versorgung mit ausreichend Wasserstoff und Wasserstoffderivaten, um die Dekarbonisierung der deutschen Wirtschaft zu gewährleisten und die nationalen Klimaschutzziele einzuhalten.
- Erreichen einer zuverlässigen Versorgung mit grünem, auf Dauer nachhaltigem Wasserstoff und seinen Derivaten. Um den notwendigen raschen Wasserstoffhochlauf zu ermöglichen, bezieht die Importstrategie auch kohlenstoffarmen Wasserstoff und seine Derivate in die Bedarfsdeckung mit ein.
- Die Bundesregierung unterstützt für den Import von Wasserstoff eine diversifizierte Produktpalette. Neben molekularem (gasförmigem oder flüssigem, nicht in Derivaten gebundenen) Wasserstoff kommen diverse Wasserstoffderivate (Ammoniak, Methanol, Naphtha, strombasierte Kraftstoffe) und Trägermedien (LOHC, flüssige organische Wasserstoffträger) infrage.
- Die Bundesregierung verfolgt den parallelen Aufbau von Importinfrastrukturen für Pipeline- und Schiffstransporte. Für Transporte per Schiff, Schiene oder Straße kommen vor allem Wasserstoffderivate, Trägermedien und Folgeprodukte zum Einsatz. Der Schiffstransport ermöglicht Wasserstoffimporte aus Regionen, die aus technischen und ökonomischen Gründen nicht per Pipeline angebunden werden können.
- Neben enger Kooperation mit europäischen Partnern zu regulatorischen Fragen, Erzeugungspotentialen und Infrastruktur, arbeitet die Bundesregierung auch international mit einer Vielzahl an Partnerländern, -regionen und Akteuren zusammen. Ziel ist, die Lieferquellen möglichst breit zu diversifizieren.
Die
Wasserstoff-Importstrategie steht im Internet bereit.
Mittwoch, 24.07.2024, 12:51 Uhr
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