E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - In die Jahre gekommen: die Innovationsausschreibung
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung

In die Jahre gekommen: die Innovationsausschreibung

Die schwankend einspeisenden Erneuerbaren netzdienlich ausbauen − das war der Sinn der Innovationsausschreibungen. Die ersten Zuschläge sind am Netz. 
In den sogenannten Innovationsausschreibungen können Projektierer Photovoltaikanlagen oder Windräder mit Grünstromspeichern bei einer Gesamtleistung im MW-Bereich kombinieren, um eine Überproduktion zeitversetzt ins Netz einzuspeisen, wenn sie benötigt wird. Dieses Förderregime würde am 1. September seinen dritten Geburtstag feiern − wenn es denn etwas zu feiern gäbe.

Stattdessen wurden die Gesichter mit jedem Geburtstag länger. 2020 bei der Erstauflage rangen noch Gebote über 1.095 MW miteinander um 650 MW Ausschreibungskapazität. Große Projektentwickler bekamen teils mehrere Zuschläge: EnBW, Enertrag, Green City (später pleite), Juwi (MVV), KNE, Prokon. Aber auch Stadtwerke hatten Erfolg, etwa die Rheinenergie aus Köln, die N-Ergie Nürnberg, sowie Energiegenossenschaften. 

Schon die zweite Ausschreibung innerhalb des Jahres 2021 war unterzeichnet, mit 249 von 250 MW. Zur Farce geriet die Ausschreibung im Dezember 2022: Mangels Interesse ließ sich nur ein einziges Gebot − 2,4 MW PV und 0,8 MW Batteriespeicher eines Einzelunternehmers im bayerischen Riedenburg − bezuschlagen, statt 400 MW. Bei der gleich großen Ausschreibung zuvor hatte es 2022 noch 45 Zuschläge gegeben. Damals hatte eine „fixe“ Marktprämie obendrauf auf den Direktvermarktungserlös gewunken, Ende des Jahres gab es sie nur noch „gleitend”. Heißt: Sie wurde mit den Erlösen verrechnet. Das hätte für Projektierer nachrangig sein können angesichts der hohen PV-Marktwerte. Doch sie mussten Schlimmes mit der Erlösabschöpfung befürchten, die 14 Tage später Gesetz werden sollte. 
 
Der jüngste Hybridpark von Abo Wind am Netz: im hessischen Gumpen
Quelle: Abo Wind

Die Ampel reagierte wie bei den anderen unterzeichneten Vergaben auch: Sie erhöhte noch Ende Dezember den Höchstwert um 25 Prozent, sodass er bei der ersten von zwei ‘23er-Ausschreibungen am 1. Mai für 400 MW bei rekordverdächtigen 9,18 Ct/kWh fix lag. Dies unter der Voraussetzung, dass der Speicher elektrisch mindestens ein Viertel der Erneuerbaren-Anlage leistet und dies binnen zweier Stunden einspeisen kann oder eine PV-Anlage ebenso 25 Prozent als Sekundärreserve anbietet. Ein Umweltgutachter muss das nachweisen − jährlich.

Ergebnisse gibt es erst nach Redaktionsschluss. Die Bilanz bis 2022 sieht folgendermaßen aus, ergeben Berechnungen von Netzagenturzahlen durch E&M: Bezuschlagt wurden 151 Vorhaben mit knapp 1.500 MW. Etwa 50 MW mehr hätten es nach dem EEG sein sollen. Nach der Premiere gab es nie wieder Gebote für Kombinationen aus PV und Biomasse oder Wind und Speicher, nur noch für PV und Speicher.

Batterien dürfen nur einspeisen

Die ersten Innovationsprojekte, die seit 2022 fertig werden, haben es teilweise in sich: Beim Projektierer Abo Wind ging erstmals Mitte 2022 eine Kombi aus PV und Batterie aus der ersten Ausschreibung in Wahlheim (Rheinland-Pfalz) ans Netz, und zwar neben einer bestehenden eigenen Windenergieanlage, die an eine Energiegenossenschaft ging. Im Februar 2023 genauso in Lahr im Hunsrück, wo das Windrad seit 2016 zuerst da war. Diese Hybridparks hat Abo Wind an die Stadtwerke Tübingen verkauft. Im Mai ging Gumpen (Hessen) ans Netz: 3,8 MW PV und eine 1,5-MW-Batterie mit 1.500 kWh Kapazität.

Was heißt bei Abo Wind „netzdienlich einspeisen“? Der Projektierer und Betriebsführer aus Wiesbaden antwortet E&M so: Die Batteriespeicher „reagieren auf Preissignale am Intraday- und Day-ahead-Markt“. Insgesamt entwickle Abo Wind weltweit derzeit mehr als 1.000 MW an Speicherprojekten. Abo Wind: „Wir errichten Batteriespeicher bislang entweder gemeinsam mit PV-Anlagen oder stand-alone in der Nähe des Netzeinspeisungspunktes, daher handelt es sich in der Regel um Freiflächen.“ 

Julia Badeda, Bereichsleiterin für Hybride Energiesysteme und Speicher, kritisiert an den Innovationsausschreibungen: Die Batterien laden zum Beispiel bei maximaler Sonneneinstrahlung Strom aus der Solaranlage und geben ihn später wieder ab. Die Speicher dürfen aber keinen Strom aus einem überlasteten Netz ziehen. Sie dürfen immer nur reinen Ökostrom aufnehmen, sonst ist die Marktprämie weg. Im Netz liegt der grüne Anteil im Schnitt erst bei der Hälfte. „An dieser Stelle sollte der Gesetzgeber nachschärfen“, fordert Badeda. „In der aktuellen Regelung kann der Speicher nicht sein volles Potenzial als netzstützendes Element entfalten. Es ist heute messtechnisch möglich zu differenzieren, welcher Anteil des Stroms regenerativ erzeugt und eingespeichert wurde.“

​Später umspannen 

Mit einer technischen Innovation für Deutschland wartete im Februar der Leipziger Projektierer Green Energy 3000 auf. In seinem dritten Hybridpark aus 2,4 MW Photovoltaik und einem 2,4-MW-/2,8-MWh-Batteriespeicher im bayerischen Schnaittenbach läuft die Innerparkverkabelung der 11.000 Module auf Gleichspannung, wird also erst später umgerichtet. So geht weniger Strom verloren. Wer weiß, ob es diesen Innovationsdruck in Schnaittenbach beim heutigen Rekordhöchstwert von 9,18 Ct/kWh gegeben hätte.

Montag, 12.06.2023, 09:24 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - In die Jahre gekommen: die Innovationsausschreibung
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung
In die Jahre gekommen: die Innovationsausschreibung
Die schwankend einspeisenden Erneuerbaren netzdienlich ausbauen − das war der Sinn der Innovationsausschreibungen. Die ersten Zuschläge sind am Netz. 
In den sogenannten Innovationsausschreibungen können Projektierer Photovoltaikanlagen oder Windräder mit Grünstromspeichern bei einer Gesamtleistung im MW-Bereich kombinieren, um eine Überproduktion zeitversetzt ins Netz einzuspeisen, wenn sie benötigt wird. Dieses Förderregime würde am 1. September seinen dritten Geburtstag feiern − wenn es denn etwas zu feiern gäbe.

Stattdessen wurden die Gesichter mit jedem Geburtstag länger. 2020 bei der Erstauflage rangen noch Gebote über 1.095 MW miteinander um 650 MW Ausschreibungskapazität. Große Projektentwickler bekamen teils mehrere Zuschläge: EnBW, Enertrag, Green City (später pleite), Juwi (MVV), KNE, Prokon. Aber auch Stadtwerke hatten Erfolg, etwa die Rheinenergie aus Köln, die N-Ergie Nürnberg, sowie Energiegenossenschaften. 

Schon die zweite Ausschreibung innerhalb des Jahres 2021 war unterzeichnet, mit 249 von 250 MW. Zur Farce geriet die Ausschreibung im Dezember 2022: Mangels Interesse ließ sich nur ein einziges Gebot − 2,4 MW PV und 0,8 MW Batteriespeicher eines Einzelunternehmers im bayerischen Riedenburg − bezuschlagen, statt 400 MW. Bei der gleich großen Ausschreibung zuvor hatte es 2022 noch 45 Zuschläge gegeben. Damals hatte eine „fixe“ Marktprämie obendrauf auf den Direktvermarktungserlös gewunken, Ende des Jahres gab es sie nur noch „gleitend”. Heißt: Sie wurde mit den Erlösen verrechnet. Das hätte für Projektierer nachrangig sein können angesichts der hohen PV-Marktwerte. Doch sie mussten Schlimmes mit der Erlösabschöpfung befürchten, die 14 Tage später Gesetz werden sollte. 
 
Der jüngste Hybridpark von Abo Wind am Netz: im hessischen Gumpen
Quelle: Abo Wind

Die Ampel reagierte wie bei den anderen unterzeichneten Vergaben auch: Sie erhöhte noch Ende Dezember den Höchstwert um 25 Prozent, sodass er bei der ersten von zwei ‘23er-Ausschreibungen am 1. Mai für 400 MW bei rekordverdächtigen 9,18 Ct/kWh fix lag. Dies unter der Voraussetzung, dass der Speicher elektrisch mindestens ein Viertel der Erneuerbaren-Anlage leistet und dies binnen zweier Stunden einspeisen kann oder eine PV-Anlage ebenso 25 Prozent als Sekundärreserve anbietet. Ein Umweltgutachter muss das nachweisen − jährlich.

Ergebnisse gibt es erst nach Redaktionsschluss. Die Bilanz bis 2022 sieht folgendermaßen aus, ergeben Berechnungen von Netzagenturzahlen durch E&M: Bezuschlagt wurden 151 Vorhaben mit knapp 1.500 MW. Etwa 50 MW mehr hätten es nach dem EEG sein sollen. Nach der Premiere gab es nie wieder Gebote für Kombinationen aus PV und Biomasse oder Wind und Speicher, nur noch für PV und Speicher.

Batterien dürfen nur einspeisen

Die ersten Innovationsprojekte, die seit 2022 fertig werden, haben es teilweise in sich: Beim Projektierer Abo Wind ging erstmals Mitte 2022 eine Kombi aus PV und Batterie aus der ersten Ausschreibung in Wahlheim (Rheinland-Pfalz) ans Netz, und zwar neben einer bestehenden eigenen Windenergieanlage, die an eine Energiegenossenschaft ging. Im Februar 2023 genauso in Lahr im Hunsrück, wo das Windrad seit 2016 zuerst da war. Diese Hybridparks hat Abo Wind an die Stadtwerke Tübingen verkauft. Im Mai ging Gumpen (Hessen) ans Netz: 3,8 MW PV und eine 1,5-MW-Batterie mit 1.500 kWh Kapazität.

Was heißt bei Abo Wind „netzdienlich einspeisen“? Der Projektierer und Betriebsführer aus Wiesbaden antwortet E&M so: Die Batteriespeicher „reagieren auf Preissignale am Intraday- und Day-ahead-Markt“. Insgesamt entwickle Abo Wind weltweit derzeit mehr als 1.000 MW an Speicherprojekten. Abo Wind: „Wir errichten Batteriespeicher bislang entweder gemeinsam mit PV-Anlagen oder stand-alone in der Nähe des Netzeinspeisungspunktes, daher handelt es sich in der Regel um Freiflächen.“ 

Julia Badeda, Bereichsleiterin für Hybride Energiesysteme und Speicher, kritisiert an den Innovationsausschreibungen: Die Batterien laden zum Beispiel bei maximaler Sonneneinstrahlung Strom aus der Solaranlage und geben ihn später wieder ab. Die Speicher dürfen aber keinen Strom aus einem überlasteten Netz ziehen. Sie dürfen immer nur reinen Ökostrom aufnehmen, sonst ist die Marktprämie weg. Im Netz liegt der grüne Anteil im Schnitt erst bei der Hälfte. „An dieser Stelle sollte der Gesetzgeber nachschärfen“, fordert Badeda. „In der aktuellen Regelung kann der Speicher nicht sein volles Potenzial als netzstützendes Element entfalten. Es ist heute messtechnisch möglich zu differenzieren, welcher Anteil des Stroms regenerativ erzeugt und eingespeichert wurde.“

​Später umspannen 

Mit einer technischen Innovation für Deutschland wartete im Februar der Leipziger Projektierer Green Energy 3000 auf. In seinem dritten Hybridpark aus 2,4 MW Photovoltaik und einem 2,4-MW-/2,8-MWh-Batteriespeicher im bayerischen Schnaittenbach läuft die Innerparkverkabelung der 11.000 Module auf Gleichspannung, wird also erst später umgerichtet. So geht weniger Strom verloren. Wer weiß, ob es diesen Innovationsdruck in Schnaittenbach beim heutigen Rekordhöchstwert von 9,18 Ct/kWh gegeben hätte.

Montag, 12.06.2023, 09:24 Uhr
Georg Eble

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.