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Energie & Management > Europaeische Union - Brüssel will Notverordnung für den Gasmarkt verlängern
Quelle: iStock / FrankyDeMeyer
Europaeische Union

Brüssel will Notverordnung für den Gasmarkt verlängern

Die EU-Kommission hat den Mitgliedsstaaten der EU vorgeschlagen, die im vergangenen August beschlossenen Maßnahmen zur Sicherung der Gasversorgung um ein Jahr zu verlängern.
Die Energieminister der EU hatten sich angesichts explosionsartig steigender Gaspreise im Sommer vergangenen Jahres auf ein Maßnahmen-Paket zur Beruhigung des Gasmarktes verständigt. Wichtigstes Element war die Selbstverpflichtung der EU-Staaten, bis Januar 2023 mindestens 15 Prozent weniger Gas zu verbrauchen als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre im gleichen Zeitraum. Damit sollte die Nachfrage an das durch die Kürzung der russischen Lieferungen reduzierte Angebot angepasst werden.

Die Notverordnung sieht außerdem vor, dass die Kommission den Notstand bei der Gasversorgung erklären und dann weitere Maßnahmen ergreifen kann, um Gas einzusparen. Damit soll vermieden werden, dass die Belieferung von Kunden rationiert werden muss. Das ist im vergangenen Winter weitgehend gelungen. Der Gasverbrauch in der EU lag in den letzten Monaten sogar um 19 Prozent unter dem fünfjährigen Durchschnitt.

Daran möchte die Kommission jetzt anknüpfen und die Sparmaßnahmen, die Ende März auslaufen würden, fortsetzen. Sie seien entscheidend gewesen, um sicher durch den letzten Winter zu kommen, sagte Energiekommissarin Kadri Simson am 20. März in Brüssel: „Wir haben bei der Diversifikation unserer Lieferanten große Fortschritte gemacht und unsere Abhängigkeit von Russland erheblich zurückgeführt, aber die globalen Gasmärkte bleiben angespannt, jedenfalls in den nächsten Monaten.“

Gaseinsparungen waren von Land zu Land sehr unterschiedlich

Sparsamkeit sei deswegen im Hinblick auf den nächsten Winter weiter das Gebot der Stunde, um die Speicher bis Anfang November wieder auf 90 Prozent aufzufüllen: „Ich zähle hier auf die Mitgliedsstaaten, diese gemeinsame Anstrengung weiter zu unterstützen.“ Nach dem Vorschlag der Kommission sollen die Mitgliedsstaaten ihren Gasverbrauch weiter auf 15 Prozent unter dem Durchschnitt zwischen 2017 und 2021 begrenzen und zwar bis Ende März 2024. Außerdem müssen sie monatlich und nach Wirtschaftssektoren melden, wie viel Gas sie eingespart haben. Die Verordnung soll in der nächsten Woche im Eilverfahren von den Energieministern beschlossen werden.

Eine Zustimmung des Europäischen Parlamentes ist nicht erforderlich. Nach einem Bericht der Kommission hat die EU von August 2022 bis Januar 2023 etwa 41,5 Milliarden Kubikmeter (19 Prozent) weniger Gas verbraucht als im Durchschnitt der gleichen sechs Monate in den fünf Jahren davor. Über dem EU-Durschnitt lagen vor allem Finnland (-58,5 Prozent), Litauen(-40,5 Prozent) und Schweden(-40,2 Prozent), so gut wie keine Einsparungen erzielte Irland (-0,3 Prozent) und der Gasverbrauch in Malta (+12 Prozent) stieg sogar an.

In Deutschland bewegten sich die Einsparungen mit 19,4 Prozent auf dem EU-Durchschnitt. Nach Schätzungen der Kommission entfiel die Hälfte der Einsparungen auf die privaten Haushalte, 43 Prozent auf die Industrie und nur 7 Prozent auf die Energiewirtschaft. In Brüssel führt man das auf die geringe Verfügbarkeit von Atom- und Wasserkraftwerken zurück. Allerdings fehle eine zuverlässige Datengrundlage. Ein Sechstel des Nachfragerückgangs sei witterungsbedingt gewesen, heißt es in dem Bericht.

Ohne eine Verlängerung der Sparmaßnahmen könne die EU ihre Speicher bis Oktober nur auf 69 Prozent auffüllen und riskiere am Ende des nächsten Winters ohne jede Reserve dazustehen, so die Analyse der Kommission. Bei einer Verlängerung der Sparmaßnahmen um ein Jahr könnten die Speicher dagegen bis Oktober auf 95 Prozent gefüllt werden und im Frühjahr 2024 wären sie immer noch zu 43 Prozent befüllt.
 

Hinzu kämen auch in diesem Fall Risiken, die durch die EU nicht beeinflusst werden könnten. Dazu gehöre, dass die globale Nachfrage nach LNG konjunkturbedingt wieder zunehme. Die europäische Industrie und die Elektrizitätswirtschaft könnten einen Teil des preisbedingten „Fuel-Swiches“, den sie im vergangenen Jahr wegen der hohen Gaspreise vorgenommen hatten, wieder rückgängig machen, wenn Gas wieder billiger werde. Zumal die Verfügbarkeit der französischen AKW weiter gering sei und es keine Hinweise dafür gebe, dass 2023 mehr Strom aus Wasserkraftwerken zur Verfügung stehe als im letzten Jahr.

Dienstag, 21.03.2023, 09:26 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Europaeische Union - Brüssel will Notverordnung für den Gasmarkt verlängern
Quelle: iStock / FrankyDeMeyer
Europaeische Union
Brüssel will Notverordnung für den Gasmarkt verlängern
Die EU-Kommission hat den Mitgliedsstaaten der EU vorgeschlagen, die im vergangenen August beschlossenen Maßnahmen zur Sicherung der Gasversorgung um ein Jahr zu verlängern.
Die Energieminister der EU hatten sich angesichts explosionsartig steigender Gaspreise im Sommer vergangenen Jahres auf ein Maßnahmen-Paket zur Beruhigung des Gasmarktes verständigt. Wichtigstes Element war die Selbstverpflichtung der EU-Staaten, bis Januar 2023 mindestens 15 Prozent weniger Gas zu verbrauchen als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre im gleichen Zeitraum. Damit sollte die Nachfrage an das durch die Kürzung der russischen Lieferungen reduzierte Angebot angepasst werden.

Die Notverordnung sieht außerdem vor, dass die Kommission den Notstand bei der Gasversorgung erklären und dann weitere Maßnahmen ergreifen kann, um Gas einzusparen. Damit soll vermieden werden, dass die Belieferung von Kunden rationiert werden muss. Das ist im vergangenen Winter weitgehend gelungen. Der Gasverbrauch in der EU lag in den letzten Monaten sogar um 19 Prozent unter dem fünfjährigen Durchschnitt.

Daran möchte die Kommission jetzt anknüpfen und die Sparmaßnahmen, die Ende März auslaufen würden, fortsetzen. Sie seien entscheidend gewesen, um sicher durch den letzten Winter zu kommen, sagte Energiekommissarin Kadri Simson am 20. März in Brüssel: „Wir haben bei der Diversifikation unserer Lieferanten große Fortschritte gemacht und unsere Abhängigkeit von Russland erheblich zurückgeführt, aber die globalen Gasmärkte bleiben angespannt, jedenfalls in den nächsten Monaten.“

Gaseinsparungen waren von Land zu Land sehr unterschiedlich

Sparsamkeit sei deswegen im Hinblick auf den nächsten Winter weiter das Gebot der Stunde, um die Speicher bis Anfang November wieder auf 90 Prozent aufzufüllen: „Ich zähle hier auf die Mitgliedsstaaten, diese gemeinsame Anstrengung weiter zu unterstützen.“ Nach dem Vorschlag der Kommission sollen die Mitgliedsstaaten ihren Gasverbrauch weiter auf 15 Prozent unter dem Durchschnitt zwischen 2017 und 2021 begrenzen und zwar bis Ende März 2024. Außerdem müssen sie monatlich und nach Wirtschaftssektoren melden, wie viel Gas sie eingespart haben. Die Verordnung soll in der nächsten Woche im Eilverfahren von den Energieministern beschlossen werden.

Eine Zustimmung des Europäischen Parlamentes ist nicht erforderlich. Nach einem Bericht der Kommission hat die EU von August 2022 bis Januar 2023 etwa 41,5 Milliarden Kubikmeter (19 Prozent) weniger Gas verbraucht als im Durchschnitt der gleichen sechs Monate in den fünf Jahren davor. Über dem EU-Durschnitt lagen vor allem Finnland (-58,5 Prozent), Litauen(-40,5 Prozent) und Schweden(-40,2 Prozent), so gut wie keine Einsparungen erzielte Irland (-0,3 Prozent) und der Gasverbrauch in Malta (+12 Prozent) stieg sogar an.

In Deutschland bewegten sich die Einsparungen mit 19,4 Prozent auf dem EU-Durchschnitt. Nach Schätzungen der Kommission entfiel die Hälfte der Einsparungen auf die privaten Haushalte, 43 Prozent auf die Industrie und nur 7 Prozent auf die Energiewirtschaft. In Brüssel führt man das auf die geringe Verfügbarkeit von Atom- und Wasserkraftwerken zurück. Allerdings fehle eine zuverlässige Datengrundlage. Ein Sechstel des Nachfragerückgangs sei witterungsbedingt gewesen, heißt es in dem Bericht.

Ohne eine Verlängerung der Sparmaßnahmen könne die EU ihre Speicher bis Oktober nur auf 69 Prozent auffüllen und riskiere am Ende des nächsten Winters ohne jede Reserve dazustehen, so die Analyse der Kommission. Bei einer Verlängerung der Sparmaßnahmen um ein Jahr könnten die Speicher dagegen bis Oktober auf 95 Prozent gefüllt werden und im Frühjahr 2024 wären sie immer noch zu 43 Prozent befüllt.
 

Hinzu kämen auch in diesem Fall Risiken, die durch die EU nicht beeinflusst werden könnten. Dazu gehöre, dass die globale Nachfrage nach LNG konjunkturbedingt wieder zunehme. Die europäische Industrie und die Elektrizitätswirtschaft könnten einen Teil des preisbedingten „Fuel-Swiches“, den sie im vergangenen Jahr wegen der hohen Gaspreise vorgenommen hatten, wieder rückgängig machen, wenn Gas wieder billiger werde. Zumal die Verfügbarkeit der französischen AKW weiter gering sei und es keine Hinweise dafür gebe, dass 2023 mehr Strom aus Wasserkraftwerken zur Verfügung stehe als im letzten Jahr.

Dienstag, 21.03.2023, 09:26 Uhr
Tom Weingärtner

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