Die Unternehmensvertreter bei der Vertragsunterzeichnung. Quelle: Energie Schwaben
Mehrere hundert Wohnungen werden in der Stadt Gersthofen bei Augsburg vom Winter 2026/2027 an mit Wasserstoff beheizt.
Wasserstoff zum Heizen zu verwenden, ist umstritten. Vor allem bei Privathaushalten gibt es Zweifel an der Wirtschaftlichkeit. So zeigen unterschiedliche Studien deutlich höhere Betriebskosten gegenüber Alternativen wie der Wärmepumpe.
Trotzdem kommt in der bayerischen Gemeinde Gersthofen vom Winter 2026/27 an insoweit Wasserstoff zum Einsatz: Rund 250 Miet- und Eigentumswohnungen in vier Mehrfamilienhäusern in Gersthofen heizen dann mit Wasserstoff, teilt der Energieversorger Energie Schwaben mit Sitz in Augsburg mit.
Die Erklärung ist simpel: „Möglich wird das, weil Energie Schwaben den Wasserstoff abnimmt, der bei der CABB Group im Industriepark Gersthofen ohnehin anfällt.“
Die CABB Group entwickelt und produziert chemische Wirkstoffe für Pflanzenschutzmittel sowie Inhaltsstoffe für die Pharma- und Lebensmittelindustrie. In den seit den 1900er Jahren betriebenen Elektrolyseanlagen der CABB im Industriepark Gersthofen entsteht Chlor, das als wichtiger Rohstoff am Standort benötigt wird. Als Nebenprodukt fällt dabei Wasserstoff an.
Die beiden Netzbetreiber Schwaben Netz und Gasnetz Gersthofen übernehmen den Transport des Wasserstoffs zu vier Mehrfamilienhäusern mit rund 250 Wohneinheiten. Die Lage des Industrieparks ermöglicht kurze Transportwege. Der jährliche Wärmebedarf liegt bei etwa 2,5 Millionen kWh. Von der Heizperiode 2026/27 an sollen die ersten Haushalte mit Wärme aus Wasserstoff versorgt werden.
Der Verteilnetzbetreiber Schwaben Netz GmbH, eine Tochtergesellschaft des regionalen Energieversorgers Energie Schwaben, baut für das Projekt „H2Gersthofen“ eine neue Gasleitung. Nach Unternehmensangaben wird „eine Zuleitung errichtet und ein Teil des bestehenden Gasnetzes in ein Wasserstoffnetz umgewidmet“.
Die Heizungsanlagen in den betroffenen Wohnkomplexen sollen rechtzeitig auf Wasserstoffbetrieb umgestellt werden. Für die Bewohnerinnen und Bewohner soll sich durch die Umstellung nichts ändern – „nicht einmal Heizkörper müssen ausgetauscht werden“, heißt es weiter.
Das Projekt „H2 Gersthofen“ gilt als eines der ersten großangelegten Vorhaben in Deutschland, das den Einsatz von Wasserstoff im Wärmemarkt praktisch erprobt. Es soll aufzeigen, welche Rolle erneuerbare Gase künftig in der Wärmeversorgung spielen können. Mit der Unterzeichnung der Verträge haben die Unternehmen einen entscheidenden Schritt getan.
Freitag, 31.10.2025, 16:39 Uhr
Stefan Sagmeister
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