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Energie & Management > Österreich - Windenergie: Festakt mit Wermutstropfen
Quelle: Shutterstock / Blue Planet Studio
Österreich

Windenergie: Festakt mit Wermutstropfen

Die IG Windkraft feierte am 13. November ihr 30jähriges Bestehen. Doch Herausforderungen für die Branche gibt es genug – von mangelnden Ausbauzonen bis zu fehlenden Stromleitungen.
Rund 8 Milliarden kWh Strom pro Jahr erzeugen die knapp 1.400 in Österreich installierten Windräder und können damit rechnerisch den Bedarf von 2,3 Millionen der etwa vier Millionen Österreichischen Haushalte decken. Das berichtete Stefan Moidl, der Geschäftsführer des Branchenverbands „Interessengemeinschaft Windkraft“ (IG Windkraft) bei einer Feier zu dessen 30-jährigem Bestehen am 13. November in Wien.

Möglich wäre ihm zufolge noch wesentlich mehr: Würden 2 Prozent des österreichischen Bundesgebiets für die Stromproduktion mittels Windkraft genutzt, ließen sich rund 83 Milliarden kWh erzeugen, mehr als genug, um den österreichischen Stromverbrauch von etwa 70 Milliarden kWh zu decken. Laut Moidl hatte Österreichs 1994 errichtetes erstes netzgekoppeltes Windrad eine Nabenhöhe von 36 Metern sowie einen Rotordurchmesser von 27 Metern und konnte Strom für 50 Haushalte produzieren: „Heute sind die Anlagen fünfmal so hoch, haben den sechsfachen Rotordurchmesser und erzeugen Strom für über 5.000 Haushalte.“

Voller Geigen hängt der Himmel dennoch nicht, bestätigte der Kommunikationschef der IG Windkraft, Martin Jaksch-Fliegenschnee, der Redaktion am Rande des Festakts. Bis dato sind die Windkraftanlagen im Wesentlichen in den Bundesländern Niederösterreich und Burgenland im Osten des Bundesgebiets konzentriert. Im Westen hält sich der Ausbau dagegen in Grenzen. Das Land Salzburg etwa wies erst vor kurzem elf Eignungszonen aus, auf denen bis 2030 insgesamt 25 Windräder mit 125 bis 175 MW Gesamtleistung entstehen sollen. Bis sich das erste davon dreht, werden indessen noch etwa vier Jahre vergehen, bedauerte Jaksch-Fliegenschnee: Ein Jahr lang nähmen die nötigen Untersuchungen der Windverhältnisse in Anspruch. Danach stünden etwa zwei Jahre an ökologischen Untersuchungen und Beobachtungen an, die sich unter anderem auf das Auftreten geschützter Fledermausarten in dem betreffenden Gebiet bezögen. Ein weiteres Jahr sei für das Genehmigungsverfahren zu veranschlagen.

Das westlich von Salzburg gelegene Land Tirol habe noch keinerlei Ausbauziele definiert. Frühestens in fünf Jahren könnte dort das erste Windrad stehen. Für das Land Vorarlberg im äußersten Westen Österreichs liegt laut Jaksch-Fliegenschnee bis dato nur eine unverbindliche Potenzialstudie vor.

Gewesslers Auftrag

Als positiv erachtet Jaksch-Fliegenschnee die seit März dieses Jahres in Kraft befindliche Novelle zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Gesetz), die sich auf Windparks mit mehr als 30 MW Leistung bezieht. Sie könnte die Dauer der UVP-Verfahren „um etwa die Hälfte verkürzen“. Für kleinere Projekte wäre indessen das zu Jahresbeginn angekündigte Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz (EABG) nötig.

Bei dem Festakt verwies Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) auf die seit kurzem vorliegende neue Marktprämienverordnung, die höhere Förderungen mit sich bringt. „Deshalb habe ich einen Auftrag an Sie alle: Bauen Sie!“, tönte die Spitzenpolitikern. Jaksch-Fliegenschnee zufolge wird die Branche diesem Auftrag nachkommen. Die Verordnung verbessere die Bedingungen für den Ausbau tatsächlich. Vorhaben mit rund 450 MW seien genehmigt: „Ein Teil davon dürfte in die noch heuer stattfindende Ausschreibung eingebracht werden.“

Netze ertüchtigen

Um die Anlagen zügig errichten zu können, bedarf es jedoch noch zusätzlicher Verbesserungen, vor allem in den neun Bundesländern, ergänzte Jaksch-Fliegenschnee. Neben der Ausweisung von Zonen für die Errichtung von Windparks betrifft dies insbesondere die Personalausstattung der Genehmigungsbehörden: „Hier haben fast alle Bundesländer Handlungsbedarf. Nur das Burgenland ist gut unterwegs.“

Ein weiteres Anliegen der Windkraftszene betrifft die Ertüchtigung und Erweiterung der Verteilernetze. Benötigt werde ein „vorausschauender Netzausbau“ statt des derzeitigen „reaktiven“ Vorgehens. Im Weinviertel nordöstlich von Wien etwa ging 2022 im Übertragungsnetz eine neue 380-kV-Höchstspannungsleitung in Betrieb, die der dort geplanten Errichtung leistungsstarker Windparks Rechnung trägt. Die Verteilnetze in der Gegend werden laut Jaksch-Fliegenschnee jedoch erst etwa 2028 in der Lage sein, die kommenden Windstrommengen aufzunehmen, was der Errichtung der Parks nicht eben förderlich ist.

Schuld daran seien aber weniger die Netzgesellschaften als vielmehr die Energiepolitiker, die es versäumten, die rechtlichen Voraussetzungen für den „vorausschauenden“ Ausbau der Leitungsinfrastrukturen zu schaffen. Folglich könne die Regulierungsbehörde E-Control diesbezügliche Investitionen bei der Festlegung der Netztarife nicht berücksichtigen. Damit aber seien die Netzbetreiber nicht in der Lage, sie zu finanzieren. Immerhin sind Jaksch-Fliegenschnee zufolge entsprechende Änderungen im Elektrizitätswirtschaftsgesetz vorgesehen, das dem Vernehmen nach noch im November in Begutachtung gehen soll.

Dienstag, 14.11.2023, 13:44 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Windenergie: Festakt mit Wermutstropfen
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Österreich
Windenergie: Festakt mit Wermutstropfen
Die IG Windkraft feierte am 13. November ihr 30jähriges Bestehen. Doch Herausforderungen für die Branche gibt es genug – von mangelnden Ausbauzonen bis zu fehlenden Stromleitungen.
Rund 8 Milliarden kWh Strom pro Jahr erzeugen die knapp 1.400 in Österreich installierten Windräder und können damit rechnerisch den Bedarf von 2,3 Millionen der etwa vier Millionen Österreichischen Haushalte decken. Das berichtete Stefan Moidl, der Geschäftsführer des Branchenverbands „Interessengemeinschaft Windkraft“ (IG Windkraft) bei einer Feier zu dessen 30-jährigem Bestehen am 13. November in Wien.

Möglich wäre ihm zufolge noch wesentlich mehr: Würden 2 Prozent des österreichischen Bundesgebiets für die Stromproduktion mittels Windkraft genutzt, ließen sich rund 83 Milliarden kWh erzeugen, mehr als genug, um den österreichischen Stromverbrauch von etwa 70 Milliarden kWh zu decken. Laut Moidl hatte Österreichs 1994 errichtetes erstes netzgekoppeltes Windrad eine Nabenhöhe von 36 Metern sowie einen Rotordurchmesser von 27 Metern und konnte Strom für 50 Haushalte produzieren: „Heute sind die Anlagen fünfmal so hoch, haben den sechsfachen Rotordurchmesser und erzeugen Strom für über 5.000 Haushalte.“

Voller Geigen hängt der Himmel dennoch nicht, bestätigte der Kommunikationschef der IG Windkraft, Martin Jaksch-Fliegenschnee, der Redaktion am Rande des Festakts. Bis dato sind die Windkraftanlagen im Wesentlichen in den Bundesländern Niederösterreich und Burgenland im Osten des Bundesgebiets konzentriert. Im Westen hält sich der Ausbau dagegen in Grenzen. Das Land Salzburg etwa wies erst vor kurzem elf Eignungszonen aus, auf denen bis 2030 insgesamt 25 Windräder mit 125 bis 175 MW Gesamtleistung entstehen sollen. Bis sich das erste davon dreht, werden indessen noch etwa vier Jahre vergehen, bedauerte Jaksch-Fliegenschnee: Ein Jahr lang nähmen die nötigen Untersuchungen der Windverhältnisse in Anspruch. Danach stünden etwa zwei Jahre an ökologischen Untersuchungen und Beobachtungen an, die sich unter anderem auf das Auftreten geschützter Fledermausarten in dem betreffenden Gebiet bezögen. Ein weiteres Jahr sei für das Genehmigungsverfahren zu veranschlagen.

Das westlich von Salzburg gelegene Land Tirol habe noch keinerlei Ausbauziele definiert. Frühestens in fünf Jahren könnte dort das erste Windrad stehen. Für das Land Vorarlberg im äußersten Westen Österreichs liegt laut Jaksch-Fliegenschnee bis dato nur eine unverbindliche Potenzialstudie vor.

Gewesslers Auftrag

Als positiv erachtet Jaksch-Fliegenschnee die seit März dieses Jahres in Kraft befindliche Novelle zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Gesetz), die sich auf Windparks mit mehr als 30 MW Leistung bezieht. Sie könnte die Dauer der UVP-Verfahren „um etwa die Hälfte verkürzen“. Für kleinere Projekte wäre indessen das zu Jahresbeginn angekündigte Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz (EABG) nötig.

Bei dem Festakt verwies Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) auf die seit kurzem vorliegende neue Marktprämienverordnung, die höhere Förderungen mit sich bringt. „Deshalb habe ich einen Auftrag an Sie alle: Bauen Sie!“, tönte die Spitzenpolitikern. Jaksch-Fliegenschnee zufolge wird die Branche diesem Auftrag nachkommen. Die Verordnung verbessere die Bedingungen für den Ausbau tatsächlich. Vorhaben mit rund 450 MW seien genehmigt: „Ein Teil davon dürfte in die noch heuer stattfindende Ausschreibung eingebracht werden.“

Netze ertüchtigen

Um die Anlagen zügig errichten zu können, bedarf es jedoch noch zusätzlicher Verbesserungen, vor allem in den neun Bundesländern, ergänzte Jaksch-Fliegenschnee. Neben der Ausweisung von Zonen für die Errichtung von Windparks betrifft dies insbesondere die Personalausstattung der Genehmigungsbehörden: „Hier haben fast alle Bundesländer Handlungsbedarf. Nur das Burgenland ist gut unterwegs.“

Ein weiteres Anliegen der Windkraftszene betrifft die Ertüchtigung und Erweiterung der Verteilernetze. Benötigt werde ein „vorausschauender Netzausbau“ statt des derzeitigen „reaktiven“ Vorgehens. Im Weinviertel nordöstlich von Wien etwa ging 2022 im Übertragungsnetz eine neue 380-kV-Höchstspannungsleitung in Betrieb, die der dort geplanten Errichtung leistungsstarker Windparks Rechnung trägt. Die Verteilnetze in der Gegend werden laut Jaksch-Fliegenschnee jedoch erst etwa 2028 in der Lage sein, die kommenden Windstrommengen aufzunehmen, was der Errichtung der Parks nicht eben förderlich ist.

Schuld daran seien aber weniger die Netzgesellschaften als vielmehr die Energiepolitiker, die es versäumten, die rechtlichen Voraussetzungen für den „vorausschauenden“ Ausbau der Leitungsinfrastrukturen zu schaffen. Folglich könne die Regulierungsbehörde E-Control diesbezügliche Investitionen bei der Festlegung der Netztarife nicht berücksichtigen. Damit aber seien die Netzbetreiber nicht in der Lage, sie zu finanzieren. Immerhin sind Jaksch-Fliegenschnee zufolge entsprechende Änderungen im Elektrizitätswirtschaftsgesetz vorgesehen, das dem Vernehmen nach noch im November in Begutachtung gehen soll.

Dienstag, 14.11.2023, 13:44 Uhr
Klaus Fischer

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