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Energie & Management > Elektrofahrzeuge - Wege aus dem Lade-Trilemma
Bild: Fotolia/wellphoto
Elektrofahrzeuge

Wege aus dem Lade-Trilemma

Das Laden einer zunehmenden Zahl von E-Autos stellt die Stromnetze vor große Herausforderungen. Doch es gibt Wege aus dem sogenannten Lade-Trilemma.
Die Bundesregierung und die „Nationale Plattform Zukunft der Mobilität“ erwarten bis zum Jahr 2030 etwa 7 bis 14 Mio. Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen. Die Herausforderungen, die sich daraus ergeben, und mögliche Lösungen hat das Energiewissenschaftliche Institut an der Universität zu Köln (EWI) bei einer Veranstaltung diskutiert. 

„Deutlich mehr Elektroautos bedeuten deutlich mehr Ladevorgänge und dadurch deutlich mehr Stromnachfrage“, sagt Arne Lilienkamp, Research Associate am EWI. Aus den unterschiedlichen Bedürfnissen der Netze und der Mobilitätsnutzer werde sich das sogenannte Lade-Trilemma ergeben:
  • E-Autos verringern den CO2-Ausstoß besonders wirksam, wenn sie mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen geladen werden − diese sind aber wetter- und damit zeitabhängig. 
  • Es gibt individuelle Präferenzen: Alle möchten ihren Mobilitätsbedarf erfüllen können, ihre Fahrten also wie geplant antreten.
  • Das kann aber Probleme in den Verteilnetzen verursachen, wenn viele Ladevorgänge gleichzeitig stattfinden.
Ein Dreiklang zeige sich auch bei den Stakeholdern der Elektromobilität: Hier gebe es die drei Interessengruppen zum einen der Energieversorger, dann der Infrastrukturbetreiber wie Netzbetreiber, Ladepunktanbieter oder Gebäudemanager und schließlich der "Mobility-First"-Stakeholder wie Fahrzeughersteller oder Endverbraucher.

Die Konsequenz der unterschiedlichen Sichtweisen auf das Laden macht laut dem EWI die sogenannte "Entenkurve" deutlich. Namensgebend ist die markante Form, die an eine Ente erinnert:
 
Die über den Tag verteilte Ladeleistung. Zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken
Quelle: EWI

Die "Duck Curve" visualisiert das zentrale Problem: Falls Elektrofahrzeuge am Eigenheim, zum Beispiel nach der Rückkehr von der Arbeit, geladen werden, steigt die Stromnachfrage dann an, wenn die Einspeisung aus Erneuerbaren, vornehmlich Sonne, bereits rückläufig ist. Dies macht eine schnelle, zusätzlich konventionelle Erzeugung notwendig und wirkt dem Ziel entgegen, Elektrofahrzeuge vor allem mit Strom aus Erneuerbaren zu laden.

Zwar könnte die Erneuerbaren-Erzeugung durch den Einsatz von Speichern verschoben werden, was jedoch große Investitionen in Speicher erforderlich machen würde. 

​Intelligentes Management des Ladeverhaltens

Um die Einspeisung an Strom aus Erneuerbaren und das Laden von Elektrofahrzeugen sinnvoll zusammenzubringen, schlagen die Experten des EWI ein Management des Ladeverhaltens (Smart Charging) vor, das an die energiewirtschaftliche Wertschöpfungskette andockt. 

Unter Smart Charging wird dabei die Fähigkeit verstanden, das Ladeverhalten an externe Signale anzupassen. Dies kann in drei Dimensionen geschehen: der Ladegeschwindigkeit (Load Shaping), der Zeit des Ladens (Load Shifting) und der Richtung des Ladens.

In der Praxis lässt sich beobachten, dass diese Dimensionen schon in unterschiedlichen Graden/Stufen umgesetzt sind. Die Wahl des Umsetzungsgrads hängt dabei vom jeweiligen Fall ab:
  • Stufe 1 entspricht dem regelbasierten Laden an individuellen Standorten. Hier wird offline geladen, also isoliert und ohne externe Signale. Die Gesamtlast eines Standorts wird gegen die Netzanschlussleistung inklusive Elektrofahrzeuge derart optimiert, dass die Netzanschlussleistung jederzeit eingehalten und damit ein Netzausbau vermieden wird.
  • In Stufe 2, dem präferenzbasierten Laden, werden die Präferenzen der Nutzenden gegen externe Signale wie den Preis optimiert. Ein Beispiel sind sogenannte "Time of Use"-Tarife, die höhere Stromkosten in Zeiten vorsehen, in denen eine höhere Last erwartet wird. Daraufhin verschieben im Idealfall Nutzerinnen und Nutzer die Ladevorgänge in (aus Netzsicht) weniger kritische Zeiträume. 
  • Die dritte Stufe stellt die vollständige Integration der Elektrofahrzeuge in das Energiesystem dar. Individuelle Elektrofahrzeuge werden aggregiert, nehmen am Energiemarkt teil und erbringen Systemdienstleistungen in virtuellen Kraftwerken. Dabei werden die Speicherkapazitäten der Elektrofahrzeuge optimal genutzt. 
"Die Integration der Elektrofahrzeugflotte in das Gesamtsystem ist eine Koordinationsaufgabe. Um diese zu bewältigen, ist ein Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis wichtig", sagt Prof. Wolfgang Ketter, Direktor des EWI. Dadurch könnten neue Geschäftsfelder entlang der Smart-Charging-Wertschöpfungskette identifiziert und erschlossen werden. 

Freitag, 25.06.2021, 14:07 Uhr
Peter Koller
Energie & Management > Elektrofahrzeuge - Wege aus dem Lade-Trilemma
Bild: Fotolia/wellphoto
Elektrofahrzeuge
Wege aus dem Lade-Trilemma
Das Laden einer zunehmenden Zahl von E-Autos stellt die Stromnetze vor große Herausforderungen. Doch es gibt Wege aus dem sogenannten Lade-Trilemma.
Die Bundesregierung und die „Nationale Plattform Zukunft der Mobilität“ erwarten bis zum Jahr 2030 etwa 7 bis 14 Mio. Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen. Die Herausforderungen, die sich daraus ergeben, und mögliche Lösungen hat das Energiewissenschaftliche Institut an der Universität zu Köln (EWI) bei einer Veranstaltung diskutiert. 

„Deutlich mehr Elektroautos bedeuten deutlich mehr Ladevorgänge und dadurch deutlich mehr Stromnachfrage“, sagt Arne Lilienkamp, Research Associate am EWI. Aus den unterschiedlichen Bedürfnissen der Netze und der Mobilitätsnutzer werde sich das sogenannte Lade-Trilemma ergeben:
  • E-Autos verringern den CO2-Ausstoß besonders wirksam, wenn sie mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen geladen werden − diese sind aber wetter- und damit zeitabhängig. 
  • Es gibt individuelle Präferenzen: Alle möchten ihren Mobilitätsbedarf erfüllen können, ihre Fahrten also wie geplant antreten.
  • Das kann aber Probleme in den Verteilnetzen verursachen, wenn viele Ladevorgänge gleichzeitig stattfinden.
Ein Dreiklang zeige sich auch bei den Stakeholdern der Elektromobilität: Hier gebe es die drei Interessengruppen zum einen der Energieversorger, dann der Infrastrukturbetreiber wie Netzbetreiber, Ladepunktanbieter oder Gebäudemanager und schließlich der "Mobility-First"-Stakeholder wie Fahrzeughersteller oder Endverbraucher.

Die Konsequenz der unterschiedlichen Sichtweisen auf das Laden macht laut dem EWI die sogenannte "Entenkurve" deutlich. Namensgebend ist die markante Form, die an eine Ente erinnert:
 
Die über den Tag verteilte Ladeleistung. Zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken
Quelle: EWI

Die "Duck Curve" visualisiert das zentrale Problem: Falls Elektrofahrzeuge am Eigenheim, zum Beispiel nach der Rückkehr von der Arbeit, geladen werden, steigt die Stromnachfrage dann an, wenn die Einspeisung aus Erneuerbaren, vornehmlich Sonne, bereits rückläufig ist. Dies macht eine schnelle, zusätzlich konventionelle Erzeugung notwendig und wirkt dem Ziel entgegen, Elektrofahrzeuge vor allem mit Strom aus Erneuerbaren zu laden.

Zwar könnte die Erneuerbaren-Erzeugung durch den Einsatz von Speichern verschoben werden, was jedoch große Investitionen in Speicher erforderlich machen würde. 

​Intelligentes Management des Ladeverhaltens

Um die Einspeisung an Strom aus Erneuerbaren und das Laden von Elektrofahrzeugen sinnvoll zusammenzubringen, schlagen die Experten des EWI ein Management des Ladeverhaltens (Smart Charging) vor, das an die energiewirtschaftliche Wertschöpfungskette andockt. 

Unter Smart Charging wird dabei die Fähigkeit verstanden, das Ladeverhalten an externe Signale anzupassen. Dies kann in drei Dimensionen geschehen: der Ladegeschwindigkeit (Load Shaping), der Zeit des Ladens (Load Shifting) und der Richtung des Ladens.

In der Praxis lässt sich beobachten, dass diese Dimensionen schon in unterschiedlichen Graden/Stufen umgesetzt sind. Die Wahl des Umsetzungsgrads hängt dabei vom jeweiligen Fall ab:
  • Stufe 1 entspricht dem regelbasierten Laden an individuellen Standorten. Hier wird offline geladen, also isoliert und ohne externe Signale. Die Gesamtlast eines Standorts wird gegen die Netzanschlussleistung inklusive Elektrofahrzeuge derart optimiert, dass die Netzanschlussleistung jederzeit eingehalten und damit ein Netzausbau vermieden wird.
  • In Stufe 2, dem präferenzbasierten Laden, werden die Präferenzen der Nutzenden gegen externe Signale wie den Preis optimiert. Ein Beispiel sind sogenannte "Time of Use"-Tarife, die höhere Stromkosten in Zeiten vorsehen, in denen eine höhere Last erwartet wird. Daraufhin verschieben im Idealfall Nutzerinnen und Nutzer die Ladevorgänge in (aus Netzsicht) weniger kritische Zeiträume. 
  • Die dritte Stufe stellt die vollständige Integration der Elektrofahrzeuge in das Energiesystem dar. Individuelle Elektrofahrzeuge werden aggregiert, nehmen am Energiemarkt teil und erbringen Systemdienstleistungen in virtuellen Kraftwerken. Dabei werden die Speicherkapazitäten der Elektrofahrzeuge optimal genutzt. 
"Die Integration der Elektrofahrzeugflotte in das Gesamtsystem ist eine Koordinationsaufgabe. Um diese zu bewältigen, ist ein Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis wichtig", sagt Prof. Wolfgang Ketter, Direktor des EWI. Dadurch könnten neue Geschäftsfelder entlang der Smart-Charging-Wertschöpfungskette identifiziert und erschlossen werden. 

Freitag, 25.06.2021, 14:07 Uhr
Peter Koller

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