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Der Stromdiscounter Stromio hat keinen Bilanzkreis mehr. Doch das Geschäft geht offenbar weiter. Und allein Vattenfall muss 74.000 Verbrauchende auf einen Schlag übernehmen.
Schlag Mitternacht war Schluss. Zum 21. Dezember, 24
Uhr, haben die Übertragungsnetzbetreiber dem Stromdiscounter Stromio den Bilanzkreis gekündigt. „Das Unternehmen hat uns mitgeteilt, dass es seinen Bilanzkreisverpflichtungen nicht mehr nachkommen könne“, erklärt ein Sprecher des Netzbetreibers 50Hertz dieser Redaktion. Es handle sich um einen „der größeren Bilanzkreise“.
Für Kunden und Kundinnen bedeutet dies, dass Grundversorger einspringen. Beispiel Vattenfall:
"Sowohl die Berliner als auch die Hamburger Stromio-Kunden fallen in die Ersatzversorgung von Vattenfall. In Berlin sind es circa 51.000 Kunden und in Hamburg circa 23.000 Kunden von Stromio", teilt der Konzern mit. Probleme sieht er keine. "Grundsätzlich haben wir keine kurzfristige Beschaffungsstrategie und können aufgrund langjähriger Erfahrung solche Situationen auch in Zeiten mit extrem volatilen Strompreisen an den Börsen meistern", heißt es.
Ob für die Kunden möglicherweise ein eigener Tarif eingeführt wird, ist noch offen.
"Wir warten zunächst ab, wie viele Kunden jetzt kommen und wie viele davon bei Vattenfall bleiben möchten."
Ein bis zwei Millionen Kunden?Der Verbraucherschützer Matthias Moeschler, Betreiber des Portals verbraucherhilfe.de, will aus dem Umfeld des Discounters erfahren haben, dass dieser bundesweit 1
bis 2
Mio. Kunden habe. Auf seiner Website weist das Unternehmen darauf hin: „Unsere Neukundenangebote finden Sie jetzt auf Grünwelt.de“. Und unter dieser Webadresse erfährt man, dass „aktuell leider keine Neukundenangebote verfügbar“ seien. Aufgrund der der gestiegenen Beschaffungskosten für Strom und Gas würden die Tarifangebote überarbeitet.
Stromio und Grünwelt sind über das Unternehmen Universal Utility International verbunden. Und zu diesem Verbund gehören laut Website auch Gas.de und das Unternehmen Amperax. Gas.de und Grünwelt haben sind Anfang Dezember aus der Gasversorgung ausgestiegenen. Wegen der "nie dagewesenen Preisexplosion an den europäischen Energiehandelsplätzen“ wurden alle Erdgaslieferverträge gekündigt. Von Insolvenz war nicht die Rede, auch dort wird das Geschäft offenbar weitergeführt.
Bei Matthias Moeschler haben sich Vernehmen nach bereits zahlreiche Kunden beschwert, denen Stromio den Vertrag gekündigt. Er will prüfen, ob die Kunden Schadenersatzansprüche haben, und erwägt eine
Sammelklage.
Immer wieder Ömer VarolStromio, Gas.de, Amperax verbindet auch eine Personalie. Der Geschäftsführer heißt laut Impressum Ömer Varol. Das ist auch der Name des Geschäftsführers des Anfang Januar ins Handelsregister eingetragenen Unternehmens Universal Utility International Verwaltungs GmbH. Zudem findet sich die Website der Universal Utility International
BV in den Niederlanden, sie führt die Tochterunternehmen auf. Darüber hinaus gibt es den Internetauftritt der Callax-Holding GmbH, auch da taucht im Impressum Ömer Varol als Geschäftsführer auf.
Stromio ist bei der Justiz kein unbeschriebenes Blatt. Eine Verbraucherzentrale erstritt im Juli 2016 ein Zivilurteil gegen den Discounter wegen einer unzulässigen Preisklausel. Auch die Stiftung Warentest nahm in der Vergangenheit bereits Anstoß an Vertragspraktiken des Unternehmens.
On-Off-Beziehung mit der Kundschaft?Eine Kündigung des Bilanzkreisvertrages bedeutet nicht, dass ein Energieanbeiter nicht wieder in den Vertrieb einsteigen kann. Wenn sie nach einer Weile - etwa wenn sie Lage an Beschaffungsmärkten entspannt - einen Antrag auf einen Bilanzkreis stellt, könne ihnen die Aufnahme nicht verweigert werden, erklärt ein Sprecher eines Übertragungsnetzbetreibers.
Mittwoch, 22.12.2021, 16:09 Uhr
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