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Energie & Management > Gas - Wien: Gas-Embargo würde Stromnetz gefährden
Quelle: Fotolia / Dmitry Naumov
Gas

Wien: Gas-Embargo würde Stromnetz gefährden

Wasserkraft hin oder her: Österreich sei noch lange auf russisches Gas angewiesen. Als Netzreserve. Dies erklärt ein Wiener Stadtwerke-Manager auf einer Vereinsveranstaltung.
„Wir können vorerst nicht auf Gas aus Russland verzichten. Es hat keinen Sinn, aus Solidarität mit der Ukraine unsere Wirtschaft und Gesellschaft zu schädigen.“ Das hat Peter Weinelt, der stellvertretende Generaldirektor der Wiener Stadtwerke, am 22. April bei einer Pressekonferenz des Vereins „CEOs for Future“ in Wien erklärt.

Frühestes etwa in der Mitte des kommenden Jahrzehnts kann Österreich Weinelt zufolge ohne russisches Gas auskommen. Notwendig sei es bis dahin nicht nur für die Wärmeversorgung in Ballungsgebieten wie Wien, wo etwa 700.000 der rund 2 Mio. Einwohner mit Gas heizen.

Erforderlich ist russisches Erdgas auch für die österreichische "Netzreserve". Dabei handelt es sich um jene Kraftwerke, die der Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid (APG) zur Bewältigung von Krisenistuationen im Stromnetz unter Vertrag hat. Sie werden bis dato nahezu ausschließlich mit Erdgas befeuert. Die derzeitigen Verträge über insgesamt rund 3.200 MW laufen bis Ende September 2022. Die Ausschreibung für die Zeit danach ist im Gang. Sie umfasst eine Gesamtkapazität von 3.005 MW. Weinelt bestätigte der Redaktion, dass die Netzreserve und damit die stabile Stromversorgung im Falle eines EU-Gasembargos gefährdet wäre: „Ohne russisches Gas gibt es keine Netzreserve.“

Allerdings geht Weinelt, der auch Obmann des Fachverbandes Gas-Wärme ist, davon aus, dass ein Embargo nicht zustandekommt: Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) hätten zugesagt, einen Importstopp zu verhindern: „Darauf verlasse ich mich.“

Müsste Österreich seine Gaskraftwerke stilllegen, hätte dies unter Umständen europaweite Konsequenzen: Bei der Bewältigung der Netztrennung am 8. Januar 2021 spielte auch die APG mit den damals kontrahierten Gaskraftwerken - namentlich leistungsstarken Kraft-Wärme-Kopplungs(KWK)-Einheiten im Osten des Landes - eine maßgebliche Rolle.

Nach Angaben der Regulierungsbehörde E-Control erzeugten gasbefeuerte KWK-Anlagen 2020 rund 10 Mrd. kWh. Das entsprach etwa 14 % der österreichischen Stromproduktion beziehungsweise 55 % der Stromerzeugung in thermischen Kraftwerken. Die Gaskraftwerke waren damit weiterhin die zweitwichtigste Technologie zur Bereitstellung elektrischer Energie nach den seit Jahrzehnten dominierenden Wasserkraftwerken, auf die rund 62 % der gesamten Stromerzeugung entfielen.

"Grüne Gase der Industrie vorbehalten"

Nicht zuletzt, um die Abhängigkeit von russischem Gas so rasch wie möglich zu verringern, verlangt „CEOs for Future“, die Energiewende in Österreich zu beschleunigen. Bei der Pressekonferenz am 22. April präsentierten Weinelt und die Leiterin des Vereins, Christiane Brunner, ein Positionspapier mit entsprechenden Vorschlägen. Notwendig sind ihnen zufolge vor allem eine gesteigerte Energieeffizienz sowie die Vermeidung unnötigen Energieverbrauchs:
  • Unter anderem plädiert „CEOs for Future“ in diesem Zusammenhang für die „Einführung von Energiemonitoring im Gebäudesektor“
  • sowie für die verstärkte Dämmung von Gebäuden.
  • Weiters fordert der Verein den „zügigen Ausbau“ der Ökostrom-Produktion. Bekanntlich plant Österreich, diese bis 2030 um 27 Mrd. kWh beziehungsweise rund 50 % zu steigern.
  • Um dies zustandezubringen, müssen laut „CEOs for Future“ sämtliche Gebietskörperschaften die „Verantwortung für die Bereitstellung der nötigen Flächen übernehmen. Die Genehmigung und Umsetzung der nötigen Projekte muss sichergestellt werden“.
  • Für erforderlich hält der Verein ferner „Investitionen in Netze und Speicherlösungen wie grünen Wasserstoff“.
  • Um den Bedarf an Erdgas so rasch wie möglich zu vermindern, soll, wenn es nach dem Positionspapier geht, „das heimische Grüngas-Potenzial schnellstmöglich aktiviert werden“. Allerdings sei es nicht möglich, ausreichende Mengen an „grünen Gasen“ zur Versorgung aller derzeitigen Kunden von den Haushalten bis zur Industrie zu erzeugen. Deshalb müsse „das Mangelgut grünes Gas“ im Wesentlichen der Industrie vorbehalten werden.
  • Die Raumwärme für die Haushalte lässt sich laut dem Papier zumindest längerfristig mit anderen Mitteln bereitstellen, etwa „Geothermie und Großwärmepumpen“.
„CEOs for Future“ versteht sich als „gemeinnütziger Verein zur Förderung und Beschleunigung einer nachhaltigen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft“. Ehrenamtlich geleitet wird er von Christiane Brunner, der ehemaligen Energiesprecherin der Grünen im Bundesparlament. Sie ist hauptberuflich in der Abteilung „Corporate Affairs“ des Energiekonzerns Verbund tätig. Der vormalige Generaldirektor des Verbunds, Wolfgang Anzengruber, fungiert als „Botschafter“ des Vereins.

Freitag, 22.04.2022, 15:13 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Gas - Wien: Gas-Embargo würde Stromnetz gefährden
Quelle: Fotolia / Dmitry Naumov
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Wien: Gas-Embargo würde Stromnetz gefährden
Wasserkraft hin oder her: Österreich sei noch lange auf russisches Gas angewiesen. Als Netzreserve. Dies erklärt ein Wiener Stadtwerke-Manager auf einer Vereinsveranstaltung.
„Wir können vorerst nicht auf Gas aus Russland verzichten. Es hat keinen Sinn, aus Solidarität mit der Ukraine unsere Wirtschaft und Gesellschaft zu schädigen.“ Das hat Peter Weinelt, der stellvertretende Generaldirektor der Wiener Stadtwerke, am 22. April bei einer Pressekonferenz des Vereins „CEOs for Future“ in Wien erklärt.

Frühestes etwa in der Mitte des kommenden Jahrzehnts kann Österreich Weinelt zufolge ohne russisches Gas auskommen. Notwendig sei es bis dahin nicht nur für die Wärmeversorgung in Ballungsgebieten wie Wien, wo etwa 700.000 der rund 2 Mio. Einwohner mit Gas heizen.

Erforderlich ist russisches Erdgas auch für die österreichische "Netzreserve". Dabei handelt es sich um jene Kraftwerke, die der Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid (APG) zur Bewältigung von Krisenistuationen im Stromnetz unter Vertrag hat. Sie werden bis dato nahezu ausschließlich mit Erdgas befeuert. Die derzeitigen Verträge über insgesamt rund 3.200 MW laufen bis Ende September 2022. Die Ausschreibung für die Zeit danach ist im Gang. Sie umfasst eine Gesamtkapazität von 3.005 MW. Weinelt bestätigte der Redaktion, dass die Netzreserve und damit die stabile Stromversorgung im Falle eines EU-Gasembargos gefährdet wäre: „Ohne russisches Gas gibt es keine Netzreserve.“

Allerdings geht Weinelt, der auch Obmann des Fachverbandes Gas-Wärme ist, davon aus, dass ein Embargo nicht zustandekommt: Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) hätten zugesagt, einen Importstopp zu verhindern: „Darauf verlasse ich mich.“

Müsste Österreich seine Gaskraftwerke stilllegen, hätte dies unter Umständen europaweite Konsequenzen: Bei der Bewältigung der Netztrennung am 8. Januar 2021 spielte auch die APG mit den damals kontrahierten Gaskraftwerken - namentlich leistungsstarken Kraft-Wärme-Kopplungs(KWK)-Einheiten im Osten des Landes - eine maßgebliche Rolle.

Nach Angaben der Regulierungsbehörde E-Control erzeugten gasbefeuerte KWK-Anlagen 2020 rund 10 Mrd. kWh. Das entsprach etwa 14 % der österreichischen Stromproduktion beziehungsweise 55 % der Stromerzeugung in thermischen Kraftwerken. Die Gaskraftwerke waren damit weiterhin die zweitwichtigste Technologie zur Bereitstellung elektrischer Energie nach den seit Jahrzehnten dominierenden Wasserkraftwerken, auf die rund 62 % der gesamten Stromerzeugung entfielen.

"Grüne Gase der Industrie vorbehalten"

Nicht zuletzt, um die Abhängigkeit von russischem Gas so rasch wie möglich zu verringern, verlangt „CEOs for Future“, die Energiewende in Österreich zu beschleunigen. Bei der Pressekonferenz am 22. April präsentierten Weinelt und die Leiterin des Vereins, Christiane Brunner, ein Positionspapier mit entsprechenden Vorschlägen. Notwendig sind ihnen zufolge vor allem eine gesteigerte Energieeffizienz sowie die Vermeidung unnötigen Energieverbrauchs:
  • Unter anderem plädiert „CEOs for Future“ in diesem Zusammenhang für die „Einführung von Energiemonitoring im Gebäudesektor“
  • sowie für die verstärkte Dämmung von Gebäuden.
  • Weiters fordert der Verein den „zügigen Ausbau“ der Ökostrom-Produktion. Bekanntlich plant Österreich, diese bis 2030 um 27 Mrd. kWh beziehungsweise rund 50 % zu steigern.
  • Um dies zustandezubringen, müssen laut „CEOs for Future“ sämtliche Gebietskörperschaften die „Verantwortung für die Bereitstellung der nötigen Flächen übernehmen. Die Genehmigung und Umsetzung der nötigen Projekte muss sichergestellt werden“.
  • Für erforderlich hält der Verein ferner „Investitionen in Netze und Speicherlösungen wie grünen Wasserstoff“.
  • Um den Bedarf an Erdgas so rasch wie möglich zu vermindern, soll, wenn es nach dem Positionspapier geht, „das heimische Grüngas-Potenzial schnellstmöglich aktiviert werden“. Allerdings sei es nicht möglich, ausreichende Mengen an „grünen Gasen“ zur Versorgung aller derzeitigen Kunden von den Haushalten bis zur Industrie zu erzeugen. Deshalb müsse „das Mangelgut grünes Gas“ im Wesentlichen der Industrie vorbehalten werden.
  • Die Raumwärme für die Haushalte lässt sich laut dem Papier zumindest längerfristig mit anderen Mitteln bereitstellen, etwa „Geothermie und Großwärmepumpen“.
„CEOs for Future“ versteht sich als „gemeinnütziger Verein zur Förderung und Beschleunigung einer nachhaltigen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft“. Ehrenamtlich geleitet wird er von Christiane Brunner, der ehemaligen Energiesprecherin der Grünen im Bundesparlament. Sie ist hauptberuflich in der Abteilung „Corporate Affairs“ des Energiekonzerns Verbund tätig. Der vormalige Generaldirektor des Verbunds, Wolfgang Anzengruber, fungiert als „Botschafter“ des Vereins.

Freitag, 22.04.2022, 15:13 Uhr
Klaus Fischer

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