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Energie & Management > Politik - Rügen kann neuer Flüssigerdgas-Standort werden
Quelle: Deutscher Bundestag / Achim Melde
Politik

Rügen kann neuer Flüssigerdgas-Standort werden

Bundestag und Bundesrat haben eine Änderung des LNG-Beschleunigungsgesetzes beschlossen und damit eine erleichterte Genehmigung des umstrittenen Flüssigerdgas-Terminals auf Rügen.
Der Bundestag hat am 7. Juli die Aufnahme des Hafens Mukran als Standort für ein Flüssigerdgas (LNG)-Terminal in das entsprechende Gesetz beschlossen. Das Parlament stimmte für eine entsprechende Ergänzung des LNG-Beschleunigungsgesetzes. Das soll schnellere Genehmigungen ermöglichen.

Mukran auf Rügen sei ein Standort, „bei dem sich eine Realisierbarkeit für den Import von LNG abzeichnet und der perspektivisch weiterentwickelt werden kann für eine Nutzung der Hafeninfrastruktur und Leitung mit Wasserstoff und dessen Derivaten“, heißt es in dem Gesetz. Auch der Bundesrat stimmte dem Gesetz im Anschluss zu.

Das Unternehmen Deutsche Regas will im Auftrag der Bundesregierung ein schwimmendes Import-Terminal für LNG im Hafen Mukran bei Sassnitz betreiben. Hierzu sollen zwei Spezialschiffe zur Umwandlung des Flüssiggases (FSRU) dort vor Anker gehen. Die „Neptune“ liegt bereits im Ostseehafen Lubmin. Wegen der leichteren Anlandung soll sie gemeinsam mit der Mitte Juni gesicherten FRSU „Transgas Power“ nach Rügen umziehen. Insgesamt will Regas so eine Gesamtkapazität von 13,5 Milliarden Kubikmetern Erdgas jährlich sicherstellen.

Kritik vom Land und Anliegern

Das Land Mecklenburg-Vorpommern und die anliegenden Gemeinden auf Rügen lehnen den Standort ab, weil sie Nachteile für Umwelt und Tourismus befürchten. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verteidigte die Pläne mit der Notwendigkeit, die Energieversorgung Deutschlands zu sichern. Derzeit gebe es eine stabile Gasversorgungslage, das könne sich aber ändern, wenn andere Quellen ausfallen. Dann müsse Deutschland auch an Nachbarländer wie Tschechien oder Österreich Gas weiterleiten können. Es gebe beim LNG-Gesetz keine Abstriche bei materiellen Schutzgütern, vor allem Umwelt- und Gewässerschutz, versprach Habeck.
 

Der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor warf der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP vor, das Vorhaben an den Interessen der Menschen vorbei „mit der Brechstange“ durchs Parlament zu prügeln. Der AfD-Abgeordnete Leif-Erik Holm zweifelte an der Notwendigkeit des Vorhabens und verwies auf den Widerstand vor Ort: „Die Rügener verscherbeln doch nicht die Ostseeküste für ein paar Glasperlen aus Berlin.“ Inga Latendorf von der Linken beklagte, dass die Betroffenen sich nicht ernst genommen fühlten in ihren Bedenken.

Klagen gegen Terminal und Gasleitungen angekündigt

Die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern stellte sich gegen die Pläne der Bundesregierung. Landesumweltminister Till Backhaus (SPD) bemängelte, dass dem Land verbindliche Zusagen des Bundes zur Förderung der Region fehlen. Unter diesen Umständen lehne man das Projekt ab. Kurz nach dem Beschluss des Bundestages kündigte zudem die Gemeinde Binz, die in Sicht- und Hörweite des Hafens Mukran liegt, eine Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen die Entscheidung an. Mit mehreren Einstweiligen Anordnungen soll ein Baustopp erreicht werden.

Die Bedenken richten sich sowohl gegen den Hafenumbau als auch gegen den Bau der Verbindungspipeline in Richtung Lubmin. Darüber hinaus will die Kommune eine weitere Einstweilige Anordnung gegen das Ausbaggern der Fahrrinne in Mukran erreichen. Begründet wird das Vorgehen mit den Auswirkungen eines möglichen Störfalls auf die Küstenregion. Im Umfeld von Lubmin hatten Messungen Lärmbelastungen über den Grenzwerten durch die LNG-Regasifizierung ergeben.

Ein Bündnis aus Umweltverbänden, Ökonomen und der Tourismuswirtschaft bezweifelt die Notwendigkeit der zusätzlichen Gas-Importkapazitäten. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) legte eine Einwendung beim Bergamt Stralsund gegen die kurzfristige Planänderung für die Ostsee-Anbindungsleitung des geplanten LNG-Terminals vor Rügen ein. „Das LNG-Terminal vor Rügen mitsamt der Pipeline wäre eine Katastrophe für besonders schützenswerte Meeresgebiete, den Erhalt der Artenvielfalt und unser Klima“, heißt es in der Begründung.

Hintergrund LNG-Terminals

Für 2024 sei selbst bei im Sommer 2023 vollständig gefüllten Gasspeichern mit Blick auf mögliche Extremwetterlagen die Einspeisung von LNG erforderlich, heißt es im Gesetzentwurf. Um Flüssigerdgas (LNG) in Deutschland anlanden, regasifizieren und weiterleiten zu können, sei der Ausbau der Importinfrastruktur unverzichtbar. Dabei solle mit dem Gesetz eine zusätzliche Beschleunigung für einzelne Gasfernleitungen erreicht werden.

Zudem sollten auch die Voraussetzungen für die Nachnutzung klarer gefasst und operationalisiert werden. Ziel sei es, die Nachnutzung dieser Standorte für ein Wasserstoffderivat rechtlich besser abzubilden und eine behördliche Überprüfbarkeit zu gewährleisten. Die unter das LNG-Beschleunigungsgesetz fallenden Anlagenstandorte sollen fortentwickelt werden, um auch Ergebnisse bisher durchgeführter Machbarkeitsstudien abzubilden.

Freitag, 7.07.2023, 13:53 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Politik - Rügen kann neuer Flüssigerdgas-Standort werden
Quelle: Deutscher Bundestag / Achim Melde
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Rügen kann neuer Flüssigerdgas-Standort werden
Bundestag und Bundesrat haben eine Änderung des LNG-Beschleunigungsgesetzes beschlossen und damit eine erleichterte Genehmigung des umstrittenen Flüssigerdgas-Terminals auf Rügen.
Der Bundestag hat am 7. Juli die Aufnahme des Hafens Mukran als Standort für ein Flüssigerdgas (LNG)-Terminal in das entsprechende Gesetz beschlossen. Das Parlament stimmte für eine entsprechende Ergänzung des LNG-Beschleunigungsgesetzes. Das soll schnellere Genehmigungen ermöglichen.

Mukran auf Rügen sei ein Standort, „bei dem sich eine Realisierbarkeit für den Import von LNG abzeichnet und der perspektivisch weiterentwickelt werden kann für eine Nutzung der Hafeninfrastruktur und Leitung mit Wasserstoff und dessen Derivaten“, heißt es in dem Gesetz. Auch der Bundesrat stimmte dem Gesetz im Anschluss zu.

Das Unternehmen Deutsche Regas will im Auftrag der Bundesregierung ein schwimmendes Import-Terminal für LNG im Hafen Mukran bei Sassnitz betreiben. Hierzu sollen zwei Spezialschiffe zur Umwandlung des Flüssiggases (FSRU) dort vor Anker gehen. Die „Neptune“ liegt bereits im Ostseehafen Lubmin. Wegen der leichteren Anlandung soll sie gemeinsam mit der Mitte Juni gesicherten FRSU „Transgas Power“ nach Rügen umziehen. Insgesamt will Regas so eine Gesamtkapazität von 13,5 Milliarden Kubikmetern Erdgas jährlich sicherstellen.

Kritik vom Land und Anliegern

Das Land Mecklenburg-Vorpommern und die anliegenden Gemeinden auf Rügen lehnen den Standort ab, weil sie Nachteile für Umwelt und Tourismus befürchten. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verteidigte die Pläne mit der Notwendigkeit, die Energieversorgung Deutschlands zu sichern. Derzeit gebe es eine stabile Gasversorgungslage, das könne sich aber ändern, wenn andere Quellen ausfallen. Dann müsse Deutschland auch an Nachbarländer wie Tschechien oder Österreich Gas weiterleiten können. Es gebe beim LNG-Gesetz keine Abstriche bei materiellen Schutzgütern, vor allem Umwelt- und Gewässerschutz, versprach Habeck.
 

Der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor warf der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP vor, das Vorhaben an den Interessen der Menschen vorbei „mit der Brechstange“ durchs Parlament zu prügeln. Der AfD-Abgeordnete Leif-Erik Holm zweifelte an der Notwendigkeit des Vorhabens und verwies auf den Widerstand vor Ort: „Die Rügener verscherbeln doch nicht die Ostseeküste für ein paar Glasperlen aus Berlin.“ Inga Latendorf von der Linken beklagte, dass die Betroffenen sich nicht ernst genommen fühlten in ihren Bedenken.

Klagen gegen Terminal und Gasleitungen angekündigt

Die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern stellte sich gegen die Pläne der Bundesregierung. Landesumweltminister Till Backhaus (SPD) bemängelte, dass dem Land verbindliche Zusagen des Bundes zur Förderung der Region fehlen. Unter diesen Umständen lehne man das Projekt ab. Kurz nach dem Beschluss des Bundestages kündigte zudem die Gemeinde Binz, die in Sicht- und Hörweite des Hafens Mukran liegt, eine Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen die Entscheidung an. Mit mehreren Einstweiligen Anordnungen soll ein Baustopp erreicht werden.

Die Bedenken richten sich sowohl gegen den Hafenumbau als auch gegen den Bau der Verbindungspipeline in Richtung Lubmin. Darüber hinaus will die Kommune eine weitere Einstweilige Anordnung gegen das Ausbaggern der Fahrrinne in Mukran erreichen. Begründet wird das Vorgehen mit den Auswirkungen eines möglichen Störfalls auf die Küstenregion. Im Umfeld von Lubmin hatten Messungen Lärmbelastungen über den Grenzwerten durch die LNG-Regasifizierung ergeben.

Ein Bündnis aus Umweltverbänden, Ökonomen und der Tourismuswirtschaft bezweifelt die Notwendigkeit der zusätzlichen Gas-Importkapazitäten. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) legte eine Einwendung beim Bergamt Stralsund gegen die kurzfristige Planänderung für die Ostsee-Anbindungsleitung des geplanten LNG-Terminals vor Rügen ein. „Das LNG-Terminal vor Rügen mitsamt der Pipeline wäre eine Katastrophe für besonders schützenswerte Meeresgebiete, den Erhalt der Artenvielfalt und unser Klima“, heißt es in der Begründung.

Hintergrund LNG-Terminals

Für 2024 sei selbst bei im Sommer 2023 vollständig gefüllten Gasspeichern mit Blick auf mögliche Extremwetterlagen die Einspeisung von LNG erforderlich, heißt es im Gesetzentwurf. Um Flüssigerdgas (LNG) in Deutschland anlanden, regasifizieren und weiterleiten zu können, sei der Ausbau der Importinfrastruktur unverzichtbar. Dabei solle mit dem Gesetz eine zusätzliche Beschleunigung für einzelne Gasfernleitungen erreicht werden.

Zudem sollten auch die Voraussetzungen für die Nachnutzung klarer gefasst und operationalisiert werden. Ziel sei es, die Nachnutzung dieser Standorte für ein Wasserstoffderivat rechtlich besser abzubilden und eine behördliche Überprüfbarkeit zu gewährleisten. Die unter das LNG-Beschleunigungsgesetz fallenden Anlagenstandorte sollen fortentwickelt werden, um auch Ergebnisse bisher durchgeführter Machbarkeitsstudien abzubilden.

Freitag, 7.07.2023, 13:53 Uhr
Susanne Harmsen

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