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Energie & Management > Windkraft Onshore - Waldwind bleibt Spaltpilz bei Ökobewegten in NRW
Quelle: Verbund
Windkraft Onshore

Waldwind bleibt Spaltpilz bei Ökobewegten in NRW

Sie sprechen inzwischen miteinander, aber sie verstehen sich kaum. Aufbruchstimmung im Ringen um den Windkraftausbau in NRW verbreiten Nabu und der Erneuerbaren-Branchenverband nicht.
Blockierer der Energiewende könnten das Drehbuch nicht besser schreiben: Zwei ökogrüne Organisationen bezichtigen sich im Streit gegenseitig, Natur und Umwelt mehr zu schaden als zu nutzen. So geschieht es in NRW, wo der dortige Naturschutzbund Deutschland (Nabu) und der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW) wegen des Ausbaus der Windenergie über Kreuz liegen.

Der Konflikt kulminierte im November 2021, als der Branchenverband seine Mitglieder zu einer Demonstration vor der Nabu-Geschäftsstelle in Düsseldorf aufrief. Der LEE war es leid, dass Windenergieprojekte viel zu häufig vor Gericht gegen den klagenden Nabu verteidigt werden mussten. Die Naturschützer wiederum waren brüskiert und fühlten sich falsch verstanden in ihrem Einsatz für Vogel- und Fledermausarten.

Streitgespräch zwischen Entrüstung und zarter Annäherung

Auf die Konfrontation folgte nun die Kommunikation. Nabu-Landeschefin Heike Naderer traf sich Ende Januar mit LEE-Vize Thomas Griese zum Streitgespräch, das die Zeit jetzt veröffentlicht hat. Gedacht war es als Impuls zur Versöhnung. Das gelang mäßig.

Naderer verlieh zunächst ihrer Entrüstung Ausdruck, die Demo als „aggressiven, bedrückenden und bedrängenden Akt“ erlebt zu haben. Die Provokation eines LEE-Mitglieds im Anschluss, der dem Nabu am liebsten die Elektrizität nehmen und stattdessen „Petroleumfunzeln“ vor die Tür stellen wollte, konterte Naderer damit, einen Anwalt eingeschaltet zu haben.

Ihr Gegenüber Thomas Griese bewertete das Schreiben als „unbedachte Äußerung“, die „nicht okay“ sei, die aber auch der Nabu auf seiner Seite nicht unterbinden könnte. Griese wollte den Nabu inhaltlich stellen. Dieser versuche krampfhaft, Gründe für das Verhindern von Windkraftprojekten zu finden. Als Beispiel führte er ein Projekt im Aachener Münsterwald an. Dort „war der Nabu sogar bei der Wahl des Standorts dabei und hat später gegen die eigentliche Genehmigung geklagt“. Die Anlagen hätten auch deswegen zehn Jahre bis zum Netzanschluss benötigt.

Hier verlorenes Terrain wollte Heike Naderer gutmachen, indem sie die hervorhob, je eher der Verband bei der Standortplanung einbezogen sei, desto schneller sei ein Kompromiss zu erreichen.

​Das ist die rote Linie des Nabu-Landesverbands

Eine einzige rote Linie werde der Nabu NRW dagegen nicht überschreiten: Windenergieanlagen im Wald gutzuheißen. Anders etwa als der Nabu in Baden-Württemberg, der 1.000 Turbinen im Staatsforst mitträgt. Anders auch als NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP), der inzwischen durch Stürme und Schädlingsbefall geschädigte Waldflächen für bis zu drei Jahrzehnte für Windenergie freigeben will. Naderer dagegen beharrt: „Windenergieanlagen passen dort nicht hin.“

Nabu-Haltung zum Wald "unvereinbar" mit Energiewende

Es klingt nach kleinstem gemeinsamen Nenner, wenn Naderer gegen Ende des Streitgesprächs auf die Forderung Grieses eingeht, die wiederholten Gegenpositionen aufzugeben und stattdessen „von Ihnen zu hören, wo etwas geht! Bitte auf jeden Kreis im Land heruntergebrochen.“ Die Nabu-Geschäftsführerin erwiderte darauf, das „gerne liefern“ zu wollen.

Allzu große Hoffnung aber will beim LEE-NRW-Vorsitzenden Reiner Priggen nicht aufkommen. Gegenüber unserer Redaktion erneuerte er seine Kritik an der „fundamentalistischen“ Haltung des Nabu zur Windenergie im Wald. Diese Ablehnung sei unvereinbar mit dem für die Energiewende nötigen Ausbau der Windkraft. Der „Absolutheitsanspruch“ zeuge von „der Arroganz des Nabu, selbst Kalamitätsflächen auszuschließen“.

Das sei auch ein Schlag gegen die Lebensgrundlage von Waldbesitzenden. Priggen flüchtet sich in Galgenhumor: „Ich hätte als Grüner nicht gedacht, einmal mehr in die Einsichtsfähigkeit von liberalen Politikern wie Christian Lindner und Andreas Pinkwart zu vertrauen als in die des Nabu.“

Eine Spitze setzte der LEE NRW im Nachgang noch in einer Mitteilung gegen Naderer, die sich im Streitgespräch auch gegen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gewandt hatte. Dessen Ansatz, Windenergie gewisse Vorrechte gegenüber dem Artenschutz einzuräumen, hatte die Nabu-Chefin als "falsch" bewertet. Diese Priorisierung schaffe gegenüber Rotmilanen und anderen Vögeln "große Probleme".

Der LEE NRW stützte dagegen Habecks Position und bezeichnete Klimaschutz durch Erneuerbare erneut als "besten Artenschutz". Die Windbranche stecke etwa 50.000 Euro je Anlage in Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen, insgesamt bisher wohl 1 Mrd. Euro für alle 28.500 Turbinen in Deutschland. Das von Habeck angeregte "Artenhilfsprogramm" müssten daher verstärkt die Verursacher des Klimawandels bezahlen: die Fossilwirtschaft.

Freitag, 25.03.2022, 08:13 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Windkraft Onshore - Waldwind bleibt Spaltpilz bei Ökobewegten in NRW
Quelle: Verbund
Windkraft Onshore
Waldwind bleibt Spaltpilz bei Ökobewegten in NRW
Sie sprechen inzwischen miteinander, aber sie verstehen sich kaum. Aufbruchstimmung im Ringen um den Windkraftausbau in NRW verbreiten Nabu und der Erneuerbaren-Branchenverband nicht.
Blockierer der Energiewende könnten das Drehbuch nicht besser schreiben: Zwei ökogrüne Organisationen bezichtigen sich im Streit gegenseitig, Natur und Umwelt mehr zu schaden als zu nutzen. So geschieht es in NRW, wo der dortige Naturschutzbund Deutschland (Nabu) und der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW) wegen des Ausbaus der Windenergie über Kreuz liegen.

Der Konflikt kulminierte im November 2021, als der Branchenverband seine Mitglieder zu einer Demonstration vor der Nabu-Geschäftsstelle in Düsseldorf aufrief. Der LEE war es leid, dass Windenergieprojekte viel zu häufig vor Gericht gegen den klagenden Nabu verteidigt werden mussten. Die Naturschützer wiederum waren brüskiert und fühlten sich falsch verstanden in ihrem Einsatz für Vogel- und Fledermausarten.

Streitgespräch zwischen Entrüstung und zarter Annäherung

Auf die Konfrontation folgte nun die Kommunikation. Nabu-Landeschefin Heike Naderer traf sich Ende Januar mit LEE-Vize Thomas Griese zum Streitgespräch, das die Zeit jetzt veröffentlicht hat. Gedacht war es als Impuls zur Versöhnung. Das gelang mäßig.

Naderer verlieh zunächst ihrer Entrüstung Ausdruck, die Demo als „aggressiven, bedrückenden und bedrängenden Akt“ erlebt zu haben. Die Provokation eines LEE-Mitglieds im Anschluss, der dem Nabu am liebsten die Elektrizität nehmen und stattdessen „Petroleumfunzeln“ vor die Tür stellen wollte, konterte Naderer damit, einen Anwalt eingeschaltet zu haben.

Ihr Gegenüber Thomas Griese bewertete das Schreiben als „unbedachte Äußerung“, die „nicht okay“ sei, die aber auch der Nabu auf seiner Seite nicht unterbinden könnte. Griese wollte den Nabu inhaltlich stellen. Dieser versuche krampfhaft, Gründe für das Verhindern von Windkraftprojekten zu finden. Als Beispiel führte er ein Projekt im Aachener Münsterwald an. Dort „war der Nabu sogar bei der Wahl des Standorts dabei und hat später gegen die eigentliche Genehmigung geklagt“. Die Anlagen hätten auch deswegen zehn Jahre bis zum Netzanschluss benötigt.

Hier verlorenes Terrain wollte Heike Naderer gutmachen, indem sie die hervorhob, je eher der Verband bei der Standortplanung einbezogen sei, desto schneller sei ein Kompromiss zu erreichen.

​Das ist die rote Linie des Nabu-Landesverbands

Eine einzige rote Linie werde der Nabu NRW dagegen nicht überschreiten: Windenergieanlagen im Wald gutzuheißen. Anders etwa als der Nabu in Baden-Württemberg, der 1.000 Turbinen im Staatsforst mitträgt. Anders auch als NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP), der inzwischen durch Stürme und Schädlingsbefall geschädigte Waldflächen für bis zu drei Jahrzehnte für Windenergie freigeben will. Naderer dagegen beharrt: „Windenergieanlagen passen dort nicht hin.“

Nabu-Haltung zum Wald "unvereinbar" mit Energiewende

Es klingt nach kleinstem gemeinsamen Nenner, wenn Naderer gegen Ende des Streitgesprächs auf die Forderung Grieses eingeht, die wiederholten Gegenpositionen aufzugeben und stattdessen „von Ihnen zu hören, wo etwas geht! Bitte auf jeden Kreis im Land heruntergebrochen.“ Die Nabu-Geschäftsführerin erwiderte darauf, das „gerne liefern“ zu wollen.

Allzu große Hoffnung aber will beim LEE-NRW-Vorsitzenden Reiner Priggen nicht aufkommen. Gegenüber unserer Redaktion erneuerte er seine Kritik an der „fundamentalistischen“ Haltung des Nabu zur Windenergie im Wald. Diese Ablehnung sei unvereinbar mit dem für die Energiewende nötigen Ausbau der Windkraft. Der „Absolutheitsanspruch“ zeuge von „der Arroganz des Nabu, selbst Kalamitätsflächen auszuschließen“.

Das sei auch ein Schlag gegen die Lebensgrundlage von Waldbesitzenden. Priggen flüchtet sich in Galgenhumor: „Ich hätte als Grüner nicht gedacht, einmal mehr in die Einsichtsfähigkeit von liberalen Politikern wie Christian Lindner und Andreas Pinkwart zu vertrauen als in die des Nabu.“

Eine Spitze setzte der LEE NRW im Nachgang noch in einer Mitteilung gegen Naderer, die sich im Streitgespräch auch gegen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gewandt hatte. Dessen Ansatz, Windenergie gewisse Vorrechte gegenüber dem Artenschutz einzuräumen, hatte die Nabu-Chefin als "falsch" bewertet. Diese Priorisierung schaffe gegenüber Rotmilanen und anderen Vögeln "große Probleme".

Der LEE NRW stützte dagegen Habecks Position und bezeichnete Klimaschutz durch Erneuerbare erneut als "besten Artenschutz". Die Windbranche stecke etwa 50.000 Euro je Anlage in Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen, insgesamt bisher wohl 1 Mrd. Euro für alle 28.500 Turbinen in Deutschland. Das von Habeck angeregte "Artenhilfsprogramm" müssten daher verstärkt die Verursacher des Klimawandels bezahlen: die Fossilwirtschaft.

Freitag, 25.03.2022, 08:13 Uhr
Volker Stephan

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