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Energie & Management > Österreich - Wegfall russischer Gaslieferungen macht Netzumbau nötig
Quelle: Pixabay / Jürgen Sieber
Österreich

Wegfall russischer Gaslieferungen macht Netzumbau nötig

Der Entwurf des Koordinierten Netzausbauplans der AGGM 2022 trägt dem Wunsch nach Alternativen zum Gasbezug aus Russland sowie künftigen Importen von „grünem“ Wasserstoff Rechnung.
Die für übergeordnete Steuerung des österreichischen Gasnetzes sowie die Koordinierung des Netzausbaus zuständige Austrian Gas Grid Management AG (AGGM) veröffentlichte am 9. Januar ihren Entwurf des „Koordinierten Netzentwicklungplans 2022“. Er behandelt die in sowie durch Österreich verlaufenden Fernleitungen. Stellungnahmen im Rahmen der Konsultation sind bis einschließlich 29. Januar möglich. Den finalisierten Entwurf will die AGGM der Regulierungsbehörde E-Control am 20. Februar zur Genehmigung vorlegen. Laut der AGGM hat der KNEP 2022 vor allem zwei Schwerpunkte: Erstens geht es darum, das Fernleitungsnetz besser an die geänderten Gasströme aufgrund des Kriegs in der Ukraine anzupassen. Zweitens sind Schritte vorgesehen, um das Fernleitungsnetz für den künftigen Transport von (grünem) Wasserstoff zu adaptieren.

Wie die AGGM festhält, importierte die EU im Jahr 2021 rund 155 Milliarden Kubikmeter Gas aus Russland. Nach dessen Einmarsch in der Ukraine fiel der Beschluss, diese Einfuhren bis Ende 2022 um zwei Drittel zu verringern. Österreich bezog den weit überwiegenden Teil des benötigten Erdgases aus Russland: „Bisher war Russland ein verlässlicher Vertragspartner. Den nun geänderten energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen wird mittelfristig durch eine stärkere Diversifizierung der Gasbezugsquellen und einem Ersatz russischen Erdgases Rechnung zu tragen sein.“ Der AGGM zufolge ergab sich am Netzknoten Baumgarten etwa 40 Kilometer nordöstlich von Wien „speziell nach März 2022“ eine erhebliche Verminderung der Importe aus Russland. Gleichzeitig erhöhten sich die Einfuhren von Gas aus Deutschland, „während der Export beinahe zum Erliegen kam.“ Ein ähnliches Bild ergab sich am Netzknoten Arnoldstein an der österreichisch-italienischen Grenze. Italien hatte vormals den Großteil seines Gases über die von Baumgarten nach Arnoldstein führende Trans-Austria-Gasleitung (TAG) bezogen. Dies wurde nach dem März 2022 weitgehend eingestellt. Und: „Im Oktober kam es erstmals zu einem physikalischen Importfluss von Italien nach Österreich.“

Auch deutsche Netze müssten angepasst werden

Laut dem KNEP-Entwurf sehen die AGGM und die österreichischen Fernleitungsbetreiber (FNB) vor allem drei Möglichkeiten, die Republik dauerhaft aus anderen Quellen als Russland mit Gas zu versorgen. Erstens können die Importe aus und durch Deutschland gesteigert werden: „ Dies würde einen Ausbau der West-Austria-Gasleitung (WAG) bedingen. Innerhalb Deutschlands besteht ein Kapazitätsengpass in Nord-Süd-Richtung, insbesondere dann, wenn sich die gewohnte Versorgung von Deutschland (aktuell vor allem via Waidhaus und Greifswald) ändert. Wenn die Gaslieferungen aus Russland stark eingekürzt werden oder ganz wegfallen, sind Ausbaumaßnahmen im innerdeutschen Netz dringend erforderlich. Dabei dürfen sich die deutschen Infrastrukturausbauten aber nicht nur auf den deutschen Bedarf beschränken, sondern müssen auch die grenzquerenden Kapazitäten gesichert werden.“ Im KNEP sind mehrere neue Projekte der Gas Connect Austria (GCA) enthalten, um die WAG entsprechend auszubauen und im einem Zuge für den Import von Wasserstoff zu ertüchtigen. „Ein großer Vorteil dieser Option ist, dass die WAG zukünftig in zwei getrennte Leitungen aufgeteilt werden könnte und eine Leitung mit Erdgas und eine Leitung mit Wasserstoff betrieben werden könnte. Die Wasserstoffleitung kann sowohl für einen Transport von der Ukraine über Österreich nach Deutschland eingesetzt werden als auch Wasserstoff aus dem Norden von Deutschland nach Österreich und weiter Richtung Osten transportieren“, konstatiert die AGGM. Nicht zu unterschätzen wären freilich die Kosten: Allein die erste Ausbaustufe schlüge mit rund 180 Millionen Euro zu Buche, die zweite mit 276 Millionen Euro. Hinzu kämen weitere 155 Millionen Euro für die Anpassungen an den Wasserstofftransport.

Die zweite Möglichkeit wäre, Gas verstärkt über die TAG zu beziehen. Technisch ist dies bereits seit rund zehn Jahren durchführbar. Die TAG-Betreibergesellschaft TAG GmbH brachte in den KNEP 2022 ein Vorhaben ein, mit dem das Umschalten von der einen Fließrichtung in die andere automatisiert erfolgen könnte. Die Kosten werden im KNEP-Entwurf nicht offengelegt.

LNG aus Krk

Drittens ließen sich Erdgas und längerfristig (grüner) Wasserstoff über den LNG-Terminal Omisalj auf der Adriainsel Krk beziehen. Dessen Kapazitäten sollen von zurzeit rund 2,5 Milliarden Kubikmeter pro Jahr auf 6 Milliarden erweitert werden. Bereits seit 2015 plant die GCA eine Ausweitung der Importkapazitäten am Grenzknoten Murfeld an der österreichisch-slowenischen Grenze. Die entsprechenden Vorhaben mit einem Gesamtvolumen von rund 234,4 Millionen Euro sind im KNEP 2022 weiterhin enthalten. Seitens der TAG GmbH besteht seit 2016 ein Projekt, das den Import aus Slowenien mittels Reverse-Flow gestatten würde. Auch dieses Vorhaben beinhaltet der Entwurf des KNEP 2022 nach wie vor.

Zur Umsetzung der Leitungsausbauten werden je 3,5 bis 4,5 Jahre nach Genehmigung veranschlagt.

Dienstag, 10.01.2023, 13:36 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Wegfall russischer Gaslieferungen macht Netzumbau nötig
Quelle: Pixabay / Jürgen Sieber
Österreich
Wegfall russischer Gaslieferungen macht Netzumbau nötig
Der Entwurf des Koordinierten Netzausbauplans der AGGM 2022 trägt dem Wunsch nach Alternativen zum Gasbezug aus Russland sowie künftigen Importen von „grünem“ Wasserstoff Rechnung.
Die für übergeordnete Steuerung des österreichischen Gasnetzes sowie die Koordinierung des Netzausbaus zuständige Austrian Gas Grid Management AG (AGGM) veröffentlichte am 9. Januar ihren Entwurf des „Koordinierten Netzentwicklungplans 2022“. Er behandelt die in sowie durch Österreich verlaufenden Fernleitungen. Stellungnahmen im Rahmen der Konsultation sind bis einschließlich 29. Januar möglich. Den finalisierten Entwurf will die AGGM der Regulierungsbehörde E-Control am 20. Februar zur Genehmigung vorlegen. Laut der AGGM hat der KNEP 2022 vor allem zwei Schwerpunkte: Erstens geht es darum, das Fernleitungsnetz besser an die geänderten Gasströme aufgrund des Kriegs in der Ukraine anzupassen. Zweitens sind Schritte vorgesehen, um das Fernleitungsnetz für den künftigen Transport von (grünem) Wasserstoff zu adaptieren.

Wie die AGGM festhält, importierte die EU im Jahr 2021 rund 155 Milliarden Kubikmeter Gas aus Russland. Nach dessen Einmarsch in der Ukraine fiel der Beschluss, diese Einfuhren bis Ende 2022 um zwei Drittel zu verringern. Österreich bezog den weit überwiegenden Teil des benötigten Erdgases aus Russland: „Bisher war Russland ein verlässlicher Vertragspartner. Den nun geänderten energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen wird mittelfristig durch eine stärkere Diversifizierung der Gasbezugsquellen und einem Ersatz russischen Erdgases Rechnung zu tragen sein.“ Der AGGM zufolge ergab sich am Netzknoten Baumgarten etwa 40 Kilometer nordöstlich von Wien „speziell nach März 2022“ eine erhebliche Verminderung der Importe aus Russland. Gleichzeitig erhöhten sich die Einfuhren von Gas aus Deutschland, „während der Export beinahe zum Erliegen kam.“ Ein ähnliches Bild ergab sich am Netzknoten Arnoldstein an der österreichisch-italienischen Grenze. Italien hatte vormals den Großteil seines Gases über die von Baumgarten nach Arnoldstein führende Trans-Austria-Gasleitung (TAG) bezogen. Dies wurde nach dem März 2022 weitgehend eingestellt. Und: „Im Oktober kam es erstmals zu einem physikalischen Importfluss von Italien nach Österreich.“

Auch deutsche Netze müssten angepasst werden

Laut dem KNEP-Entwurf sehen die AGGM und die österreichischen Fernleitungsbetreiber (FNB) vor allem drei Möglichkeiten, die Republik dauerhaft aus anderen Quellen als Russland mit Gas zu versorgen. Erstens können die Importe aus und durch Deutschland gesteigert werden: „ Dies würde einen Ausbau der West-Austria-Gasleitung (WAG) bedingen. Innerhalb Deutschlands besteht ein Kapazitätsengpass in Nord-Süd-Richtung, insbesondere dann, wenn sich die gewohnte Versorgung von Deutschland (aktuell vor allem via Waidhaus und Greifswald) ändert. Wenn die Gaslieferungen aus Russland stark eingekürzt werden oder ganz wegfallen, sind Ausbaumaßnahmen im innerdeutschen Netz dringend erforderlich. Dabei dürfen sich die deutschen Infrastrukturausbauten aber nicht nur auf den deutschen Bedarf beschränken, sondern müssen auch die grenzquerenden Kapazitäten gesichert werden.“ Im KNEP sind mehrere neue Projekte der Gas Connect Austria (GCA) enthalten, um die WAG entsprechend auszubauen und im einem Zuge für den Import von Wasserstoff zu ertüchtigen. „Ein großer Vorteil dieser Option ist, dass die WAG zukünftig in zwei getrennte Leitungen aufgeteilt werden könnte und eine Leitung mit Erdgas und eine Leitung mit Wasserstoff betrieben werden könnte. Die Wasserstoffleitung kann sowohl für einen Transport von der Ukraine über Österreich nach Deutschland eingesetzt werden als auch Wasserstoff aus dem Norden von Deutschland nach Österreich und weiter Richtung Osten transportieren“, konstatiert die AGGM. Nicht zu unterschätzen wären freilich die Kosten: Allein die erste Ausbaustufe schlüge mit rund 180 Millionen Euro zu Buche, die zweite mit 276 Millionen Euro. Hinzu kämen weitere 155 Millionen Euro für die Anpassungen an den Wasserstofftransport.

Die zweite Möglichkeit wäre, Gas verstärkt über die TAG zu beziehen. Technisch ist dies bereits seit rund zehn Jahren durchführbar. Die TAG-Betreibergesellschaft TAG GmbH brachte in den KNEP 2022 ein Vorhaben ein, mit dem das Umschalten von der einen Fließrichtung in die andere automatisiert erfolgen könnte. Die Kosten werden im KNEP-Entwurf nicht offengelegt.

LNG aus Krk

Drittens ließen sich Erdgas und längerfristig (grüner) Wasserstoff über den LNG-Terminal Omisalj auf der Adriainsel Krk beziehen. Dessen Kapazitäten sollen von zurzeit rund 2,5 Milliarden Kubikmeter pro Jahr auf 6 Milliarden erweitert werden. Bereits seit 2015 plant die GCA eine Ausweitung der Importkapazitäten am Grenzknoten Murfeld an der österreichisch-slowenischen Grenze. Die entsprechenden Vorhaben mit einem Gesamtvolumen von rund 234,4 Millionen Euro sind im KNEP 2022 weiterhin enthalten. Seitens der TAG GmbH besteht seit 2016 ein Projekt, das den Import aus Slowenien mittels Reverse-Flow gestatten würde. Auch dieses Vorhaben beinhaltet der Entwurf des KNEP 2022 nach wie vor.

Zur Umsetzung der Leitungsausbauten werden je 3,5 bis 4,5 Jahre nach Genehmigung veranschlagt.

Dienstag, 10.01.2023, 13:36 Uhr
Klaus Fischer

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