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Vertrieb

"Wir haben alle Lieferverhältnisse für Gas und Strom aufgelöst"

Die Preisschere zwischen Beschaffung und Vertrieb von Gas und Strom führt zu immer mehr Einschnitten bei Verbraucherangeboten. Kundenwachstum kann zum Verhängnis werden.
Es blieb nur die Sonderkündigung. „Wir haben alle Lieferverhältnisse für Gas und Strom aufgelöst“, sagt Pascal Hemker. Der Geschäftsführer der New Sales GmbH in Oldenburg hatte zuerst noch erwogen, Kunden eine weitere Belieferung mit einem Preisaufschlag anzubieten. Doch angesichts der angespannten Lage auf den Beschaffungsmärkten schien ihm das zu riskant. „Die Kundenverträge haben wir zum Schutz des Unternehmens gekündigt. Hätten wir es nicht getan, würden wir den Winter nicht überstehen“.

Aufgrund nicht vorhersehbarer Preisentwicklung am Energiemarkt können man vereinbarten Endkundenpreise nicht halten, informierte das Unternehmen im Oktober seine Kunden im ganzen Bundesgebiet. Die Preisschere bekam New Sales besonders zu spüren: „Wir hatten ein starkes Kundenwachstum“, sagt Hemker. Man habe sich am Beschaffungsmarkt natürlich über langfristige Verträge mit Gas und Strom eingedeckt. „Aber als die Preise so stark nach oben gingen, waren viele Neukunden noch nicht in den Bilanzkreis aufgenommen.“

Alle Kunden bekämen Guthaben selbstverständlich ausgezahlt. Und alle Arbeitsplätze im Unternehmen blieben erhalten. Seit Mai 2010 gibt es das Unternehmen, das als „Distributor“ startete. Mehr als 70 Energieversorger aus Deutschland und Österreich weist New Sales auf der Anbieterseite aus. Im Jahr 2017 kam der Handel hinzu. „Man hat da hat viel Herzblut hineingesteckt“, sagt Hemker über den Aufbau des zweiten Geschäftssparte.

EnBW, Eon und München nutzen keine Vergleichsportale mehr

Das Distributionsgeschäft läuft weiter. Doch die Preisschere hinterlässt auch in diesem Segment zusehends Spuren: „Es tut allen weh, großen und kleinen Anbietern“, schildert Hemker. „Bei der Distribution steht unser halbes Portfolio auf Lieferstopp.“ Entsprechend steige die Nachfrage nach Angeboten anderer Anbieter.

Stoppsignale kommen nicht nur aus dem Vertrieb kleiner Anbieter. Auch die Großen der Branche bremsen ihr Geschäft. Konzerne wie EnBW, Eon oder die Stadtwerke München vertreiben über Vergleichsportale wie Check 24 oder Verivox zurzeit kein Gas mehr. Während Eon das Werben um Gaskunden komplett eingestellt hat, bieten der baden-württembergische Energieriese und Münchner Kommunalversorger auf ihren Internetseiten weiter Gasprodukte an.

„Wir haben unser Marketing zurückgefahren“, erklärt EnBW-Sprecher Heiko Willrett. Reduziert hat das Unternehmen auch die Produktpalette. Vor kurzem hatten Neukunden noch die Wahl zwischen drei Gasprodukten. Aktueller Status: „Wir haben ein Produkt für neue Kunden.“

Ähnlich stellt sich die Situation beim Anbieter Bayerngas. „Wir bieten eingeschränkt entsprechend der Risikosituation Produkte Bestandskunden und Neukunden an“, sagt Konzernsprecher Dirk Barz. Eingegangenen Lieferverpflichtungen komme man selbstverständlich nach. Mit einer baldigen Entspannung am Gasmarkt rechnet das Energiehandelsunternehmen nicht. Vor dem Hintergrund einer weltweit weiter steigenden Nachfrage nach Energie, wenig LNG und Erdgasspeicherständen unter normalem Niveau in Europa gehe man davon aus, dass der „deutsche Markt illiquid und volatil für den Winter bleiben wird“, so Barz.

So sieht es bei den Speichern in Europa aus

Den Füllstand der Gasspeicher in Deutschland beziffert die Online-Plattform Gas Infrastructure Europe (GIE) derzeit auf 75 %. Der Tagestrend (15. Oktober, 8 Uhr) weist mit minus 0,12 % nach unten. Noch nicht berücksichtigt in dem Füllgrad ist laut eines Sprechers der Erdgasspeicherinitiative Ines ein Fehler in den Meldedaten: Für einen Uniper-Gasspeicher (EPE H-Gas) ist ein Vorrat von 14 Mrd. kWh. angegeben, die Injektionskapazität jedoch mit 0 %. Das heißt, der Gasvorrat insgesamt ist auf eine zu kleine Speicherkapazität bezogen. Der tatsächliche Füllgrad liegt etwas über 70 %.

Europaweit liegt der Füllgrad bei 78 %. Vergangenes Jahr waren die Speicher in Deutschland zur gleichen Zeit zu 95 % gefüllt. Im Jahr 2019 lag der Wert bei 99 %.

Mehr Gas nach Europa soll aus Norwegen kommen. Der norwegische Konzern Equinor erhielt im September die Genehmigung, die Förderung aus den Lagerstätten Troll und Oseberg zu erhöhen. Ab dem 1. Oktober sollen für das Gaswirtschaftsjahr zusätzlich jeweils 1 Mrd. Kubikmeter aus dem Untergrund der Nordsee geholt werden. Beim Gasfeld Troll soll die Förderung von 36 auf 37 Mrd. Kubikmeter steigen, beim Gasfeld Oseberg von 5 auf 6 Mrd. Kubikmeter.

„Wir glauben, dass dies genau zum richtigen Zeitpunkt kommt, da Europa mit einem ungewöhnlich angespannten Markt für Erdgas konfrontiert ist“, sagte der Vizepräsident der Gassparte von Equinor, Helge Haugane, nachdem das norwegische Energieministerium grünes Licht gegeben hatte.

Freitag, 15.10.2021, 10:54 Uhr
Manfred Fischer
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"Wir haben alle Lieferverhältnisse für Gas und Strom aufgelöst"
Die Preisschere zwischen Beschaffung und Vertrieb von Gas und Strom führt zu immer mehr Einschnitten bei Verbraucherangeboten. Kundenwachstum kann zum Verhängnis werden.
Es blieb nur die Sonderkündigung. „Wir haben alle Lieferverhältnisse für Gas und Strom aufgelöst“, sagt Pascal Hemker. Der Geschäftsführer der New Sales GmbH in Oldenburg hatte zuerst noch erwogen, Kunden eine weitere Belieferung mit einem Preisaufschlag anzubieten. Doch angesichts der angespannten Lage auf den Beschaffungsmärkten schien ihm das zu riskant. „Die Kundenverträge haben wir zum Schutz des Unternehmens gekündigt. Hätten wir es nicht getan, würden wir den Winter nicht überstehen“.

Aufgrund nicht vorhersehbarer Preisentwicklung am Energiemarkt können man vereinbarten Endkundenpreise nicht halten, informierte das Unternehmen im Oktober seine Kunden im ganzen Bundesgebiet. Die Preisschere bekam New Sales besonders zu spüren: „Wir hatten ein starkes Kundenwachstum“, sagt Hemker. Man habe sich am Beschaffungsmarkt natürlich über langfristige Verträge mit Gas und Strom eingedeckt. „Aber als die Preise so stark nach oben gingen, waren viele Neukunden noch nicht in den Bilanzkreis aufgenommen.“

Alle Kunden bekämen Guthaben selbstverständlich ausgezahlt. Und alle Arbeitsplätze im Unternehmen blieben erhalten. Seit Mai 2010 gibt es das Unternehmen, das als „Distributor“ startete. Mehr als 70 Energieversorger aus Deutschland und Österreich weist New Sales auf der Anbieterseite aus. Im Jahr 2017 kam der Handel hinzu. „Man hat da hat viel Herzblut hineingesteckt“, sagt Hemker über den Aufbau des zweiten Geschäftssparte.

EnBW, Eon und München nutzen keine Vergleichsportale mehr

Das Distributionsgeschäft läuft weiter. Doch die Preisschere hinterlässt auch in diesem Segment zusehends Spuren: „Es tut allen weh, großen und kleinen Anbietern“, schildert Hemker. „Bei der Distribution steht unser halbes Portfolio auf Lieferstopp.“ Entsprechend steige die Nachfrage nach Angeboten anderer Anbieter.

Stoppsignale kommen nicht nur aus dem Vertrieb kleiner Anbieter. Auch die Großen der Branche bremsen ihr Geschäft. Konzerne wie EnBW, Eon oder die Stadtwerke München vertreiben über Vergleichsportale wie Check 24 oder Verivox zurzeit kein Gas mehr. Während Eon das Werben um Gaskunden komplett eingestellt hat, bieten der baden-württembergische Energieriese und Münchner Kommunalversorger auf ihren Internetseiten weiter Gasprodukte an.

„Wir haben unser Marketing zurückgefahren“, erklärt EnBW-Sprecher Heiko Willrett. Reduziert hat das Unternehmen auch die Produktpalette. Vor kurzem hatten Neukunden noch die Wahl zwischen drei Gasprodukten. Aktueller Status: „Wir haben ein Produkt für neue Kunden.“

Ähnlich stellt sich die Situation beim Anbieter Bayerngas. „Wir bieten eingeschränkt entsprechend der Risikosituation Produkte Bestandskunden und Neukunden an“, sagt Konzernsprecher Dirk Barz. Eingegangenen Lieferverpflichtungen komme man selbstverständlich nach. Mit einer baldigen Entspannung am Gasmarkt rechnet das Energiehandelsunternehmen nicht. Vor dem Hintergrund einer weltweit weiter steigenden Nachfrage nach Energie, wenig LNG und Erdgasspeicherständen unter normalem Niveau in Europa gehe man davon aus, dass der „deutsche Markt illiquid und volatil für den Winter bleiben wird“, so Barz.

So sieht es bei den Speichern in Europa aus

Den Füllstand der Gasspeicher in Deutschland beziffert die Online-Plattform Gas Infrastructure Europe (GIE) derzeit auf 75 %. Der Tagestrend (15. Oktober, 8 Uhr) weist mit minus 0,12 % nach unten. Noch nicht berücksichtigt in dem Füllgrad ist laut eines Sprechers der Erdgasspeicherinitiative Ines ein Fehler in den Meldedaten: Für einen Uniper-Gasspeicher (EPE H-Gas) ist ein Vorrat von 14 Mrd. kWh. angegeben, die Injektionskapazität jedoch mit 0 %. Das heißt, der Gasvorrat insgesamt ist auf eine zu kleine Speicherkapazität bezogen. Der tatsächliche Füllgrad liegt etwas über 70 %.

Europaweit liegt der Füllgrad bei 78 %. Vergangenes Jahr waren die Speicher in Deutschland zur gleichen Zeit zu 95 % gefüllt. Im Jahr 2019 lag der Wert bei 99 %.

Mehr Gas nach Europa soll aus Norwegen kommen. Der norwegische Konzern Equinor erhielt im September die Genehmigung, die Förderung aus den Lagerstätten Troll und Oseberg zu erhöhen. Ab dem 1. Oktober sollen für das Gaswirtschaftsjahr zusätzlich jeweils 1 Mrd. Kubikmeter aus dem Untergrund der Nordsee geholt werden. Beim Gasfeld Troll soll die Förderung von 36 auf 37 Mrd. Kubikmeter steigen, beim Gasfeld Oseberg von 5 auf 6 Mrd. Kubikmeter.

„Wir glauben, dass dies genau zum richtigen Zeitpunkt kommt, da Europa mit einem ungewöhnlich angespannten Markt für Erdgas konfrontiert ist“, sagte der Vizepräsident der Gassparte von Equinor, Helge Haugane, nachdem das norwegische Energieministerium grünes Licht gegeben hatte.

Freitag, 15.10.2021, 10:54 Uhr
Manfred Fischer

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