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Energie & Management > F&E - Wärmepumpen zum Kühlen
Kühlen mit der Heizung: Frauhhofer-Forscher haben Wärmepumpen kombiniert mit Radiatoren und Fußbodenheizungen im "Umkehrbetrieb" simuliert, Quelle: IBP
F&E

Wärmepumpen zum Kühlen

Heizungen im „Umkehrbetrieb“: Tests von Fraunhofer-Forschern zeigen, dass sich Wärmepumpen in Kombination mit Radiatoren oder Fußbodenheizungen zum Kühlen eignen - ohne Tauwassereffekt.
Es ist die in Neubauten am häufigsten installierte Heizungstechnik: Bei 45 % der im vergangenen Jahr errichteten Wohngebäuden fiel laut Statistischem Bundesamt die Wahl auf eine Wärmepumpe als Primärenergiequelle. Auch bei der Sanierung von Altbauten spielen solche Heizungen zunehmend eine Rolle. In Zukunft könnte es sich um eine Doppelrolle handeln.

Tests des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP) ergeben, dass sich mit der Technik Räume auch kühlen lassen. Und das, ohne dass sich Tauwasser an kalten Oberflächen abscheidet und so Bauschäden entstehen. Es gehe darum, die Anschaffung von Klimaanlagen zu umgehen und Energie einzusparen, sagt IBP-Ingenieurin Sabine Giglmeier über das Forschungsziel.

Sie und ihre Kollegen haben das Potenzial der Technik mit Radiatoren und Fußbodenheizungen als Wärmeverteiler analysiert. Getestet wurde unter Laborbedingungen in einer Klimakammer. Auf dieser Basis kreierten sie mit einer Gebäudesimulationssoftware „digitale Zwillinge“ der Heizsysteme. „Mit den digitalen Zwillingen können wir die Realität valide abbilden und den Effekt des Gesamtsystems für unterschiedlichste Anwendungsszenarien berechnen“, beschreibt Giglmeier.

Die Simulationssoftware ermöglicht nach Angaben der Wissenschaftler eine gekoppelte Berechnung für Wärme und Feuchte. Dabei flössen Parameter wie Raum- und Fenstergröße, Größe der Heizkörper, Außentemperatur, Bauweise und Anzahl der Fenster mit ein. Zu den Stellschrauben, an denen sich drehen lässt, zählten auch Energiebedarf und Komfort. „Eine Skalierung auf beliebige Gebäudetypen ist möglich“, sagt Giglmeier.

Angenehmer Kühleffekt ohne Tauwasser

Im Experiment erwiesen sich die Kombination aus Wärmepumpe mit Radiator oder Fußbodenheizung als vielversprechend. Die Technik habe das Potenzial, „in Büroräumen mit einer Standardgröße von 16 Quadratmetern, Fenstergrößen bis zu drei Quadratmetern und zwei Mitarbeitenden die Raumlufttemperatur im Sommer signifikant zu reduzieren und einen angenehmen Kühleffekt zu erzeugen“, resümiert das Institut.

Um Bauschäden durch Feuchtigkeit auszuschließen, steuerten die Forscher in den Simulationen die Vorlauftemperatur des Systems. „Die Taupunkttemperatur ist ein kritisches Maß, das wir bei unseren Berechnungen beachten müssen. Wenn die Taupunkttemperatur bei 13 Grad Celsius liegt, leitet man kein Wasser durch die Heizung, das kälter ist, da das Wasser aus der Luft am Heizkörper und an den Zuleitungen kondensiert“, schildert Giglmeier.

Ein weiteres wichtiges Kriterium waren die „Übertemperaturgradstunden“. Es beziffert in Stunden und Kelvin, wie die Raumtemperatur von der zulässigen Grenztemperatur abweicht – sie beträgt 26 Grad Celsius. In Wohngebäuden dürfen es höchstens 1.200 Übergradtemperaturstunden pro Jahr sein, in Bürogebäuden 500.

Die Wärmepumpen-Modellierung des IBP ergab bei einer Radiatorgröße von 70 Zentimeter mal 1 Meter, dass mit der Technik mindestens 40 % weniger solcher Stunden auftreten. Bei doppelt so großen Radiatoren ließe sich eine Reduktion von 65 % erzielen im Vergleich zu einem ungekühlten Raum, heißt es.

Steigender Energieverbrauch durch Klimaanlagen

„Alles in allem konnten wir nachweisen, dass die über Radiatoren abgegebene Kühlleistung bei einem moderaten Fensterflächenanteil ausreichend ist“, berichtet Giglmeier. Bei hohem Fensterflächenanteil hingegen sei eine größere Kühlfläche nötig, eine Fläche, wie sie Fußbodenheizungen bieten. Ihr Fazit: „Wärmepumpen mit Kühlfunktion könnten in Bestandsgebäuden eine Alternative zu teuren Klimageräten sein.“

Klimaanlagen verbrauchten nach Angaben der Internationalen Energie Agentur (IEA) im Jahr 2016 rund 2.000 Mrd. kWh Energie. Für die Zukunft wird eine stark steigende Nachfrage nach dieser Kühltechnik prophezeit. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Zahl an heißen Sommertagen in Deutschland schätzen Experten, dass sich der Energieverbrauch zur Kühlung in Wohngebäuden in den kommenden 20 Jahren verdoppeln wird. Für gewerbliche und andere Gebäude rechnen sie mit einem Anstieg um 25 %.

Montag, 2.08.2021, 16:10 Uhr
Manfred Fischer
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Kühlen mit der Heizung: Frauhhofer-Forscher haben Wärmepumpen kombiniert mit Radiatoren und Fußbodenheizungen im "Umkehrbetrieb" simuliert, Quelle: IBP
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Wärmepumpen zum Kühlen
Heizungen im „Umkehrbetrieb“: Tests von Fraunhofer-Forschern zeigen, dass sich Wärmepumpen in Kombination mit Radiatoren oder Fußbodenheizungen zum Kühlen eignen - ohne Tauwassereffekt.
Es ist die in Neubauten am häufigsten installierte Heizungstechnik: Bei 45 % der im vergangenen Jahr errichteten Wohngebäuden fiel laut Statistischem Bundesamt die Wahl auf eine Wärmepumpe als Primärenergiequelle. Auch bei der Sanierung von Altbauten spielen solche Heizungen zunehmend eine Rolle. In Zukunft könnte es sich um eine Doppelrolle handeln.

Tests des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP) ergeben, dass sich mit der Technik Räume auch kühlen lassen. Und das, ohne dass sich Tauwasser an kalten Oberflächen abscheidet und so Bauschäden entstehen. Es gehe darum, die Anschaffung von Klimaanlagen zu umgehen und Energie einzusparen, sagt IBP-Ingenieurin Sabine Giglmeier über das Forschungsziel.

Sie und ihre Kollegen haben das Potenzial der Technik mit Radiatoren und Fußbodenheizungen als Wärmeverteiler analysiert. Getestet wurde unter Laborbedingungen in einer Klimakammer. Auf dieser Basis kreierten sie mit einer Gebäudesimulationssoftware „digitale Zwillinge“ der Heizsysteme. „Mit den digitalen Zwillingen können wir die Realität valide abbilden und den Effekt des Gesamtsystems für unterschiedlichste Anwendungsszenarien berechnen“, beschreibt Giglmeier.

Die Simulationssoftware ermöglicht nach Angaben der Wissenschaftler eine gekoppelte Berechnung für Wärme und Feuchte. Dabei flössen Parameter wie Raum- und Fenstergröße, Größe der Heizkörper, Außentemperatur, Bauweise und Anzahl der Fenster mit ein. Zu den Stellschrauben, an denen sich drehen lässt, zählten auch Energiebedarf und Komfort. „Eine Skalierung auf beliebige Gebäudetypen ist möglich“, sagt Giglmeier.

Angenehmer Kühleffekt ohne Tauwasser

Im Experiment erwiesen sich die Kombination aus Wärmepumpe mit Radiator oder Fußbodenheizung als vielversprechend. Die Technik habe das Potenzial, „in Büroräumen mit einer Standardgröße von 16 Quadratmetern, Fenstergrößen bis zu drei Quadratmetern und zwei Mitarbeitenden die Raumlufttemperatur im Sommer signifikant zu reduzieren und einen angenehmen Kühleffekt zu erzeugen“, resümiert das Institut.

Um Bauschäden durch Feuchtigkeit auszuschließen, steuerten die Forscher in den Simulationen die Vorlauftemperatur des Systems. „Die Taupunkttemperatur ist ein kritisches Maß, das wir bei unseren Berechnungen beachten müssen. Wenn die Taupunkttemperatur bei 13 Grad Celsius liegt, leitet man kein Wasser durch die Heizung, das kälter ist, da das Wasser aus der Luft am Heizkörper und an den Zuleitungen kondensiert“, schildert Giglmeier.

Ein weiteres wichtiges Kriterium waren die „Übertemperaturgradstunden“. Es beziffert in Stunden und Kelvin, wie die Raumtemperatur von der zulässigen Grenztemperatur abweicht – sie beträgt 26 Grad Celsius. In Wohngebäuden dürfen es höchstens 1.200 Übergradtemperaturstunden pro Jahr sein, in Bürogebäuden 500.

Die Wärmepumpen-Modellierung des IBP ergab bei einer Radiatorgröße von 70 Zentimeter mal 1 Meter, dass mit der Technik mindestens 40 % weniger solcher Stunden auftreten. Bei doppelt so großen Radiatoren ließe sich eine Reduktion von 65 % erzielen im Vergleich zu einem ungekühlten Raum, heißt es.

Steigender Energieverbrauch durch Klimaanlagen

„Alles in allem konnten wir nachweisen, dass die über Radiatoren abgegebene Kühlleistung bei einem moderaten Fensterflächenanteil ausreichend ist“, berichtet Giglmeier. Bei hohem Fensterflächenanteil hingegen sei eine größere Kühlfläche nötig, eine Fläche, wie sie Fußbodenheizungen bieten. Ihr Fazit: „Wärmepumpen mit Kühlfunktion könnten in Bestandsgebäuden eine Alternative zu teuren Klimageräten sein.“

Klimaanlagen verbrauchten nach Angaben der Internationalen Energie Agentur (IEA) im Jahr 2016 rund 2.000 Mrd. kWh Energie. Für die Zukunft wird eine stark steigende Nachfrage nach dieser Kühltechnik prophezeit. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Zahl an heißen Sommertagen in Deutschland schätzen Experten, dass sich der Energieverbrauch zur Kühlung in Wohngebäuden in den kommenden 20 Jahren verdoppeln wird. Für gewerbliche und andere Gebäude rechnen sie mit einem Anstieg um 25 %.

Montag, 2.08.2021, 16:10 Uhr
Manfred Fischer

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