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Der Verband BWE hat berechnet, wie viel Onshore-Leistung von 2023 nachträglich in diesem Jahr ausgeschrieben werden müsste. Gesetzgeberisch trödle die Ampel seit Weihnachten, hieß es.
Auf die deutschen Onshore-Wind-Ausschreibungsvolumina im Rest des Jahres von 7.500 MW kommen „theoretisch“ 4.115 MW oder 55 Prozent hinzu. Diese Berechnungen des Bundesverbandes Windenergie (BWE) gab Geschäftsführer Wolfram Axthelm am 23. Februar bei einer presseöffentlichen politischen Lagebesprechung wieder.
Die zusätzlich in die Ausschreibung kommende installierte Leistung besteht aus Geboten aus dem Vorjahr 2023, die damals nicht bezuschlagt wurden. Diese müssen laut Erneuerbare-Energien-Gesetz in diesem Jahr nachträglich zur ursprünglichen Ausschreibungsleistung addiert werden. Zuständig hierfür ist die Bundesnetzagentur.
Die Termine der restlichen drei von vier Ausschreibungen in diesem Jahr stehen fest: Es sind der 1. Mai, der 1. August und der 1. November. Allerdings sind sie noch nicht von der Behörde „bekannt gemacht“. Die Netzagentur muss dann unter anderem die erfolglosen Gebote von 2023 mitnehmen. Dafür hat sie laut Axthelm bis 15. März Zeit. Es gibt aber auch gegenläufige Kürzungsvorschriften, die die Behörde ebenfalls anwenden muss.
Ohne diese Korrekturen wurden und werden in diesem Jahr 10.000 MW an Land ausgeschrieben, für einen Höchstwert von 7,35 Ct/kWh. Die erste Ausschreibung des Jahres war am 1. Februar. Damals wurden 2.486 von 2.500 MW bezuschlagt. Weitere Ergebnisse sind noch nicht bekannt.
BWE: Ampel will eigentlich Tempo beim Rest des Solarpakets
BWE-Geschäftsführer Axthelm zog ein negatives Fazit der energiepolitischen Gesetzgebungs-Aktivitäten im Bund im angebrochenen Jahr: „Die Ampel ist nach der Weihnachtspause noch nicht richtig im Tritt und hat sich (in Streitereien, die Redaktion) verhakt.“
Augenfällig wird dies in der Aufspaltung des Solarpakets I in einen Teil, der am 9. Februar in Kraft getreten ist, und Teile, die seit Dezember 2023 noch nicht ins Parlament zurückgekehrt sind. „Es wurde so viel Zeit vertrödelt“, bedauerte Axthelm. Das ursprüngliche Solarpaket enthielt auch bedeutende Änderungen für die Onshore-Windkraft. Der Bundestag kommt das nächste Mal am 11. März zusammen.
Noch ausstehende Bestimmungen des Solarpakets betreffen etwa die Etablierung von „Beschleunigungsflächen“ für Wind und PV aus der EU-Erneuerbaren-Richtlinie RED III, die laut BWE nach dem Vorbild der deutschen Vorranggebiete definiert werden sollten. Axthelms Eindruck: Die Ampel wolle eigentlich Tempo ins Solarpaket bringen.
Anschlussleistungen darf man nicht einfach addieren
Damit Projektierer mehr Wind und PV gleichzeitig ans Netz anschließen können als bisher und sich bei Falschberechnungen und Ablehnungen durch Netzbetreiber auf eine fundierte Gegenposition berufen können, läuft derzeit eine Studie im Auftrag des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE), sagte Axthelm. Der BWE gehört dem BEE an. Daneben gebe es einen Vorschlag aus dem Wirtschaftsministerium zur Nutzung von Netzanschlusskapazitäten.
Ein Fragesteller hatte beklagt, einzelne Netzbetreiber addierten schlicht die Nennleistung von Wind- und Solarkraft-Projekten, obwohl diese „praktisch nie“ zusammenfielen. Ein anderer sah die PV als Konkurrenz („verstopft Netze“), was Axthelm zurückwies.
Vom Solarpaket in Kraft getreten ist nach Axthelms Auskunft die Verlängerung der Realisierungszeit von Windkraft-Projekten um 6 auf 36 Monate nach dem Zuschlag. Die Teilnahme an einer aktuellen Ausschreibung sei wie erwünscht möglich, aber nicht verpflichtend. Auch der vorläufige Erhalt des dauernden Nachtblinkens von Windenergieanlagen, indem die Pflicht zu einer „bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichung“ (BNK) erneut verschoben wurde, ist in Kraft.
Was die Förderung der einheimischen Komponenten-Produktion im Net Zero Industry Act (NZIA) der EU angeht, forderte Axthelm, diese in Deutschland bei Wind an Land auf 100 Prozent der Ausschreibungsvolumina umzusetzen, nicht nur auf 30 Prozent, den Mindestanteil, den Brüssel vorgibt.
BWE fordert mehr Standardisierung im Artenschutzrecht
Keinen Fortschritt aus Sicht der Windbranche gibt es bei der bundeseinheitlichen Standardisierung von artenschutzrechtlichen Bewertungen von Projekten. Dies ist nur beim „Tötungsverbot“ umgesetzt, nach dem untersucht werden muss, wie wahrscheinlich Windenergieanlagen geschützte Arten töten würden. Dies müsse, so Wolfram Axthelm, auch auf die „Störungsverbote“ und „Schädigungsverbote“ im Bundesnaturschutzgesetz ausgeweitet werden.
Auch dürfe der Schutz der Fledermaus insoweit nicht mehr Ländersache sein. Der BWE habe hierzu 2023 Vorschläge gemacht, bekomme aber vom zuständigen Umweltministerium derzeit keine Signale.
Freitag, 23.02.2024, 16:40 Uhr
Georg Eble
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