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Energie & Management > KWK - Zwei Lkw-Ladungen Wasserstoff für eine Stunde Betrieb
Jörg Teupen, Vorstand Stadtwerke Kiel AG (links), und Carl Richers, Vice President Product Management, Innio. Quelle: Stadtwerke Kiel/Innio
KWK

Zwei Lkw-Ladungen Wasserstoff für eine Stunde Betrieb

Gasmotoren auf Wasserstoff umzustellen, ist technisch kein Problem. Die Versorgungssicherheit ist der Knackpunkt, wie Jörg Teupen und Carl Richers im Gespräch mit E&M deutlich machen.
Die Stadtwerke Kiel und der Motorenhersteller Innio planen, das Großmotoren-Heizkraftwerk in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt auf Wasserstoff umzurüsten. Das 190-MW-Küstenkraftwerk soll spätestens ab 2035 klimaneutral Strom und Wärme produzieren − sofern die Politik rechtzeitig die Weichen für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Deutschland gestellt hat. Jörg Teupen, Vorstand der Stadtwerke Kiel für Technik und Personal, sowie Carl Richers, Vice President Product Management und Marketing Innio Jenbacher, machen im Gespräch mit E&M deutlich, dass die Zeit dafür sehr drängt.

In welchem Umfang und in welcher Weise wird künftig Wasserstoff importiert? Wie lässt sich eine Wasserstoffproduktion hierzulande aufbauen? Dies seien Fragen, auf die die Politik bisher noch keine konkreten Antworten gegeben habe, sagt Teupen. Nach dem Rückbau des Kieler Kohlkraftwerks haben die Stadtwerke zwar Flächen, auf denen eigene Elektrolysekapazitäten errichtet werden könnten. „Es gibt derzeit aber keine klaren Rahmen- und vor allem Förderbedingungen, sodass wir das unternehmerische Risiko, das der Aufbau eigener Kapazitäten mit sich bringt, im Moment noch nicht eingehen können“, gibt der Vorstand zu bedenken.

Für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft – hierfür würde sich Kiel laut Teupen auch als Reallabor zur Verfügung stellen – seien vor allem Instrumente nötig, mit denen sich Preisdifferenzen zwischen Erdgas und Wasserstoff ausgleichen. Teupen denkt hier vor allem an sogenannte Contracts for Difference. Mit diesen könnte der Staat jene Unternehmen unterstützen, die frühzeitig auf Wasserstoff setzen.

Kiel bietet sich als Reallabor an

Neben der Bezahlbarkeit müsse die Versorgungssicherheit an sich gewährleistet werden, denn für die 20 Jenbacher-Motoren von Innio benötigen die Stadtwerke Kiel laut Teupen „gigantische“ Mengen an Wasserstoff. Um einen Motor lediglich eine Stunde lang am Laufen zu halten seien schon etwa zwei Lkw-Ladungen Wasserstoff notwendig. „Deshalb ist auch eine Pipeline-Anbindung für uns so wichtig“, sagt der Stadtwerke-Vorstand. Den Wärmekunden könne man schließlich keine Unsicherheiten zumuten.

Innio-Manager Richers weist auf einen weiteren Aspekt der Versorgungssicherheit hin: „Die Umstellung auf Wasserstoff ist im Grunde eine Einbahnstraße. Man kann nicht so einfach zum Gas zurückkehren oder andere Brennstoffe in variierenden Mischungsverhältnissen einsetzen.“ Man könne zwar eine Breitbandlösung installieren, die eine Nutzung verschiedener Brennstoffe im Wechsel zulässt. Diese Flexibilität würde man jedoch mit Leistungseinbußen und einem schlechten Wirkungsgrad erkaufen. „Wir wollen das Kraftwerk aber optimieren − für den Betrieb mit Wasserstoff. Deshalb müssen wir uns dann zu hundert Prozent auf die Wasserstoffversorgung verlassen können“, so Richers.

Dass die Umstellung auf Wasserstoff technisch kein Problem ist, hat Innio schon 2020 an einer 1-MW-Anlage in Hamburg demonstriert. „Hier in Kiel haben wir mit 190 Megawatt und 20 Motoren allerdings ganz andere Dimensionen“, sagt Richers.
Aufgrund der modularen Struktur des Kraftwerks könne man grundsätzlich auch die Zahl der mit Wasserstoff betriebenen Motoren schrittweise steigern. „Aber wenn die Rahmenbedingungen stimmen und die Versorgung mit Wasserstoff gesichert ist, kann man auch den Schalter umlegen und das gesamte Kraftwerk umstellen“, erklärt Teupen. Er glaubt fest daran, dass für Anlagen wie das Küstenkraftwerk bis 2035 ausreichend Wasserstoff vorhanden sein wird, sei es durch eine eigene Produktion, die durch entsprechende Förderbedingungen angereizt wird, oder durch umfangreiche Importe. Dann sagt er aber doch: „Sollten diese Voraussetzungen durch die Bundesregierung nicht erfüllt werden, brauchen wir auch nicht mehr vom nationalen Klimaneutralitätsziel 2045 zu sprechen. Davon kann sich die Politik dann verabschieden.“

Das vollständige Interview mit Jörg Teupen und Carl Richers lesen Sie in der April-Ausgabe von Energie & Management.
 

Mittwoch, 29.03.2023, 09:30 Uhr
Fritz Wilhelm
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Jörg Teupen, Vorstand Stadtwerke Kiel AG (links), und Carl Richers, Vice President Product Management, Innio. Quelle: Stadtwerke Kiel/Innio
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Zwei Lkw-Ladungen Wasserstoff für eine Stunde Betrieb
Gasmotoren auf Wasserstoff umzustellen, ist technisch kein Problem. Die Versorgungssicherheit ist der Knackpunkt, wie Jörg Teupen und Carl Richers im Gespräch mit E&M deutlich machen.
Die Stadtwerke Kiel und der Motorenhersteller Innio planen, das Großmotoren-Heizkraftwerk in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt auf Wasserstoff umzurüsten. Das 190-MW-Küstenkraftwerk soll spätestens ab 2035 klimaneutral Strom und Wärme produzieren − sofern die Politik rechtzeitig die Weichen für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Deutschland gestellt hat. Jörg Teupen, Vorstand der Stadtwerke Kiel für Technik und Personal, sowie Carl Richers, Vice President Product Management und Marketing Innio Jenbacher, machen im Gespräch mit E&M deutlich, dass die Zeit dafür sehr drängt.

In welchem Umfang und in welcher Weise wird künftig Wasserstoff importiert? Wie lässt sich eine Wasserstoffproduktion hierzulande aufbauen? Dies seien Fragen, auf die die Politik bisher noch keine konkreten Antworten gegeben habe, sagt Teupen. Nach dem Rückbau des Kieler Kohlkraftwerks haben die Stadtwerke zwar Flächen, auf denen eigene Elektrolysekapazitäten errichtet werden könnten. „Es gibt derzeit aber keine klaren Rahmen- und vor allem Förderbedingungen, sodass wir das unternehmerische Risiko, das der Aufbau eigener Kapazitäten mit sich bringt, im Moment noch nicht eingehen können“, gibt der Vorstand zu bedenken.

Für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft – hierfür würde sich Kiel laut Teupen auch als Reallabor zur Verfügung stellen – seien vor allem Instrumente nötig, mit denen sich Preisdifferenzen zwischen Erdgas und Wasserstoff ausgleichen. Teupen denkt hier vor allem an sogenannte Contracts for Difference. Mit diesen könnte der Staat jene Unternehmen unterstützen, die frühzeitig auf Wasserstoff setzen.

Kiel bietet sich als Reallabor an

Neben der Bezahlbarkeit müsse die Versorgungssicherheit an sich gewährleistet werden, denn für die 20 Jenbacher-Motoren von Innio benötigen die Stadtwerke Kiel laut Teupen „gigantische“ Mengen an Wasserstoff. Um einen Motor lediglich eine Stunde lang am Laufen zu halten seien schon etwa zwei Lkw-Ladungen Wasserstoff notwendig. „Deshalb ist auch eine Pipeline-Anbindung für uns so wichtig“, sagt der Stadtwerke-Vorstand. Den Wärmekunden könne man schließlich keine Unsicherheiten zumuten.

Innio-Manager Richers weist auf einen weiteren Aspekt der Versorgungssicherheit hin: „Die Umstellung auf Wasserstoff ist im Grunde eine Einbahnstraße. Man kann nicht so einfach zum Gas zurückkehren oder andere Brennstoffe in variierenden Mischungsverhältnissen einsetzen.“ Man könne zwar eine Breitbandlösung installieren, die eine Nutzung verschiedener Brennstoffe im Wechsel zulässt. Diese Flexibilität würde man jedoch mit Leistungseinbußen und einem schlechten Wirkungsgrad erkaufen. „Wir wollen das Kraftwerk aber optimieren − für den Betrieb mit Wasserstoff. Deshalb müssen wir uns dann zu hundert Prozent auf die Wasserstoffversorgung verlassen können“, so Richers.

Dass die Umstellung auf Wasserstoff technisch kein Problem ist, hat Innio schon 2020 an einer 1-MW-Anlage in Hamburg demonstriert. „Hier in Kiel haben wir mit 190 Megawatt und 20 Motoren allerdings ganz andere Dimensionen“, sagt Richers.
Aufgrund der modularen Struktur des Kraftwerks könne man grundsätzlich auch die Zahl der mit Wasserstoff betriebenen Motoren schrittweise steigern. „Aber wenn die Rahmenbedingungen stimmen und die Versorgung mit Wasserstoff gesichert ist, kann man auch den Schalter umlegen und das gesamte Kraftwerk umstellen“, erklärt Teupen. Er glaubt fest daran, dass für Anlagen wie das Küstenkraftwerk bis 2035 ausreichend Wasserstoff vorhanden sein wird, sei es durch eine eigene Produktion, die durch entsprechende Förderbedingungen angereizt wird, oder durch umfangreiche Importe. Dann sagt er aber doch: „Sollten diese Voraussetzungen durch die Bundesregierung nicht erfüllt werden, brauchen wir auch nicht mehr vom nationalen Klimaneutralitätsziel 2045 zu sprechen. Davon kann sich die Politik dann verabschieden.“

Das vollständige Interview mit Jörg Teupen und Carl Richers lesen Sie in der April-Ausgabe von Energie & Management.
 

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Fritz Wilhelm

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