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Energie & Management > Politik - Die offenen Wunden der Energiewende
Quelle: Shutterstock / canadastock
Politik

Die offenen Wunden der Energiewende

Eine Podiumsdiskussion bei BBH in Berlin über die Energiepolitik der Ampelkoalition hat mit einem provokanten Vorschlag geschlossen.
Wasserstoff, verstärkter Ausbau der erneuerbaren Energien, Atomkraft – das waren Themen auf der Jahreskonferenz von Becker Büttner Held (BBH) in Berlin. Die in der Energiewirtschaft aktive Anwaltskanzlei hatte Politikerinnen und Politiker geladen, um das "Osterpaket", die ersten Gesetzentwürfe der Ampelkoalition zur Beschleunigung der Energiewende, zu diskutieren. Bernd Westphal, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD, versprach, die Versorgungssicherheit wie auch eine "umweltverträgliche und preisstabile Energieversorgung" zu gewährleisten. Dieses Ziel sei seit dem 24. Februar, dem Überfall Russlands auf die Ukraine, um einiges schwerer zu erreichen, so Westphal. "Enorme Anstrengungen" seien nötig, um die erneuerbaren Energien "schneller, sozialer, sicherer" auszubauen.

Alle Staatssekretäre seien "am Rotieren", bestätigte Julia Verlinden, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen. Sie brachte die Rolle des Wasserstoffs als "Joker für alle Fragen der Energiewende" ins Spiel. Verlinden prognostizierte, dass Wasserstoff in der Raumwärme künftig eine zu vernachlässigende Bedeutung haben werde, und plädierte dafür, in Neubaugebieten den Bau von Gasverteilnetzen zu stoppen − "Sie werden nicht lange genutzt werden."

"Die Union wird das Osterpaket unterstützen", erklärte Thomas Heilmann, Vorsitzender der Klima-Union und Mitglied im Klimaausschuss für die CDU / CSU. Er warnte zugleich, dass "eine Menge Nachsteuerung" vonnöten sein werde. Insgesamt aber schien er mit der Politik der Ampelkoalition zufrieden zu sein. Die Debatte um eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken aufgrund des Wegfalls von russischem Gas erklärte er zur "Randdiskussion". Eine fünfjährige Verlängerung der Atomlaufzeiten "würde zwar Sinn ergeben, aus strategischer Sicht aber keinen Unterschied machen. Der Atomausstieg ist beschlossen."

Behörden blockieren Geo- und Solarthermie
Die Emotionen kochten hoch, als der Vertreter eines Wärmepumpenherstellers aus dem Publikum erzählte, wie die örtliche Genehmigungsbehörde eine Geothermie-Bohrung für eine Wärmepumpe für 200 Wohnungen um Monate verzögerte. "Bis dahin stehen unsere Bagger still", so der Unternehmer.

Parallel sei Solarthermie auf den Dächern geplant worden. Die sei wiederum verboten worden, weil ein einziges Gebäude im Ensemble unter Denkmalschutz stehe. Die Begründung der Behörde laut dem Unternehmer: "Wenn man dort steht, will man auf rote Dächer und nicht auf blaue Dächer schauen."

Damit legte er den Finger in eine Wunde, jedenfalls war der Beifall enorm. Die Grünen-Politikerin Verlinden verwies darauf, dass Denkmalschutz Landesrecht sei, gepaart mit Ermessensentscheidungen: "Hier müssen noch Diskussionen geführt werden." Dann klagte sie über den "riesigen Stau an Problemen", die in den vergangenen Legislaturperioden nicht gelöst worden seien. Zu dem Fachkräftemangel in der Energiebranche und in den Genehmigungsbehörden komme ein erheblicher Rückstand bei der Digitalisierung. "Es gelingt nicht, das alles in wenigen Wochen um 180 Grad zu drehen", so Verlinden.

Sie schloss mit dem Vorschlag, diejenigen Ingenieurinnen und Ingenieure, die derzeit Autobahnen planen, "für die vielleicht eh kein Geld mehr da ist", abzuziehen und sie für die Energiewende einzusetzen.

Dienstag, 26.04.2022, 17:22 Uhr
Mirko Heinemann
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Die offenen Wunden der Energiewende
Eine Podiumsdiskussion bei BBH in Berlin über die Energiepolitik der Ampelkoalition hat mit einem provokanten Vorschlag geschlossen.
Wasserstoff, verstärkter Ausbau der erneuerbaren Energien, Atomkraft – das waren Themen auf der Jahreskonferenz von Becker Büttner Held (BBH) in Berlin. Die in der Energiewirtschaft aktive Anwaltskanzlei hatte Politikerinnen und Politiker geladen, um das "Osterpaket", die ersten Gesetzentwürfe der Ampelkoalition zur Beschleunigung der Energiewende, zu diskutieren. Bernd Westphal, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD, versprach, die Versorgungssicherheit wie auch eine "umweltverträgliche und preisstabile Energieversorgung" zu gewährleisten. Dieses Ziel sei seit dem 24. Februar, dem Überfall Russlands auf die Ukraine, um einiges schwerer zu erreichen, so Westphal. "Enorme Anstrengungen" seien nötig, um die erneuerbaren Energien "schneller, sozialer, sicherer" auszubauen.

Alle Staatssekretäre seien "am Rotieren", bestätigte Julia Verlinden, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen. Sie brachte die Rolle des Wasserstoffs als "Joker für alle Fragen der Energiewende" ins Spiel. Verlinden prognostizierte, dass Wasserstoff in der Raumwärme künftig eine zu vernachlässigende Bedeutung haben werde, und plädierte dafür, in Neubaugebieten den Bau von Gasverteilnetzen zu stoppen − "Sie werden nicht lange genutzt werden."

"Die Union wird das Osterpaket unterstützen", erklärte Thomas Heilmann, Vorsitzender der Klima-Union und Mitglied im Klimaausschuss für die CDU / CSU. Er warnte zugleich, dass "eine Menge Nachsteuerung" vonnöten sein werde. Insgesamt aber schien er mit der Politik der Ampelkoalition zufrieden zu sein. Die Debatte um eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken aufgrund des Wegfalls von russischem Gas erklärte er zur "Randdiskussion". Eine fünfjährige Verlängerung der Atomlaufzeiten "würde zwar Sinn ergeben, aus strategischer Sicht aber keinen Unterschied machen. Der Atomausstieg ist beschlossen."

Behörden blockieren Geo- und Solarthermie
Die Emotionen kochten hoch, als der Vertreter eines Wärmepumpenherstellers aus dem Publikum erzählte, wie die örtliche Genehmigungsbehörde eine Geothermie-Bohrung für eine Wärmepumpe für 200 Wohnungen um Monate verzögerte. "Bis dahin stehen unsere Bagger still", so der Unternehmer.

Parallel sei Solarthermie auf den Dächern geplant worden. Die sei wiederum verboten worden, weil ein einziges Gebäude im Ensemble unter Denkmalschutz stehe. Die Begründung der Behörde laut dem Unternehmer: "Wenn man dort steht, will man auf rote Dächer und nicht auf blaue Dächer schauen."

Damit legte er den Finger in eine Wunde, jedenfalls war der Beifall enorm. Die Grünen-Politikerin Verlinden verwies darauf, dass Denkmalschutz Landesrecht sei, gepaart mit Ermessensentscheidungen: "Hier müssen noch Diskussionen geführt werden." Dann klagte sie über den "riesigen Stau an Problemen", die in den vergangenen Legislaturperioden nicht gelöst worden seien. Zu dem Fachkräftemangel in der Energiebranche und in den Genehmigungsbehörden komme ein erheblicher Rückstand bei der Digitalisierung. "Es gelingt nicht, das alles in wenigen Wochen um 180 Grad zu drehen", so Verlinden.

Sie schloss mit dem Vorschlag, diejenigen Ingenieurinnen und Ingenieure, die derzeit Autobahnen planen, "für die vielleicht eh kein Geld mehr da ist", abzuziehen und sie für die Energiewende einzusetzen.

Dienstag, 26.04.2022, 17:22 Uhr
Mirko Heinemann

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