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Energie & Management > Wasserstoff - Wasserstofferzeugung unter dem Brennglas
Quelle: Thyssenkrupp Steel Europe
Wasserstoff

Wasserstofferzeugung unter dem Brennglas

Welche Wasserstofftechnologie das Rennen beim Wasserstoffhochlauf macht, war auf einem Wasserstoff-Gipfel in Essen Thema. Geladen waren unter anderem deutsche Elektrolyseurhersteller.
Zweifel an der Umsetzbarkeit der Wasserstoff-Produktionskapazitäten, wie sie die Bundesregierung für Deutschland skizziert hat, gab es keine bei der Diskussionsrunde zum Thema "Wasserstofferzeugung auf dem Prüfstand". 10.000 MW Elektrolysekapazität bis zum Jahr 2030, wie sie Deutschland auf dem Papier anvisiert, sind laut Alexander Habeder durchaus machbar, aber: "Sie reichen nicht aus. Dieser Tropfen verdampft auf dem Weg zum Stein", verdeutlichte Habeder. Bei dem Elektrolyseurhersteller Siemens Energy ist er Head of Business Development and Sales Excellence New Energy Business (Hydrogen Solutions).

"Das deutsche Ziel sollte deutlich größer sein", erklärte auch Nils Aldag, CEO des Elektrolyseherstellers Sunfire und zog den Vergleich zur europäischen Wasserstoffambition. "Die EU hat sich vorgenommen, bis in 2030 rund 20 Megatonnen Wasserstoff pro Jahr zu produzieren." Um diese Wasserstoffmenge bereitzustellen, brauche man mit einem flexiblen Stromprofil rund 240.000 MW an installierter Elektrolysekapazität.

Viel wichtiger als die Korrektur des deutschen Produktionszieles sei jedoch das Anfachen der Wasserstoff-Nachfrage. Aldag betonte: "Eine echte Nachfrage gibt es noch nicht. Erst wenn diese kommt, wird es Investments in Fertigungskapazitäten geben und der Wasserstoffhochlauf erfolgen, der so dringend notwendig ist."

Habeder von Siemens Energy führte zudem die Bedeutung der Universitäten und der Forschungsinstitute ins Feld. Materialwissenschaftlich könnten diese einiges dazu beitragen, dass deutsche Hersteller von Elektrolyseuren ihre Anlagen weiterentwickeln können und so dabei helfen, den deutschen Industriestandort in Sachen Elektrolyseur-Bau zu sichern. Beispielsweise seien in PEM-Elektrolyseuren teure Edelmetalle verbaut, deren Einsatz sich eventuell reduzieren oder durch andere Materialien ersetzen ließe.

Technologieoffener Ansatz wichtig

"Grundlagenforschung ist genauso wichtig wie die technologische Implementierung", erklärte auch Sylvia Schattauer, Leiterin des Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES. Gleich zu Beginn der Diskussionsrunde betonte sie den technologieoffenen Ansatz der Forschung. "Unter Wirtschaftlichkeitsaspekten und je nach Einsatzgebieten muss eine Auswahl aus dem Technologieportfolio möglich sein." Unter den bislang bestehenden Elektrolysetechnologien − Druckalkalielektrolyse, Hochtemperaturelektrolyse und Proton Exchange Membrane (PEM)-Elektrolyse − möchte sie keine Wertung vornehmen. 

Kein "entweder oder", vielmehr ein "und" sieht auch Habeder von Siemens Energy bei den unterschiedlichen Elektrolysetechnologien. "Die PEM-Elektrolyse hat den Vorteil, dass sie schneller hochfahren kann. Bei vorangesetzten, volatilen grünen Energieanlagen kann sie schwankende Lasten besser abfangen." Um große Lasten abzufahren, könnte man die Alkali-Elektrolyse bereithalten. Sobald Industriedampf oder Abwärme für den Elektrolyseprozess bereitstehe, sei die Hochtemperaturelektrolyse um einiges effizienter, wie Aldag von Sunfire ergänzte. 
 
Nils Aldag, CEO des Elektrolyseurbauers Sunfire, sieht Deutschland
beim Know-how im Elektrolyseursektor sehr gut aufgestellt
Quelle: Handelsblatt

Gutes Potenzial zur Kostendrückung

Selbstbewusst in Bezug auf das deutsche Know-how im Elektrolyseursektor zeigten sich sowohl Sunfire als auch Siemens Energy. Wie Aldag von Sunfire ausführte, gebe es weltweit nur rund 50 bis 60 Unternehmen, die Elektrolyseure bauen. Diese Liste reduziere sich relativ schnell auf unter zehn Firmen, frage man danach, wer davon schon über 10 MW verbaut und über längere Zyklen gebracht habe. Schaue man zudem danach, wer davon große Industriekunden beliefern könne, werde die Luft noch dünner. "Wir sind in Deutschland mit absolut drei hervorragenden Firmen sehr gut aufgestellt und sehen ein sehr gutes Potenzial, die Kosten (für die Elektrolyse) runter zu bringen", sagte Aldag mit Blick auf die heimischen Elektrolyseurbauer.

Hierfür brauche es "gesunde Partnerschaften", wie Habeder ergänzte. Die Herausforderung bestünde weniger im Technologie-Know-how, sondern vielmehr im Aufbau der Partnerschaften − gerade auch mit der Zulieferindustrie. Es gelte jetzt einen "Kickstart" zu geben, damit auch andere Firmen bereit sind, in den Wasserstoffsektor zu investieren. Dieser "Sockel" muss stehen − nicht nur auf dem Papier, sondern in realen Lieferungen.

Donnerstag, 9.06.2022, 09:15 Uhr
Davina Spohn
Energie & Management > Wasserstoff - Wasserstofferzeugung unter dem Brennglas
Quelle: Thyssenkrupp Steel Europe
Wasserstoff
Wasserstofferzeugung unter dem Brennglas
Welche Wasserstofftechnologie das Rennen beim Wasserstoffhochlauf macht, war auf einem Wasserstoff-Gipfel in Essen Thema. Geladen waren unter anderem deutsche Elektrolyseurhersteller.
Zweifel an der Umsetzbarkeit der Wasserstoff-Produktionskapazitäten, wie sie die Bundesregierung für Deutschland skizziert hat, gab es keine bei der Diskussionsrunde zum Thema "Wasserstofferzeugung auf dem Prüfstand". 10.000 MW Elektrolysekapazität bis zum Jahr 2030, wie sie Deutschland auf dem Papier anvisiert, sind laut Alexander Habeder durchaus machbar, aber: "Sie reichen nicht aus. Dieser Tropfen verdampft auf dem Weg zum Stein", verdeutlichte Habeder. Bei dem Elektrolyseurhersteller Siemens Energy ist er Head of Business Development and Sales Excellence New Energy Business (Hydrogen Solutions).

"Das deutsche Ziel sollte deutlich größer sein", erklärte auch Nils Aldag, CEO des Elektrolyseherstellers Sunfire und zog den Vergleich zur europäischen Wasserstoffambition. "Die EU hat sich vorgenommen, bis in 2030 rund 20 Megatonnen Wasserstoff pro Jahr zu produzieren." Um diese Wasserstoffmenge bereitzustellen, brauche man mit einem flexiblen Stromprofil rund 240.000 MW an installierter Elektrolysekapazität.

Viel wichtiger als die Korrektur des deutschen Produktionszieles sei jedoch das Anfachen der Wasserstoff-Nachfrage. Aldag betonte: "Eine echte Nachfrage gibt es noch nicht. Erst wenn diese kommt, wird es Investments in Fertigungskapazitäten geben und der Wasserstoffhochlauf erfolgen, der so dringend notwendig ist."

Habeder von Siemens Energy führte zudem die Bedeutung der Universitäten und der Forschungsinstitute ins Feld. Materialwissenschaftlich könnten diese einiges dazu beitragen, dass deutsche Hersteller von Elektrolyseuren ihre Anlagen weiterentwickeln können und so dabei helfen, den deutschen Industriestandort in Sachen Elektrolyseur-Bau zu sichern. Beispielsweise seien in PEM-Elektrolyseuren teure Edelmetalle verbaut, deren Einsatz sich eventuell reduzieren oder durch andere Materialien ersetzen ließe.

Technologieoffener Ansatz wichtig

"Grundlagenforschung ist genauso wichtig wie die technologische Implementierung", erklärte auch Sylvia Schattauer, Leiterin des Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES. Gleich zu Beginn der Diskussionsrunde betonte sie den technologieoffenen Ansatz der Forschung. "Unter Wirtschaftlichkeitsaspekten und je nach Einsatzgebieten muss eine Auswahl aus dem Technologieportfolio möglich sein." Unter den bislang bestehenden Elektrolysetechnologien − Druckalkalielektrolyse, Hochtemperaturelektrolyse und Proton Exchange Membrane (PEM)-Elektrolyse − möchte sie keine Wertung vornehmen. 

Kein "entweder oder", vielmehr ein "und" sieht auch Habeder von Siemens Energy bei den unterschiedlichen Elektrolysetechnologien. "Die PEM-Elektrolyse hat den Vorteil, dass sie schneller hochfahren kann. Bei vorangesetzten, volatilen grünen Energieanlagen kann sie schwankende Lasten besser abfangen." Um große Lasten abzufahren, könnte man die Alkali-Elektrolyse bereithalten. Sobald Industriedampf oder Abwärme für den Elektrolyseprozess bereitstehe, sei die Hochtemperaturelektrolyse um einiges effizienter, wie Aldag von Sunfire ergänzte. 
 
Nils Aldag, CEO des Elektrolyseurbauers Sunfire, sieht Deutschland
beim Know-how im Elektrolyseursektor sehr gut aufgestellt
Quelle: Handelsblatt

Gutes Potenzial zur Kostendrückung

Selbstbewusst in Bezug auf das deutsche Know-how im Elektrolyseursektor zeigten sich sowohl Sunfire als auch Siemens Energy. Wie Aldag von Sunfire ausführte, gebe es weltweit nur rund 50 bis 60 Unternehmen, die Elektrolyseure bauen. Diese Liste reduziere sich relativ schnell auf unter zehn Firmen, frage man danach, wer davon schon über 10 MW verbaut und über längere Zyklen gebracht habe. Schaue man zudem danach, wer davon große Industriekunden beliefern könne, werde die Luft noch dünner. "Wir sind in Deutschland mit absolut drei hervorragenden Firmen sehr gut aufgestellt und sehen ein sehr gutes Potenzial, die Kosten (für die Elektrolyse) runter zu bringen", sagte Aldag mit Blick auf die heimischen Elektrolyseurbauer.

Hierfür brauche es "gesunde Partnerschaften", wie Habeder ergänzte. Die Herausforderung bestünde weniger im Technologie-Know-how, sondern vielmehr im Aufbau der Partnerschaften − gerade auch mit der Zulieferindustrie. Es gelte jetzt einen "Kickstart" zu geben, damit auch andere Firmen bereit sind, in den Wasserstoffsektor zu investieren. Dieser "Sockel" muss stehen − nicht nur auf dem Papier, sondern in realen Lieferungen.

Donnerstag, 9.06.2022, 09:15 Uhr
Davina Spohn

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