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Energie & Management > Windkraft Offshore - Energieanlagen auf See verteidigen
Quelle: E&M / Georg Eble
Windkraft Offshore

Energieanlagen auf See verteidigen

Je mehr Energiegewinnung vom Meer kommt, desto wichtiger wird der Schutz von Kabeln, Pipelines und Anlagen. So das Fazit eines Treffens von Offshore-Branche und britischer Regierung.
Trotz Brexit müssen die Länder der EU und Großbritannien enger zusammenarbeiten. Eines der Felder ist die Sicherheit der Energieversorgung auf und unter der Nordsee. Gemeinsam mit dem britischen Handelsministerium lud der Bundesverband Windenergie Offshore (BWO) zu einem Treffen in die britische Botschaft in Berlin. Am 22. Februar diskutierten Vertreter der Energiebranche, der IT und des Militärs mit Politikern, wie die Sicherheit zu gewährleisten ist. Spätestens seit den Anschlägen auf unterseeische Pipeline und Kabel ist klar, wie verwundbar sie sind.

Die aktuellen geopolitischen Entwicklungen – vor allem der russische Angriffskrieg auf die Ukraine – hätten gezeigt, wie wichtig die Infrastruktur für die Energieversorgungssicherheit ist, hieß es auf dem Treffen. Deshalb appellierte der BWO, an die Staaten, den Schutz der Windparks und der Netzanbindungssysteme vor physischen und digitalen Angriffen sichern zu helfen.

Auf der Tagung ging es darum, welche Risiken akut sind und welche Gegenmaßnahmen ergriffen werden müssen. Experten und Expertinnen aus Großbritannien und Deutschland sprachen über Sicherheitsrisiken für die Offshore-Infrastruktur sowie digitale Herausforderungen mit hochrangigen Vertreterinnen und Vertretern aus deutschen und britischen Behörden, der Politik und Wissenschaft.

Schiffe im Blick

Hans-Werner Wiermann, Leiter der Critical Undersea Infrastructure Coordination Cell der Nato, berichtete von ersten ergriffenen Maßnahmen. So habe eine Umfrage unter den betroffenen Regierungen ergeben, dass diese an einem koordinierten Schutz interessiert sind. Allerdings sollten auch aus rechtlichen Gründen Nato-Stellen nicht direkt mit den Unternehmen zusammenarbeiten. Stattdessen solle es Koordinierungsstellen in den Regierungen geben.

Allerdings wäre es hilfreich, wenn bei verdächtigen Schiffsbewegungen oder Vorgängen um Energieleitungen oder -anlagen auf die Daten der Unternehmen zugegriffen werden könnte, sagte Wiermann. Dafür fehlt noch die rechtliche Grundlage. Allerdings sei die Nato auch jetzt nicht hilflos. So würden via Satellit und Funksignalen die Schiffsbewegungen in den Meeresgebieten des Bündnisses engmaschig überwacht. Norwegen habe vielfach russische U-Boote beobachtet, die in seinen Gewässern unterwegs waren.
 
Angriffe auf Energieinfrastruktur seit 2021
(Zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken.)
Quelle: BWO

Beim Schaden an der Balticconnector-Gaspipeline zwischen Estland und Finnland wisse man genau, welches Schiff ihn verursacht habe. Allerdings sei es schwer, eine Absicht oder Hintermänner nachzuweisen. „Mit den Ausbauzielen von 70 GW, die bis 2045 in das deutsche Stromnetz beziehungsweise 300 GW, die in das europäische Stromnetz eingespeist werden sollen, nimmt diese Technologie eine immer wichtigere Rolle für die Energieversorgung Deutschlands und Europas ein“, erinnerte BWO-Geschäftsführer Stefan Thimm.

Briten wollen kooperieren

„Das Vereinigte Königreich teilt die gleiche Vision mit unseren Partnern in Deutschland: die Nordsee zum grünen Energiezentrum Europas zu machen“, sagte Kathryn Boyd, stellvertretende Direktorin für den Europahandel beim britischen Handelsministerium. Ihr Land plane 77 GW Leistung von Windkraftanlagen zu errichten und damit fast ein Drittel des künftigen Energiezentrums in der Nordsee beizusteuern. „Daher ist es enorm wichtig, unsere kritische Offshore-Wind-Infrastruktur zu schützen, und dabei eng mit unseren Partnern zusammenzuarbeiten“, unterstrich Boyd.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Bengt Bergt ergänzte, dass Deutschland und die EU versuchten, auch die Lieferketten für die kritischen Energieanlagen wenigstens teilweise im eigenen Wirtschaftsraum zu verankern. Das sei angesichts des Preiswettkampfs vor allem chinesischer Anbieter schwierig, werde aber zum Beispiel durch Qualifikationskriterien in den Ausschreibungen für Windparks bereits unternommen.

Konkrete Forderungen der Windkraftbranche

Der BWO-Vorstandsvorsitzende Jörg Kubitza sieht den Staat in der Verantwortung, für die Sicherung der kritischen Infrastruktur zu sorgen. Die Unternehmen würden sich bereits um die Cybersicherheit ihrer Anlagen kümmern und Tausende Angriffe abwehren. „Den Schutz der Windparks und der Netzanbindungssysteme vor physischen und digitalen Angriffen“, müssten aber die staatlichen Gewalten übernehmen. Der Vorfall der Sichtung einer russischen Militärmaschine kurz vor der Insel Rügen im Januar 2024 zeige, wie wichtig die Sicherung der Energieversorgung auf dem Meer auch vor physikalischen Angriffen ist, unterstrich er.

Kritische Punkte der Infrastruktur der Offshore Windenergie befinden sich im Küstenmeer, der Ausschließlichen Wirtschaftszone und auf hoher See. Das bedeute unterschiedliche Zuständigkeiten zwischen der Bundespolizei, der Marine und der Wasserschutzpolizeien der Küstenländer. Eine enge Abstimmung ist zu gewährleisten, fordert der BWO. Der Staat sollte Verantwortung übernehmen mit staatlichen Sicherheitskräften, die Branche unterstütze diese, etwa mit der Meldung bei Sichtung unbekannter Schiffe.

Zudem benötige man ein umfassendes Lagebild des Seeraums – auch unter Wasser, wofür das Maritime Sicherheitszentrum (MSZ) gestärkt werden soll und Bundespolizei, Marine, Wasserschutzpolizeien und Havariekommando sich enger abstimmen müssen. Dafür solle es Übungen und Notfallkontakte geben, um im Ernstfall schnell handeln zu können und die Kräfte müssten entsprechend ausgerüstet werden, fordert der BWO.

Das Positionspapier des BWO zur Sicherung kritischer Infrastruktur steht als PDF zum Download bereit.

Freitag, 23.02.2024, 16:13 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Windkraft Offshore - Energieanlagen auf See verteidigen
Quelle: E&M / Georg Eble
Windkraft Offshore
Energieanlagen auf See verteidigen
Je mehr Energiegewinnung vom Meer kommt, desto wichtiger wird der Schutz von Kabeln, Pipelines und Anlagen. So das Fazit eines Treffens von Offshore-Branche und britischer Regierung.
Trotz Brexit müssen die Länder der EU und Großbritannien enger zusammenarbeiten. Eines der Felder ist die Sicherheit der Energieversorgung auf und unter der Nordsee. Gemeinsam mit dem britischen Handelsministerium lud der Bundesverband Windenergie Offshore (BWO) zu einem Treffen in die britische Botschaft in Berlin. Am 22. Februar diskutierten Vertreter der Energiebranche, der IT und des Militärs mit Politikern, wie die Sicherheit zu gewährleisten ist. Spätestens seit den Anschlägen auf unterseeische Pipeline und Kabel ist klar, wie verwundbar sie sind.

Die aktuellen geopolitischen Entwicklungen – vor allem der russische Angriffskrieg auf die Ukraine – hätten gezeigt, wie wichtig die Infrastruktur für die Energieversorgungssicherheit ist, hieß es auf dem Treffen. Deshalb appellierte der BWO, an die Staaten, den Schutz der Windparks und der Netzanbindungssysteme vor physischen und digitalen Angriffen sichern zu helfen.

Auf der Tagung ging es darum, welche Risiken akut sind und welche Gegenmaßnahmen ergriffen werden müssen. Experten und Expertinnen aus Großbritannien und Deutschland sprachen über Sicherheitsrisiken für die Offshore-Infrastruktur sowie digitale Herausforderungen mit hochrangigen Vertreterinnen und Vertretern aus deutschen und britischen Behörden, der Politik und Wissenschaft.

Schiffe im Blick

Hans-Werner Wiermann, Leiter der Critical Undersea Infrastructure Coordination Cell der Nato, berichtete von ersten ergriffenen Maßnahmen. So habe eine Umfrage unter den betroffenen Regierungen ergeben, dass diese an einem koordinierten Schutz interessiert sind. Allerdings sollten auch aus rechtlichen Gründen Nato-Stellen nicht direkt mit den Unternehmen zusammenarbeiten. Stattdessen solle es Koordinierungsstellen in den Regierungen geben.

Allerdings wäre es hilfreich, wenn bei verdächtigen Schiffsbewegungen oder Vorgängen um Energieleitungen oder -anlagen auf die Daten der Unternehmen zugegriffen werden könnte, sagte Wiermann. Dafür fehlt noch die rechtliche Grundlage. Allerdings sei die Nato auch jetzt nicht hilflos. So würden via Satellit und Funksignalen die Schiffsbewegungen in den Meeresgebieten des Bündnisses engmaschig überwacht. Norwegen habe vielfach russische U-Boote beobachtet, die in seinen Gewässern unterwegs waren.
 
Angriffe auf Energieinfrastruktur seit 2021
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Quelle: BWO

Beim Schaden an der Balticconnector-Gaspipeline zwischen Estland und Finnland wisse man genau, welches Schiff ihn verursacht habe. Allerdings sei es schwer, eine Absicht oder Hintermänner nachzuweisen. „Mit den Ausbauzielen von 70 GW, die bis 2045 in das deutsche Stromnetz beziehungsweise 300 GW, die in das europäische Stromnetz eingespeist werden sollen, nimmt diese Technologie eine immer wichtigere Rolle für die Energieversorgung Deutschlands und Europas ein“, erinnerte BWO-Geschäftsführer Stefan Thimm.

Briten wollen kooperieren

„Das Vereinigte Königreich teilt die gleiche Vision mit unseren Partnern in Deutschland: die Nordsee zum grünen Energiezentrum Europas zu machen“, sagte Kathryn Boyd, stellvertretende Direktorin für den Europahandel beim britischen Handelsministerium. Ihr Land plane 77 GW Leistung von Windkraftanlagen zu errichten und damit fast ein Drittel des künftigen Energiezentrums in der Nordsee beizusteuern. „Daher ist es enorm wichtig, unsere kritische Offshore-Wind-Infrastruktur zu schützen, und dabei eng mit unseren Partnern zusammenzuarbeiten“, unterstrich Boyd.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Bengt Bergt ergänzte, dass Deutschland und die EU versuchten, auch die Lieferketten für die kritischen Energieanlagen wenigstens teilweise im eigenen Wirtschaftsraum zu verankern. Das sei angesichts des Preiswettkampfs vor allem chinesischer Anbieter schwierig, werde aber zum Beispiel durch Qualifikationskriterien in den Ausschreibungen für Windparks bereits unternommen.

Konkrete Forderungen der Windkraftbranche

Der BWO-Vorstandsvorsitzende Jörg Kubitza sieht den Staat in der Verantwortung, für die Sicherung der kritischen Infrastruktur zu sorgen. Die Unternehmen würden sich bereits um die Cybersicherheit ihrer Anlagen kümmern und Tausende Angriffe abwehren. „Den Schutz der Windparks und der Netzanbindungssysteme vor physischen und digitalen Angriffen“, müssten aber die staatlichen Gewalten übernehmen. Der Vorfall der Sichtung einer russischen Militärmaschine kurz vor der Insel Rügen im Januar 2024 zeige, wie wichtig die Sicherung der Energieversorgung auf dem Meer auch vor physikalischen Angriffen ist, unterstrich er.

Kritische Punkte der Infrastruktur der Offshore Windenergie befinden sich im Küstenmeer, der Ausschließlichen Wirtschaftszone und auf hoher See. Das bedeute unterschiedliche Zuständigkeiten zwischen der Bundespolizei, der Marine und der Wasserschutzpolizeien der Küstenländer. Eine enge Abstimmung ist zu gewährleisten, fordert der BWO. Der Staat sollte Verantwortung übernehmen mit staatlichen Sicherheitskräften, die Branche unterstütze diese, etwa mit der Meldung bei Sichtung unbekannter Schiffe.

Zudem benötige man ein umfassendes Lagebild des Seeraums – auch unter Wasser, wofür das Maritime Sicherheitszentrum (MSZ) gestärkt werden soll und Bundespolizei, Marine, Wasserschutzpolizeien und Havariekommando sich enger abstimmen müssen. Dafür solle es Übungen und Notfallkontakte geben, um im Ernstfall schnell handeln zu können und die Kräfte müssten entsprechend ausgerüstet werden, fordert der BWO.

Das Positionspapier des BWO zur Sicherung kritischer Infrastruktur steht als PDF zum Download bereit.

Freitag, 23.02.2024, 16:13 Uhr
Susanne Harmsen

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