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Auch die Erzeuger sollen für den Stromtransport bezahlen. Eine Studie hat die Folgen dieser Forderung für den länderübergreifenden Stromaustausch untersucht.
Der Übertragungsnetzbetreiber Tennet hat die Auswirkungen von „Injection Charges“ von den beiden Beratungsunternehmen „Neon Neue Energieökonomik“ in Berlin und Consentec GmbH mit Sitz in Aachen untersuchen lassen. Die Studie beleuchtet vor allem die verteilungspolitisch motivierte Perspektive von „Injection Charges“, zu deutsch Einspeiseentgelte. Die Einführung wird diskutiert, um inländische Netzinvestitionen teilweise von ausländischen Stromverbrauchern mitfinanzieren zu lassen.
Angesichts steigender Investitionen in die Netzinfrastruktur, grenzüberschreitender Stromflüsse, des Ausbaus von Wind- und Solarenergie sowie des Einsatzes von Großbatteriespeichern werde die Diskussion um eine Reform der Netzentgelte intensiver, heißt es in der Studie. Ein Vorschlag, der sowohl auf europäischer Ebene als auch in mehreren Mitgliedstaaten diskutiert wird, sind sogenannte „Injection Charges“. Gemeint sind damit Netzentgelte, die für die Einspeisung von Strom beim Produzenten erhoben werden.
„Besonders der Anschluss von Offshore-Windparks erfordert hohe Investitionen in die Netzinfrastruktur. Diese Kosten werden in Deutschland über Netzentgelte beziehungsweise die Offshore-Umlage auf die nationalen Stromverbraucher umgelegt“, heißt es weiter. Gleichzeitig profitieren jedoch auch Verbraucher im Ausland bei den Stromimporten, ohne sich an den entsprechenden Infrastrukturkosten zu beteiligen.
Von Leistungspreis basierten Entgelten wird abgeratenDie Studie zeigt dabei: Einspeiseentgelte tragen nur dann zur grenzüberschreitenden Refinanzierung bei, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind. Erstens müssen sie zu einem Anstieg der Großhandelspreise führen. Zweitens muss das Land Stromexporteur bleiben – auch nach Einführung des Entgelts. Nur dann kann über teurere Stromexporte eine Kostenteilung mit ausländischen Verbrauchern erfolgen.
Daraus folgt: Die Ausgestaltung ist entscheidend. Das Entgelt muss moderat genug sein, um den Exportstatus des Landes nicht zu gefährden, und sollte möglichst viele Erzeuger einbeziehen, um nennenswerte Preiswirkungen zu erzielen. Auch die Art des Entgelts spielt eine Rolle.
Wie Netzentgelte auf der Verbrauchsseite können auch Einspeiseentgelte als Arbeitspreis (pro eingespeister MWh) oder als Leistungspreis (pro MW Spitzenleistung pro Jahr) erhoben werden. Während moderate Arbeitspreise unter bestimmten Voraussetzungen eine gewisse grenzüberschreitende Wirkung entfalten können, sehen die Autoren erhebliche Probleme bei Leistungspreisen: Werden diese nicht über den Marktpreis weitergegeben, entfällt die angestrebte Wirkung. Werden sie eingepreist, führt dies in wenigen Stunden zu Preisspitzen, die den Exportstatus eines Landes gefährden können. Die Autoren raten daher von Leistungspreis basierten Einspeiseentgelten ab.
Die ökonomischen Effekte von Einspeiseentgelten hängen zudem davon ab, wer sie einführt. Ein gemeinsames europäisches Arbeitspreis-Entgelt würde kaum Marktverzerrungen erzeugen. Wird das Instrument jedoch nur von einem Land eingeführt, kann es Produktions- und Investitionsverlagerungen in andere Länder auslösen.
Ein zusätzlicher Aspekt betrifft industrielle Großverbraucher, die in vielen Ländern – etwa in Deutschland – teilweise oder ganz von Netzentgelten befreit sind. Diese Unternehmen, die rund 20 Prozent des Stromverbrauchs ausmachen, erhalten bis zu 90 Prozent Rabatt auf Netzentgelte. Eine Einführung von Einspeiseentgelten führt zwar zu sinkenden Netzentgelten für Verbraucher, gleichzeitig, aber zu höheren Großhandelspreisen. Für netzentgeltbefreite Unternehmen erhöht sich damit die Stromrechnung.
Das Fazit der Studie: Unter Umständen können „Injection Charges“ zur Refinanzierung von Netzinvestitionen beitragen. Allerdings müssen die Vorgaben klar definiert und am besten europäisch abgestimmt sein, sonst drohen „Fehlanreize, Effizienzverluste und kostspielige Umverteilungseffekte“.
Die Studie “
Injection charges for cross-border grid cost recovery” kann auf den Internetseiten von Neon Neue Energieökonomik und Consentec heruntergeladen werden.
Montag, 2.06.2025, 17:26 Uhr
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