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Energie & Management > Gas - Wieder kein Gas durch Nord Stream 1
Quelle: Shutterstock / Michal Bednarek
Gas

Wieder kein Gas durch Nord Stream 1

Wie angekündigt hat Russland die Gaslieferungen über die Ostseepipeline wegen Wartungsarbeiten komplett eingestellt. Spannend bleibt, ob die Lieferungen wieder aufgenommen werden.
Russland hat die schon seit Monaten stark gedrosselte Gaslieferung über die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 am frühen Morgen des 31. August wie angekündigt gestoppt. Bis zwei Uhr floss nach Angaben auf der Homepage von Nord Stream 1 noch stündlich die zuvor auch nominierte Menge von rund 14,4 Mio. kWh, zwischen zwei und drei Uhr waren es nur noch etwa 2 Mio. kWh. Seit vier Uhr morgens wird die Durchflussmenge mit 0 kWh angegeben.

Der russische Staatskonzern Gazprom hatte zuvor angekündigt, dass die Pipeline vom 31. August bis zum 2. September wegen Wartungsarbeiten geschlossen werde. Am Mittwochmorgen, 31. August, teilte Gazprom im Nachrichtenkanal Telegram mit, „die Versorgung über Nord Stream wurde komplett eingestellt“. Es begännen planmäßige Wartungsarbeiten an einer Kompressorstation.

Zweifel an Grund für Lieferstopp − Gazprom mit Rekordgewinn

Laut Gazprom muss die einzig noch verbliebene Turbine in der Kompressorstation Portowaja, die der Pipeline vorgelagert ist, gewartet werden. Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hatte hingegen gesagt, die Wartungsarbeiten seien technisch nicht nachvollziehbar. Er halte Verweise auf Turbinen von Siemens Energy für vorgeschoben. Russland hatte auch im Zusammenhang mit der Drosselung der über die Leitung gelieferten Menge auf fehlende Turbinen verwiesen. Zuletzt kamen nur noch etwa 20 % der maximal möglichen Menge über die Pipeline. Zweifel an der Begründung für die Drosselung kommen etwa von der Bundesregierung.

Auf dem Kurznachrichtenkanal Twitter erklärte Müller am Morgen des 31.8., Deutschland sei auf die erneute „Wartung“ von Nord Stream 1 besser vorbereitet: „Die Gasspeicher sind zu fast 85 % befüllt und wir können das Gas im Winter auch wieder ausspeichern. Wir sparen Gas (muss so bleiben!), die LNG-Terminals kommen und dank Belgien, Frankreich, Niederlande, Norwegen (und bald Frankreich) fließt Gas.“

Trotz westlicher Sanktionen hat Gazprom im ersten Halbjahr nach eigenen Angaben einen Rekordgewinn eingefahren. Es sei ein Reingewinn von 2,5 Bio. Rubel erzielt worden − das sind umgerechnet 46,5 Mrd. Euro. Der Staatskonzern verwies via Telegram darauf, dass das Ergebnis trotz Strafmaßnahmen wegen des Ukraine-Kriegs gegen Russland und eines „ungünstigen Umfelds erzielt worden sei. Gazprom werde nun jedem Aktionär pro Anteilsschein 51,03 Rubel zahlen. Noch im Frühjahr hatte der Energieriese die Erwartungen für 2022 gedämpft.

Eine Wiederaufnahme der Lieferung gilt durchaus als möglich

Kremlsprecher Dmitri Peskow hat am 30. August noch einmal versichert, dass Russland ein zuverlässiger Lieferant und gewillt sei, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Er begründete die derzeitigen Lieferkürzungen mit technischen Problemen, die der Westen durch seine Sanktionen selbst verursacht habe. Einen politischen Hintergrund der anstehenden Lieferpause dementierte er damit.

Es gilt zumindest als wahrscheinlich, dass das Gas ab dem 3. September wieder fließt. Nach der letzten Abschaltung wegen Wartungsarbeiten im Juli hat Gazprom anschließend auch den Transit wieder aufgenommen. Das unabhängige Internet-Medium „The Bell“ erklärte schon damals die dahinter stehende Logik damit, dass der Kreml sich anderenfalls der eigenen Flexibilität berauben würde. Auch bei gedrosselter Lieferung könne Russland immer noch mit einer weiteren Kürzung der Lieferungen drohen. Beim Lieferstopp sei das Drohpotenzial weg.

Darüber hinaus würde die vollständige Abkapselung vom europäischen Markt auch empfindlich auf den russischen Haushalt durchschlagen. Derzeit ist Moskau in der bequemen Lage, dass es trotz physisch geringerer Liefermengen wegen hoher Preise finanziell mehr aus dem Export herausschlägt. Ein weiterer Grund, der für die Beibehaltung des Transits − zumindest in geringem Umfang − spricht: Ansonsten müsste Gazprom seine Förderkapazitäten stilllegen und konservieren. Eine Umleitung der Gasströme nach Asien in großem Umfang ist nicht möglich, da das Pipelinesystem in diese Richtung noch kaum entwickelt ist. Von den 720 Mrd. m3, die Russland fördert, gehen gut 200 in den Export, davon 130 in den EU-Raum.

China etwa nimmt hingegen nur gut 10 Mrd. m3ab, auch wenn die Umsätze in die Richtung steigen. Auch deswegen fackelt Russland die Gasmengen ab, die es nicht nach Europa liefern kann.

Nächster Lieferstopp im Oktober möglich

Zwar hat Gazprom bislang noch keinen neuen Termin für die nächste Abschaltung genannt. Doch laut dem Konzern muss die letzte verbliebene Turbine in der Kompressorstation Portowaja alle 1.000 Arbeitsstunden gewartet werden. Damit dürfte Mitte Oktober der nächste Stopp anstehen.

Die Speicherbetreiber rechnen damit, dass auch ohne russisches Gas weiterhin Erdgas in Deutschland eingespeichert werden kann, gegebenenfalls in leicht reduziertem Umfang. Der Branchenverband Initiative Energien Speichern (INES) verweist dazu auf die tägliche Speichermenge: Sie beträgt derzeit ein Mehrfaches dessen, was zuletzt durch die Ostseepipeline nach Deutschland kam.

Mittwoch, 31.08.2022, 10:39 Uhr
dpa / Katia Meyer-Tien
Energie & Management > Gas - Wieder kein Gas durch Nord Stream 1
Quelle: Shutterstock / Michal Bednarek
Gas
Wieder kein Gas durch Nord Stream 1
Wie angekündigt hat Russland die Gaslieferungen über die Ostseepipeline wegen Wartungsarbeiten komplett eingestellt. Spannend bleibt, ob die Lieferungen wieder aufgenommen werden.
Russland hat die schon seit Monaten stark gedrosselte Gaslieferung über die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 am frühen Morgen des 31. August wie angekündigt gestoppt. Bis zwei Uhr floss nach Angaben auf der Homepage von Nord Stream 1 noch stündlich die zuvor auch nominierte Menge von rund 14,4 Mio. kWh, zwischen zwei und drei Uhr waren es nur noch etwa 2 Mio. kWh. Seit vier Uhr morgens wird die Durchflussmenge mit 0 kWh angegeben.

Der russische Staatskonzern Gazprom hatte zuvor angekündigt, dass die Pipeline vom 31. August bis zum 2. September wegen Wartungsarbeiten geschlossen werde. Am Mittwochmorgen, 31. August, teilte Gazprom im Nachrichtenkanal Telegram mit, „die Versorgung über Nord Stream wurde komplett eingestellt“. Es begännen planmäßige Wartungsarbeiten an einer Kompressorstation.

Zweifel an Grund für Lieferstopp − Gazprom mit Rekordgewinn

Laut Gazprom muss die einzig noch verbliebene Turbine in der Kompressorstation Portowaja, die der Pipeline vorgelagert ist, gewartet werden. Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hatte hingegen gesagt, die Wartungsarbeiten seien technisch nicht nachvollziehbar. Er halte Verweise auf Turbinen von Siemens Energy für vorgeschoben. Russland hatte auch im Zusammenhang mit der Drosselung der über die Leitung gelieferten Menge auf fehlende Turbinen verwiesen. Zuletzt kamen nur noch etwa 20 % der maximal möglichen Menge über die Pipeline. Zweifel an der Begründung für die Drosselung kommen etwa von der Bundesregierung.

Auf dem Kurznachrichtenkanal Twitter erklärte Müller am Morgen des 31.8., Deutschland sei auf die erneute „Wartung“ von Nord Stream 1 besser vorbereitet: „Die Gasspeicher sind zu fast 85 % befüllt und wir können das Gas im Winter auch wieder ausspeichern. Wir sparen Gas (muss so bleiben!), die LNG-Terminals kommen und dank Belgien, Frankreich, Niederlande, Norwegen (und bald Frankreich) fließt Gas.“

Trotz westlicher Sanktionen hat Gazprom im ersten Halbjahr nach eigenen Angaben einen Rekordgewinn eingefahren. Es sei ein Reingewinn von 2,5 Bio. Rubel erzielt worden − das sind umgerechnet 46,5 Mrd. Euro. Der Staatskonzern verwies via Telegram darauf, dass das Ergebnis trotz Strafmaßnahmen wegen des Ukraine-Kriegs gegen Russland und eines „ungünstigen Umfelds erzielt worden sei. Gazprom werde nun jedem Aktionär pro Anteilsschein 51,03 Rubel zahlen. Noch im Frühjahr hatte der Energieriese die Erwartungen für 2022 gedämpft.

Eine Wiederaufnahme der Lieferung gilt durchaus als möglich

Kremlsprecher Dmitri Peskow hat am 30. August noch einmal versichert, dass Russland ein zuverlässiger Lieferant und gewillt sei, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Er begründete die derzeitigen Lieferkürzungen mit technischen Problemen, die der Westen durch seine Sanktionen selbst verursacht habe. Einen politischen Hintergrund der anstehenden Lieferpause dementierte er damit.

Es gilt zumindest als wahrscheinlich, dass das Gas ab dem 3. September wieder fließt. Nach der letzten Abschaltung wegen Wartungsarbeiten im Juli hat Gazprom anschließend auch den Transit wieder aufgenommen. Das unabhängige Internet-Medium „The Bell“ erklärte schon damals die dahinter stehende Logik damit, dass der Kreml sich anderenfalls der eigenen Flexibilität berauben würde. Auch bei gedrosselter Lieferung könne Russland immer noch mit einer weiteren Kürzung der Lieferungen drohen. Beim Lieferstopp sei das Drohpotenzial weg.

Darüber hinaus würde die vollständige Abkapselung vom europäischen Markt auch empfindlich auf den russischen Haushalt durchschlagen. Derzeit ist Moskau in der bequemen Lage, dass es trotz physisch geringerer Liefermengen wegen hoher Preise finanziell mehr aus dem Export herausschlägt. Ein weiterer Grund, der für die Beibehaltung des Transits − zumindest in geringem Umfang − spricht: Ansonsten müsste Gazprom seine Förderkapazitäten stilllegen und konservieren. Eine Umleitung der Gasströme nach Asien in großem Umfang ist nicht möglich, da das Pipelinesystem in diese Richtung noch kaum entwickelt ist. Von den 720 Mrd. m3, die Russland fördert, gehen gut 200 in den Export, davon 130 in den EU-Raum.

China etwa nimmt hingegen nur gut 10 Mrd. m3ab, auch wenn die Umsätze in die Richtung steigen. Auch deswegen fackelt Russland die Gasmengen ab, die es nicht nach Europa liefern kann.

Nächster Lieferstopp im Oktober möglich

Zwar hat Gazprom bislang noch keinen neuen Termin für die nächste Abschaltung genannt. Doch laut dem Konzern muss die letzte verbliebene Turbine in der Kompressorstation Portowaja alle 1.000 Arbeitsstunden gewartet werden. Damit dürfte Mitte Oktober der nächste Stopp anstehen.

Die Speicherbetreiber rechnen damit, dass auch ohne russisches Gas weiterhin Erdgas in Deutschland eingespeichert werden kann, gegebenenfalls in leicht reduziertem Umfang. Der Branchenverband Initiative Energien Speichern (INES) verweist dazu auf die tägliche Speichermenge: Sie beträgt derzeit ein Mehrfaches dessen, was zuletzt durch die Ostseepipeline nach Deutschland kam.

Mittwoch, 31.08.2022, 10:39 Uhr
dpa / Katia Meyer-Tien

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