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Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren - Zu zaghaftes Vortasten
Quelle: Shutterstock
E&M Vor 20 Jahren

Zu zaghaftes Vortasten

Die Offshore-Windenergie war vor 20 Jahren noch ein vergleichsweise kleines Pflänzchen. In der Branche gab es viel Kritik, die Bundesregierung behindere ein schnelles Wachstum.
Im Jahr 2021 sind in der deutschen Nord- und Ostsee rund 7.700 MW an Offshore-Windenergiekapazität am Netz. Bis 2040 sollen es 40.000 MW sein. Nicht zuletzt für die Produktion von grünem Wasserstoff wird der auf See erzeugte Strom eine wichtige Rolle spielen. Vor 20 Jahren wurde noch über „Pilotparks“ vor der Küste diskutiert.
 
E&M-Chefreporter Ralf Köpke sprach im Herbst 2001 mit Vertretern der Branche, denen der Ausbau viel zu langsam und zu zaghaft voran ging.
 
Grundsätzlich bekennt sich das Bundesumweltministerium zu den Offshore-Windparks – die geplanten Pilotparks mit 40 Anlagen halten Hersteller und Planer aber für unwirtschaftlich.  Noch immer ist die Wut bei Fritz Vahrenholt nicht verraucht: „Da brüstet sich die Bundesrepublik auf dem Bonner Klimagipfel als umweltpolitischer Musterschüler, lässt aber die Chancen, zigtausend Tonnen Kohlendioxid vor den eigenen Küsten einzusparen, ungenutzt.“

In Rage gebracht haben den früheren Hamburger Umweltsenator, der seit Jahresanfang in Diensten des Windturbinen-Herstellers REpower Systems AG steht, ausgerechnet Pläne des Bundesumweltministeriums (BMU). „Der Ausbau der Windkraft auf See hat eine zentrale Bedeutung für die künftige Energieversorgung“, hatte Staatssekretär Rainer Baake Mitte Juni vollmundig verkündet. Ein Wunsch, der wohl nur ein Fernziel beschreibt.

Für 2030 erwartet das BMU eine maritime Windkraftleistung zwischen 20.000 und 25.000 MW
 
Erst für das Jahr 2030 erwartet das BMU eine maritime Windkraft-Leistung zwischen 20.000 und 25.000 MW, womit bis zu 25 Prozent des deutschen Strombedarfs gedeckt werden könnten. Bis 2006 will sich das Trittin-Ministerium mit dem Bau einiger weniger Pilotparks mit einer Gesamtleistung von 500 MW begnügen, wobei jedes dieser Projekte maximal 40 Anlagen umfassen soll.
„Das greift viel zu kurz, bei solchen Kleinstparks rechnen sich niemals die Investitionen in die neue Generation der Multi-Megawatt-Anlagen, die jetzt anstehen“, betont Vahrenholt. „Das Umweltministerium tritt auf die Bremse, um Rücksicht auf einige Naturschutzverbände zu nehmen.“
 
Bei nur 40 Anlagen werde kein Investor bereit sein, die hohen Kosten für Fundamentierung, Kabelverlegung und den Netzanschluss zu tragen. Zusammen mit der Nordex AG arbeitet REpower derzeit an einer 5-MW-Maschine, deren Entwicklungskosten Brancheninsider auf über 20 Mio. DM taxieren.

Weit über 20 Anträge für Offshore-Vorhaben in der Nord- und Ostsee liegen mittlerweile bei den Genehmigungsbehörden vor. Allein 15 davon beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg, das sein Plazet für die Projekte in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) erteilen muss, zwölf bis 200 Seemeilen vor der Küste. Unterm Strich summiert sich die beantragte Offshore-Kapazität auf rund 12.500 MW – eine Größenordnung, die Vahrenholts Ärger verständlicher macht.

Nicht auf die Zahl der Maschinen, sondern vielmehr auf die „Geschwindigkeit und den guten Zugang zu den Standorten“ kommt es Dietmar Kestner bei den ersten maritimen Pilotparks an. Der Vorstandvorsitzende der Nordex AG: „Kein Hersteller will im ersten Schritt eine große Stückzahl auf See errichten, da wir die möglicherweise auftretenden Kinderkrankheiten nicht in tiefen Gewässern beheben wollen, fernab unserer Produktionsstandorte an der Küste.“ Damit die deutschen Windturbinen-Hersteller nicht allzu sehr hinter der Konkurrenz aus Dänemark hinterherhecheln, plädiert Kestner vor allem für ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren: „Wenn wir erst auf ein lückenloses Regelwerk warten, geht die Entwicklung an uns vorüber.“

Für Hermann Albers, der zu den Initiatoren des Offshore-Bürgerwindparks Butendiek gehört, ist es deshalb an der Zeit, dass sich Bundes- und Länderregierungen über die Ausweisungen der so genannten Important Bird Areas (IBA) einigen. Die IBA-Zonen sind von der EU und den Umweltverbänden vorgeschlagene Gebiete zum Schutz gefährdeter Vogelarten und Meereslebewesen. „Ohne die offizielle Ausweisung ist es nicht möglich, in diesen Gebieten Offshore-Anlagen zu planen, was möglich ist, wie das Beispiel Dänemark zeigt“, so der Nordfriese. Zufrieden hat Albers registriert, dass der Kieler Energieminister Claus Möller jüngst von Butendiek als einem Offshore-Park Schleswig-Holsteins in der Nordsee sprach.
 
„Wir lassen uns von der BMU-Vorgabe mit den 40 Anlagen nicht aufhalten.“
 
Genauso gerne hat der Windmüller eine andere Botschaft vernommen: „Aus dem Bundesumweltministerium haben wir Signale erhalten, dass die Anlagenzahl in den Pilotparks auf 80 heraufgesetzt werden soll.“ Was bei Butendiek wie die Faust aufs Auge passen würde: 30 km westlich von Sylt plant die Bürgerkooperative 80 See-Propeller mit einer Leistung von jeweils 3 MW.

Von der Zahl 80 hat auch Uwe Thomas Carstensen gehört. Seine Winkra Energie GmbH plant in der Nordsee zwei und in der Ostsee ein Offshore-Projekt: „Wir lassen uns von der BMU-Vorgabe mit den 40 Anlagen nicht aufhalten.“ Winkra selbst plant für die erste Ausbaustufe nördlich von Helgoland mit 96 und in der Oderbank mit 70 Anlagen à 5 MW Leistung. Für Carstensen ein absolutes Muss: „Wie anders will das BMU seinem eigenen Anspruch gerecht werden, dass die Pilotparks für sich gesehen wirtschaftlich betrieben werden können.“ Für das Nordsee-Projekt rechne sich eine Kabelverbindung über 120 km nie für lediglich 40 Anlagen.

Carstensen geht vom Jahr 2005 als Baubeginn seiner Projekte aus. Dass beide Projekte nicht in dem vom BMU als vorrangig bezeichneten Suchgebieten liegen, stört den Winkra-Manager nicht weiter. Nach der gültigen Seeanlagenverordnung besteht ein Rechtsanspruch bei Erfüllung bestimmter Auflagen, die auf einer eigenen Antragskonferenz festgelegt werden.
 
Mit dem neuen Bundesnaturschutzgesetz wird wohl auch die Seeanlagenverordnung novelliert, was zu Auflagen für die Offshore-Windplaner führen wird. Die Forderung von REpower-Chef Vahrenholt ist deshalb eindeutig: „Das Kanzleramt muss endlich sagen, wie wichtig ihm Offshore-Projekte sind. Ohne politische Führung geht es nicht bei diesem Thema.“
 

Samstag, 18.09.2021, 17:15 Uhr
Ralf Köpke und Fritz Wilhelm
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E&M Vor 20 Jahren
Zu zaghaftes Vortasten
Die Offshore-Windenergie war vor 20 Jahren noch ein vergleichsweise kleines Pflänzchen. In der Branche gab es viel Kritik, die Bundesregierung behindere ein schnelles Wachstum.
Im Jahr 2021 sind in der deutschen Nord- und Ostsee rund 7.700 MW an Offshore-Windenergiekapazität am Netz. Bis 2040 sollen es 40.000 MW sein. Nicht zuletzt für die Produktion von grünem Wasserstoff wird der auf See erzeugte Strom eine wichtige Rolle spielen. Vor 20 Jahren wurde noch über „Pilotparks“ vor der Küste diskutiert.
 
E&M-Chefreporter Ralf Köpke sprach im Herbst 2001 mit Vertretern der Branche, denen der Ausbau viel zu langsam und zu zaghaft voran ging.
 
Grundsätzlich bekennt sich das Bundesumweltministerium zu den Offshore-Windparks – die geplanten Pilotparks mit 40 Anlagen halten Hersteller und Planer aber für unwirtschaftlich.  Noch immer ist die Wut bei Fritz Vahrenholt nicht verraucht: „Da brüstet sich die Bundesrepublik auf dem Bonner Klimagipfel als umweltpolitischer Musterschüler, lässt aber die Chancen, zigtausend Tonnen Kohlendioxid vor den eigenen Küsten einzusparen, ungenutzt.“

In Rage gebracht haben den früheren Hamburger Umweltsenator, der seit Jahresanfang in Diensten des Windturbinen-Herstellers REpower Systems AG steht, ausgerechnet Pläne des Bundesumweltministeriums (BMU). „Der Ausbau der Windkraft auf See hat eine zentrale Bedeutung für die künftige Energieversorgung“, hatte Staatssekretär Rainer Baake Mitte Juni vollmundig verkündet. Ein Wunsch, der wohl nur ein Fernziel beschreibt.

Für 2030 erwartet das BMU eine maritime Windkraftleistung zwischen 20.000 und 25.000 MW
 
Erst für das Jahr 2030 erwartet das BMU eine maritime Windkraft-Leistung zwischen 20.000 und 25.000 MW, womit bis zu 25 Prozent des deutschen Strombedarfs gedeckt werden könnten. Bis 2006 will sich das Trittin-Ministerium mit dem Bau einiger weniger Pilotparks mit einer Gesamtleistung von 500 MW begnügen, wobei jedes dieser Projekte maximal 40 Anlagen umfassen soll.
„Das greift viel zu kurz, bei solchen Kleinstparks rechnen sich niemals die Investitionen in die neue Generation der Multi-Megawatt-Anlagen, die jetzt anstehen“, betont Vahrenholt. „Das Umweltministerium tritt auf die Bremse, um Rücksicht auf einige Naturschutzverbände zu nehmen.“
 
Bei nur 40 Anlagen werde kein Investor bereit sein, die hohen Kosten für Fundamentierung, Kabelverlegung und den Netzanschluss zu tragen. Zusammen mit der Nordex AG arbeitet REpower derzeit an einer 5-MW-Maschine, deren Entwicklungskosten Brancheninsider auf über 20 Mio. DM taxieren.

Weit über 20 Anträge für Offshore-Vorhaben in der Nord- und Ostsee liegen mittlerweile bei den Genehmigungsbehörden vor. Allein 15 davon beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg, das sein Plazet für die Projekte in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) erteilen muss, zwölf bis 200 Seemeilen vor der Küste. Unterm Strich summiert sich die beantragte Offshore-Kapazität auf rund 12.500 MW – eine Größenordnung, die Vahrenholts Ärger verständlicher macht.

Nicht auf die Zahl der Maschinen, sondern vielmehr auf die „Geschwindigkeit und den guten Zugang zu den Standorten“ kommt es Dietmar Kestner bei den ersten maritimen Pilotparks an. Der Vorstandvorsitzende der Nordex AG: „Kein Hersteller will im ersten Schritt eine große Stückzahl auf See errichten, da wir die möglicherweise auftretenden Kinderkrankheiten nicht in tiefen Gewässern beheben wollen, fernab unserer Produktionsstandorte an der Küste.“ Damit die deutschen Windturbinen-Hersteller nicht allzu sehr hinter der Konkurrenz aus Dänemark hinterherhecheln, plädiert Kestner vor allem für ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren: „Wenn wir erst auf ein lückenloses Regelwerk warten, geht die Entwicklung an uns vorüber.“

Für Hermann Albers, der zu den Initiatoren des Offshore-Bürgerwindparks Butendiek gehört, ist es deshalb an der Zeit, dass sich Bundes- und Länderregierungen über die Ausweisungen der so genannten Important Bird Areas (IBA) einigen. Die IBA-Zonen sind von der EU und den Umweltverbänden vorgeschlagene Gebiete zum Schutz gefährdeter Vogelarten und Meereslebewesen. „Ohne die offizielle Ausweisung ist es nicht möglich, in diesen Gebieten Offshore-Anlagen zu planen, was möglich ist, wie das Beispiel Dänemark zeigt“, so der Nordfriese. Zufrieden hat Albers registriert, dass der Kieler Energieminister Claus Möller jüngst von Butendiek als einem Offshore-Park Schleswig-Holsteins in der Nordsee sprach.
 
„Wir lassen uns von der BMU-Vorgabe mit den 40 Anlagen nicht aufhalten.“
 
Genauso gerne hat der Windmüller eine andere Botschaft vernommen: „Aus dem Bundesumweltministerium haben wir Signale erhalten, dass die Anlagenzahl in den Pilotparks auf 80 heraufgesetzt werden soll.“ Was bei Butendiek wie die Faust aufs Auge passen würde: 30 km westlich von Sylt plant die Bürgerkooperative 80 See-Propeller mit einer Leistung von jeweils 3 MW.

Von der Zahl 80 hat auch Uwe Thomas Carstensen gehört. Seine Winkra Energie GmbH plant in der Nordsee zwei und in der Ostsee ein Offshore-Projekt: „Wir lassen uns von der BMU-Vorgabe mit den 40 Anlagen nicht aufhalten.“ Winkra selbst plant für die erste Ausbaustufe nördlich von Helgoland mit 96 und in der Oderbank mit 70 Anlagen à 5 MW Leistung. Für Carstensen ein absolutes Muss: „Wie anders will das BMU seinem eigenen Anspruch gerecht werden, dass die Pilotparks für sich gesehen wirtschaftlich betrieben werden können.“ Für das Nordsee-Projekt rechne sich eine Kabelverbindung über 120 km nie für lediglich 40 Anlagen.

Carstensen geht vom Jahr 2005 als Baubeginn seiner Projekte aus. Dass beide Projekte nicht in dem vom BMU als vorrangig bezeichneten Suchgebieten liegen, stört den Winkra-Manager nicht weiter. Nach der gültigen Seeanlagenverordnung besteht ein Rechtsanspruch bei Erfüllung bestimmter Auflagen, die auf einer eigenen Antragskonferenz festgelegt werden.
 
Mit dem neuen Bundesnaturschutzgesetz wird wohl auch die Seeanlagenverordnung novelliert, was zu Auflagen für die Offshore-Windplaner führen wird. Die Forderung von REpower-Chef Vahrenholt ist deshalb eindeutig: „Das Kanzleramt muss endlich sagen, wie wichtig ihm Offshore-Projekte sind. Ohne politische Führung geht es nicht bei diesem Thema.“
 

Samstag, 18.09.2021, 17:15 Uhr
Ralf Köpke und Fritz Wilhelm

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