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Energie & Management > Gasnetz - Wege in die grüne Zukunft
Quelle: Fotolia / zozzzzo
Gasnetz

Wege in die grüne Zukunft

Die deutsche Gaswirtschaft will das fossile Zeitalter hinter sich lassen und bereitet sich auf eine gewinnbringende, grüne Zukunft vor.
Der Branchenverband Zukunft Gas hat jetzt drei industrielle Projekte vorgestellt, mit denen Unternehmen aus dem Erdgas-Geschäft aussteigen und es durch klimafreundliche Gas ersetzen wollen.

Vergleichsweise weit fortgeschritten sind dabei nach Angaben des Projektleiters Matthias Schnadwinkel die Arbeiten des Versorgungsunternehmens Uniper bei der Einlagerung von Wasserstoff. Uniper betreibt gegenwärtig nicht nur einen großen Teil des deutschen Ferngas-Leitungsnetzes sondern auch neun Erdgasspeicher mit einer Kapazität von 80 Milliarden kWh.

In einem Pilotprojekt werde jetzt ein kleiner Kavernenspeicher von 1.000 Kubikmetern auf seine Tauglichkeit als Wasserstoffspeicher untersucht, berichtete Schnadwinkel auf der Online-Konferenz von Zukunft Gas. Er gehe davon aus, dass die Anlage eine Arbeitskapazität von 500.000 kWh habe und Anfang 2024 erstmals befüllt werden könne. Bis dahin werde der Speicher über die bestehende Bohrung mit Wasser gespült und auf seine Dichte untersucht. Das Testprogramm umfasse auch die Materialprüfung. Für Leitungen und Dichtungen müssten die am besten geeigneten Stähle und andere Materialien für den Betrieb mit Wasserstoff gefunden werden.

Auch für die oberirdischen Anlagen sollen verschiedene Technologien erprobt werden. Vorgesehen sind Anlagen zur Erzeugung oder Anlieferung von Wasserstoff über Leitungen oder Lkw. Zur Ausspeicherung komme beispielsweise die Einspeisung in das Leitungsnetz oder der Anschluss von Tankstellen und Verarbeitsungsanlagen in Frage.

Der Kavernenspeicher Krümmhorn in der Nähe von Emden sei Teil des „Energie-Transformations-Hubs Nordwest“, den Uniper in Wilhelmshaven betreibt, sagt Schnadwinkel. Das sei ein günstiger Standort in der Nähe von Offshore-Anlagen, die Grünstrom zur Herstellung von grünem Wasserstoff erzeugen könnten. Gleichzeitig liege der Hub unweit des geplanten europäischen Kernleitungsnetzes (Backbone). Er verweist darauf, dass der Brennwert von Wasserstoff deutlich geringer sei als von Erdgas. Man könne die bestehenden Erdgasspeicher zwar grundsätzlich auch für die Einlagerung von Wasserstoff verwenden, diese Kapazität werde aber langfristig nicht ausreichen. Für den Aufbau der Infrastruktur brauche die Branche vor allem einen „klaren regulatorischen Rahmen“ und wahrscheinlich auch finanzielle Unterstützung.

Etablierte Nutzungspfade für Ammoniak

Bei der Fraunhofer-Gesellschaft befasst man sich damit, den Wasserstoff in Form von Ammoniak zu transportieren und zu lagern. Gegenüber der direkten Verwendung habe Ammoniak den Vorteil, dass es ein seit langem in großen Mengen verwendeter Grundstoff sei. Weltweit würden heute 180 Millionen Tonnen Ammoniak produziert, es gebe „etablierte Nutzungspfade“, eine „Infrastruktur auf dem Stand der Technik“ und etablierte Unternehmen. Ammoniak könne bei minus 10 Grad und 30 Bar leicht verflüssigt und auch wieder in Wasserstoff zurückverwandelt werden, sagte Benedikt Steinbach, der am sogenannten Picaso-Projekt einer „nachhaltigen Ammoniak-Synthese“ mitarbeitet.

Er geht davon aus, dass Deutschland auch in Zukunft 60 Prozent seiner Energie importieren muss, wenn auch in anderer Form als heute. Ammoniak könne dazu einen Beitrag leisten und stehe auch für die saisonale Speicherung oder zum Ausgleich des Tag- und Nachtrythmus der Solar-Stromerzeugung zur Verfügung. Von wettbewerbsfähigen Kosten sei man allerdings noch weit entfernt. Ein Kilogramm Wasserstoff kann die Fraunhofer-Gesellschaft zur Zeit für 4,50 Euro herstellen. Um im Wettbewerb zu bestehen dürfte ein Kilogramm Wasserstoff aber höchstens 1,50 Euro kosten, sagt Steinbach.

Methan als Zukunftslösung

Erst am Anfang steht das Projekt „We are shipping the Sun“ der Firma TES, die sich ebenfalls in Wilhelmshaven niedergelassen hat. TES baut gegenwärtig eines der schwimmenden LNG-Terminals (FSRU). Es soll „im nächsten Winter“ mit einer Jahreskapazität von 5 bcm in Betrieb gehen. Die Kapazität soll später auf 10 bcm erhöht werden. Außerdem will TES das Erdgas ab 2027 schrittweise durch sogenanntes e-NG (Methan) ersetzen.

Das e-NG soll im Süden der USA, in Australien oder im Nahen Osten aus Wasserstoff und „recyceltem CO2“ erzeugt werden. Der Wasserstoff würde langfristig aus Solarstrom oder Wind erzeugt, in der ersten Phase soll auch „grauer Wasserstoff“ (fossil mit CO2-Abscheidung) Verwendung finden. Der Transport von Wasserstoff in Form von Methan habe den Vorteil, dass es leichter transportiert (weniger Schiffe) und direkt eingesetzt werden könne, sagt TES-Manager Frank Albers.

Geplant ist, mit der billigen Sonnenenergie Wasserstoff zu erzeugen, daraus Methan (CH4) herzustellen und per Schiff nach Wilhelmshaven zu bringen. Dort kann das Methan in das Erdgasleitungsnetz eingespeist oder in Wasserstoff und CO2 zurückverwandelt werden. Das CO2 würde von den Gastankern wieder mit zurück genommen und erneut für die Methan-Herstellung verwendet.

Die Produktion an den genannten Standorten sei wegen der niedrigen Energiekosten so günstig, dass der Wasserstoff auch nach der Rückgewinnung zu wettbewerbsfähigen Preisen angeboten werden könne, sagt Albers. TES kalkuliere mit 10 bis 30 Euro/MWh, Offshore-Strom aus der Nordsee koste dagegen 65 Euro/MWh. Den Wirkungsgrad am Ende der gesamten Wertschöpfungskette gibt er mit 56 Prozent für das e-NG an und mit 45 Prozent für den Wasserstoff.

TES will mit seinem Angebot bis zu 10 Prozent des deutschen Energiebedarfs decken, entweder in der Form von Wasserstoff oder e-NG. In Wilhelmshaven sollen neben den Terminals für die Tanker auch Speicher und möglicherweise Verarbeitungsanlagen entstehen. Seinen e-NG-Kunden will das Unternehmen dabei auch anbieten, das entstehende CO2 zurückzunehmen.

Donnerstag, 27.04.2023, 16:57 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Gasnetz - Wege in die grüne Zukunft
Quelle: Fotolia / zozzzzo
Gasnetz
Wege in die grüne Zukunft
Die deutsche Gaswirtschaft will das fossile Zeitalter hinter sich lassen und bereitet sich auf eine gewinnbringende, grüne Zukunft vor.
Der Branchenverband Zukunft Gas hat jetzt drei industrielle Projekte vorgestellt, mit denen Unternehmen aus dem Erdgas-Geschäft aussteigen und es durch klimafreundliche Gas ersetzen wollen.

Vergleichsweise weit fortgeschritten sind dabei nach Angaben des Projektleiters Matthias Schnadwinkel die Arbeiten des Versorgungsunternehmens Uniper bei der Einlagerung von Wasserstoff. Uniper betreibt gegenwärtig nicht nur einen großen Teil des deutschen Ferngas-Leitungsnetzes sondern auch neun Erdgasspeicher mit einer Kapazität von 80 Milliarden kWh.

In einem Pilotprojekt werde jetzt ein kleiner Kavernenspeicher von 1.000 Kubikmetern auf seine Tauglichkeit als Wasserstoffspeicher untersucht, berichtete Schnadwinkel auf der Online-Konferenz von Zukunft Gas. Er gehe davon aus, dass die Anlage eine Arbeitskapazität von 500.000 kWh habe und Anfang 2024 erstmals befüllt werden könne. Bis dahin werde der Speicher über die bestehende Bohrung mit Wasser gespült und auf seine Dichte untersucht. Das Testprogramm umfasse auch die Materialprüfung. Für Leitungen und Dichtungen müssten die am besten geeigneten Stähle und andere Materialien für den Betrieb mit Wasserstoff gefunden werden.

Auch für die oberirdischen Anlagen sollen verschiedene Technologien erprobt werden. Vorgesehen sind Anlagen zur Erzeugung oder Anlieferung von Wasserstoff über Leitungen oder Lkw. Zur Ausspeicherung komme beispielsweise die Einspeisung in das Leitungsnetz oder der Anschluss von Tankstellen und Verarbeitsungsanlagen in Frage.

Der Kavernenspeicher Krümmhorn in der Nähe von Emden sei Teil des „Energie-Transformations-Hubs Nordwest“, den Uniper in Wilhelmshaven betreibt, sagt Schnadwinkel. Das sei ein günstiger Standort in der Nähe von Offshore-Anlagen, die Grünstrom zur Herstellung von grünem Wasserstoff erzeugen könnten. Gleichzeitig liege der Hub unweit des geplanten europäischen Kernleitungsnetzes (Backbone). Er verweist darauf, dass der Brennwert von Wasserstoff deutlich geringer sei als von Erdgas. Man könne die bestehenden Erdgasspeicher zwar grundsätzlich auch für die Einlagerung von Wasserstoff verwenden, diese Kapazität werde aber langfristig nicht ausreichen. Für den Aufbau der Infrastruktur brauche die Branche vor allem einen „klaren regulatorischen Rahmen“ und wahrscheinlich auch finanzielle Unterstützung.

Etablierte Nutzungspfade für Ammoniak

Bei der Fraunhofer-Gesellschaft befasst man sich damit, den Wasserstoff in Form von Ammoniak zu transportieren und zu lagern. Gegenüber der direkten Verwendung habe Ammoniak den Vorteil, dass es ein seit langem in großen Mengen verwendeter Grundstoff sei. Weltweit würden heute 180 Millionen Tonnen Ammoniak produziert, es gebe „etablierte Nutzungspfade“, eine „Infrastruktur auf dem Stand der Technik“ und etablierte Unternehmen. Ammoniak könne bei minus 10 Grad und 30 Bar leicht verflüssigt und auch wieder in Wasserstoff zurückverwandelt werden, sagte Benedikt Steinbach, der am sogenannten Picaso-Projekt einer „nachhaltigen Ammoniak-Synthese“ mitarbeitet.

Er geht davon aus, dass Deutschland auch in Zukunft 60 Prozent seiner Energie importieren muss, wenn auch in anderer Form als heute. Ammoniak könne dazu einen Beitrag leisten und stehe auch für die saisonale Speicherung oder zum Ausgleich des Tag- und Nachtrythmus der Solar-Stromerzeugung zur Verfügung. Von wettbewerbsfähigen Kosten sei man allerdings noch weit entfernt. Ein Kilogramm Wasserstoff kann die Fraunhofer-Gesellschaft zur Zeit für 4,50 Euro herstellen. Um im Wettbewerb zu bestehen dürfte ein Kilogramm Wasserstoff aber höchstens 1,50 Euro kosten, sagt Steinbach.

Methan als Zukunftslösung

Erst am Anfang steht das Projekt „We are shipping the Sun“ der Firma TES, die sich ebenfalls in Wilhelmshaven niedergelassen hat. TES baut gegenwärtig eines der schwimmenden LNG-Terminals (FSRU). Es soll „im nächsten Winter“ mit einer Jahreskapazität von 5 bcm in Betrieb gehen. Die Kapazität soll später auf 10 bcm erhöht werden. Außerdem will TES das Erdgas ab 2027 schrittweise durch sogenanntes e-NG (Methan) ersetzen.

Das e-NG soll im Süden der USA, in Australien oder im Nahen Osten aus Wasserstoff und „recyceltem CO2“ erzeugt werden. Der Wasserstoff würde langfristig aus Solarstrom oder Wind erzeugt, in der ersten Phase soll auch „grauer Wasserstoff“ (fossil mit CO2-Abscheidung) Verwendung finden. Der Transport von Wasserstoff in Form von Methan habe den Vorteil, dass es leichter transportiert (weniger Schiffe) und direkt eingesetzt werden könne, sagt TES-Manager Frank Albers.

Geplant ist, mit der billigen Sonnenenergie Wasserstoff zu erzeugen, daraus Methan (CH4) herzustellen und per Schiff nach Wilhelmshaven zu bringen. Dort kann das Methan in das Erdgasleitungsnetz eingespeist oder in Wasserstoff und CO2 zurückverwandelt werden. Das CO2 würde von den Gastankern wieder mit zurück genommen und erneut für die Methan-Herstellung verwendet.

Die Produktion an den genannten Standorten sei wegen der niedrigen Energiekosten so günstig, dass der Wasserstoff auch nach der Rückgewinnung zu wettbewerbsfähigen Preisen angeboten werden könne, sagt Albers. TES kalkuliere mit 10 bis 30 Euro/MWh, Offshore-Strom aus der Nordsee koste dagegen 65 Euro/MWh. Den Wirkungsgrad am Ende der gesamten Wertschöpfungskette gibt er mit 56 Prozent für das e-NG an und mit 45 Prozent für den Wasserstoff.

TES will mit seinem Angebot bis zu 10 Prozent des deutschen Energiebedarfs decken, entweder in der Form von Wasserstoff oder e-NG. In Wilhelmshaven sollen neben den Terminals für die Tanker auch Speicher und möglicherweise Verarbeitungsanlagen entstehen. Seinen e-NG-Kunden will das Unternehmen dabei auch anbieten, das entstehende CO2 zurückzunehmen.

Donnerstag, 27.04.2023, 16:57 Uhr
Tom Weingärtner

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